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Ausgangssituation, Dr. Marion Sauter
Seit fast 100 Jahren wird die Schweizer Architektur in der Reihe «Kunstdenkmäler der Schweiz» ausführlich dokumentiert. Dem Entstehungszeitpunkt des Projekts und der erforderlichen Kontinuität entsprechend werden hierin bis heute fast ausschliesslich Bauwerke erfasst, die vor 1920 entstanden sind. Auch das folgende «Inventar der neueren Schweizer Architektur» hielt an der 1920er-Grenze fest und liess damit die Moderne und ihre Nachfolger weitgehend ausser Acht. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts begannen die kantonalen Fachstellen für Denkmalpflege systematisch Denkmäler zu erfassen und zu schützen. Der Schwerpunkt lag dabei anfänglich ebenfalls auf historischen Wahrzeichen. Erst in den letzten Jahren werden die Denkmalinventare auch um die Architektur des 20. Jahrhunderts ergänzt. Einige kantonale Fachstellen arbeiten mit der fixen Grenze 1980, andere mit der zeitlichen Distanz einer Generation, mit 30 Jahren. Wertvolle Pionierarbeit für die moderne Architektur leistete auch das Autorenteam um Christa Zeller mit einem dreibändigen Schweizer Architekturführer, der von 1920 bis 1990 reicht. Die fundierte Architekturdokumentation endet in der Schweiz somit bislang in den 1980er-Jahren. All diesen überaus wertvollen Beiträgen gemein ist, dass sie in der heutigen, schnelllebigen Informationswelt kaum wahrgenommen werden. Auch wenn sie den aktuellen Forschungsstand widerspiegeln, sind Publikationen, die im letzten Jahrtausend erschienen sind, im Buchhandel nicht mehr präsent, und Quellen, die nur in Amtsstellen oder Staatsarchiven einsehbar sind, nach heutigen Massstäben schlecht zugänglich. Ihre Reichweite beschränkt sich auf engste Fachkreise. Und egal wie wertvoll die Inhalte sind: Gedruckte Register sind im digitalen Zeitalter hoffnungslos überholt. Das historische Lexikon der Schweiz wie auch das Schweizer Künstlerlexikon haben dieses Problem bereits vor Jahren erkannt und ihre Themen auf niederschwellig erreichbare und einfach nutzbare Onlineplattformen ausgelagert. Dies ist wahrscheinlich auch das Anliegen der grösseren kantonalen Fachstellen für Denkmalpflege. Die aktuelle Umsetzung erreicht jedoch leider nur Personen, die mit den äusserst komplexen digitalen Kartenwerken der Kantone vertraut sind, nach konkreten Bauwerken suchen und wissen, wo diese situiert sind. Alle anderen sehen sich mit bunt gefärbten Lageplänen konfrontiert, die keine komfortable Recherche ermöglichen – auch googeln führt meist nicht zum Ziel. Hinzu kommt der Föderalismus: Es ist nicht abzusehen, dass aus der kantonalen Vielfalt jemals ein
45 einheitliches Schweizer Werkzeug geformt wird. Dies gilt auch für die vielen, äusserst interessanten regionalen Architekturführer und Auszeichnungen, die von Institutionen, Interessengruppen oder Verbänden publiziert und vergeben werden. Eine anschauliche Dokumentation von Architektur erfordert reichlich Bildmaterial. Die Lücke einer Gesamtschweizer Darstellung ist bislang möglicherweise auch der komplexen rechtlichen Situation geschuldet. Das Urheberrecht und damit das Reproduktionsrecht für Fotografien ist weit über den Tod der Fotografinnen und Fotografen hinaus geschützt. Eine rechtlich einwandfreie Onlinepublikation vorhandener Fotografien sowie mögliche Persönlichkeitsrechte müssen daher aufwendig abgeklärt und Neuaufnahmen in der Regel teuer bezahlt werden – auch wenn die Bildervielfalt im Internet eine freie Verfügbarkeit aller Daten weltweit suggeriert. Diese Hürde wird bislang mit einigen nur beschränkt zugänglichen, kommerziellen E-Books oder App-Lösungen umgangen. Bei Letzteren ist besonders das Angebot von Hochparterre zu würdigen, die Hochparterre-Applikationen sind jedoch ebenfalls regional fokussiert.
Quo vadis? Gesucht ist also ein Träger mit Format, der langfristig eine qualifizierte Onlinedokumentation der Schweizer Architektur leisten kann, sowie engagierte Fotografinnen und Fotografen … Und das sind wir: Das Institut für Architektur der Hochschule Luzern, die grösste Fachhochschule unserer Disziplin in der Schweiz. Seit Jahren arbeiten wir daran, die Schreibkompetenz unserer Studierenden zu fördern und sie in wissenschaftliches Arbeiten einzuführen. Unsere Studierenden absolvieren Kurse in Fotografie und in Bildbearbeitung, lernen professionell mit Rohdaten umzugehen. All diese Übungen waren bislang Selbstzweck. Mit der Veröffentlichung in der Architekturbibliothek erhalten die Übungen einen übergeordneten Sinn, was auf die Studierenden ungemein motivierend wirkt: Ihre Beiträge werden Teil des öffentlichen Fachdiskurses. Allerdings nicht in der studentischen Fassung. Um die Qualitätsansprüche eines Lexikons zu gewährleisten, benötigt es eine fundierte redaktionelle Überarbeitung von Texten und Bildern. Die Architekturbibliothek ist das erste Wissenschaftsprojekt an der Hochschule Luzern, an dem alle Studierenden beteiligt sind. Das Projekt ist in das Pflichtmodul Visuelle Komposition (s.S. 279–291) eingebunden und wird von den Dozierenden für Architekturgeschichte, Marion Sauter, und Fotografie, Markus Käch, getragen. Jeder der etwa 140 Studierenden jährlich dokumentiert ein Schweizer
Bauwerk. Das Curriculum sieht dafür jeweils rund 20 Stunden Arbeitszeit vor. Die Studierenden liefern somit einen gewaltigen inhaltlichen Grundstock und verhelfen der Architekturbibliothek aufgrund ihrer guten Vernetzung zu einer breiten Verankerung in der Fachwelt. Die Hochschule Luzern darf Arbeiten, die im Rahmen des Studiums entstehen, verwerten. Die Studierenden wissen, was mit ihren Texten und Fotografien geschieht: So ist schlankerhand auch das Urheberrechtsproblem im Bereich der Architekturfotografie gelöst und das erste frei zugängliche, qualifizierte Bildarchiv zur modernen und zeitgenössischen Schweizer Architektur begründet. Und es ist ein ehrliches Bildarchiv. Es dokumentiert den Alltag und auch die Rückseiten der Bauwerke, nicht nur deren Schokoladenseiten, die vor dem Bezug frei von Krimskrams, Bewuchs und Patina für Fachzeitschriften oder Architekturbürohomepages in Szene gesetzt werden.
Architekturbibliothek Die Architekturbibliothek sammelt Baudokumentationen von Schweizer Gebäuden, die seit 1920 entstanden sind. Damit werden die Moderne und ihre Nachfolger zu einem schlüssigen Gesamtpaket zusammengefasst. Unser Alleinstellungsmerkmal ist – neben der attraktiven Darbietung und der niederschwelligen Zugänglichkeit – die Dokumentation der Architektur von 1980 bis in die 2000er-Jahre, der Zeit vor der allumfassenden Digitalisierung, deren Vertreter in der gedruckten wie medialen Präsenz bislang kaum vertreten sind. Wir wählen in engem Austausch mit der Denkmalpflege, den kantonalen Bauforen und lokalen Gewährsleuten etwa einen Bau auf 2’500 Einwohner für die Architekturbibliothek aus und bilden damit bewusst auch den ländlichen Raum ab. Die Architekturbibliothek ist eine Bauwerkssammlung, die jederzeit ergänzt werden kann. Wir erheben nicht den Anspruch ein Inventar zu sein und formulieren kein fixes «best-of». Die Architekturbibliothek ist ein niederschwelliges wie fundiertes Nachschlagewerk, das es beispielsweise ermöglicht, nach Architekten oder Bautypen, nach Regionen oder Jahrzehnten zu suchen und das im Handumdrehen eine anschauliche Übersicht liefert. Die Wegleitung führt über Fotografien – der erste Blick bringt einen ersten Eindruck. Der Lage unserer Hochschule entsprechend sind wir mit der Dokumentation in der Zentralschweiz gestartet und haben bislang fast 300 Bauwerke beschrieben und in über 1’800 Fotografien erfasst – ein Vielfaches des Schweizer Architekturführers von 1992. Die Zentralschweiz ist dort mit 22 Luzerner, 18 Zuger, vier Obwaldner, zwei Urner, einem Nidwaldner und einem (!) Schwyzer Bau vertreten.
47 Letzterer ist die Villa des Luzerner Architekten Heinrich Auf der Maur in Küssnacht, ein Landsitz am damals noch weitestgehend unbebauten Ufer des Vierwaldstättersees, der wohl eher zufällig 700 Meter von der Luzerner Kantonsgrenze entfernt liegt. Die Fachstellen für Denkmalpflege der Kantone Luzern und Zug besitzen gute, online verfügbare Inventare für das 20. Jahrhundert. Obwalden und Nidwalden führen Typoskripte bzw. eine interne Datenbank. In den Kantonen Uri und Schwyz steht die Dokumentation der jüngeren Architektur hingegen noch aus, ebenso fehlen hier populäre Bautenführer. Während der Kanton Uri die Architekturbibliothek finanziell unterstützt und somit das moderne und zeitgenössische Bauschaffens am Gotthard erstmals würdigt, wird der Kanton Schwyz leider weiterhin weder der Vergangenheit noch der Gegenwart gerecht. Somit sind die gut 50 Schwyzer Architekturbibliotheksbauwerke eine wirkliche Premiere!
Ausblick Parallel zur Datenbank-Aufarbeitung arbeiten sich unsere Studierenden bereits weiter durch die Schweiz. Noch steht das Projekt ganz am Anfang, müssen Erfahrungen gemacht und Inhalte wie Auftritt verbessert werden. Wir hoffen jedoch, mit unserer visuell-attraktiv gestalteten Architekturbibliothek grundlegend zur Sensibilisierung und zum Diskurs über Baukultur beitragen zu können und eine breite Öffentlichkeit zu erreichen.
Dr. Marion Sauter
OW Erlebnisbad Seefeld Park Seestrasse 20, 6060 Sarnen 2008–2011 Joos Mathys Architekten AG mit Seiler Linhart Architekten AG
Erlebnisbad Seefeld Park – Ansicht Nordwest Foto: Sandro Zihlmann, 2017
Die Gemeinde Sarnen beschloss 2008, die verschiedenen Aktivitäten am Sarnersee unter einem Dach zusammenzuführen und lancierte einen Architekturwettbewerb zum Bau des Seefeld Parks. Die Gewinner des Wettbewerbs, die Architektengemeinschaften Joos Mathys Architekten AG und Seiler Linhart Architekten AG realisierten in den Jahren 2008 bis 2011 ein Erlebnisbad und eine Campingplatz-Infrastruktur. Die Aussenanlagen plante August Künzle. Der Seefeld Park befindet sich am Ufer des Sarnersees und ist in die Uferlandschaft eingebettet. Östlich der Parkanlage befindet sich die von Zürich nach Interlaken führende Autobahn A2 sowie die Brünigstrasse. Der langgestreckte Baukörper des Erlebnisbads – eine Seebadi – ist Ost-West orientiert und im nördlichen Teil der Seeparzelle situiert, der Campingplatz liegt im Süden. Grosszügige Durchgänge im Gebäude schaffen eine Verbindung zwischen den verschiedenen Aussenbereichen. Der Blick in Richtung Südwest bietet das Alpenpanorama rund um das Brienzer Rothorn. Die Konstruktion des Erlebnisbads berücksichtigt die Hochwasserschutzmassnahmen. Die beiden Geschosse werden von feingliedrigen Stahlstützen getragen und von Ortbetonplatten gefasst. Die leichte Erhöhung des Erdgeschosses und die auskragenden Betonplatten lassen den Baukörper schwebend wirken. Die einzelnen Funktionsbereiche sind ganz in der Tradition klassischer Seebadis als hölzerne Kabinen in die Konstruktion eingestellt. Die Fassaden bestehen aus einer filigranen Holzlattung mit Schattenfuge und geschosshohen Fenstern. Die Holzlattung dient auch als Sonnenschutz und überdeckt einzelne Fenster. Das Obergeschoss wird auf der Nordseite durch eine repräsentativ geschwungene Freitreppe erschlossen. Zwei weitere Treppenläufe verbinden das Oberdeck mit der Liegewiese. Im östlichen Teil des Erdgeschosses sind der Empfang für die eintreffenden Camper sowie ein Laden, eine Wäscherei und Garderoben untergebracht. Abgetrennt von einem Durchgang folgen in Richtung See die Umkleidekabinen und ein Restaurant. Das Obergeschoss folgt dieser Zweiteilung: Im Osten sind die Büroräume, im Westen Umkleidekabinen, vor allem jedoch ein Schwimmbecken situiert. Markante, querovale Fenster gewähren den Blick in das Schwimmbecken. Feine Stahlgeländer sichern die Freibereiche. Im Gegensatz zur belebten Liegewiese am Seeufer, wurde hier mit einfachen Mittel der Eindruck eines «First Class Decks» erzeugt, das jedoch selbstverständlich von allen Badegästen benutzt werden kann. Der Bau von Seebädern hat eine lange Tradition. Christoph Mathys, Peter Joos, Patrik Seiler und Søren Linhart haben in Sarnen mit tradierten Gestaltelementen einen neuen Badi-Typus geschaffen. Das Schwimmbecken im Oberdeck besitzt herausragende Qualitäten: Panoramablick und Abgeschiedenheit bieten Komfort fernab der Liegewiese.
Sandro Zihlmann 2017
Linhart, Søren; Seiler, Patrik. Bürodokumentation – Seiler Linhart Architekten. Sarnen 2017, S. 33–38. – Wirz, Heinz (Hg.). Joos & Mathys, (De aedibus, Bd. 57). Luzern 2015, S. 64–77. – Simon, Axel. Bad an Bord: Die neue Badi in Sarnen hebt das Bad über die Wiese, in: Hochparterre 6–7/2011, S. 50–53.
Erlebnisbad Seefeld Park – Treppe. Foto: Sandro Zihlmann, 2017
ZG Terrassenhäuser Terrassenweg 1–9, 6300 Zug 1957–1960 Stucky Meuli
Terrassenhäuser – Ansicht Südwest Foto: André Hediger, 2018
Die Überbauung am Terrassenweg 1–9 wurde in den Jahren 1957 bis 1960 von Fritz Stucky und Rudolf Meuli errichtet. Die 25 Wohnungen wurden in den letzten Jahren im Inneren teilweise umgestaltet. Der Aussenbau entspricht hingegen noch weitgehend dem ursprünglichen Zustand. Die Überbauung liegt an einem nach Westen ausgerichteten Hang, rund einen Kilometer vom Zugersee entfernt und direkt im Anschluss an die Kernzone Zugs. Die in fünf getreppten Blöcken zusammengefassten Wohnungen sind durch den Terrassenweg und den Rothusweg erschlossen. Die seitliche Erschliessung der siebengeschossigen Treppenhäuser, die sogenannte Guggitreppe, ist frei im Gelände angelegt und zugleich eine wichtige Fussgängerverbindung der Stadt. Baukörper und Konstruktion der Überbauung lassen sich mit einer Treppenanlage vergleichen, die von mehreren Wangen getragen wird und ausgehend von einem massiven Felsband – dem Sockelgeschoss mit den Garagen – an den Hang anlehnt. Die wie Einfamilienhäuser organisierten Terrassenwohnungen wurden in zwölf verschiedenen Grundrissvarianten ausgeführt, mit vier bis acht Zimmern. Jede Wohnung besitzt eine grosszügige Terrasse, die den Lebensraum um ein Drittel bis zur Hälfte der Grundrissfläche erweitert. Dank der Überlagerung der Terrassenwohnungen kann ein Besitzer von 50 Quadratmetern Land über eine Hausfläche von 150 Quadratmetern und eine Terrassenfläche von 60 Quadratmetern und mehr verfügen. Die vertikale und horizontale Erschliessung der Terrassenhäuser erfolgt über geschwungene Aussentreppen. Die verputzten Fassaden variieren heute in Grau-, Grün-, und Blautönen. Das gestalterische Hauptmerkmal der Terrassenhäuser sind jedoch die umlaufenden, schräg auskragenden Pflanztröge aus zwischenzeitlich weiss gestrichenem Sichtbeton. Die Fenster und Terrassentüren sind einzeln in die Wände geschnitten – bislang wurden die Lochfassaden nicht dem späteren Trend zur Vollverglasung geopfert. Innerhalb der Überbauung gibt es keine Verbindungen und keine Gemeinschaftsräume. Jede Partei hat ihren eigenen Keller, Luftschutzraum und Waschküche. Diese individuelle Grundrissgestaltung unterstreicht den Eigenheimcharakter. Fritz Stucky und Rudolf Meuli errichteten in Zug die ersten Terrassenhäuser in der Schweiz! Diese mit dem Ziel der Verdichtung entwickelte Bautypologie fand darauf an den vielen Hanglagen in der Schweiz weite Verbreitung. Der Baukomplex ist daher als schützenswert eingestuft. Stucky hatte 1950 ein internationales Stipendium bei Frank Lloyd Wright absolviert und sich von dessen architektonischer Handschrift inspirieren lassen. Besonders das zentrale Anliegen Wrights, die Natur in die Innenräume einzubeziehen, lässt sich an den Zuger Terrassenhäusern klar erkennen: Die vorfabrizierten Pflanztröge folgten damals neusten technischen Standards.
André Hediger 2018
Brunner, Roman. Erste Terrassenhäuser der Schweiz, in: Zuger Zeitung 2014, S. 14. – Bauforum Zug (Hg.). Zuger Bautenführer. Ausgewählte Objekte 1902–2012. Luzern 2013, S. 50–51. – Schweizer Heimatschutz (Hg.). Baukultur entdecken. Die Architektur der 1950er und 1960er Jahre. Zug 2009, Nr. 4. – Schweizer Heimatschutz (Hg.). Die schönsten Bauten der 50er-Jahre. Schweizer Architektur im Jahrzehnt des Aufschwungs. Zürich 2007, S. 51. – Jenatsch, GianMarco; Krucker, Bruno; Bauforum Zug (Hg.). Werk Serie. Fritz Stucky. Architekt und Unternehmer. Zürich 2006, S. 68–69. – Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte (Hg.). Kunstführer durch die Schweiz (Bd. 1). Bern 2005, S. 716. – Allenspach, Christoph. Architektur in der Schweiz. Bauen im 19. und 20. Jahrhundert. Zürich 1998, S. 96–97. – Rucki, Isabelle; Huber, Dorothee (Hg.). Architektenlexikon der Schweiz. Basel 1998, S. 521. – Bauforum Zug (Hg.). Zuger Bautenführer. Ausgewählte Objekte 1920–1990. Zug 1992, S. 44–45. – Zeller, Christa. Schweizer Architekturführer 1920–1990. Nordost- und Zentralschweiz (Bd. 1). Zürich 1992, S. 246. – Adler, Florian; Girsberger, Hans; Riege, Olinde (Hg.). Architekturführer Schweiz. Zürich 1978, Nr. 442. – Altherr, Alfred. Neue Schweizer Architektur, Teufen 1965, S. 133. – Terrassenhäuser in Zug, in: Werk 2/1961, S. 58–60.
Terrassenhäuser – Detail. Foto: André Hediger, 2018
ZG Zuger Kantonalbank Bahnhofstrasse 1, 6300 Zug 1949–1958 / 1986, 1997 / 2010–2016 Hafner Wiederkehr/Wiederkehr Krummenacher Architekten AG Josef Rickenbacher (Kunst am Bau)
Zuger Kantonalbank – Ansicht Südost Foto: Sanja Despotovic, 2018
1949 wurde ein Wettbewerb für den Neubau der Zuger Kantonalbank ausgeschrieben, den die Architekten Leo Hafner und Alfons Wiederkehr gewannen. Durch den Ankauf einer angrenzenden Liegenschaft wuchs der Projektumfang noch in der Planungsphase. Das Bankgebäude wurde in den 1980er- und 1990er-Jahren modernisiert. Die letzte grosse Sanierung erfolgte durch Wiederkehr Krummenacher Architekten in den Jahren 2010 bis 2016. Der Hauptsitz der Zuger Kantonalbank liegt im Zentrum von Zug. Das fünfgeschossige Bankgebäude schöpft die Parzelle an der Ecke Bahnhofstrasse, Postplatz und Vorstadt voll aus. Ihre Südseite fasst damit den Zuger Hauptplatz mit den historistischen Repräsentationsbauten Regierungssitz und Hauptpost. Die Ostseite flankiert die Bahnhofstrasse und die Westseite leitet im leicht abfallenden Gelände auf die spätmittelalterliche Häuserzeile am Zugersee über. Der Haupteingang der Bank befindet sich – eher unscheinbar situiert – in der Kolonnade an der Bahnhofstrasse. Für das Personal ist das Gebäude auch über den Hinterhof zugänglich. Das kubische Gebäude erhebt sich über einem nahezu quadratischen Grundriss um einen Lichthof. Das Attikageschoss ist zurückgesetzt, jedoch durch ein fassadenbündiges Vordach mit dem Hauptbau verbunden. Einzelne Abschnitte des Vordaches sind mit Lamellen versehen, um die Wohnungen im Dachgeschoss ausreichend belichten zu können. Das Erdgeschoss ist im Westen und im Süden mit grossformatigen Fensterelementen durchsetzt, deren Raster sich auch in der Kolonnade an der Bahnhofstrasse wiederfindet. Die darüberliegenden drei Bürogeschosse sind jeweils mit einer vorgesetzten, kastenförmigen Aluminium-Glaskonstruktion mit schwarzen Brüstungselementen zusammengefasst – die erste ihrer Art in der Schweiz. Eine geschlossene Wandfläche und die Brüstung des Attikageschosses rahmen die grossen Fensterfronten im Westen und im Süden. Hier ist auch ein Relief einer sitzenden Frau angebracht, die Früchte pflückt: Das figurative Werk symbolisiert eine reiche Ernte und stammt vom Schwyzer Bildhauer Josef Rickenbacher. Im Erdgeschoss befinden sich der Empfangsbereich und die Schalterhalle. Die öffentliche Kolonnade und das Foyer sind durch einen weissen Laaser-Marmorsteinbelag optisch miteinander verbunden. Die Atmosphäre der Schalterhalle wird durch die Helligkeit des Lichthofs bestimmt und von einer Steinverkleidung der Wände in kontrastierendem Schwarz akzentuiert. Der äusserst qualitätvolle 1950er-Jahre-Bau setzt in seiner Eleganz einen radikal modernen Akzent in das historische Ortsbild am Zuger Postplatz und fand neue Formen für das Repräsentationsbedürfnis eines Bankhauses. Die Kolonnade initiierte einen öffentlichen Raum, der entlang der Bahnhofstrasse weitgehende Fortsetzung fand.
Sanja Despotovic 2018
Hafner, Leo. LHA, Leo-Hafner-Archiv. Bilder, Plastiken, Bauten. Steinhausen 2009, S. 106–115. – Speck, Guido. 125 Jahre Zuger Kantonalbank 1892–2017. Zug 2017. – Bauforum Zug (Hg.). Zuger Bautenführer. Ausgewählte Objekte 1902–2012. Luzern 2013, S. 44–47. – Schweizer Heimatschutz (Hg.). Die schönsten Bauten der 50er-Jahre. Schweizer Architektur im Jahrzehnt des Aufschwungs. Zürich 2007, S. 50. – Bauforum Zug (Hg.). Zuger Bautenführer. Ausgewählte Objekte 1920–1990. Zug 1992, S. 40–41. – Zeller, Christa. Schweizer Architekturführer 1920–1990. Nordost- und Zentralschweiz (Bd. 1). Zürich 1992, S. 246. – Noseda, Irma. Kulturobjekte der Stadt Zug. Zug 1990, Nr. 20. – Hafner, Leo. 40 Jahre – 40 Objekte. Zug 1988, S. 31–34. – Adler, Florian; Girsberger, Hans; Riege, Olinde (Hg.). Architekturführer Schweiz. Zürich 1978, Nr. 4062. – Brunner, Josef. Hafner, Leo: Das neue Kantonalbankgebäude, in: Zuger Neujahrsblatt 1959, S. 63–69. – Kantonalbank Zug, in: Werk 5/1959, S. 176–179. – Kantonalbank Zug, in: Zuger Volksblatt 25.6.1958.
Zuger Kantonalbank – Ansicht West. Foto: Sanja Despotovic, 2018
Zuger Kantonalbank – Treppe. Foto: Sanja Despotovic, 2018
LU Zentralbibliothek – Ansicht Nordost Foto: Angela Inäbnit, 2018 Zentralbibliothek Sempacherstrasse 10, 6003 Luzern 1949–1951 / 1995–1996 / 2018–2019 Otto Dreyer / Eugen Mugglin / Lussi Halter
Die Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern wurde in den Jahren 1949 bis 1951 nach Entwürfen Otto Dreyers erbaut. Das Gebäude wurde in den Jahren 1995/96 durch Eugen Mugglin renoviert, jedoch nicht wesentlich verändert. 2018 startete ein seit 2007 geplantes, grosses Sanierungs- und Umbauprojekt unter der Leitung des Architekturbüros Lussi Halter, heute Halter Casagrande Partner AG. Die Grundlage bildete ein Wettbewerb. Die Bibliothek befindet sich im Zentrum der Luzerner Neustadt. Im Südwesten grenzt das Gebäude an die stark befahrene Hirschmattstrasse. Im Nordwesten führt die Frankenstrasse vorbei, die als ruhige Nebenstrasse wahrgenommen wird, ebenso die Murbachstrasse im Südosten und die Sempacherstrasse im Nordosten. Angrenzend an die Sempacherstrasse liegt der Park Vögeligärtli. Hier befindet sich der Haupteingang. Der Solitärbau nimmt ein ganzes Geviert im Gründerzeitquartier ein. Die Bibliothek gründet auf einem Sockelgeschoss und setzt sich aus zwei Riegeln mit Walmdach zusammen. Die Walmdächer enden jedoch in horizontalen Betonplatten, sogenannten Flugdächern, und werden daher aus Besucherperspektive als Flachdächer wahrgenommen. Der verbindende, flach gedeckte Mitteltrakt ist U-förmig konzipiert und fasst einen Innenhof. Die Konstruktion als Betonskelettbau zeichnet sich an allen Fassaden ab. Die Felder sind mit Natursteinen und Fenstern beziehungsweise mit markant kassettierten Betonelementen und Milchglasfenstern ausgefacht. Der Hauptriegel ist viergeschossig, wobei das Eingangsgeschoss überhoch ausgebildet ist – es beherbergt den Haupteingang, die Garderobe, Gruppenräume sowie den Ausstellungs- und Vortragssaal. Der Haupteingang ist durch einen Mittelrisalit hervorgehoben. Das Büchermagazin nimmt den fünfgeschossigen Riegel an der Hirschmattstrasse und Teile des Mitteltrakts ein. Der Archivbau besitzt ebenfalls unterschiedliche Geschosshöhen, die sich an den Fensterhöhen an der Hischmattstrasse ablesen lassen: Die raumhohen Betonfensterelemente umfassen im Erdgeschoss sechs, in den folgenden fünf und im obersten Geschoss vier Teilungen in der Vertikalen. Die Stirnseiten sind geschlossen ausgebildet: Die feinen Betonkassetten fassen den Archiv- und den Mitteltrakt zusammen. Im Mitteltrakt sind ausserdem der Katalog- und der Lesesaal mit Empfang und Bücherrückgabe untergebracht. Das geordnete und zurückhaltende Auftreten, die klare, gelungene Struktur des Baus sowie der angrenzende grosszügige Park besitzen grosse räumliche Qualitäten. Der moderne Zweckbau – ein Vertreter der restaurativen Moderne – besticht durch seine kubische Ausbildung, seine schlichte Detailsprache und seine differenzierte Fassadengestaltung. Dank seiner herausragenden Architektur gilt die Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern als wegweisend für den schweizerischen Bibliotheksbau.
Angela Inäbnit 2018
Schnyder, Ivan. Was lange währt zögert sich hinaus, in: 041. Das Kulturmagazin 2/2017, S. 22–25. – Grünenfelder, Cony. Ein Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung, in: Karton 1/2013, S. 18–21. – Gmür, Otti. Architekturführer Luzern. Spaziergänge durch Raum und Zeit. Luzern 2003, S. 90–91. – Rucki, Isabelle; Huber, Dorothee (Hg.). Architektenlexikon der Schweiz 19./20. Jahrhundert. Basel 1998, S. 149. – Zeller, Christa. Schweizer Architekturführer 1920–1990. Nordost- und Zentralschweiz (Bd. 1). Zürich 1996, S. 261. – Ineichen, Hannes; Zanoni, Tomaso (Hg.). Luzerner Architekten. Architektur und Städtebau im Kanton Luzern 1920–1960, Bern/Zürich 1985, S. 24–25.
Zentralbibliothek – Ansicht Nordwest. Foto: Angela Inäbnit, 2018
Zentralbibliothek – Lesesaal. Foto: Angela Inäbnit, 2018
NW Siedlung Wechselacher Acherweg 40–68/72–98, 6370 Stans 1988–1989 Werner Hunziker, Roman Lüscher (Lüscher, Lauber, Gmür)
Siedlung Wechselacher – Ansicht Nordwest Foto: Dugald Gardner, 2017
Der Entwurf für die Siedlung Wechselacher stammt von den Luzerner Architekten Werner Hunziker und Roman Lüscher, der damals in der Architektengemeinschaft Lüscher Lauber Gmür wirkte. Die Siedlung beherbergt Wohnungen und kleine Studios; sie wurde von der Wohnbaugenossenschaft Wechsel in Auftrag gegeben und in den Jahren 1988 / 1989 erbaut.
Der Wechselacher befindet sich in unmittelbarer Nähe des Gemeindeplatzes am nördlichen Ortsrand von Stans, der von Feldern und der Autobahn A2 abgeschlossen wird. Je fünf der insgesamt zehn Gebäude formen einen Innenhof. Die Innenhöfe sind durch ein Wegesystem miteinander verbunden. 1993 wurde ein weiterer Riegel zwischen die beiden Baugruppen gesetzt. Den Auftakt machen jeweils zwei kleinere, zwei Wohnungen umfassende Gebäude im Südwesten. Sie bilden eine Torsituation. An den Seiten werden die Innenhöfe von einem länglichen Gebäude begrenzt. Diese beherbergen jeweils fünf Wohneinheiten, das die Siedlung gegen Westen abschliessende Gebäude nur vier. Die insgesamt 27 Wohnungen umfassenden Baukörper sind dreigeschossig und mit Pultdächern gedeckt. Das zweite Obergeschoss und das Dachgeschoss springen zurück und bilden grosszügige Dachterrassen. Die Wohneinheiten im Erdgeschoss haben auf der Hausrückseite private Terrassen und sind gegen den halböffentlichen Innenhof mit Vorplätzen und überdachten, als Holzkonstruktionen ausgeführten Velounterständen abgegrenzt. Die nordwestliche Baugruppe schliesst mit einem zweigeschossigen Riegel, der mit einem Satteldach gedeckt ist und gemeinschaftlich genutzte Räume sowie mehrere Studios umfasst. Die südöstliche Baugruppe wird von einem dreigeschossigen Riegel mit Wohnnutzung begrenzt, der sich durch eine Laubengangerschliessung mit Metallverkleidung auszeichnet. Alle anderen Fassaden der Siedlung Wechselacher sind in hellem Kalksandstein ausgeführt, die zumeist französischen Fenster mit traditionellen, hellblauen Klappläden versehen. Die Haustüren setzen abwechslungsreiche Farbakzente in Pastelltönen. Die Siedlung Wechselacher gehört zu den wenigen qualitätsvollen Zeugen der Postmoderne in der Innerschweiz. Die angestrebte Individualität und Vielfalt findet sich neben der Gestaltung auch im Nutzungsangebot. Die Liebe zur Detailgestaltung reicht bis in die Aussenräume.
Dugald Gardner 2017
Siedlung Wechselacher – Ansicht Südwest. Foto: Dugald Gardner, 2017
Siedlung Wechselacher – Ansicht Südost. Foto: Dugald Gardner, 2017
LU Erweiterung Augenklinik Kantonsspital, 6004 Luzern 2009–2016 Schneider Schneider Architekten
Erweiterung Augenklinik – Ansicht West Foto: Martina Benz, 2017
Angesichts der grossen Nachfrage reichten die Kapazitäten der 1975 errichteten Luzerner Augenklinik nicht mehr aus. Ausserdem war die energetische Ausstattung des Bauwerks überholt und musste an die aktuellen Anforderungen angepasst werden. Nach einer Generalplanerausschreibung begannen Schneider Schneider Architekten aus Aarau 2009 mit dem Erweiterungsbau der Augenklinik und sanierten anschliessend den bestehenden Bau. Die Arbeiten waren 2016 abgeschlossen. Die Augenklinik erfüllt heute den Minergiestandard. Die Augenklinik bildet den Auftakt des weitläufigen Spitalareals. Das Gebäude ist zwischen dem Bettenhochhaus und dem Parkhaus sowie zwischen der Frauen- und der Kinderklinik in den Hang eingebettet. Der Erweiterungsbau grenzt westlich an den Altbau an, der polygonale Baukomplex wird von der internen Erschliessungsstrasse «Kantonsspital» gefasst. Der Eingang der Augenklinik liegt auf der Nordseite des Gebäudes, an welcher der Baukomplex etwas zurückspringt. Der talseitig fünf- und bergseitig viergeschossige Altbau gründet auf einem nahezu quadratischen Grundriss. Die durchgehende Befensterung der Westseite machte eine deutliche Fuge zum Erweiterungstrakt erforderlich. Zusammengefasst wird der nun L-förmige Komplex von einem Sockelgeschoss, einem langgezogenen Vordach auf der Nordseite und der gleichen Gebäudehöhe beziehungsweise Geschossdisposition. Eine vorgehängte Metallfassade gibt beiden Baukörpern ein gleichmässiges Fensterraster. Einzig der Erweiterungsbau ist auf der Süd- und der Westseite mit jeweils einer breiteren Fensterachse akzentuiert. Die wenigen geschlossenen Wandflächen sind mit Paneelen verblendet. Die horizontale Gliederung der Metallfassade irritiert: Die Bänder liegen nämlich nicht auf Höhe der Geschossdecken, sondern unterhalb der Fensterbrüstungen. Die Paneele alternieren in bronzefarben und grau und reflektieren das Licht unterschiedlich, was eine optische Leichtigkeit erzeugt. Im Sockel- und einem weiteren Untergeschoss befinden sich die Operationsräume. Die darüber liegenden Geschosse sind unterteilt in Behandlungs- und Untersuchungsräume sowie in Büros und Wartezimmer. Da sich Sehbeeinträchtigte ausgeprägt über den Tast- und Gehörsinn orientieren, wurde ein spezielles Augenmerk auf die Materialisierung der Innengestaltung gelegt. Der dunkle Terrazzoboden steht in Kontrast zu den hellen und grosszügigen Räumen. Als Orientierungshilfe sind an den Wänden Handläufe montiert. Trotz der baulichen Dichte des Spitalareals bieten die Warteräume Blicke ins Grüne. Schneider Schneider Architekten, die zuvor andernorts Erfahrungen im Spitalbau gesammelt haben, ist es gelungen, bei der Erweiterung der Augenklinik Alt- und Neubau harmonisch zu verschmelzen und sowohl einen ästhetischen wie den aktuellen technischen Standards entsprechenden Kubus zu formen – dies unter der Herausforderung, den Spitalbetrieb während des gesamten Umbaus weiterzuführen.
Martina Benz 2017
LU Dulaschulhaus – Ansicht West Foto: Maria Kuonen, 2017 Dulaschulhaus Bruchstrasse 78, 6003 Luzern 1931–1933 / 2006 Albert F. Zeyer / Lengacher Emmenegger & Partner AG
Albert Zeyer konnte im Jahr 1930 den Wettbewerb für den Bau der Schulanlage Dula gewinnen. Benannt nach Franz Dula, einem Schweizer Lehrer und Politiker, wurden das Schulhaus und die dazugehörige Turnhalle von 1931 bis 1933 erbaut. Die Turnhalle wurde zwischenzeitlich um ein Geschoss aufgestockt, nach einer umfassenden Renovierung der gesamten Anlage durch die Luzerner Architekten Lengacher Emmenegger Partner im Jahr 2006 jedoch in ihren ursprünglichen Zustand zurückgeführt. Das Dulaschulhaus befindet sich im Bruchquartier und ist von der Säli- und der Bruchstrasse umschlossen. Zusammen mit den späthistoristischen Pestalozzi- und dem Sälischulhaus bildet es ein Ensemble an Bildungseinrichtungen, welche sich um einen gemeinsamen, grosszügigen Schulhof gruppieren. Die Haupteingänge des Dulaschulhauses befinden sich an der Nordseite, mit direktem Zugang zum Pausenplatz. Der viergeschossige Bau weist eine signifikante Längsorientierung auf. Die schlichten Nord- und Südfassaden zeichnen sich durch ein strukturiertes Fensterraster aus: Jeweils vier Scheiben formen ein Fensterelement. Die Nordfassade weist eine horizontale Gliederung auf, bestehend aus den Brüstungen und den gleichmässigen Fensterelementen mit liegendem Format. Die Fassade scheint zu schweben, da das Erdgeschoss zurückversetzt ist und Stützen eine Kolonnade formen. Im Gegensatz dazu wirkt die Südfassade durch die deutlich grösseren Fensteröffnungen gerastert. Die gestalterische Zurückhaltung wird an der östlichen Stirnseite des Baus aufgehoben. Hier trifft man auf ein halbzylindrisch ausgeformtes Treppenhaus, dessen Fenster sich über die Geschosse hinweg erstreckt und dem Gebäude Signifikanz verleiht. Ein ähnliches Fenster durchbricht auch die schmale Westfassade. Hier ergänzt ein einstöckiger Anbau, in dem ein Kindergarten untergebracht ist, den langgestreckten Baukörper. Das Dulaschulhaus wurde in Anlehnung an die bereits bestehenden Nachbarschulbauten nicht weiss, sondern in einem sanften Orangeton gestrichen. Die bewusste Integration in die Umgebung wird auch in der Ausformulierung des Daches spürbar: Statt eines Flachdachs erhielt das Dulaschulhaus ein leicht geneigtes Walmdach. Aufgrund der verdeckten Traufausbildung treten für den Betrachter jedoch die kubischen Baukörper in den Vordergrund. Die Grundrisse des Dulaschulhauses sind auf einem strukturierten Raster aufgebaut und lassen flexible Nutzungen zu. Alle Schulzimmer sind gegen den Pausenhof hin orientiert und werden über einen Längskorridor auf der Südseite erschlossen. Das Dulaschulhaus gehört zu den wenigen Pionierbauten des Neuen Bauens in der Innerschweiz und nimmt eine Schlüsselstellung im modernen Schulhausbau ein. Mit seiner architektonischen Gestaltung, unter anderem der Rasterfassade und dem halbrunden Vorbau, symbolisiert es den sozialen und kulturellen Aufbruch in den 1930er-Jahren.
Maria Kuonen 2017
Niederberger, Claus u.a. Neues Bauen in der frühen Moderne der Zentralschweiz. Die Gesamtrestaurierung der Schulanlage Dula in der Stadt Luzern, in: Jahrbuch der Historischen Gesellschaft Luzern. Luzern 2010, S. 31–109. – Schärer, Caspar. Zurück in die Zukunft, in: Hochparterre 4/2009, S. 34–37. – Stadt Luzern (Hg.). Immobilien. Bauten 2006: Schulhaus Dula, in: www.stadtluzern.ch. – Brentini, Fabrizio. Der Architekt Albert Zeyer (1895–1972). Luzern 2004, S. 18–19, 30, 56–66. – Meyer, André. Architektur zwischen Tradition und Innovation. Die Zentralschweiz auf dem Weg in die Moderne. Luzern 2003, S. 100–101. – Gmür, Otti. Architekturführer Luzern. Spaziergänge durch Raum und Zeit. Luzern 2003, S. 123. – Rucki, Isabelle; Huber, Dorothee (Hg.). Architektenlexikon der Schweiz 19./20. Jahrhundert. Basel 1998, S. 580–581. – Ineichen, Hannes; Zanoni, Tomaso (Hg.). Luzerner Architekten. Architektur und Städtebau im Kanton Luzern 1920–1960. Zürich/Bern 1985, S. 101. – Zeller, Christa. Schweizer Architekturführer 1920–1990. Nordost- und Zentralschweiz (Bd. 1). Zürich 1996, S. 257. – Meyer, André. Siedlungs- und Baudenkmäler im Kanton Luzern. Ein kulturgeschichtlicher Wegweiser. Luzern 1977, S. 186. – Bill, Max. Moderne Schweizer Architektur 1925–1945, Basel 1949, o. S. – Birchler, Linus. Moderne Schweizer Architektur. Basel 1947, o. S. – Zeyer, Albert. Dulaschulhaus mit Turnhalle Luzern. Luzern 16.2.1935 (StaLU B.3.31). – Zeyer, Albert. Erläuterungsbericht des Architekten. Luzern 29.1.1931 (StaLU B.3.31).
Dulaschulhaus – Kolonnade. Foto: Maria Kuonen, 2017
Dulaschulhaus – Treppe. Foto: Maria Kuonen, 2017
UR Heilpädagogisches Therapiezentrum Gotthardstrasse 14a, 6460 Altdorf 2008–2011 Graber Steiger Beat Streuli (Kunst am Bau)
Heilpädagogisches Therapiezentrum – Ansicht Ost Foto: Martin Furrer, 2017
2008 wurde ein Projektwettbewerb zum Bau eines neuen heilpädagogischen Therapiezentrums der Stiftung Papilio ausgeschrieben. Das Architekturbüro Graber Steiger aus Luzern erhielt den ersten Rang und konnte den Bau im Anschluss im Minergie-Standard ausführen. Das Therapiezentrum eröffnete 2011. Der Neubau fügt sich in den bestehenden Gebäudekomplex des Heilpädagogischen Zentrums Uri im Zentrum von Altdorf ein. Die in mehreren Etappen errichteten Bauten bildeten bislang eine U-Form. Mit der Platzierung des Neubaus im Nordwesten, an der Stoffelgasse, entstand ein kreisförmiges Ensemble – eine dorfähnliche Situation rund um einen zentralen Platz. Die neuen Räumlichkeiten sind in einem dreigeschossigen kubischen Baukörper mit versetzt angeordneten Geschossen untergebracht. Die Auskragungen und Rücksprünge bilden Terrassen und gedeckte Aussenbereiche. Der Neubau wurde in Holzelementbauweise ausgeführt, lediglich die Tiefgarage und der Treppenkern in Massivbauweise. Die Wandflächen sind mit einer vertikalen, die Bodenplatten mit einer horizontalen Holzschalung versehen. Darüber ist eine weitere Schicht angeordnet: Lamellen aus Fichtenholz gliedern die grosszügig bemessenen Fensterflächen sowie einige Wandflächen. Die Dichte in der vertikalen Gliederung variiert. Die feingliedrigen Hölzer reichen partiell über zwei Geschosse und verbinden die Ebenen. Diese abwechslungsreiche Linienführung lässt das Bauwerk skulptural erscheinen. Die Holzlamellen und die Holzverschalung sind mit einer grauen Lasur mit Aluminiumpigmenten behandelt und schimmern im Sonnenlicht metallisch. Die beiden Eingänge an der Nord- und Südseite sind gleichwertig gestaltet. Es entsteht ein Durchgang, welcher zugleich als Eingangs- und Aufenthaltsbereich dient. Im Gegensatz zur dunklen Fassade sind die Innenräume hell gestaltet. Die Wände und Decken sind mit Dreischichtplatten aus Fichtenholz verkleidet. Die Flure sind mit einem fugenlosen Magnesitbodenbelag, die Räume mit geöltem Raucheichenparkett ausgestattet. Der Künstler Beat Streuli gestaltete die grossen Panoramafenster mit transluzenten Kinderporträts. Mit der dezidierten Verwendung von Holz kehrt das Therapiezentrum den steinernen Bauten im Altdorfer Ortskern den Rücken zu und leitet geschickt zu den Wohn- und Landwirtschaftsbauten in der Umgebung über. Der parallel zur Stoffelgasse platzierte Bau unterstreicht das ortstypische Merkmal des Gassenraums. Durch die leichte Neigung des Geländes und die raffinierte Stapelung der Geschosse passt sich das Gebäude trotz seiner Grösse gut in die Umgebung ein.
Martin Furrer 2017
Adam, Hubertus; Richli, Cybu; Burri, Fabienne (Hg.). Graber & Steiger, Bauten und Projekte 1995–2015. Luzern 2015. S. 63–64, 202–215, 395. – Schneider, Sabine. Die Stufenpyramide von Altdorf, in: Baumeister 1/2012, S. 46–55. – Linhart, Søren. Stapelungen und Verflechtungen, in: Werk, Bauen und Wohnen 1–2/2012, S. 26–31. – Jaeger, Michael. Therapiestelle HPZ Uri, in: Best Architects 2012. Düsseldorf 2011, S. 226–229.
Heilpädagogisches Therapiezentrum – Ansicht Süd. Foto: Martin Furrer, 2017