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2. Geschichtlicher Überblick
Abb.1. München, Staatliche Münzsammlung, Inv. 86.627. Medaillon von 315 mit Christusmonogramm, Silber, Durchmesser 2,5 cm, Gewicht 6,40 Gramm, Münzstätte Ticinum (Pavia), Vorderseite. Diocletian, der im Jahre 284 in Nikomedeia (Izmit) am Bosporus zum Augustus erhoben wurde, suchte sehr schnell durch Verteilung der kaiserlichen Macht den Angriffen und Aufständen zu begegnen, die das Reich von allen Seiten bedrohten. 286 ernannte er seinen Freund Maximian zum Augustus des Westreichs, während er selbst das Ostreich regierte. 293 wurde durch Einsetzung von Galerius und Constantius als untergeordnete Herrscher (Caesares) eine Viererherrschaft (Tetrarchie) eingerichtet. 305 sollten die Augusti zurücktreten und die Caesares an ihre Stelle aufsteigen. Neue Caesares sollten wiederum nach zehn Jahren Augusti werden. Als Absicherung der Tetrarchie trennte sich Galerius von seiner (namentlich nicht bekannten) Frau und heiratete Valeria, die Tochter Diocletians; Constantius, der zuvor mit Helena, der Mutter Konstantins, im Konkubinat lebte, erhielt Theodora zur Frau, die Tochter Maximians.
Diocletian residierte in Nikomedeia, Antiochia und Sirmium in Pannonien und regierte den Osten des Reiches. Galerius herrschte von Antiochia, Salonica (Thessaloniki) und Serdica aus über Griechenland und das östliche Donaugebiet. Maximian hatte seinen Sitz in Mailand und Aquileia und übernahm Italien, Spanien, Africa und das westliche Donaugebiet. Constantius residierte in Trier und erhielt Gallien und Britannien. Diocletian gab seinem politischen Entwurf auch eine religiöse Unterstützung. Er selbst und sein Caesar Galerius hatten Jupiter (Iovis) zum Begleiter und Bewahrer und nannten sich Iovier; Maximianus und sein Caesar Constantius stellten sich unter den Schutz des Hercules und galten als Herculier. Wie Jupiter unter den Göttern kam Diocletian unter den Tetrarchen der höchste Rang zu. Die angestrebte Eintracht (concordia) der Herrscher kam in einer starken Angleichung ihrer Porträts zum Ausdruck (Abb.). Die Idee einer göttlichen Berufung der Kaiser konnte wenige Jahre später von christlichen Kaisern übernommen werden. Die Rangstufen der Tetrarchen und ihr Verhältnis zu Jupiter und Hercules sind besonders im Raum für den Kaiserkult in Luxor (Abb.15), am Galeriusbogen in Thessaloniki (Abb.14) und am Fünfsäulendenkmal in Rom abzulesen (Abb.17). Die Vorstellung, das Heil des Römischen Reiches sei von einer einheitlichen kultischen Verehrung der Götter abhängig, führte seit 303 zur letzten großen Verfolgung der Christen. Die religionspolitische Motivation – traditioneller Kult als Garant des Staatswohls – ist im Edikt des Galerius zur Aufhebung der Verfolgung im Jahre 311 deutlich ausgesprochen. Die Tetrarchen hatten militärische Erfolge in Gallien, Britannien, an der Donau und gegen die Perser (Abb.14) und konnten Aufstände in Nordafrika und Ägypten niederschlagen. Hierfür feierten die Augusti 303 in Rom einen gemeinsamen Triumph, gleichzeitig mit einer Feier für die zwanzigjährige Herrschaft der Augusti (Vicennalia) und die zehn Amtsjahre der Caesares (Decennalia) (Abb. ).
Im Jahre 305 verlief die Nachfolgeregelung planmäßig: Diocletian und Maximian traten ab, Galerius und Constantius wurden Augusti und ernannten Maximinus Daia (im Osten) und Severus (im Westen) zu Caesares. Ähnlich wie 293 Maxentius, der Sohn Maximians, wurde jetzt Konstantin, der Sohn des Constantius, übergangen. Doch bereits 306 wurden die tetrarchischen Regeln durch eine dynastische Nachfolge durchbrochen. Konstantin war gerade rechtzeitig zu seinem sterbenden Vater nach York in Britannien gekommen, um nach dessen Tod von den Truppen zum Augustus ausgerufen zu werden.
Abb.2. Paris, Bibliothèque nationale de France, Cabinet des Médailles, Inv. Beisteigui 233. Medaillon von 313 mit dem Sonnengott als Begleiter Konstantins. Münzstätte Ticinum. Gold im Wert von 9 Solidi, Durchmesser 4 cm,. Gewicht 39,78 Gramm, Vorderseite.
Galerius fürchtete eine militärische Auseinandersetzung mit dem Usurpator und fand einen Kompromiss: Der Caesar Severus folgte Constantius als Augustus und Konstantin wurde als sein Caesar anerkannt. Kurz darauf ließ sich Maxentius in Rom zum Augustus ausrufen. Severus fand bei vergeblichem Kampf gegen ihn den Tod. Auch Maximian wurde wieder aktiv, verbündete sich mit Konstantin und gab ihm seine Tochter Fausta zur Frau (Abb.3−4). Diocletian, der sich auf seine Altersresidenz in Spoleto (Split) zurückgezogen hatte (Abb.11), machte 308 bei einem Treffen in Carnuntum einen vergeblichen Versuch, sein System zu retten. Die Stelle des gefallenen Augustus Severus sollte Licinius einnehmen, ein Kampfgefährte des Galerius. Maximian sollte wieder ausscheiden, was aber erst 310 erfolgte, als ihn sein Schwiegersohn Konstantin zum Selbstmord zwang. Konstantin erfand für sich eine fiktive Abstammung von Kaiser Claudius Gothicus (268–270) und eine Zuwendung zum Sonnengott (Sol beziehungsweise Apollo; Abb.2).
311 starb Galerius, kurz nach der Veröffentlichung seines Toleranzedikts zur Beendigung der Christenverfolgung. Die Beisetzung erfolgte in der Nähe seines Palastes Felix Romuliana (Gamzigrad/Serbien). Im folgenden Jahr zog Konstantin – selbst ein Usurpator – durch Norditalien nach Rom gegen den Usurpator Maxentius. Für seinen Sieg an der Milvischen Brücke, bei dem Maxentius im Tiber den Tod fand, hatte Konstantin sich als Schlachtenhelfer Christus gewählt, dessen Macht das Toleranzedikt bezeugt hatte.
In den Schriften von Laktanz (um 315) und Bischof Eusebius von Caesarea (nach dem Tod des Kaisers 337) wurden hierzu ganz unterschiedliche nächtliche Christusträume des Kaisers erzählt. Letzterer beschrieb auch eine Kreuzvision des Kaisers und seines ganzen Heeres am helllichten Tage. Den historischen Kern dieser literarischen Bilder, die militärische Wendung Konstantins zu Christus vor dem Kampf um Rom, bezeugen Silbermedaillons aus Ticinum (Abb.1). Auf der Vorderseite schmückt ein Christusmonogramm den Federhelmbusch am Spangenhelm des Kaisers. Es besteht aus den Anfangsbuchstaben X und P (Chi und Rho) des Christusnamens XPISTOC. Konstantin ist als Büste im Panzer mit seinem Pferd, einer Lanze und einem runden Schild dargestellt, den das Bild der römischen Wölfin schmückt, die Romulus und Remus säugt. Auch die Rückseite weist auf den Sieg Konstantins hin. Hier trägt der Kaiser bei einer Ansprache an Fuß- und Reitertruppen ein Siegesmal (tropaion) und wird von der Siegesgöttin Victoria bekränzt. Das Ergebnis dieses Sieges fasst die Umschrift zusammen: SALVS REI PVBLICAE – »Das Heil des Staatswesens«. Der Einsatz Christi für Konstantins Kriegsführung hatte weitgehende Folgen. Die fast allgemeine frühchristliche Ablehnung von Militärdienst und Krieg wurde jetzt hinfällig.
Abb.3. Berlin, Staatliche Museen, Münzkabinett, Inv. 1873,393. Doppelsolidus für Fausta, Gold, Durchmesser 2,5 cm, Gewicht 8,91 Gramm, Münzstätte Trier, Fundort Athen, Vorderseite.
Abb.4. Rückseite. Im Jahre 313 kämpfte Konstantin wieder an der Rheinfront gegen Franken, von denen er, wie schon einige Jahre zuvor, viele im Amphitheater durch wilde Tiere umbringen ließ. Von den zeitgenössischen Panegyrikern (Festrednern am Hofe) wurde er wegen solcher Abschreckungen gelobt, denn die Verteidigung der Grenzen war eine der wichtigsten Aufgaben Konstantins: »Dich aber, Konstantin, sollen die Feinde hassen, soviel sie wollen, wenn sie nur voller Schrecken sind.« (Panegyrici latini VI 12,1). Wenig später schaltete Licinius den Konkurrenten Maximinus Daia aus, so dass das Reich nur noch von zwei Augusti regiert wurde. Die Heirat des Licinius mit Constantia (S.), der Stiefschwester Konstantins, sollte für politische Annäherung sorgen. Auf religiösem Gebiet setzte eine in Mailand getroffene Vereinbarung der Kaiser, die als Brief veröffentlicht wurde, das Edikt des Galerius von 311 fort. Jetzt wurde die Rückgabe enteigneten Eigentums der Christen angeordnet. Völlige Freiheit der Religionswahl und die Gleichberechtigung aller Religionen sollten dem Reich und seinen Bewohnern die Gewogenheit aller Gottheiten und himmlischen Mächte garantieren. Die persönliche Einstellung Konstantins scheint noch für längere Zeit dieser toleranten Veröffentlichung entsprochen zu haben und ambivalent gewesen zu sein. Im religiösen Bereich engagierte sich der Kaiser sehr schnell für die christliche Kirche, beispielsweise durch Kirchenstiftungen und Versuche zur Beilegung des Donatistenstreits. In dieser in Nordafrika ausgebrochenen Auseinandersetzung ging es um die Rolle von Klerikern und Bischöfen, die in der diocletianischen Christenverfolgung versagt hatten, vor allem um die Gültigkeit der von ihnen gespendeten Sakramente. Im öffentlichen Auftreten trug Konstantin dagegen dem Umstand Rechnung, dass zunächst nur ein kleiner Teil der Bevölkerung, vor allem der zivilen und militärischen Führungskräfte, dem Christentum nahe stand (S.) und behielt seine enge Beziehung zum Sonnengott bei. Diese Verbindung ist auf einem Goldmedaillon verbildlicht, auf dessen Vorderseite die Büsten Konstantins und des Sonnengottes hintereinander dargestellt sind. Dieser trägt eine Strahlenkrone, Konstantin einen Lorbeerkranz. Der Kaiser ist gepanzert und hält außer einem Speer einen Schild, den das Viergespann (quadriga) des Sonnengottes schmückt. Dessen universale Herrschaft ist durch die Beigabe einer sternförmigen Sonne und einer Mondsichel angedeutet. In der Umschrift INVICTVS CONSTANTINVS MAX(imus) AVG(vstvs) – »Konstantin der Große, der unbesiegte Augustus« – übernimmt der Kaiser das typische Attribut des Sonnengottes: Sol invictus. Die Rückseite zeigt einen feierlichen Einzug (adventus) des von Victoria geleiteten Kaisers. Da die Umschrift im Plural steht (»Die glückliche Ankunft unserer Augusti«), hat Konstantin auch Licinius mit einbezogen. Weitere Goldprägungen mit dem Sonnengott des Kaisers reichten bis 324/25, doch viel weiter in der Bevölkerung verbreitet war natürlich das Kleingeld, die von 309/10 bis 317 in großen Auflagen verbreiteten Bronze-Prägungen (Folles) mit
Rückseitenbildern des Sonnengottes und der Widmung SOLI INVICTO COMITI – »Dem unbesiegten Sonnengott, dem Begleiter«. Auch der 315 für Konstantin eingeweihte Bogen in Rom weist auf die Beziehung des Kaisers zum Sonnengott hin (Abb.22–23).
Für das Jahr 315 übernahmen Konstantin und Licinius gemeinsam das Konsulat, außerdem bot Konstantin dem Mitaugustus eine verfrühte gemeinsame Feier der Decennalien an, wie eine Goldfibel belegt (Abb.46) und die Vota-Inschriften über den Porträts beider Kaiser am Konstantinsbogen nahelegen (Abb.). Doch schon im nächsten Jahr kam es zu Kämpfen zwischen den beiden Augusti. Niederlagen bei Cibalae in Pannonien und in Adrianopolis (Edirne) führten zu erheblichen Gebietsverlusten des Licinius. Dieser feierte 317, also zum tatsächlichen Zeitpunkt, im Osten seine Decennalien, für die Largitionsschalen erhalten blieben (S.). Largitionsschalen sind nach dem Begriff largitas, lat. für Freigebigkeit, benannt. Es sind Schalen, die in Form von Inschriften den Kaiser und das Ereignis bezeichnen, zu dem eine solche largitio (Spende) an das Volk stattgefunden hat, meist zu Jubiläen, Triumphen oder Feiertagen. Um die Spannungen zu entschärfen, verlieh Konstantin im selben Jahr nicht nur seinen Söhnen Crispus und Constantinus II. den Caesar-Titel, sonden auch dem zweijährigen Sohn des Licinius, Licinius Junior. Crispus war Sohn der Minervina, Konstantins Konkubine vor der Heirat mit Fausta, Constantinus II. war ein oder zwei Jahre zuvor von Fausta geboren worden. Im Jahre 324 kam es zur endgültigen Entscheidung zwischen Konstantin und Licinius, mit Schlachten bei Adrianopolis und in Chrysopolis (am Bosporus, gegenüber Byzanz, heute Istanbul). Großen Anteil an diesem Erfolg, durch den Konstantin Alleinherrscher des gesamten Imperiums wurde, hatte sein Sohn Crispus, der die Flotte des Licinius vernichtete.
Nach der Erhebung von Konstantins Frau Fausta zur Kaiserin (Augusta) um 324 wurden Goldmedaillons geprägt, auf denen eine entsprechende Umschrift ihre Darstellung als Büste umgibt: FLAVIA MAXIMA FAVSTA AVGVSTA (Abb.3). Auf der Rückseite ist Fausta zwischen zwei Personifikationen dargestellt (Abb.4). Zur Personifikation des Glücks (felicitas) gehört der Botenstab, die Hoffnung (spes) hält eine (nicht ausgeführte) Blüte. Fausta sitzt auf einem Thron, dessen Podium mit Girlanden geschmückt ist, ihren Kopf umgibt das Würdezeichen des Nimbus. Das Kind in ihrem Schoß dürfte Constans sein, der 320 geborene jüngste Sohn Konstantins. Unten bringen nackte Genien Kränze, die Umschrift rühmt Faustas Tugend: PIETAS AVGVSTAE. Auf dieser Prägung tritt das Glück im Bild auf, gleichzeitige Silbermünzen aus Nikomedeia mit Darstellung Konstantins und seiner Söhne tragen die Beischrift FELICITAS ROMANORVM – »Glück der Römer«. Doch dieses Glück fand schon 326 ein Ende, als Konstantin seinen ältesten Sohn Crispus und seine Frau Fausta umbringen ließ. Die unbekannten Gründe können machtpolitisch oder erotisch gewesen sein − der Altersunterschied zwischen Fausta und ihrem Stiefsohn war gering
Im auf die Familientragödie folgenden Jahr ließ Konstantin in einer Follisprägung noch einmal in symbolischem Bild an den der Hilfe Christi zugeschriebenen endgültigen Sieg über Licinius erinnern . Konstantins Kopf ist mit Lorbeerkranz und Namensumschrift auf der Vorderseite der Münze zu sehen (Abb.5, links). Auf der Rückseite ist eine vom Christusmonogramm bekrönte Standarte dargestellt, die Eusebius von Caesarea in der Biographie des Kaisers beschrieb (Vita Constantini I 29–31). Sie durchbohrt eine Schlange, die den besiegten Gegner verbildlicht. Die Beischrift bringt zum Ausdruck, dass der Sieg zu SPES PVBLICA – »allgemeiner Hoffnung« berechtigt (Abb.5, rechts). Da das Fahnentuch drei Porträtmedaillons aufweist (für den Kaiser und die Caesares Constantinus II. und Constantius II.), ist die Beziehung, die Eusebius zur Schlacht von 312 gegen Maxentius herstellte, irreführend. Auf religiösem Gebiet musste sich Konstantin, dem kirchenpolitisch an der Einheit der Christen gelegen war, wegen des Streits um die Christologie des Presbyters Arius engagieren, der die göttliche Natur Christi leugnete. Des Kaisers überlieferter Brief an Arius und den alexandrinischen Bischof Alexander verrät zwar, dass er die Brisanz der Frage zunächst nicht verstand und glaubte, es handele sich um einen Streit um spitzfindige Belanglosigkeiten. Doch für das Jahr 325 berief er ein allgemeines Konzil in den Kaiserpalast von Nikaia (Iznik) ein. Kirchliche Autoren schrieben anschließend, er habe den Bischöfen sogar die abschließende Formel vorgeschlagen, Christus sei mit dem göttlichen Vater wesensgleich.
Konstantin benötigte, nachdem er sich die Macht auch im Ostteil des Imperiums erkämpft hatte, dort eine Residenz. Da er in den Kämpfen gegen Licinius die strategisch günstige Lage von Byzanz über dem Bosporus kennengelernt hatte, gründete er dort eine neue Stadt: Konstantinopel. Er gab ihr seinen Namen und vergrößerte die bisherige Fläche mindestens auf das Dreifache. Die Bedeutung Konstantinopels, das 330 offiziell eingeweiht wurde, ging bald über eine Residenz hinaus und näherte sich dem Rang einer zweiten Hauptstadt des Reiches.
Abb.5. London, British Museum, Inv.cm 1980,0804.11. Follis des Jahres 327, Billon, Münzstätte Konstantinopel, Durchmesser ca. 4,5 cm, Vorder- und Rückseite. Die Herrschaftsverhältnisse zu dieser Zeit spiegelt ein Goldmedaillon, das Konstantin für seinen Sohn, den Caesar Constantius II. prägen ließ (Abb.6–7). Dieser ist auf der Vorderseite in Rüstung und mit einem Lorbeerkranz dargestellt. Er trägt eine Lanze und einen Schild mit der Darstellung eines siegreichen Reiters im Kampf. Die Umschrift nennt seine Namen und Rang als Caesar: FL(avivs) IVL(ivs) CONSTANTIVS NOB(ilis) CAES(ar). Auf der Rückseite erscheint Konstantin mit zwei Söhnen unter dem Motto GAVDIVM ROMANORVM –»Die Freude der Römer«. Bei einer Datierung in das Jahr 330 wäre hier Constantius II. noch einmal dargestellt, gemeinsam mit seinem Bruder Constantinus II. Bei einer Datierung in das Jahr 333 könnten hier Constantinus II. und sein jüngerer Bruder Constans dargestellt sein, der in diesem Jahr zum Caesar erhoben wurde. Die beiden Caesares werden von Virtus und Victoria bekränzt, den Personifikationen der Tüchtigkeit und des Sieges. Für den frontal in der Mitte stehenden Konstantin selbst reicht eine Hand aus dem Himmel ein Diadem herab. Vermutlich symbolisiert diese Hand den Gott der Christen, denn die Zuwendung des Kaisers zum Christentum war zur Entstehungszeit des Medaillons ganz öffentlich. Allerdings wurde noch nach 333 in einer unter seinem Namen ergangenen Rechtsantwort (Reskript) der umbrischen Stadt Hispellum (Spello) der Neubau eines Tempels für den Kaiserkult erlaubt, allerdings ohne abergläubischen Frevel, also wohl ohne heidnische Opfer. Im Jahre 337 erkrankte Konstantin I. auf einem Feldzug gegen die Perser und wurde kurz vor seinem Tode vom arianischen Bischof Eusebius von Nikomedeia getauft (angebliche Taufe durch Silvester: S.). Seine Söhne, die sich nun alle Augusti nannten, ließen den Vater vom Senat unter die Staatsgötter aufnehmen und für diese Consecratio Gedenkmünzen prägen. Von den in großer Zahl umlaufenden kleinen Bronzemünzen blieben zahlreiche Exemplare aus verschiedenen Münzstätten erhalten, von den Goldsolidi ist bisher nur ein Beispiel bekannt (Abb.8–9).
Auf der Vorderseite ist der Kaiser durch die Bezeichnung als »vergöttlicht« und durch das über den Kopf gezogene Gewand als Verstorbener gekennzeichnet: DIVVS CONSTANTINVS AVG(vstvs) PATER AVGG (= avgvstorvm) – »Der vergöttlichte Kaiser Konstantin, der Vater der Augusti«. Auf der Rückseite fährt der Kaiser in der Quadriga zum Himmel und streckt seine Hand der Hand Gottes entgegen. Zum Vergleich ist die Himmelfahrt des Hercules auf dem Grabmal in Igel bei Trier (um 250) anzuführen, in der die Göttin Athena dem Heros aus der Höhe ihre Hand reicht.
Den vier neuen Herrschern, Konstantins Söhnen Constantius II, Constantinus II. und Constans, außerdem seinem Neffen Dalmatius gelang keine friedliche Machtaufteilung. Der zuletzt genannte wurde noch 337 von Truppen des Constantius II. umgebracht, 340 kam Constantinus II. im Kampf gegen Constans ums Leben. Constantius II. herrschte im Osten, Cons-
Abb.6. Wien, Kunsthistorisches Museum, Münzkabinett, Inv. MK 32480. Medaillon, Gold, im Wert von 30 Solidi, Durchmesser 9,4 cm, Gewicht 256,8 Gramm, Münzstätte Konstantinopel, Fundort Szillágsomlyo (Rumänien), Vorderseite.
tans im Westen, bis sich 350 Magnentius, ein germanischer Offizier, gegen Constantius II. erhob und ihn auf der Flucht umbringen ließ. Der Usurpator war zwar Heide, bemühte sich jedoch um christliche Anhänger, indem er gemeinsam mit seinem Caesar Decentius in gallischen Münzstätten Bronzemünzen mit christlicher Symbolik prägen ließ (Abb.10).
Auf der Vorderseite befinden sich Büste und Namensumschrift des Magnentius. Das große Christogramm mit den Buchstaben A und ω (Offenbarung XXII 13) auf der Rückseite ist von einer Umschrift umgeben, die auch den Caesar Decentius einschließt: SALVS DD (= dominorvm) NN (= nostrorvm) AVG(vsti) ET CAES(aris) – »Das Heil unserer Herren, des Augustus und des Caesars«. Constantius II. sicherte die Grenzen im Osten durch Ernennung eines Caesars, Gallus, und zog gegen Magnentius nach Westen, den er 351 bei Mursia besiegte. Constantius II. ist für eine stark heidenfeindliche Religionspolitik bekannt, die erst durch seinen Rombesuch im Jahre 357 gemildert wurde. Anschließend an den Aufenthalt in Rom ließ er dort einen ägyptischen Obelisken im Circus maximus aufstellen (S.). Zu seinen Bauten in Konstantinopel gehört die Apostelkirche beim Mausoleum seines Vaters (S.). Wegen großer Probleme in Gallien ernannte er 355 Julian zum Caesar, einen Enkel des Constantius I. Dass dieser sich trotz christlicher Erziehung wieder der Philosophie und den traditionellen Gottheiten zugewandt hatte, ahnte er nicht. Nach seinem Sieg über die Alemannen wurde Julian 357 von den Truppen zum Augustus ausgerufen. Zu Auseinandersetzungen mit Constantius II. kam es nicht mehr, da dieser 361 starb. Auch Julian
Abb. 7.Rückseite.
starb bereits 363 im Krieg gegen die Perser an einer Verwundung. Sein Versuch, die alten Kulte zu restaurieren, scheiterte nicht nur an seiner zu kurzen Regierungszeit, sondern auch an der religionspolitischen Entwicklung im vorausgehenden halben Jahrhundert.
Der anschließend von den Truppen neu gewählte Caesar Jovian setzte den Perserkrieg nicht fort, sondern schloss einen verlustreichen Frieden. Als er bereits im nächsten Jahr starb, folgten Valentinian I. im Westen des Reiches und sein jüngerer Bruder Valens im Osten. Zu den bisherigen ständigen Bedrohungen durch Franken, Alamannen und Burgunder kamen wieder Probleme im Donauraum: Die Hunnen setzten Ost- und Westgoten, Alanen und Sarmaten unter Druck, die Zugang zum römischen Reich verlangten. Als Valentinian 375 starb, folgte ihm sein Sohn Gratian. Drei Jahre später starb Valens bei einer verheerenden Niederlage gegen die Goten. Gratian wusste, dass mit seinem achtjähriger Stiefbruder Valentinian II. die Probleme nicht zu lösen waren. Nachdem der spanische Heermeister für Illyricum Flavius Theodosius 378 einen Sieg über die Sarmaten erzielt hatte, erhob ihn Gratian im folgenden Jahr zum Augustus für den Osten des Reiches. 380 konnte Theodosius mit Hilfe von Gratians gallischen Truppen unter Führung von Arbogast und Bauto in Makedonien einen Sieg über die Goten erringen. Um die Probleme längerfristig zu lösen, wurden viele Nicht-Römer in die Armee aufgenommen und unter eigener Führung im Reichsgebiet angesiedelt. Ruhe mit den Persern wurde unter Gebietsverlust in Armenien erreicht. 383 fiel Gratian der eigenmächtigen Augustus-Erhebung des Magnus
Abb.8. Paris, Bibliothèque nationale de France, Departement des monnaies, médailles et antiques, Inv. FG 1860A. Consecrationsmünze Konstantins I. von 337/40, Gold, Durchmesser 2,1 cm, Gewicht 4,32 Gramm, Münzstätte Konstantinopel, Vorderseite.
Maximus, eines Offiziers Valentinians I., zum Opfer. Theodosius duldete den Usurpator zunächst neben dem jungen Valentinian II., bis Maximus diesen 387 in Italien bedrängte, so dass Valentinian II. nach Thessaloniki zu Theodosius floh. Dieser feierte 388 sein zehnjähriges Regierungsjubiläum (Missorium in Madrid; Abb.44). Theodosius’ Sieg über Magnus Maximus und seinen Sohn Victor gab 389 seinem Einzug in Rom triumphalen Charakter und ist auch auf dem Sockel des Obelisken erwähnt, der im Hippodrom von Konstantinopel aufgestellt wurde (Abb.34). 392 nahm sich Valentinian II. das Leben, bedrängt durch den übermächtig gewordenen Heermeister Arbogast. Den von Arbogast zum Augustus des Westens erhobenen Rhetor Flavius Eugenius besiegte Theodosius 394 am Frigidus in Dalmatien. Im nächsten Jahr starb er.
Die Religionspolitik der theodosianischen Zeit stand im Gegensatz zur Toleranz der Mailänder Vereinbarung von 313 und führte zur Umkehr des Verhältnisses zwischen dem Kaiser und Bischöfen, wie es beim Konzil von Nikaia bestanden hatte. 382 hatte Gratian die Entfernung des Victoriaaltars aus der römischen Kurie angeordnet. Als 384 Symmachus, einer der Hauptvertreter der heidnischen Opposition im Senat, römischer Stadtpräfekt wurde, versuchte er, den dreizehnjährigen Valentinian II. zur Rücknahme dieser Entscheidung zu bewegen – mit dem Ergebnis, dass der Mailänder Bischof Ambrosius den Kaiser mit Kultverweigerung zur Absage zwang (epistula LXXII 13). Auch in den Auseinandersetzungen 385/86 um die Zulassung einer arianischen Kirche oder wenigstens arianischen Gottesdienstes in einer Mailänder Kirche siegte Ambrosius über Valentinian II. Im Jahre 388 hatte Theodosius nach der Zerstörung einer Synagoge in Kallinikum am Euphrat eine gerichtliche Untersuchung und Schadenersatzleistung angeordnet. Doch Ambrosius zwang den Kaiser zu umfassender Amnestie (epistula extra collectionem I 28). Ähnlich argumentierte der Bischof auch 390, um die Kirchenbuße des Theodosius nach einem Massaker in Thessaloniki zu erzwingen. 391 und 393 erließ der Kaiser strenge Gesetze gegen jede Form heidnischen Gottesdienstes, gegen Tempelbesuch wie auch Hauskulte (Codex Theodosianus XVI 10,10 und 12).
Nach dem Tod des Theodosius 395 sollten sich seine Söhne die Herrschaft teilen: Arkadius im Osten und Honorius im Westen. Doch war Arkadius zwar 17,
Abb.9. Rückseite.
Honorius aber erst 10 Jahre alt, so dass die Regentschaft und Obhut, die Theodosius dem vandalischen Feldherrn Flavius Stilicho anvertraut hatte, tatsächlich nötig war. Stilicho war mit Serena, einer Nichte des Theodosius verheiratet und gab in der Folgezeit nacheinander Honorius seine beiden Töchter zur Frau. Sein Sohn Eucherius wurde mit der Halbschwester des Honorius, Galla Placidia, verlobt. Arkadius hatte zunächst den Oberbefehlshaber (Magister militum) Rufinus als Berater, und nach dessen baldiger Ermordung den Kämmerer Eutropius. Noch 395 heiratete Arkadius Aelia Eudoxia, die Tochter des Heermeisters Bauto. 399 musste Arkadius Eutropius fallen lassen, der nach einem Sieg gegen die Hunnen sogar Konsul geworden war. Nach Aufständen in Phrygien räumte Arkadius dem Comes Gainas eine Position als Heerführer ein, doch dieser zog mit seinen Goten in Konstantinopel ein. Auf seine Forderung nach einer Kirche für die Arianer reagierte allerdings der Bischof der Stadt, Johannes Chrysostomus, so überzeugend, dass die Bevölkerung die gotische Besatzung liquidierte; Gainas konnte entkommen – eine Szene, die auf der Säule des Arkadius dargestellt ist (Abb.38–40). Arkadius starb im Jahre 408. Sein Nachfolger war sein erst sieben Jahre alter Sohn Theodosius II., der unter dem Einfluss seiner etwas älteren Schwester Pulcheria, vieler Berater und seit 421 seiner Frau Eudokia stand.
Die Westgoten unter ihrem König Alarich hatten schon längere Zeit Griechenland und den Balkan unsicher gemacht. 401 zogen sie nach Italien und zur Residenzstadt Mailand, erlitten jedoch durch Stilicho eine schwere Niederlage. Honorius ernannte Alarich zum Heermeister und verlegte 402 aus Sicherheitsgründen die Residenz von Mailand nach Ravenna (S.). Nach dem Tode des Arkadius gab es in Ticinum (Pavia) und Ravenna Aufstände der Truppen des Honorius, denen auch Stilicho zum Opfer fiel, den Honorius nicht mehr halten wollte. Im selben Jahr 408 belagerte Alarich die Stadt Rom und konnte nur durch sehr hohe Zahlungen zum Abzug bewogen werden. Ende 409 standen die Goten wieder vor Rom und im August 410 plünderten sie drei Tage lang die Ewige Stadt. Unter den fortgeführten Gefangenen war auch Galla Placidia, die Tochter von Theodosius I. Alarich starb noch im selben Jahr. Sein Nachfolger wurde sein Schwager Athaulf, mit dem Honorius nur durch Zugeständnisse und die Hand seiner Halbschwester zurechtkam. Nach der Ermordung Athaulfs
415 lieferte sein Nachfolger Galla Placidia an den Heermeister des Honorius, Constantius, aus, der sie im folgenden Jahr heiratete. 421 ernannte ihn Honorius zum zweiten Augustus des Westens, doch starb Constantius noch im selben Jahr. Die Augusta Galla Placidia floh wegen Streitigkeiten mit Honorius mit ihrer Tochter und ihrem vierjährigen Sohn, dem späteren Kaiser Valentinian III., nach Konstantinopel zu Theodosius II. Vermutlich hatte das Ereignis der Einnahme Roms einen Anteil daran, dass dieser die Mauern Konstantinopels in großem Umfang ausbaute. Nach dem Tod des Honorius 423 erhob sich in Rom ein Beamter, der Primicerius notariorum Johannes, zum Kaiser. Daraufhin verlobte Theodosius II. Placidias Sohn mit seiner zweijährigen Tochter Licinia Eudoxia, erhob ihn zum Caesar und sandte ihn mit seiner Mutter und einem Heer unter den Feldherren Ardabur Aspar Vater und Sohn nach Italien (Silberschale Ardaburs, Abb.49). Salona, Aquileia und Ravenna wurden eingenommen, Johannes umgebracht. Valentinian III., 425 in Rom zum Augustus ernannt, konnte natürlich zunächst ohne seine Mutter und ihre Heermeister, wie Flavius Felix und Flavius Aëtius, nicht regieren. (Zu den Bauten Galla Placidias in Ravenna seit 426 siehe S..)
Seit 424 fuhren Vandalen unter Geiserich in großer Zahl von Spanien nach Africa hinüber, setzten sich dort fest und eroberten allmählich große Gebiete. Erst um 533 konnten sie von Belisar, dem Feldherrn Justinians, unterworfen werden. Die Hunnen unter König Attila zogen 451 aus den Donauprovinzen nach Gallien, da Kaiser Marcian, der Nachfolger Theodosius II., nach dessen Tod 450 keine Tributzahlungen leistete. Sie konnten jedoch vom Heermeister Aëtius zum Rückzug gezwungen werden. Dass Valentinian III., dem Aëtius zu übermächtig geworden war, ihn 454 ermordete, kostete ihn im darauffolgenden Jahr selbst das Leben. Ihm folgten eine größere Zahl kurzlebiger, von Heermeistern bestimmte Augusti. Der letzte westliche Kaiser war Romulus, mit dem bezeichnenden zeitgenössischen Beinamen »Augustulus«. Er wurde 476 von Odoaker abgesetzt, der sich in Rom zum König von Italien krönen ließ. In Konstantinopel folgten auf Marcian die Kaiser Leo I. (457–474) und Zeno (474–491). Dieser war mit Ariadne, einer Tochter Leos, verheiratet, die nach seinem Tod Anastasius als Nachfolger vorschlug (491–518) und kurz nach dessen Krönung heiratete.
Unter Zeno setzten Ostgoten unter Theoderich von Pannonien aus zunächst Konstantinopel unter Druck und brachen dann im Einverständnis mit Zeno nach Italien auf. Die Kämpfe mit Odoaker und eine langjährige Belagerung Ravennas endeten 493 mit Odoakers Ermordung. 497 erkannte Zenos Nachfolger Anastasius Theoderichs Herrschaft als König Italiens an (zu seinen Bauten in Ravenna siehe S.). Mit der Wahl des Justinus (518–527) zum Augustus gingen die Hoffnungen der Anicia Juliana zu Ende, ihren Sohn auf dem Kaiserthron zu sehen (Wiener Dioskurides Abb.181, Polyeuktoskirche Abb.135–136). Justinus ernannte 520 seinen Neffen Justinianus zum
Abb.10 London, British Museum, Inv. ###. Münze (Doppelmaiorina) des Magnentius von 350/53 mit Christusmonogramm, Alpha und Omega, Bronze, Durchmesser 2,8 cm, Münzstätte Ambianum (Amiens), Vorder- und Rückseite.
Heermeister, ließ ihn 521 das Konsulat übernehmen und hob das Gesetz auf, das die Heirat von Senatoren mit Schauspielerinnen untersagte. So konnte Justinian 525 Theodora heiraten und 527 bei seinem Herrschaftsantritt zur Augusta ausrufen lassen. 532 kam es in Konstantinopel zu einem Aufruhr der Circusparteien, bei dem große Teile der Stadt und des Palastes abbrannten. Der spektakulärste Teil des Wiederaufbaus war der Neubau der Hagia Sophia (Abb.140–141).
533 konnte der Feldherr Justinians, Belisar, die afrikanischen Provinzen von den Vandalen zurückerobern. Anschließend wandte er sich der Rückeroberung Italiens zu, das nach dem Tode Theoderichs im Jahre 526 wechselnde Könige und die Tochter Theoderichs, Amalaswinta, als Königin erlebt hatte. 535 eroberte Mundo Dalmatien, Belisar Sizilien, Neapel und Rom. 536 wählten die Goten Witigis als König, dem es gelang, Belisar ein Jahr lang in Rom zu belagern. 540 konnte Belisar Witigis in Ravenna einschließen und dieses erobern. Damit war die Voraussetzung für die Einsetzung des orthodoxen Bischofs Maximian in Ravenna gegeben (546–556). Kaiserin Theodora starb 548; Justinian selbst 565.