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unruhige Zeiten: Trembling Time
von Bildern per TV und Telefon noch sehr stark reglementiert“, heißt es dazu auf der Internetseite des EMAF
Seit dieser Zeit verstehen die Macher ihr Festival als Ort, an dem sich die beteiligten Künstler in erster Linie mit Experimenten in der visuellen Kunst beschäftigen. Eine große Rolle dabei spielten Videoinstallationen, die Verbindung bewegter Bilder mit installativen Arbeiten beziehungsweise Installationen Sie gehörten zu den wichtigsten Entwicklungen in der Kunst der späten 1980-er und frühen 1990-er Jahre. Und in der Pop-Kultur verbanden sich Video und Musik zum Videoclip
Entwicklungen in der Medienkunst
Als wichtigster Begriff aus den 1990-er Jahren im Bereich der Medienkunst stellte sich die Interaktivität heraus In der Regel geht es um computergestützte Arbeiten, bei denen der Betrachter mit einbezogen wird Er nimmt in irgendeiner
Programm besteht aus mehreren Elementen
Weise an dem Kunstwerk teil, beispielsweise, indem er einen vorgegebenen oder individuellen Input liefert, der zu einer Veränderung des Kunstwerkes führt Sensoren, die Dinge wie Temperatur, Bewegung, Nähe und andere meteorologische Phänomene messen, spielen oft eine große Rolle. Kurz gesagt geht es aber um einen Dialog zwischen Kunstwerk und einem in welcher Form auch immer handelnden, aktiven Betrachter.
Und dann kam das Internet Früher als die Wirtschaft loteten Künstler dessen Möglichkeiten aus „Sie hofften, damit neue künstlerische Freiräume jenseits des etablierten Kunstbetriebes zu finden und über die Vernetzung neue soziale Räume und politische Einwirkungsmöglichkeiten zu erkunden“, wie es von EMAF-Seite heißt
Ein Beispiel dafür ist das Künstler-Duo „Übermorgen“, das mit seinen Projekten wie „Google will eat itself!“ oder „Amazon Noir – The Big Book Crime“ die großen wirtschaftlichen Player im Internet selbst zum Gegenstand ihrer künstlerischen Arbeit machten und dabei auf drohende Entwicklungen wie einer einseitigen Marktmacht im Internet hinwiesen
Das Programm des EMAF besteht aus mehreren Elementen Dazu gehören Filmretrospektiven bedeutender internationaler Künstler wie Peter Greenaway, Michael Snow und Shelly Silver
Seit seinen Anfängen hat das Festival neben klassischen Kinoprogrammen auch immer wieder multimediale Performances gezeigt Dazu zählen unter anderem die Hardcore-Underground-Performance „Superman meets Wonderwoman “ , De La Guarda´s „Flying Circus Perioda Villa Villa“ und Eric Hobein mit seiner Feuer-Performance „Danteorgel“
Wichtiges Element des EMAF bleibt die Ausstellung in der Kunsthalle Osnabrück Über einen Zeitraum von vier Wochen werden auf dem Festival Installationen mit den
Elementen Film, Video und digital gezeigt. Die Arbeiten haben skulpturalen, interaktiven und raumgreifenden Charakter Sie stammen sowohl von international renommierten Künstlern wie auch von medienkünstlerischen Nachwuchstalenten
„... seit mehr als 30 Jahren prägend für die Thematik, Ästhetik und Zukunft der medialen Kunst.“
Filmstill „Bashtalaak sa at/ Shall I compare you to a summer s day“, Mohammad Shawky
Hassan, EG/LB/DE, 2022, „60 Minuten“
Foto: EMAF
Im Zentrum des Festivals steht das jährlich wechselnde Thema, das in der Ausstellung, in eigens kuratierten Filmprogrammen und Talks von Vertretern unterschiedlicher künstlerischer Richtungen und von Geisteswissenschaftlern diskutiert wird Heute zählt das EMAF in Osnabrück zu den bedeutendsten Veranstaltungen der internationalen Medienkunst Als Treffpunkt für Künstler, Kuratoren, Verleiher, Galeristen und Fachpublikum wirkt es seit mehr als 30 Jahren prägend für die Thematik, Ästhetik und Zukunft der medialen Kunst.
F ü r d a s v o m 1 9 b i s 2 3 A p r i l a n s t e h e n d e E u r o p e a n M e d i a A r t F e s t i v a l ( A u s s t e l l u n g l ä u f t b i s z u m 2 9 M a i ) h a b e n r u n d 3 0 0 0 K ü n s t l e r i h r e A r b e i t e n e i n g e - r e i c h t , d i e v o n e i n e r A u s w a h l -
k o m m i s s i o n u n d d e n K u r a t or e n g e s i c h t e t w u r d e n Das Thema des EMAF 2023 lautet „Trembling Time“ – eine Zeit in Unruhe, deren Bewegung diffus und ungerichtet, aber weithin spürbar ist, in der sich das mögliche Ende von etwas ebenso andeuten mag wie die Entstehung von etwas Neuem Das Motto des EMAF 2023 steht nicht vorrangig für einen Moment der Krise – auch wenn jeder derzeit hautnah spürt, wie sich jener Zeitraum, in dem die globale Klimakatastrophe noch abzuwenden wäre, zusehends verengt; wie globale Kriege und Konflikte bis in unsere lokalen und sehr persönlichen Zusammenhänge hinein wirken und sich für die Leidtragenden in der traumatischen Erfahrung von Flucht und Migration verlängern Es geht auch um ein Verständnis von Zeit, das zunehmend fraglich wird: eine Zeit, die sich an historischen Fix- und Wendepunkten orientiert, und an den unsichtbaren Struktu- ren, die unsere postindustrielle Gegenwart prägen Mit „Trembling Time “ lädt das EMAF – in seiner Ausstellung, in Filmprogrammen, Vorträgen und Performances – dazu ein, unsere Vorstellungen von Zeit und Geschichte einer neuen Betrachtung zu unterziehen, sie mit anderen Formen des Erinnerns, Imaginierens und In-der-Welt-Seins zu konfrontieren Das Beben der Zeit soll als eine Bewegung erfahren werden, die jedem, indem sie die bestehenden Verhältnisse in Unordnung und Hierarchien ins Wanken bringt, neue Wege eröffnet
Verständnis von Zeit
In der von Inga Seidler kuratierten Ausstellung zum Festival soll unser Verständnis von Zeit in Frage gestellt werden Die gezeigten Künstler betrachten alternative Geschichte/n sowie Zukunftsvorstellungen jenseits der gängigen Idee des Fortschritts Dabei finden ihre
Beobachtungen, Erzählungen oder Dekonstruktionen im Zusammenhang von Zeit und ihrer Wahrnehmung vor dem Hintergrund einer globalen Klima- und Umweltkrise statt, die gleichzeitig einen Moment darstellt, der das Bild vom Verrinnen der Zeit hervorruft
Das von Rachael Rakes kuratierte Filmprogramm greift die Idee der „Trembling Time“ auf, indem es Momente der Neubetrachtung und neuer Formen der Darstellung miteinander verbindet. Ausgehend von der Annahme, dass die linear fortschreitende Zeit eine gedankliche Konstruktion ist, und zwar eine potenziell existenzbedrohende, beschäftigen sich die Arbeiten in diesem Programm mit Zeit- und Wertvorstellungen, in denen neue Zeitrechnungen, Rückgriffe auf alte Strukturen, Vorstellungen von neuen Ordnungen, das Überleben in den Ruinen des Imperialismus, andersartige Artikulationen von Wirklichkeit und die Infrastrukturen nicht-menschlicher, nicht-linearer Beziehungen eine Rolle spielen Was verändert sich, wenn es nur mit Entschleunigung weitergeht?
Das von Daphne Dragona kuratierte Talks-Programm stellt Modelle von Wachstum (und der Kritik daran) in den Mittelpunkt, die die Bedürfnisse und Rhythmen unterschiedlicher Welten berücksichtigen Theoretiker und Praktiker diskutieren, wo Men-
Probleme entschärfen schen Opfer bringen müssen, um fortschrittsbedingte Probleme zu entschärfen, und beleuchtet Ansätze, die die Besucher des EMAF dazu einladen, aktiv ihre Gewohnheiten und ihr Tempo zu verändern Hier kommen auch Beispiele aus der Kunstwelt zur Sprache, die einen anderen Umgang mit Energie und Zeit, Kulturproduktion und Anwesenheit vorschlagen
Nähere Informationen: www.emaf.de