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Abschiebung erspartDem Schleuser bleibt die vierte

Conny Schindler:

Dem Schleuser bleibt die Abschiebung erspart

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Im Frühjahr 1989 nimmt die Flucht aus Rumänien Formen eines Massenexodus an. Aus Conny Schindlers Clique ist im Sommer 1989 keiner mehr in Rumänien. Sie verlassen der Reihe nach die Banater Stahlfeste Reschitz. Conny Schindler, geboren am 20. Juni 1964 in Reschitz, begibt sich am 22. Mai 1989 zusammen mit vier Mann auf die Flucht. Es sind ihr Mann und zwei Bekannte. Schleuser ist der Bruder ihres Mannes. Der Schwager macht sich am Abend dieses Tages zum vierten Mal auf den Weg nach Serbien. Ein Bekannter fährt die fünf mit einem Pkw von Reschitz über Orawitz nordwärts. Sie steigen auf der Straße gegenüber dem Grenzort Comorâşte aus. Es ist ein verregneter Abend. Die Felder, die sie noch von der Grenze trennen, sind vom vielen Wasser ge-Conny Schindler sättigt. Der Weg ist beschwerlich. Ihr in Grenzübertritten erfahrener Schwager hat genau diesen Tag ausgesucht, denn er weiß, dass die Grenzer den Regen meiden. Gegen Mitternacht erreichen die fünf den Stacheldrahtzaun, der sie noch von Serbien trennt. Sie durchschneiden ihn und sind im nächsten Augenblick in Jugoslawien. Weil sie sich verlaufen, nehmen Polizisten sie fest und bringen sie zum Verhör nach Werschetz. Ein Unbekannter hat sie verraten. Ein Richter verurteilt sie wegen illegalen Grenzübertritts zu je 21 Tagen Gefängnis. Conny Schindler muss an schönen Tagen mit anderen Frauen zur Feldarbeit hinausfahren. Weil ihr die aber nicht zusagt, meldet sie sich zum Küchendienst. Allen aus ihrer Flüchtlingsgruppe geht es gut, nur ihrem Schwager nicht, er sitzt in Einzelhaft. Als Rumäne droht ihm die vierte Abschiebung nach Rumänien. Schon dreimal haben ihn die Rumänen in Empfang genommen und verprügelt. Der junge Mann ist verzweifelt. Conny Schindlers Mann braucht sich keine Sorgen zu machen wegen einer Abschiebung, weil seine Frau Deutsche ist. Von den beiden anderen Flüchtlingen, die mit ihnen Serbien erreicht haben, ist einer Deutscher, der zweite hat eine deutsche Mutter und einen rumänischen Vater, beide sind als Volksdeutsche anerkannt.

Als Conny Schindler und die vier Männer nach den 21 Tagen Haft aus dem Gefängnis in Werschetz nach Padinska Skela verlegt werden sollen, steht auf dem Gefängnishof ein Bus mit verdunkelten Fenstern. In ihn verfrachten die Wärter Flüchtlinge, die an Rumänien ausgeliefert werden. Conny Schindlers Schwager bleibt die vierte Auslieferung an Rumänien schließlich erspart. UNO-Mitarbeiter befragten sie noch einmal über die Umstände der Flucht und die Lage des Schwagers und entscheiden, dass er mit den vier Fluchtkameraden, die er über die Grenze geführt hat, nach Deutschland ausreisen darf.

Conny Schindler, die in den Wasserwerken Reschitz beschäftigt war, lebt heute in München und arbeitet als Verkäuferin.

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