2. Geschichtlicher Überblick
Diocletian, der im Jahre 284 in Nikomedeia (Izmit) am Bosporus zum Augustus erhoben wurde, suchte sehr schnell durch Verteilung der kaiserlichen Macht den Angriffen und Aufständen zu begegnen, die das Reich von allen Seiten bedrohten. 286 ernannte er seinen Freund Maximian zum Augustus des Westreichs, während er selbst das Ostreich regierte. 293 wurde durch Einsetzung von Galerius und Constantius als untergeordnete Herrscher (Caesares) eine Viererherrschaft (Tetrarchie) eingerichtet. 305 sollten die Augusti zurücktreten und die Caesares an ihre Stelle aufsteigen. Neue Caesares sollten wiederum nach zehn Jahren Augusti werden. Als Absicherung der Tetrarchie trennte sich Galerius von seiner (namentlich nicht bekannten) Frau und heiratete Valeria, die Tochter Diocletians; Constantius, der zuvor mit Helena, der Mutter Konstantins, im Konkubinat lebte, erhielt Theodora zur Frau, die Tochter Maximians.
Abb. 1. München, Staatliche Münzsammlung, Inv. 86.627. Medaillon von 315 mit Christusmonogramm, Silber, Durchmesser 2,5 cm, Gewicht 6,40 Gramm, Münzstätte Ticinum (Pavia), Vorderseite.
Diocletian residierte in Nikomedeia, Antiochia und Sirmium in Pannonien und regierte den Osten des Reiches. Galerius herrschte von Antiochia, Salonica (Thessaloniki) und Serdica aus über Griechenland und das östliche Donaugebiet. Maximian hatte seinen Sitz in Mailand und Aquileia und übernahm Italien, Spanien, Africa und das westliche Donaugebiet. Constantius residierte in Trier und erhielt Gallien und Britannien. Diocletian gab seinem politischen Entwurf auch eine religiöse Unterstützung. Er selbst und sein Caesar Galerius hatten Jupiter (Iovis) zum Begleiter und Bewahrer und nannten sich Iovier; Maximianus und sein Caesar Constantius stellten sich unter den Schutz des Hercules und galten als Herculier. Wie Jupiter unter den Göttern kam Diocletian unter den Tetrarchen der höchste Rang zu. Die angestrebte Eintracht (concordia) der Herrscher
kam in einer starken Angleichung ihrer Porträts zum Ausdruck (Abb. ). Die Idee einer göttlichen Berufung der Kaiser konnte wenige Jahre später von christlichen Kaisern übernommen werden. Die Rangstufen der Tetrarchen und ihr Verhältnis zu Jupiter und Hercules sind besonders im Raum für den Kaiserkult in Luxor (Abb. 15), am Galeriusbogen in Thessaloniki (Abb. 14) und am Fünfsäulendenkmal in Rom abzulesen (Abb. 17). Die Vorstellung, das Heil des Römischen Reiches sei von einer einheitlichen kultischen Verehrung der Götter abhängig, führte seit 303 zur letzten großen Verfolgung der Christen. Die religionspolitische Motivation – traditioneller Kult als Garant des Staatswohls – ist im Edikt des Galerius zur Aufhebung der Verfolgung im Jahre 311 deutlich ausgesprochen. Die Tetrarchen hatten militärische Erfolge in Gallien, Britannien, an der Donau und gegen die Perser (Abb. 14) und konnten Aufstände in Nordafrika und Ägypten niederschlagen. Hierfür feierten die Augusti 303 in Rom einen gemeinsamen Triumph, gleichzeitig mit einer Feier für die zwanzigjährige Herrschaft der Augusti (Vicennalia) und die zehn Amtsjahre der Caesares (Decennalia) (Abb. ). Im Jahre 305 verlief die Nachfolgeregelung planmäßig: Diocletian und Maximian traten ab, Galerius und Constantius wurden Augusti und ernannten Maximinus Daia (im Osten) und Severus (im Westen) zu Caesares. Ähnlich wie 293 Maxentius, der Sohn Maximians, wurde jetzt Konstantin, der Sohn des Constantius, übergangen. Doch bereits 306 wurden die tetrarchischen Regeln durch eine dynastische Nachfolge durchbrochen. Konstantin war gerade rechtzeitig zu seinem sterbenden Vater nach York in Britannien gekommen, um nach dessen Tod von den Truppen zum Augustus ausgerufen zu werden. 9