C ANNABIS ALS EINE HOCHGR ADIG PS YCHOAK TIVE SUBS TANZ JOÃO AUGUSTO CASTEL-BRANCO GOULÃO IM INTERVIEW „Cannabiskonsumenten sind derzeit die größte Gruppe, die um psychologische Hilfe und Behandlungen in unseren Einrichtungen ansucht“, sagt der Mediziner João Goulão, langjähriger Direktor (2009-2015) der europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) und Architekt der wegweisenden portugiesischen Drogenpolitik. Eine, die Straffreiheit für Besitz kleiner Mengen und Konsum einräumt. Die Entwicklung seither bestätigt deren Erfolg. In Sachen völliger Freigabe von Cannabis rät er indes zu warten: „Wenn es Erfahrungswerte gibt, und die positiv sind, werden wir, wie ich stark annehme, auch deren Beispiel folgen."
von Jan Marot, Lissabon - Fotos: SICAD/Servicio Nacional de Saúde SNS
Wie lautet Ihre Bilanz, nachdem Portugal seit mehr als 15 Jahren dem von Ihnen entworfenen Weg in der Drogenpolitik der Straffreiheit verfolgt? Die weitläufig und international bekannteste Facette unserer Drogenpolitik ist, dass wir den Besitz von Drogen, ganz gleich welche, entkriminalisiert haben. Die Ergebnisse basieren nicht einzig auf der Straffreiheit. Wir verfolgen einen weitaus breiteren Ansatz, der sukzessive seit 1999 implementiert wurde und der mit dem Gesetzesbeschluss von 2000 schließlich 2001 in Kraft getre-
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ten ist. Über die vergangenen 15 Jahre sehen wir eine ausgezeichnete Entwicklung, anhand aller verfügbaren Indikatoren. Jener Erfolg hängt aber nicht einzig an der Straffreiheit, sondern am gesamten Paket an politischen Maßnahmen, die wir gesetzt haben. Die Entkriminalisierung war aus meiner Sicht der Dinge enorm wichtig, aber nicht das Wichtigste. Der Eckpfeiler war die Kompetenzverschiebung, die wir gesetzt haben. Nämlich, dass nicht mehr die Justiz sich der Konsumenten annimmt, sondern das Gesundheitsministerium, konkret eine ihm unterstellte Behörde. Drogenkonsum ist nämlich vielmehr ein