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6b. Viertes bis sechstes Jahrhundert
verkündet. Aus frühchristlicher Zeit blieb nur eine weitere Darstellung des Weltgerichtsgleichnisses erhalten, das ravennatische Mosaikbild in S. Apollinare nuovo (Abb.124; l. Viertel des 6. Jhs.):
Vor etwa fünfzig Jahren tauchten fünf kleine figürliche Skulpturen gemeinsam mit drei Sätzen von Porträtbüsten ein- und desselben Paares ohne Angaben zur Herkunft und zum Verwendungszweck im Kunsthandel auf (Abb.67). Alle Stücke sind jeweils ohne Anstückungen aus einem Block weißen Marmors gefertigt, der in Dokimeion im antiken Phrygien (westliches Kleinasien) ansteht. Die Statuetten sind (bis auf Details, etwa die Haare) glänzend poliert und zeigen einen jugendlichen Schafträger und Jonas in vier Bildern des Zyklus. Die Porträtbüsten und wohl auch die Statuetten werden durch die Scheitelzopffrisur der Frau in das ausgehende 3. Jh. datiert, während Chlamys und Scheibenfibel des Mannes einen hohen Rang anzeigen. Die beiden Statuetten, die das Ketos mit dem nackten Jonas darstellen, sind bis zur Skurrilität verspielt, die übrigen Stücke haben relativ geschlossene Umrisse. Parallelen sind nur zur Statuette des Schafträgers bekannt, nicht jedoch zu den Jonasfiguren. Eine Aufstellung im Grabbereich wird vermutet, weil für diesen auch die Bildhauer der Sarkophagwerkstätten tätig waren.
6b. Viertes bis sechstes Jahrhundert
Das durch eine Inschrift für den kaum zweijährig gestorbenen Julius Tarpeianus namentlich bezeichnete Mausoleum der Julier ist der einzige Grabbau in der unter Konstantin aufgelassenen Vatikanischen Nekropole (S.), in dessen Ausstattung sich ein christliches Bildmotiv befindet (Abb.68). Von den Mosaiken, die sich über einer gemalten Marmortäfelung befanden, blieben nur kleine Teile und gut sichtbare Vorzeichnungen erhalten. Das Gewölbe und die oberen Wandflächen sind auf gelbem Grund von Weinreben mit Blättern überzogen, die in der Wölbungsmitte ein Achteckfeld bilden, in dem die Quadriga des Sonnengottes dargestellt ist. Er trägt über einem langen Gewand einen wehenden Mantel und hält in der linken Hand einen Globus. Seinen Kopf umgeben ein Nimbus und Strahlen, die zum Teil die Horizontale betonen. Die Vorzeichnungen an den Wänden zeigen einen Angelfischer, einen Schafträger und ein Schiff mit zwei Matrosen und der Verschlingung des Propheten Jonas durch den Seedrachen. Die Jonasszene sichert den christlichen Charakter des Dekors, so dass die Julier im Sonnengott in der Quadriga
vielleicht Christus gesehen haben könnten. Die literarischen Quellen in Hinsicht auf Christus als sol salutis – »Sonne des Heils« setzen allerdings erst im späteren 4. Jh. ein und so spät sind auch die wenigen Parallelen zum Mosaik des Juliergrabes entstanden.
Die religionspolitischen Veränderungen im ersten Viertel des 4. Jhs. (S.) führten zu einem starken Aufschwung der zuvor unterdrückten christlichen Religion. Die Folge war natürlich auch ein größerer Bedarf an Begräbnisplätzen der christlichen Gemeinden in Rom und den Provinzen. Wenn man die Ausführungen zur Entwicklung der römischen Katakomben während des 3. Jhs. (S.) fortsetzt, so ist festzustellen, dass in der ersten Hälfte des 4. Jhs. nicht nur beachtliche Erweiterungen der Gänge mit Loculusgräbern erfolgten, sondern auch viele, oft mit Malerei versehene Cubicula für reichere christliche
Abb.67. Cleveland, Ohio, The Cleveland Museum of Art, J.L. Severance Fund. Inv. 1965.237-240. Statuette, Marmor, Höhe 41,5 cm, Jonas wird vom Ketos ausgespuckt.
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Abb.68. Rom, Nekropole unter der Peterskirche, Juliergrab, Deckenmosaik. Christus Sol?
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Familien angelegt wurden. Die Grabinschriften lassen erkennen, dass auch Höhergestellte sich den Gemeinden anschlossen. In der zweiten Hälfte des 4. Jhs. setzte ein Bestreben ein, das mit der Entwicklung des Pilgerwesens und Reliquienkults vergleichbar ist (S.): Viele Christen wünschten in den Katakomben ein Grab in der Nähe von Märtyrern (ad sanctos – »bei den Heiligen«), um sich deren Fürsprache für das Heil im Jenseits zu sichern. Bestärkt wurden sie in dieser Vorstellung besonders durch Papst Damasus (366–384). Dieser ließ bekannte Märtyrer- und Heiligengräber in den Katakomben besonders ausgestalten und teilweise mit großen marmornen Inschriftenplatten schmücken, die der Kalligraph Filocalus beschriftete (S.). Die Schaffung neuer Grabbezirke konzentrierte sich auf die Nähe zu Märtyrern, wobei einige neue Bezirke durch das Überwiegen von Grabräumen mit aufwendigen Arcosolgräbern erkennen lassen, dass Rang und Vermögen den Weg zu den Märtyrern erleichtern konnten. Die Ähnlichkeit dieser Anlagen zur privaten Katakombe an der Via Dino Compagni ist unverkennbar (Abb.72). Allerdings wurden die Beisetzungsmöglichkeiten auch durch die »Umgangsbasiliken« und an sie angebaute Mausoleen erweitert. Da für einige dieser über Katakomben errichteten Basiliken eine Beteiligung Konstantins als Auftraggeber angenommen werden kann, werden sie unter dessen Stiftungen behandelt (S.). Schließlich war das Ende der Bestattung in den Katakomben abzusehen. Seit dem 5. Jh. standen dort nicht mehr Bestattungen im Vordergrund, sondern der Besuch und liturgische Kult bei den dort verehrten Märtyrern.
Trotz seiner späteren Datierung ist eine Deckenmalerei in der Petrus- und Marcellinus-Katakombe den Malereien des 3. Jhs. sehr ähnlich (Abb.69–70). Im Zentrum steht ein einzelner Schafträger, dessen Position als Hinweis auf eine Bedeutung als »Guter Hirt« Jesus gelten kann. Außen in den Diagonalen sieht man je zwei weibliche und männliche Oranten, dazwischen vier Szenen aus der Jonaserzählung. Das Bild der Trauer des Propheten unter der verdorrten Kürbislaube ist dem gewohnten Zyklus (S.) wohl wegen der Vierzahl der Bildfelder angefügt. Anschließend an die Erörterung zur Darstellung eines Sigmamahls auf dem Deckel des Sarkophags der Baebia Hertofile ist anzumerken, dass auf Sarkophagen des 4. Jhs. das Thema nicht mehr vertreten ist. Dagegen gibt es in der Katakombenmalerei noch mehrfach Darstellungen von Mahlzeiten am Sigmapolster, vor allem in der Katakombe SS. Pietro e Marcellino in Rom. Hier fanden sich insgesamt 17 Beispiele, von denen die ersten noch den kleinen Bildern der Calixtus-Katakombe gleichen (Abb.61), während die Exemplare seit konstantinischer Zeit meist das ganze halbkreisförmige oder kreissegmentförmig gerahmte Wandfeld (Lünette) eines Arcosolgrabes füllen. Die Darstellungen vermitteln den Eindruck von Familienbildern mit Hervorhebung der mittleren Gestalt und Beteiligung von Männern, Frauen, Kindern und Dienerinnen in unterschiedlicher Zahl. Im ausgewählten Beispiel liegen vier Männer auf dem Sigmapolster an einem Tisch, auf dem eine Platte mit einem Fisch liegt. Über der stehenden, einen Weinbecher reichenden Frau steht der Ruf AGAPE MISCE – »Agape, mische! (den Wein)«. Bei weiteren Sigmamahlbildern im selben und anderen Grabräumen sind ähnliche Aufrufe zu finden, Wein zu mischen oder warmen Wein zu reichen. Sie richten sich an AGAPE – »Liebe« oder IRENE – »Frieden«, nur einmal an SABINA. Eine Entscheidung darüber, ob die Namen Agape und Irene realistische Namen sind wie Sabina, oder sich allegorisch auf Liebe und Frieden beziehen, ist nicht möglich. Beide Möglichkeiten wären sowohl mit der Interpretation der Bilder als Darstellungen eines Mahles zum Totengedächtnis vereinbar, wie auch mit einer übertragenen Deutung als Mahl in einem glücklichen Jenseits. Eine ähnliche Problematik bieten schon die Inschriften des 3. Jhs. bei einer Anlage für Gedächtnismahle zu Ehren der Apostel Petrus und Paulus unter der Kirche S. Sebastiano. Die Begriffe pax – »Frieden« und agape – »Liebe«, die in den Anrufungen an die Apostel verwendet wurden, konnten sich ebenso auf das Diesseits wie auf das Jenseits beziehen. Das dort oft verwendete refrigerium – »Erfrischung« bezeichnete ebenso das irdische Totenmahl wie einen erbetenen positiven Zustand im Jenseits.
Bei den mythischen Darstellungen am Arcosol des Sabaziuspriesters Vincentius und seiner Gattin Vibia ist ausnahmsweise durch Beischriften der Jenseitsbezug gesichert (Abb.71). Vincentius spricht in seiner über dem Bogen aufgeschriebenen Grabinschrift zum Betrachter: »Was du hier siehst, ist die Ruhestätte des Vincentius. Viele sind mir vorausgegangen, alle anderen erwarte ich. Iss, trink, spiele und komm zu mir. Solange du lebst, handle gut: dies wirst du mit dir nehmen. Vincentius, der Priester des Gottes Sabazius, ruht hier, der frommen Sinnes die heiligen Weihen der Götter geehrt hat.« In der Bogenlaibung hat sich Vincentius als Mittlerer von »Sieben frommen Priestern« beim Mahle darstellen lassen. Alle übrigen Bilder sind seiner Frau Vibia gewidmet. Ebenfalls in der Bogenlaibung wird sie links wie Persephone (Proserpina) auf einem Wagen durch Hades (Pluto) ins Totenreich entführt: »Entführung und Hinabfahrt der Vibia«. In der Mitte wird sie vom »Boten Mercurius« (Hermes Psychopompos, der Seelengeleiter) im Beisein von drei Schicksalsgöttinnen vor die auf einem
Abb.69. Rom, Petrus und Marcellinus-Katakombe, Deckenmalerei mit Schafträger, Jonasszenen und Jahreszeiten.
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hohen Podium thronenden Totenrichter geführt. Deren Bezeichnung als Dispater und Aeracvra entspricht den bekannteren Namen Pluto und Proserpina. Vibia fasst hierbei Alkestis an der Hand, die ebenfalls ein mythisches Beispiel für ein ewiges Leben bildete, da sie von Hercules aus der Unterwelt hinaufgeführt wurde (S.). Das Hauptbild in der Rückwandlünette über dem Grab zeigt an einem Torbau die »Einführung der Vibia« durch einen »guten Engel« in das Elysium. Dieses wird durch Selige auf einer Blumenwiese charakterisiert, und hier findet auch das Sigmamahl der »Durch das Gericht der Guten Gerichteten« statt, bei dem die namentlich bezeichnete Vibia einen mittleren Platz einnimmt.
Eine kleine unterirdische Grabanlage, die an der Via Latina gefunden wurde, verrät uns durch die Bevorzugung von Grabkammern mit Arcosolgräbern, dass es sich nicht um das Coemeterium einer Gemeinde handeln kann, sondern dass ihre Kammern für einzelne begüterte Familien bestimmt waren (Abb.72). Diese konnten es sich leisten, ihren Grabräumen einfallsreiche Grundrisse und Gewölbeformen zu geben und sie mit Bögen, Säulen, Gesimsen und Konsolen aus dem Tuff hauen zu lassen. Hier wurden Nichtchristen und Christen nebeneinander beigesetzt, denn es gibt gleichzeitig angelegte Kammern mit mythologischem Dekor (z.B. Raum N mit Taten des Hercules und mit seiner Schutzgöttin Athena) und andere mit christlichen Bildern (z.B. Raum O mit neun biblischen Szenen. Abb.72–74). Wir wissen nicht, ob diese Räume zwei Familien unterschiedlichen Glaubens gehörten oder vielleicht einer Familie mit teils noch heidnischen, teils schon christlichen Angehörigen. Kirchliche Autoren dieser Zeit, wie die Bischöfe Ambrosius von Mailand und Augustinus von Hippo lehnten ein solches Nebeneinander heidnischer und christlicher Bestattungen ab, doch ihre Anhänger waren offenbar toleranter.
Nach dem Sieg Konstantins über Maxentius im Jahre 312, der Christi Hilfe zugeschrieben wurde, schlossen sich auch hochrangige oder begüterte Familien der neuen religiösen Tendenz an, denn es setzte eine umfangreiche Produktion einzoniger christlicher Fries- und Riefelsarkophage ein, zu denen der Sar-
Abb.70. Rom, Petrus und MarcellinusKatakombe, Cubiculum 78, Arcosolmalerei: Sigmamahl.
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Abb. 71. Rom, Vibia-Arcosol, Detail: Lünettenbild; Mahl im Paradies. kophag des Sabinus gehört. Im zweiten Jahrhundertviertel folgten dann zweizonige Sarkophage. Ein Teil der Produktion römischer Werkstätten wurde in die Provinzen exportiert, vor allem nach Gallien und Spanien. Nach Aussage der Inschrift in Deckelmitte wurde der Sarkophag des Sabinus ihm von seiner Frau gewidmet, als er mit 44 Jahren starb. Doch war dieses Exemplar eigentlich für eine weibliche Verstorbene gedacht, denn eine solche ist als Orans zwischen zwei wohl als Apostel anzusehenden Männern in der Mitte des Frieses dargestellt. Dieses Motiv ist in der ersten Hälfte des 4. Jhs. auf Sarkophagen sehr häufig, und auf einem römischen Sarkophag im spanischen Zaragoza ist auch das Ziel der Reise angegeben, für die bildlich um Geleit gebeten wird. Der rechte Arm der Verstorbenen wird von einer Hand ergriffen, die aus dem Himmel hervorkommt. Statt der lockeren Figurenanordnung früherer Sarkophage sehen wir beim Sarkophag des Sabinus einen Fries von dichtgedrängten Hauptfiguren gleicher Höhe, die sich vielfach überschneiden. Die Ähnlichkeit zu Friesreliefs des Konstantinsbogens (Abb.22–23) ist unverkennbar. Auch im Darstellungsinhalt unterscheiden sich die Sarkophage dieser Zeit deutlich von den Vorläufern des 3. Jhs. Aus dem nichtchristlichen Repertoire stammen nur noch zwei Motive auf dem Deckel: links nackte Genien, die den Vorhang (parapetasma) hinter dem Porträt halten, rechts Jagdszenen, darunter eine Rückkehr von der Jagd mit erlegtem Eber. Im Fries beginnen die Szenen mit dem legendären Wasserwunder des Petrus. Es ahmt ein Wunder des Moses in der Wüste nach (Exodus XVII 1–6), wird aber durch die Soldatenkappe (pileus pannonicus) des Trinkenden als Bild einer römischen Legende bezeichnet. Daneben ist die Gefangennahme des Apostels dargestellt, doch die dann zu erwartende häufige dritte Petrusszene mit dem Hahn ist durch das Weinwunder Christi bei der Hochzeit zu Kana ersetzt. Rechts der Orans-Mittelgruppe folgen dann drei weitere Wunder Christi: eine Blindenheilung, die Vermehrung der Brote und Fische und die Auferweckung des Lazarus. Der Sündenfall Adams und Evas und die drei Jünglinge im Feuerofen sind auf den Nebenseiten in flachem Relief ausgeführt.
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Abb.72. Rom, Katakombe der Via Dino Compagni an der Via Latina. Blick von Raum N mit Taten des Hercules (links als Sieger mit Keule und Löwenfell) in den Raum O mit biblischen Szenen (ganz rechts Daniel in der Löwengrube).
Abb.73. Rom, Katakombe der Via Dino Compagni an der Via Latina. Herkules erschlägt die Hydra. Wandmalerei, frühchristlich, um 320/350. Fresko, 85 x 95 cm.
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Bei zwei in Rom gefertigten Sarkophagen in Arles und Florenz enthalten die sehr ähnlichen Reliefdarstellungen eine Mittelszene, die stark an Kaiserbilder erinnert und daher erst nach dem Sieg Konstantins im Jahre 312 möglich scheint (Abb.75). Sie zeigt den jugendlichen Christus als Thronenden, dem von beiden Seiten gehuldigt wird. Zwei bärtige Männer stehen neben ihm, zwei weiter vorn halb in die Knie gehende verbergen mit beiden verhüllten Händen das Gesicht, als wollten sie sich vor dem Glanz Christi schützen. Schließlich knien vorne zwei kleiner dargestellte Männer, die mit den Händen die Füße Christi berühren. Dies ist ein aus der kaiserzeitlichen Kunst bekanntes Unterwerfungs- und Huldigungsmotiv. Die zuletzt genannten beiden Gestalten stellen auf mehreren Sarkophagen des späten 4. Jhs. ein verstorbenes Ehepaar dar, doch ist dies hier nicht zu erkennen. Beide Sarkophage zeigen am linken Ende die drei babylonischen Jünglinge, die sich weigern, das Götzenbild Nebukadnezars anzubeten (Daniel III 13–18). Im Relief des Sarkophags in Arles wurde zur Mitte hin noch das Wasserwunder des Petrus eingeschoben. Rechts ist die Auferweckung der Tochter des Jairus dargestellt (Markus V 21–43) – gleichsam als Beleg für die Berechtigung, statt eines Herrschers Christus zu huldigen.
Der zweizonige römische Sarkophag in Arles, zu dem ein recht ähnliches Parallelexemplar in Rom erhalten blieb, wurde in der Nähe von Arles gemeinsam mit zwei einzonigen Sarkophagen ebenfalls römischer Herkunft gefunden (Abb.76). Der zweizonige Sarkophag enthielt übereinstimmend mit den Porträts in der Bildnismuschel die Gebeine eines etwa fünf-
Abb.74. Rom, Katakombe der Via Dino Compagni an der Via Latina. Raum O, rechte Nische. Der Untergang der Ägypter im Roten Meer. Wandmalerei, frühchristlich, um 320/350. 95 x 175 cm.
Abb.75. Arles, Musée de l’Arles antique, Inv. FAN 92.00.2493. Friessarkophag ohne Deckel, Marmor, Gesamtbreite ca. 2,00 m, Höhe 0,70 m, Detail: Mittelszene mit thronendem Christus.
Abb.76. Arles, Musée de l’Arles et de la Provence antiques, Inv. PAP 7400, 1–5. Vorderseite eines in Rom hergestellten zweizonigen Friessarkophags mit Deckel, Marmor, Länge 2,05 m, Höhe 1,05 und 0,35 m, Tiefe 1,09 m.
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➤ Abb.77. Vatikan, S. Pietro. Vorderseite des zweizonigen Säulensarkophags des Stadtpräfekten Junius Bassus mit stark zerstörtem Deckel, Marmor, Länge 2,43 m, Höhe mit Deckel noch 1,81 m, Tiefe 1,44 m. ➤ Abb.78. Arles, Musée de l’Arles antique, Inv. FAN 92.00.2487. Vorderseite eines in Rom gearbeiteten Säulensarkophags mit Darstellung der Traditio legis, Marmor, Länge 2,24 m, Höhe 0,72 m, Tiefe noch 0,52 m.
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Abb.79. Ancona, Museo Diocesano, Inv. ###. Vorderseite des in Rom gearbeiteten Stadttorsarkophags des Flavius Gorgonius mit giebelförmigem Deckel, Marmor, Länge 2,37 m, Höhe mit Deckel 1,12 m, Tiefe 1,11 m. zigjährigen Paares. In einem Sarkophag mit christlichen Darstellungen und einer Inschrift für Marcia Romani Celsa lagen die Gebeine einer Frau, ein Jagdsarkophag enthielt im Gegensatz zu dem für einen männlichen Verstorbenen gedachten Dekor die Überreste einer im Kindbett Gestorbenen und ihres Kindes. Die gemeinsame Aufstellung der beiden christlichen Sarkophage mit einem Jagdsarkophag dürfte den Prozess der Christianisierung der Bevölkerung widerspiegeln. Die Sarkophage standen in einer Grabkammer, von der nur ein Teil freigelegt werden konnte, so dicht aneinander, dass von außen allenfalls die obersten Reliefdarstellungen des hier abgebildeten höheren Exemplars zu sehen waren. Hinterbliebene und Grabbesucher waren offenbar nicht die Adressaten der Reliefbilder. Beim zweizonigen Sarkophag verraten die Porträts der Verstorbenen durch den Schmuck der Frau mit Halskette, Ohrring und Armband und ihre Bekleidung mit Tunika und Palla (einem langen Übergewand), wie auch die Bekleidung des Mannes, der eine Buchrolle hält, mit Tunika und Toga ihren gehobenen Rang. Die figürlichen Szenen sind dem Alten und Neuen Testament und der Petruslegende entnommen, doch sind keinerlei Kriterien für die Auswahl und die Anordnung der zahlreichen Szenen zu erkennen. Lediglich formale Beziehungen zwischen einzelnen Bildern sind vorhanden, etwa zwischen dem Thron Gottvaters mit dahinter stehendem Apostel bei der Erschaffung Adams und Evas im oberen Fries und dem Thron der Maria mit ähnlich angeordnetem Propheten Bileam bei der Magierhuldigung im unteren Fries.
Es scheint nach den Fundberichten sicher, dass der große Sarkophag des Junius Bassus – trotz seines reichen und sorgfältig gearbeiteten Reliefschmucks – in der Apsis der konstantinischen Peterskirche eingegraben war (Abb.77). Die Nähe des Verstorbenen zur Petrusmemoria (S.) war offenbar wichtiger als die Möglichkeit, den Sarkophag weiterhin sehen zu können. Auf der Inschriftentafel des Deckels befindet sich ein langes Gedicht, in dem die Verdienste des Verstorbenen als Stadtpräfekt gerühmt und die Trauer der Stadtbevölkerung und der Senatoren nach seinem Tod beschrieben werden. Aus einer kurzen Inschrift auf der oberen Randleiste des Sarkophags erfahren wir, dass Junius Bassus als Stadtpräfekt mit 42 Jahren starb und als vor kurzem Getaufter zu Gott ging. Aus der Nennung der Jahreskonsuln Eusebius und Hypatius ergibt sich das Todesjahr 359.
Die Vorderseite des Kastens ist durch Säulen gegliedert, deren Kapitelle in der oberen Zone ein horizontales Gebälk tragen, in der unteren abwechselnd flache Giebel und Bögen, die mit Muscheln geschmückt sind, deren Schlosss ein Adlerkopf bildet. Die mitt-
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leren Säulen schmücken Weinranken mit Eroten und Satyrn, die übrigen spiralförmige Rillen. In der oberen Mittelnische thront der jugendliche Christus mit halb geöffneter Buchrolle zwischen zwei Aposteln. Er stellt seine Füße auf den Himmel, den Caelus über sich ausbreitet. Ein kaiserliches Vorbild hierfür findet sich am Galeriusbogen in Thessaloniki (Abb.13). Das Mittelbild der unteren Zone mit dem Einzug in Jerusalem auf einem Esel (Matthäus XXI 1–11) erinnert an den siegreichen kaiserlichen Einzug, zumal Jesus selbst bei dieser Gelegenheit ein alttestamentliches Zitat vom Einzug des Königs auf einem Esel in Jerusalem in den Mund gelegt ist (Sacharja IX 9). In den beiden Feldern zur Rechten des Thronbildes wird Christus vor Pilatus geführt, der die linke Hand in einer Geste der Ratlosigkeit ans Kinn führt und dem ein Diener einen Wasserkrug und eine Schale bringt, damit er sich die Hände zum Zeichen seiner Unschuld waschen kann (Matthäus XXVII 24). Auch diese Szene aus der Leidensgeschichte Christi gibt einen Hinweis auf seine Herrschaft, da sie seine Selbstoffenbarung als König einschließt, dessen Reich nicht von dieser Welt ist (Johannes XVIII 36 f.). Links oben sieht man neben dem Abrahamsopfer die Gefangennahme des Petrus, links unten Job und seine Frau, daneben Adam und Eva zu Seiten des Paradiesbaumes mit der Schlange. Ein Ährenbündel und ein Schaf erinnern an die Arbeitszuweisung nach dem Sündenfall. Rechts unten die ganz unpassend erneuerte Gestalt Daniels in der Löwengrube und außen die Hinführung des Paulus zur Hinrichtung an den Tibersümpfen, auf die Schilfstengel hinweisen. Sechs weitere biblische Szenen sind in der unteren Zone in den Zwickeln der Giebel und Bögen über den Kapitellen als Lämmerallegorien dargestellt. Einige inhaltliche Beziehungen der Hauptszenen zueinander sind deutlich zu erkennen. Die Darstellung Christi als siegreicher Herrscher in der Mitte der Sarkophagfront ist in seinem Leiden begründet, auf das die Pilatusszene hinweist. Mit dem Opfer Christi wurde die Sünde Adams und Evas ausgelöscht (untere Zone). Als sein alttestamentliches Vorbild galt besonders das Opfer Abrahams (oben am linken Rand), doch auch die Job- und Daniels-
Abb.81. Istanbul, Archäologisches Museum, Inv. 4508. Vorderseite eines Plattensarkophags, Kalkstein, Länge ca. 2,00 m, Fundort Hypogäum am Silivri-Kapi, Istanbul.
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➤ Abb.80. Istanbul, Archäologisches Museum, Inv. ###. Kindersarkophag ohne Deckel, Marmor, Länge 1,36 m, Höhe 0,47 m, Tiefe 0,49 m, Vorderseite, Herstellungs- und Fundort Konstantinopel.
Abb.82. Ravenna, S. Vitale. Sarkophag ›des Exarchen Isaak‹ mit nicht zugehörigem Deckel, Marmor, Länge 2,17 m, Höhe ohne Deckel 0,70 m, Tiefe 0,77 m. zenen gehören in diesen Gedankenbereich (in der unteren Zone). In der Nachfolge der Passion Christi stehen die Martyrien der Apostel Petrus und Paulus. Fasst man diese Beziehungen zusammen, so ist das Hauptthema des Sarkophags die überzeitliche Herrschaft Christi, die in seinem Leiden begründet ist und auf die sich die Hoffnung des Auftraggebers des Sarkophags beruft.
Die beiden Schmalseiten sind jeweils durch eine Leiste in zwei Felder geteilt. Auf der linken Seite sind oben und unten geflügelte und ungeflügelte, nackte oder nur mit einem wehenden Mantel bekleidete Eroten mit der Ernte, Abfuhr und Kelter von Weintrauben beschäftigt. Auf der rechten Seite sind oben geflügelte Eroten bei der Getreideernte dargestellt, unten präsentieren sechs Jahreszeitengenien, von denen nur der Winter bekleidet ist, die Produkte und Jagdtiere der Jahreszeiten. Ebenso, wie diese Themen mit ihren vielen Eroten an nichtchristliche Vorläufer erinnern, greift auch der Dekor des Deckels auf solche zurück. An seinen Ecken befinden sich Masken von Sonne und Mond, und während die Reste stehender Gestalten im linken Bildfeld nicht zu bestimmen sind, ist im rechten Bildfeld mit Sicherheit eine Mahldarstellung im Typus des Klinenmahls zu ergänzen (S.), für das es keine christliche Parallele gibt.
Ein Sarkophag in Arles, dessen Herstellungsort unbestimmt ist, wurde aus zwei Marmorblöcken zusammengesetzt, deren vorderer erhalten blieb (Abb.78). Die Details der dargestellten Architektur sind reich ausgearbeitet, die Säulen unterschiedlich dekoriert. Das schmalere Mittelfeld ist oben mit einem zurückgebogenen Architrav abgeschlossen. Die übrigen Bildfelder enden in flachen Bögen, die muschelförmig gestaltet sind. In den Zwickeln über den Kapitellen blasen an den Ecken Tritonen ein Muschelhorn, weiter innen sieht man Delphine und Muscheln, neben dem Architrav umgefallene Obstkörbe. In den mittleren drei Bildfeldern ist die Gesetzesübergabe an Petrus dargestellt (die sog. traditio legis). Christus ist bärtig, hat lange Haare und steht auf einem Hügel mit den vier Paradiesflüssen. Die Rückbiegung des Architravs, für die es Parallelen gibt (Abb.), erlaubte eine besonders große Darstellung.
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Auf die Abhängigkeit des Themas der Traditio legis von einem zweizonigen monumentalen Vorbild (S.) weisen die eingeschobenen Schafe und Palmen hin, von denen eine den öfters im Zusammenhang belegten Phönix trägt. In den Szenen der äußeren Bildfelder ist Christus jugendlich und bartlos dargestellt; links will er dem sitzenden Petrus die Füße waschen, der mit den Händen die vom Text vorgegebene Abwehrhaltung einnimmt (Johannes XIII 8), rechts steht er vor Pilatus. Auf den Schmalseiten sind das Wasserwunder des Petrus und die Taufe Christi so dargestellt, dass die Fuge zwischen den beiden Marmorblöcken in senkrechten Wasserläufen verlief, dem aus dem Felsen strömenden des Petruswunders und dem diesem angeglichenen des Jordan bei der Taufe.
Zu den letzten in Rom gefertigten Sarkophagen gehören die sogenannten Stadttorsarkophage, die ihren modernen Namen der dargestellten Hintergrundarchitektur verdanken (Abb.79). Durch die Inschrift erfahren wir, dass Flavius Gorgonius den Sarkophag für sich selbst anfertigen ließ und die höheren Ämter des Verwalters des kaiserlichen Privatvermögens (comes largitionum privatarum; für das Jahr 386 bezeugt) und des Praetorianerpräfekten innegehabt hatte. Bei der Gesetzesübergabe an Petrus knien Gorgonius und seine Frau, die durch den verhüllten Kopf als Verstorbene bezeichnet ist, als winzige Gestalten neben dem Paradieshügel und ergreifen die Füße Christi. Die seitlichen Apostel huldigten Christus mit ihren ausgestreckten, aber verloren gegangenen rechten Armen. Es ist bezeichnend für die Zunahme repräsentativer Darstellungen, dass in der zweiten Hälfte des 4. Jh. Apostelhuldigungen oft die ganze Sarkophagfront füllten. Die an der Zwölfzahl fehlenden beiden Apostel sind auf der Rückseite dargestellt. Diese ist mit zwei Riefelfeldern geschmückt, in deren Mitte Gorgonius und seine Frau sich in einer Bogenarchitektur die Hände reichen und an deren Seiten je ein Apostel mit beiden Händen eine Buchrolle hält. In den biblischen Szenen, die auf den Deckel und die Nebenseiten verdrängt sind, kommen die drei Magier zweimal vor, am Deckel mit ihren
Abb.83. Paris, Musée du Louvre, Département des antiquités grecques et romaines, Inv. MA 3474. Vorderseite eines ›aquitanischen‹ Sarkophags mit Deckel, pyrenäischer Marmor, Länge 2,00 m, Höhe mit Deckel 0,63 m, Tiefe 0,67–0,70 m.
Abb.84. Berlin, Staatliche Museen, Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst, Inv. 4726. Grabrelief, Kalkstein, Dekor eingeschnitten, Bemalungsreste, Höhe ca. 55 cm, Breite ca. 34 cm, Fundort Arsinoë (Medina al Fayum) in Ägypten. Geschenken bei Maria und dem Kind, auf der rechten Nebenseite beim vorausgehenden Treffen mit König Herodes. Dieser ist dadurch negativ gekennzeichnet, dass ihm ebenso ein Götterbild beigegeben ist, wie sonst König Nebukadnezar bei der Anbetungsverweigerung der drei Jünglinge (Daniel III 13–18).
Seit der Weihe Konstantinopels im Jahre 330 könnte man dort eine zunehmende Produktion von Sarkophagen für die neue Führungsschicht erwarten. Doch sind erst seit der Zeit Theodosius I. wenige Beispiele und Fragmente erhalten, darunter ein in der hohen Qualität der Reliefarbeit einmaliger Kindersarkophag (Abb.80). Alle vier Seiten sind ringsum von breiten Leisten gerahmt, die nahe am inneren, leicht abgeschrägten Rand eine sorgfältig gearbeitete Rille aufweisen. In der Mitte beider Langseiten ist ein Kranz mit mittlerem Schmuckstein dargestellt, der ein Monogramm rahmt, das aus den griechischen Anfangsbuchstaben I und X (Iota und Chi) der Namen Jesus Christus gebildet ist. Er wird von zwei Engeln präsentiert, deren Köpfe und Füße an den Schrägen der Randleisten anliegen, während ihre Unterkörper und Beine deutlich davon entfernt sind, um den Eindruck des Fliegens zu betonen. Auf beiden Schmalseiten huldigen stehende, bärtige Apostel einem in der Mitte zwischen ihnen aufragenden Kreuz mit ausschweifenden Enden der Arme, deren unterer länger ist als die übrigen.
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Während in Rom nach dem Ende des 4. Jhs. kaum noch Sarkophage hergestellt wurden, wurde in Konstantinopel die vermutlich geringe Produktion der zweiten Hälfte des 4. Jhs. noch länger fortgesetzt. Dies belegen neben erhalten gebliebenen Marmorfragmenten einige Exemplare, die nach Ravenna exportiert wurden (Abb.82), außerdem einige Plattensarkophage in Istanbul. Im Jahre 1988 wurde am Silivri-Kapi eine unversehrte unterirdische Grabanlage zwischen Haupt- und Vormauer der theodosianischen Stadtmauer entdeckt. Dieses Hypogäum (Grabbau) enthielt dreizehn aus Platten zusammengesetzte Sarkophage, von denen der Hauptsarkophag aus prokonnesischem Marmor, die übrigen Exemplare aus Kalkstein bestehen (Abb.81). Die Reliefdarstellungen reichen von einem Kranz mit dem Christogramm zwischen Kerzenleuchtern, dem thronenden Christus mit den Aposteln und den biblischen Szenen des Abrahamsopfers sowie des Gesetzesempfangs des Moses bis zu einem familiären Huldigungsbild. Dieses ist durch eine mittlere Bogennische und seitliche Nischen mit Giebeln dreigeteilt. Unter dem Bogen steht zwischen gerafften Vorhängen ein großes Christusmonogramm, in den Seitennischen sind zwei Eheleute in Gebetshaltung dargestellt. Der Mann trägt über gegürteter Ärmeltunika eine Chlamys mit einer übergroßen Zwiebelknopffibel. Der kleine Sohn des Paares steht, mit einem aufgeschlagenen Buch in der linken Hand, links neben seiner Mutter. Die Figurenanordnung entspricht also dem Gesamtbild des aufgeklappten »Stilicho«-Diptychons (Abb.207).
Als im frühen 5. Jh. durch die Übersiedlung des kaiserlichen Hofes von Mailand nach Ravenna dort Bedarf an Sarkophagen entstand, war die Tradition der Werkstätten, die hier im 2. und 3. Jh. Sarkophage hergestellt hatten, offenbar erloschen. Daher wurden zunächst Sarkophage aus Konstantinopel herangeschafft, von wo auch ganze Schiffsladungen mit Säulen, Kapitellen und Chorschranken exportiert wurden. Zu den frühen Stücken gehört ein Sarkophag in S. Vitale, der allseitig dekoriert ist und im 7. Jh. für die Beisetzung des Exarchen Isaak wiederverwendet wurde (Abb.82). An den vier Ecken des Kastens stehen Säulen mit gedrehten Rillen, alle Felder sind oben und unten von Leisten gerahmt. Die ganze Vorderseite
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ist mit einer einzigen zur Seite gerichteten biblischen Szene gefüllt. Hier bringen die drei Magier (deren linke Arme abgebrochen sind) ihre Gaben dem auf dem Schoß seiner Mutter sitzenden Jesuskind, dessen Kopf von einem Nimbus mit Christusmonogramm umgeben ist. Die Schmalseiten sind mit der Auferweckung des Lazarus und Daniel in der Löwengrube geschmückt. Auf der Rückseite ist ein rein symbolischer Dekor zu finden: Ein mittleres Medaillon, das von einem Blatt getragen wird und ein Christusmonogramm enthält, wird auf beiden Seiten von einem Pfau und einer Dattelpalme gerahmt. Darstellungen dieser Art erschienen wenig später auch auf der Vorderseite der ravennatischen Sarkophage und beherrschten anschließend alle vier Seiten der Kästen und die Deckel.
Nachdem die Sarkophagwerkstätten in Rom ihre Produktion eingestellt hatten, gab es in einigen Provinzen, in die zuvor römische Sarkophage exportiert worden waren, eine lokale Fertigung beschrängten Umfangs. Doch blieben 250 Exemplare und Fragmente von Sarkophagen mit walmdachförmigen Deckeln erhalten, die im südwestlichen Gallien (Aquitanien) aus Marmor hergestellt wurden, der aus den Pyrenäen stammt (Abb.83). Die Steinbrüche von Saint-Béat sind ca. 100km von Toulouse entfernt, der Hauptstadt der römischen Provinz Gallia Narbonnensis. Zunächst ist in den Säulenarchitekturen und den Bildern von Hirten, Jägern und biblischen Szenen noch das Vorbild römischer Sarkophage oder gallischer Kopien davon zu erkennen. Doch nahm das Übergewicht pflanzlicher und geometrischer Ornamente im 5. Jh. schnell zu, bis Kränze mit Christusmonogrammen den einzigen inhaltlich bestimmbaren Dekor bildeten. Das hier abgebildete, gut erhaltene Exemplar in Paris ist auf der Vorderseite, den Nebenseiten und dem Deckel überwiegend von ornamentalem Dekor überzogen. Doch besitzt seine Front noch drei Figurenfelder mit gerafften Vorhängen, in denen Christus und zwei ihm zugewandte Apostel dargestellt sind. Am Deckel befindet sich ein Medaillon mit dem Christusmonogramm und den Buchstaben Alpha und Omega.
Unter den christlichen Grabreliefs und -stelen des 4. und 5. Jhs. ist ein Relief aus Ägypten, das vielleicht in eine Nische eingesetzt war, besonders interessant wegen einiger Reste enkaustischer Bemalung, einer Maltechnik, bei der die Farbpigmente in erhitztem Wachs aufgetragen wurden (Abb.84). Eine sitzende Mutter, die einen Knaben nährt, sitzt auf einem Faltstuhl mit rotem Kissen vor einem grünen Vorhang. Ihre lange, ockerfarbene Tunika ist mit rotbraunen Streifen geschmückt, über ihr rotbraunes Haar ist ein Teil des hellblauen Mantels gelegt. Von einer aufgemalten griechischen Inschrift fehlt der Anfang mit dem Namen der Verstorbenen: »[….] 21 Jahre alt. Keiner ist unsterblich. Sei frohen Mutes.« Da ähnliche Formulierungen auf kaiserzeitlichen heidnischen Grabinschriften im Fayum häufig verwendet wurden, wäre es möglich, dass zunächst eine verstorbene junge Frau im Bild der Göttin Isis dargestellt wurde, die ihren von Osiris gezeugten Sohn Horus nährt. Die beiden Kreuze neben dem Kopf der Frau wären dann Zeichen für eine christliche Wiederverwendung des Reliefs. Ob mit dieser Christianisierung eine Inter-
Abb.85. Paris, Musée du Louvre, Inv. Ma 3334. Grabmosaik, Länge 2,00 m, Breite 0,83 m. Fundort Pupput (Nähe Hammamet, Tunesien).
Abb.86. Tunis, Nationalmuseum Bardo, Inv. A 64. Grabmosaik, Länge 1,70 m, Breite 0,83 m, Fundort Thabraca (Tabarka, Tunesien). pretation der Darstellung als Marienbild einherging, wissen wir nicht. In den römischen Provinzen Nordafrikas waren schon seit dem 2. Jh. Werkstätten in der Herstellung farbiger Fußbodenmosaiken tätig (Abb.83–84). Vor allem in Karthago mit seinem Umfeld und in der südlich angrenzenden Byzacena arbeiteten diese Werkstätten auch in der Spätantike. Selbst auf Sizilien ist ihr Einfluss festzustellen (S.). Unter den Bildwerken im Grabbereich ist eine Besonderheit zu erwähnen, die sich vorwiegend im römischen Nordafrika findet, mit geringer Ausstrahlung nach Spanien und in andere Gebiete. Es ist dies die Einfügung der Grabinschrift und des Grabschmucks als Mosaik im Fußboden von Kirchen, Memorialkirchen und Mausoleen über dem Grab des Verstorbenen. Die meisten Grabmosaiken entstanden seit der zweiten Hälfte des 4. Jh. bis zur Mitte des 5. Jh., doch gibt es noch Beispiele bis in das 6. Jh. Die Mehrzahl hat eine Länge zwischen 1,80 m und 2,00m und ist 0,50m bis 0,80m breit. Am häufigsten vertreten sind Mosaiken, bei denen das Feld innerhalb eines Rahmens mit geometrischen oder pflanzlichen Motiven dreigeteilt ist, wofür ein Beispiel abgebildet wird, das sich in Paris befindet. Das in einen Kranz eingeschlossene Christusmonogramm mit den apokalyptischen Buchstaben Alpha und Omega, zwei Tauben und einer Rosenblüte lag über dem Kopf des Toten. Dieser befand sich in der Regel im Westen, damit der Tote der Wiederkehr Christi im Osten entgegensehen konnte (S.). Die Inschrift im mittleren Teil des Mosaiks ist meist von der Seite zu lesen, weil man längere Zeilen wünschte. Sie erinnert hier an drei Verstorbene, Nardus den Älteren, Jurassus den Jüngeren und Restitutus den Jüngeren, der am Tage vor den Iden des Mai (14.5.) dahingegangen ist und als Gläubiger in Frieden ruhen möge. Der dritte Abschnitt zeigt eine Weinranke mit Trauben; auch Tauben und Rosen waren an dieser Stelle beliebt. Bei einer zweiten Gruppe von Grabmosaiken ist die oder der Verstorbene selbst dargestellt, meist in frontaler Gebetshaltung und oft zwischen zwei brennenden, auf Leuchter gesteckten Kerzen. Auf dem Exemplar in Tunis wünscht die Inschrift dem süßen Jovinus den Frieden. Die Sinnbilder dafür sind Tauben und Rosenblüten. Jovinus trägt eine Tunika mit langen Ärmeln und einen Kapuzenmantel (paenula), die beide mit Zierstreifen und runden Aufsätzen geschmückt sind. Die Einrahmung von Personen und Objekten mit brennenden Kerzen tritt in Italien wie in Nordafrika etwa gleichzeitig in den verschiedensten Bildzusammenhängen als Motiv zur Bedeutungssteigerung auf.
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