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7b. Ausgewählte Bauten in Rom, Italien und den westlichen Provinzen

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11. Index

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7b. Ausgewählte Bauten in Rom, Italien und den westlichen Provinzen

Die frühesten Fußbodenmosaiken eines christlichen Kultbaus, die erhalten blieben, befinden sich in Aquileia, einer in der römischen Kaiserzeit und Spätantike bedeutenden Handelsstadt am nördlichen Ende der Adria . Sie befinden sich im südlichen von zwei Hallenbauten, die unter einem Bischof Theodor errichtet wurden, von dem bekannt ist, dass er 314 an einem Konzil in Arles teilgenommen und bis 319 gelebt hat. Die Anlage lag weder im Zentrum der durch einen Fluss mit der Adria verbundenen Hafenstadt, noch im Gebiet des von Maximian und Konstantin zeitweise bewohnten Kaiserpalastes. Die beiden parallel angelegten Hallen hatten eine Länge von 37 m in WestOst-Richtung und ca. 20 und 18m Breite. Sie besaßen jeweils sechs Stützen für das Dach und hatten keine Apsis. Der Abstand von 28 m zwischen ihnen war durch weitere Anlagen gefüllt, unter denen sich ein Baptisterium befand. Während die Mosaiken der Nordhalle, die meist Tierdarstellungen enthalten, erst im Laufe des 4. Jhs. bis zu seinem Ende gelegt wurden, geht aus einer vom Christusmonogramm eingeleiteten Mosaikinschrift der Südhalle hervor, dass die dortigen Mosaiken auf Bischof Theodor zurückgehen: THEODORE FELI(x) (a)DIVVANTE DEO OMNIPOTENTE ET POEMNIO CAELITVS TIBI (tra) DITVM OMNIA BAEATE FECISTI ET GLORIOSE DEDICASTI – »Glücklicher Theodor, mit Hilfe des allmächtigen Gottes und der dir vom Himmel anvertrauten Herde hast du alles glücklich vollendet und glorreich geweiht.« Die Formulierung scheint anzudeuten, dass die Inschrift erst in die umgebenden Mosaiken eingefügt wurde, nachdem der Bischof die Arbeiten vollendet hatte. Doch wird dies heute allgemein verneint, weil bei einer Untersuchung vor fünfzig Jahren festgestellt worden ist, dass der Mörtel um die Tesserae der Inschrift und des umgebenden Meerbildes gleich aussieht. Eine Untersuchung mit modernen Methoden steht jedoch noch aus.

Abb. 98. Aquileia, Südhalle. Detail: Fischende Eroten.

Abb.99. Detail: Meerwurf des Jonas

Das ausgedehnte, annähernd 750m2 große Mosaik des frühen 4. Jhs. in der Südhalle enthält in neun, durch die sechs Stützen vorgegebenen Feldern im Hauptteil der dreischiffigen Halle eine Fülle von Motiven, für die zwar keine eigenständige christliche Bedeutung festgestellt werden kann, die jedoch in der Entstehungszeit weit verbreitet waren. Eingebettet in ornamentale Muster findet sich ein Schafträger zwischen Gazelle und Hirsch, so angebracht, dass er dem Eintretenden zugewendet war (der Eingang führte von der nördlichen Langseite in die Halle). Außerdem sieht man zahlreiche Bilder von Landtieren, Fischen und Vögeln, darunter auch einen Kampf zwischen Hahn und Schildkröte. Eine Victoria mit Kranz und Palmzweig zwischen Gefäßen mit Früchten und Ähren ist von Personifikationen der Monate mit ihren typischen Attributen umgeben. Fünf von zahlreichen Porträtbüsten sind mit den Bildern der vier Jahreszeiten verbunden, eine Bootsszene wurde durch ein Patriarchengrab des 13. Jhs. weitgehend zerstört. In dem 20m breiten und 8,40m tiefen Mosaikfeld, das im Ostteil der Halle die ganze Breite des Raumes einnimmt, ist eine sehr lebhafte Meereslandschaft mit Seetieren, Fischerbooten und einzelnen Anglern auf Inseln dargestellt Die Fischer sind teils bekleidet, meist aber nackt und öfters durch Flügel als Eroten charakterisiert (Abb.98). Doch finden sich in diesem Feld vier eigenständige christliche Motive: in der Mitte die an Theodor gerichtete Inschrift, links und rechts die drei Szenen des Meerwurfs, der Ausspeiung und der Ruhe unter der Kürbislaube aus der biblischen Jonaserzählung (Abb.99–100). Vor 35 Jahren wurden zahlreiche Auffälligkeiten an den drei Szenen und ihrer Umgebung festgestellt und als Zeichen für eine nachträgliche Einsetzung gewertet. Diese Annahme wird heute fast allgemein abgelehnt, obwohl auch Mörteluntersuchungen mit modernen Methoden noch fehlen. Der Qualitätsunterschied der Jonasbilder zu den übrigen Meeresszenen wird damit erklärt, dass hier andere Mosaizisten arbeiteten und

Abb.100. Details: Ausspeiung des Jonas und Ruhe des Jonas unter der Kürbislaube man mit den biblischen Szenen noch keine Erfahrung hatte. Den letzten Stand bildet allerdings die Feststellung von Restauratoren, dass die mit einer Tunika bekleidete Oransgestalt beim Meerwurf des Jonas nachträglich eingesetzt ist.

Das Apsismosaik in der römischen Kirche S. Pudenziana ist das früheste der christlichen Kunst, das erhalten blieb (Abb.101). Nach einer im 16. Jh. noch lesbaren Inschrift an seinem unteren Rand entstand es unter Papst Innozenz I. (402–417). Die Kirche wurde in eine ältere Thermenanlage eingebaut, worauf die geringe Wölbung der Apsis zurückgeht. Der Bau wurde zunächst nach Pudens, dem Besitzer des Grundstücks, als Titulus Pudentis bezeichnet. Im 6. Jh. wurde aus Pudens ein Heiliger, dann wird ein Titulus der heiligen Pudenziana erwähnt, und im 7. Jh. erhielt Pudenziana, die Tochter des Pudens, eine Schwester Praxedis, die mit ihr gemeinsam das Martyrium erlitten haben soll. Das Mosaik ist stark restauriert, große Teile der vier apokalyptischen Wesen und die äußeren Apostel sind abgeschnitten, der untere Teil durch eine Balustrade verdeckt. Christus thront auf einem mit Gemmen geschmückten Thron zwischen den zwölf Aposteln, die von Paulus und Petrus angeführt werden. Auf dem Kodex, den Paulus präsentiert, stehen die ersten vier Worte des Matthäusevangeliums: LIBER GENERATIONIS I(esou) X(risti) – »Buch der Abstammung Jesu Christi«. Christus hat auf die Schultern fallende Haare, einen Bart und einen Nimbus, er trägt eine golddurchwirkte Tunica mit blauen Zierstreifen und einen Mantel. Auf dem aufgeschlagenen Buch in seiner linken Hand steht die Aufschrift Dominus conservator ecclesiae Pudentianae – »Der Herr (ist der) Bewahrer der Kirche des Pudens.« Die ecclesia ist zugleich der Kirchenbau und die Gemeinde in der Kirche. Zwei Frauen mit verhüllten Köpfen halten Kränze über die Apostelfürsten (die rechte ist völlig erneuert). Sie werden heute meist als Personifikationen der Heiden- und

Judenkirche angesehen, in Anlehnung an eine entsprechende Beschriftung auf der inneren Westwand der römischen Kirche S. Sabina (um 430). Hinter dem Dach der Halle, die den Vordergrund abschließt, erscheint in der Mitte ein Gemmenkreuz auf dem Golgothahügel, der von den Bauten Jerusalems flankiert wird. Neben dem Kreuz schweben die vier apokalyptischen Wesen auf den Wolken des Himmels. Sie tragen weder Schriftrollen noch Bücher. Zeichnungen des 16. und 17. Jhs. zeigen auf der Mittelachse unter dem Thron auch die Taube des Heiligen Geistes und das Christuslamm, doch wäre eine so tiefe Anbringung der Geisttaube sehr auffällig. Da in einer Zeichnung von Ciacconio von 1595 über der Taube auch das Monogramm des Papstes Hadrian I. (771–795) zu sehen ist, könnte es sich um Ergänzungen seiner Zeit handeln.

In der Forschung wird die Frage diskutiert, ob die Darstellung Christi mit den Aposteln eine überzeitliche Lehrversammlung oder das Endgericht wiedergeben soll. Doch dürfte die Frage »Lehrversammlung oder Weltgericht?« falsch gestellt sein, weil sie der Vielschichtigkeit spätantiker Bildwerke nicht Rechnung trägt. Die Lehrversammlung Christi kann gleichzeitig auch auf Christus als Richter beim Endgericht mit den daran beteiligten Aposteln hinweisen (Matthäus XIX 28). Das Kreuz ist zugleich das Passionskreuz auf dem Golgathahügel, ein Triumphkreuz und auch das Zeichen des Menschensohns bei seiner Ankunft zum Jüngsten Gericht inmitten der vier geflügelten Wesen. Diese können die apokalyptischen Wesen sein und trotz des Fehlens von Büchern auch Symbole der vier Evangelisten. Die Stadtansicht kann das zeitgenössische Jerusalem des 5. Jhs. darstellen, das Jerusalem des Weltendes und auch das himmlische Jerusalem. Die beiden Frauen bringen Petrus und Paulus ihre Siegeskränze und huldigen gleichzeitig dem thronenden Christus. Die Inschrift des Buches Christi kann sich auf zukünftige Ereignisse richten, dürfte sich allerdings vor allem auf die Gemeinde in der von den Westgoten unter Alarich bedrohten Stadt beziehen. Das Mosaik vereinigt verschiedene Inhalte in einem einzigen Bildzusammenhang. Wenige Jahre zuvor hatte Paulinus, der Bischof von Nola, zwei von ihm entworfene, nicht erhaltene Apsisbilder in Nola und in Fundi mit rein symbolischen Darstellungen beschrieben und auch er nannte für dargestellte Bildmotive jeweils mehrere Bedeutungen (epistula XXXII 10 und 17).

Abb.101. Rom, S. Pudenziana, Apsismosaik.

Abb. 102. Rom, S. Maria Maggiore, Innenansicht zur Apsis. Im Jahre 431 wurde auf einem Konzil in Ephesos und in nachfolgenden Verhandlungen bis 433 gegen Nestorius, den Patriarchen von Konstantinopel, für Maria die Eigenschaft als Mutter Gottes (»Gottesgebärerin«) bestätigt. Etwa gleichzeitig entstand in Rom unter Papst Sixtus III. (432–440) ein Neubau der Marienkirche S. Maria Maggiore. Es handelt sich um eine dreischiffige Basilika, deren Schiffe durch Säulen getrennt sind, die einen Architrav tragen. Über diesem blieb im Mittelschiff bis zu den Fenstern eine durchgehende Fläche für die noch erhaltenen alttestamentlichen Mosaiken (Abb.102). Ebenfalls bewahrt blieben vom Mosaikdekor des frühen 5. Jhs. Bilder zur Kindheitsgeschichte Jesu am Triumphbogen (Abb.103–104). Dieser war vor dem Einbau eines Querschiffs im 14. Jh., dem die Apsis zum Opfer fiel, die Apsisstirnwand. Die Wölbung der neuen Apsis wurde von Jacopo Torriti mit dem Mosaik einer Marienkrönung geschmückt. Da es dieses Bildmotiv im 5. Jh. noch nicht gab, kann der Künstler nicht etwa den Dekor der früheren Apsis imitiert haben, dessen Inhalt unbekannt bleibt.

Im Mittelschiff sind unter den Fenstern auf der Südseite Szenen aus dem Leben Abrahams, Isaaks und Jakobs wiedergegeben, auf der Nordseite Ereignisse aus der Geschichte des Moses und Josuas. Die Abfolge der Ereignisse ist chronologisch und beginnt jeweils beim Altarraum – mit zwei Ausnahmen: Die beiden ersten Bildfelder auf der Südseite enthalten Szenen, die nach dem Erzählungsablauf des Buches Genesis erst später einzuordnen waren. Die Begegnung Abrahams mit dem Priesterkönig Melchisedek, der ihm nach seinem Amalekitersieg Brot und Wein bringt und ihn segnet (Genesis XIV 18–20), und Abrahams Begrüßung und Bewirtung der drei Männer an der

Eiche Mamre (XVIII 1–15) sind vor die früheren Geschehnisse aus Genesis XIII 5–18 und näher an den Altar der Kirche gestellt. Sie galten als alttestamentliche Vorbilder für das Opfer Christi, das nach christlicher Vorstellung auf dem Altar in der Eucharistie wiederholt wird. Eine ähnliche Szenenumstellung wurde im frühen 6. Jh. bei den neutestamentlichen Bildern in S. Apollinare nuovo in Ravenna vorgenommen (S.).

Die Darstellungen der Kindheitsgeschichte Jesu am Triumphbogen sind in vier waagerechten Zonen angeordnet. Der Zyklus beginnt in der obersten Zone links mit der Verkündigung an Maria. Dem heranfliegenden Engel Gabriel ist die Taube des Heiligen Geistes beigegeben. Maria, die mit Kleidung und Schmuck einer römischen Prinzessin sitzend wiedergegeben ist, hat einen Korb neben sich, weil sie mit dem legendären Spinnen für den Tempelvorhang beschäftigt ist (Pseudo-Matthäusevangelium IX 2). Neben ihr stehen wie Thronwächter nimbierte Engel, von denen der vierte bereits zur folgenden Szene überleitet. Hier ist die Aufklärung der Zweifel Josephs durch einen Engel dargestellt (Matthäus I 18–25). Als nächstes Bild würde man eine Darstellung der Geburt Jesu erwarten, doch ist hier im Zentrum das später zu besprechende Bild des Thrones mit den Insignien Christi eingeschoben, so dass der Zyklus auf der rechten Seite mit der Darbringung Jesu im Tempel fortgesetzt wird (Lukas II 22–38). Hier stehen neben dem mit verhüllten Händen huldigenden Simeon jüdische Priester, doch statt des eigentlichen Schauplatzes, des Tempels in Jerusalem, ist der römische Tempel der Roma dargestellt. Dieser ist am Giebelbild der thronenden Roma und an den Medusenköpfen am Gebälk zu erkennen. Statt der bei Lukas erwähnten zwei Tauben des Opfers von Joseph und Maria sieht man auf den Tempelstufen die vier Tauben einer apokryphen Quelle (Pseudo-Matthäusevangelium XV 1). Es folgt der Engel, der dem schlafenden Joseph den Auf-

Abb.103. Detail: Triumphbogenmosaik, linke Hälfte.

Abb.104. Detail: Triumphbogenmosaik, rechte Hälfte trag erteilt, mit Maria und dem Kind nach Ägypten zu fliehen (Matthäus II 13). Die Vorwegnahme dieses Bildes, das hinter die Huldigung der Magier in Bethlehem gehört (II 9–11), dürfte nur formale Gründe haben. Diese Huldigung füllt in der zweiten Zone die linke Hälfte und ist stark an kaiserlichen Vorbildern ausgerichtet. Um die alleinige Herrschaft Christi zu betonen, sitzt das Jesuskind auf einem übergroßen Thron, dessen Fußschemel es nicht erreichen kann. In seinem Nimbus zeichnet sich ein Kreuz ab, hinter ihm erscheint der Stern, der die Magier geführt hat, zwischen vier Engeln als Thronwächtern. Maria sitzt, wiederum vornehm gekleidet und mit einem geschlossenen Kodex in der Hand zur Rechten ihres Kindes. Die auf der Gegenseite sitzende Frau in dunkelblauem, über den Kopf gezogenem Mantel führt die rechte Hand wie zum Ausdruck des Nachdenkens ans Kinn und hält in der linken eine offene Buchrolle. Diese Gestalt wird meist als Vertreterin des Alten Bundes interpretiert. Ihre Buchrolle könnte auf die offenen Weissagungen des Alten Testaments hinweisen, das geschlossene Buch der Maria auf deren eingetretene Erfüllung. Auf der rechten Seite des Bogens ist in dieser Zone ebenfalls eine Christushuldigung wiedergegeben, die meist in Ägypten lokalisiert wird (Pseudo-Matthäusevangelium XX–XXIV). In der folgenden Mosaikzone ist auf der linken Seite der Befehl des Herodes zum Kindermord in Bethlehem dargestellt (Matthäus II 16), auf der rechten die Begegnung der Magier mit Herodes in Jerusalem und dessen Befragung der Schriftgelehrten (Matthäus II 1–8). Diese Szene gehört chronologisch vor die Huldigung der Magier in Bethlehem. Doch offenbar sollten beide Darstellungen des mörderischen Königs unter den beiden Huldigungsbildern erscheinen.

Im Scheitel des Bogens befindet sich in einem Medaillon die Darstellung des reichgeschmückten Thrones Christi mit dem Gemmenkreuz, seinem Perlendiadem und einer Andeutung seines Purpurgewandes.

Abb.105. Rom, S. Sabina, Türflügel des Hauptportals, Zypressenholz, Höhe 5,30 m, Breite 3,12 m, Bemalungsreste nicht erhalten. Außer mit Widderköpfen ist der Thron mit den Bildern der Apostel Petrus und Paulus geschmückt, und diese für die Gesamtkirche wichtigen römischen Lokalheiligen huldigen dem Thron auch von den Seiten her. Dass dieser Thron auch endzeitliche Bedeutung haben soll geht daraus hervor, dass die vier apokalyptischen Wesen (Offenbarung IV 1–8) mit Kränzen huldigen. Auch die Schafe vor den Städten Jerusalem und Bethlehem am unteren Rand des Mosaiks weisen in diese Richtung. Als Hinweis auf die zweite Ankunft Christi (Parusie) konnte dieses Bild die Darstellung der ersten Ankunft bei der Geburt in Bethlehem ersetzen. Der Urheber des Baus und seiner Dekoration, Papst Sixtus III., hat sich unter dem Thronbild als Bischof des Volkes Gottes nennen lassen: XYSTVS EPISCOPVS PLEBI DEI.

Die römische Basilika S. Sabina auf dem Aventin wurde nach der in einem Wandmosaik erhaltenen Bauinschrift im Auftrag eines aus Illyrien stammenden Presbyters Petrus unter Papst Coelestin I. erbaut, also zwischen 422 und 432 (Abb.105). Nach einer Notiz des Liber Pontificalis (XLVI 9) soll die Kirche erst unter dessen Nachfolger Sixtus III. geweiht worden sein, als Petrus bereits Bischof war. In frühchristlicher Zeit gab es neben großen Türen mit zwei Flügeln auch eine Gruppe, bei der die Türflügel noch einmal unterteilt waren und mit Scharnieren gefaltet werden konnten. Hierzu gehört die Tür von S. Sabina. Die vier senkrechten Rahmen waren jeweils in sieben Felder aufgeteilt, vier kleinere von ca. 33 cm Breite und 23 cm Höhe und zwischen ihnen drei größere mit der selben Breite und ca. 80cm Höhe. Von den in diese Felder eingesetzten Reliefplatten gingen auf der Innenseite der Tür elf verloren, auf der Außenseite zehn, jeweils im Unterteil der Tür. Die inneren Platten tragen dekorative Reliefs teils pflanzlichen, teil geometrischen Inhalts. Auf den achtzehn erhaltenen Platten der Außenseite sind elf alttestamentliche und dreizehn neutestamentliche Szenen dargestellt. Aus der biblischen Bildwelt fällt die Darstellung einer Huldigungsszene heraus, die trotz der fiktiven Anwesenheit eines Engels ein reales aktuelles Ereignis darstellen könnte. Der Mann, der in Oranshaltung dargestellt ist, dem sich ein Engel zuwendet und dem aus den beiden unteren Zonen akklamiert wird, ist durch die Bekleidung mit langärmeliger Tunika und einer Chlamys, die durch eine kreisförmige Fibel gehalten wird, als hochrangig erwiesen. Er steht zwischen gerafften Vorhängen im Eingang eines Gebäudes, das durch ein sehr großes, mit Gemmen geschmücktes Kreuz und zwei Türmen (siehe S.) als Kirchenbau bezeichnet wird. Die Huldigungsachse in den beiden unteren Zonen ist nach links unter die Hauptgestalt verschoben. Verschiedene Schichten der Bevölkerung nehmen an der Huldigung teil: Die einfachen Leute in der unteren Zone tragen über der Tunika die Paenula, vornehmere Bürger stehen eine Stufe höher und sind mit der Toga bekleidet. Der Rang des Empfänger der Akklamation liegt fest: Eine als Orans im Kircheneingang stehende hochrangige Persönlichkeit, der ein Engel beigegeben ist, kann nur ein Bischof sein. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich bei dieser Darstellung um den Empfang oder sogar die Bischofswahl des Kirchenstifters Petrus handelt. In Bezug auf die künstlerische Qualität erreichen die Reliefs der Tür nicht das Niveau der gleichzeitigen Elfenbeindiptychen (Abb.).

Die Bauform der Kirche, die auf dem Caelius in Rom zum Gedächtnis des Märtyrers Stephanus errichtet wurde, ist einmalig und kann als die ausgefallenste der frühchristlichen Architektur bezeichnet werden (heute S. Stefano rotondo. Abb.106–108). Die Bauzeit um das Jahr 460 ist durch Münzfunde und dendrochronologische Untersuchungen gesichert, also die Bestimmung von Jahresringen des verwendeten Holzes und ihre Einordnung in vorliegende Statistiken. Die Weihe erfolgte nach Angabe des Liber Pontificalis durch Papst Simplicius (468–483). Der Gedanke des Zentralbaus war ganz konsequent durchgeführt, denn die Kirche besaß keine richtunggebende Apsis. Vielmehr stand der mit einer Schrankenanlage verbundene Altar im Zentralraum, der einen Durchmesser von rund 23m hatte. Dieses Zentrum war von 22 Säulen umgeben, die über ihrem horizontalen Architrav einen Tambour mit Fenstern trugen, über dem sich eine Kuppel aus Tonröhren erhob, also in Leichtbauweise. Es folgte nach außen hin ein gedeckter Umgang, der von Säulen gerahmt war, die Bögen trugen. Von hier gingen in kreuzförmiger Anlage vier hohe Räume aus, die bis zur äußeren Umfassungsmauer reichten, die einen Durchmesser von fast 66m hatte. Diese Kreuzräume hatten jedoch in dieser Außenmauer keine Türen, lediglich kleine Fenster, von denen das mittlere kreuzförmig war. Zwischen den vier Kreuzarmen führten die Säulenstellungen des Umgangs in Räume mit geschlossener Rückwand, die Durchgänge zu den Kreuzarmen besaßen. Abwasserkanäle mit Verbindung zu einem äußeren Ringkanal lassen annehmen, dass diese Räume zunächst offen bleiben sollten, aber bald mit Tonnengewölben überdacht wurden. Die dann nach außen hin folgenden gangartigen Räume besaßen je zwei Türen in der Außenmauer und Durchgänge in die Kreuzarme. Der Zugang in die Kirche war also ganz bewusst indirekt angelegt, doch die Gründe hierfür sind unbekannt. Die heutige Apsis im einzigen erhaltenen Kreuzarm stammt erst aus der ersten Hälfte des 7. Jhs.

Ein weiteres bedeutendes Apsismosaik einer römischen Kirche bezeugt die Bedeutung, die der Heiligenverehrung in Rom im 6. Jh. zukam. Die Kirche der Heiligen Kosmas und Damian befindet sich in einem Gebäude nördlich der via sacra, der heiligen Straße des Forums, das zum Templum Pacis (Friedenstempel) gehörte (Abb.109). Der Ostgotenkönig Theoderich hatte im Zuge seiner Rompolitik (S.) den Bau restaurieren lassen. Nach seinem Tode im Jahre 525 übergab ihn seine Tochter Amalaswinta Papst Felix IV., der sich als Stifter der Kirche im Apsisbild und in der unter dem Lämmerfries befindlichen Inschrift auswies und darin auch die Weihe an die Ärzte und Märtyrer Kosmas und Damian bestätigte. Deren Lebensbeschreibungen ist zu entnehmen, dass die beiden Brüder Kranke ohne Entgelt heilten (Anargyroi). Trotz zahlreicher Fehlstellen, Beschneidungen und Renovierungen ist das Apsismosaik noch heute sehr eindrucksvoll. Mit Hilfe einer Zeichnung Ciampinis aus dem 17. Jh. lässt sich Fehlendes ergänzen. Im Zentrum der Darstellung steht Christus in goldenem Gewand und mit goldenem Nimbus auf den Wolken des Himmels. Er ist bärtig und mit langen Haaren wiedergegeben, hat die rechte Hand erhoben und hält in der linken eine geschlossene Buchrolle. Von der Hand des Vaters wird er aus dem Himmel bekränzt. Der Herr überragt nicht nur alle anderen Gestalten, er ist von ihnen auch durch den inschriftlich benannten Fluss Jordan getrennt. Die römischen Ortsheiligen Paulus und Petrus in weißen Gewändern und in der typischen Haar- und Barttracht führen mit weisender Handbewegung die beiden aus dem Osten stammenden Brüder bei Christus ein, die mit verhüllten Händen Kränze bringen. Rechts schließt sich mit gleicher Huldigung der mit seinem Namen bezeichnete, ebenfalls östliche Märtyrer Theodor an. Papst Felix offeriert auf der linken Seite sein Kirchenmodell. Die genannten sechs Männer stehen auf einem mit Blumen geschmückten Wiesenstreifen, auf dem sich auch die seitlich abschließenden Palmen erheben, deren linke einen Phönix mit Strahlennimbus trägt (S.). Im unteren Fries bewegen sich von beiden Seiten je sechs Lämmer aus den Städten Jerusalem und Bethlehem auf die Mitte zu, in der das mit einem Nimbus versehene Gotteslamm auf dem Hügel mit den vier Paradiesflüssen steht. Wenn in diesem Mosaik drei bisher in Rom unbekannte Märtyrer des Ostens eingeführt werden, so drängt sich die Vermutung auf, der Papst könnte in den Besitz von Reliquien dieser Heiligen gelangt sein. Die Details des Lämmerfrieses, der Städte Jerusalem und Bethlehem, des Jordan, der Palmen und des Phönix erinnern an römische Vorbilder des 4. Jhs., in denen die Gesetzesübergabe an Petrus dargestellt war (S.).

Die erste große Kirche Mailands im 4. Jh. wurde im Unterschied zur schon bestehenden als »neue Basilika« bezeichnet und erst später bei Ankunft von Reliquien

Abb.106. S. Stefano rotondo, axionomische Zeichnung.

Abb.107. Zeichnung mit Dächern.

Abb.108. Blick ins Zentrum.

der heiligen Thekla in S. Tecla umbenannt. Der Bau, dessen inzwischen zerstörte Reste sich unter dem heutigen Domplatz befanden, war in seiner ersten Phase eine fünfschiffige Basilika, deren Querschiff von den Seitenschiffen durch Mauern getrennt war. Die Säulenstellungen des Mittelschiffs liefen unverändert bis zur Apsis durch. Die Kirche könnte an den Anfang der Jahre gehören, in denen Ambrosius Bischof von Mailand war (374–394). Das zu ihr gehörende Baptisterium S. Giovanni in fonte, von dem Reste erhalten sind, ist durch einen Münzfund in diese Zeit datiert. Als Zentralbau mit achteckigem Grundriss hatte es einen Innendurchmesser von 12,80 m. In die 2,80 m starken Seitenwände waren Nischen mit abwechselnd rechteckigem und halbkreisförmigem Grundriss eingetieft, zwischen denen jeweils eine Säule stand. Eine Anregung durch den AchteckNischenbau eines kaiserlichen Mausoleums, das sich vor den Toren Mailands bei S. Vittore befand, wäre möglich. Auch das Taufbecken in der Mitte war achteckig; es hatte einen Durchmesser von 5,56 m. Der Fußboden war mit weißem und schwarzen Steinen in unterschiedlichen Mustern belegt. In einer auf das Baptisterium bezogenen Versinschrift erfand Ambrosius eine neue Architektursymbolik für die Zahl Acht. Sein Text besteht nicht zufällig aus acht Doppelversen, von denen die ersten drei zitiert werden sollen.

»Achtseitig erhebt sich der Tempel zu heiligem Gebrauch, achteckig ist der Brunnen gefasst, würdig dieser Aufgabe. In dieser Zahl musste das Haus der heiligen Taufe entstehen, in der den Völkern das wahre Heil gegeben wurde,

Abb.109. Rom, SS. Cosma e Damiano, Apsismosaik.

Abb.110. Mailand, S. Lorenzo, Innenansicht. im Licht des auferstehenden Christus, der die Riegel des Todes löste, und aus den Gräbern die Toten erweckte.«

Die hier aufgestellte Beziehung zwischen der Zahl Acht der Architektur und der Auferstehung Christi beruht auf einem Zahlenspiel mit der biblischen Erzählung. Christus starb am sechsten Tag der Woche, verbrachte den siebten Tag im Grabe und soll am achten Tag auferstanden sein – eigentlich aber am »ersten Tag der Woche« (Matthäus XXVIII 1, ebenso die anderen Evangelien).

Der außerhalb der Stadt Mailand zu Ehren des Märtyrers Laurentius errichtete Zentralbau ist nach Bränden und Erdbeben mehrfach neu errichtet worden (Abb.110). Doch kann aus erhaltenen Details die ursprüngliche Form der Kirche rekonstruiert werden, bis auf die Kuppel, deren Typus unklar bleibt. Der Bau besaß an den Ecken vier quadratische Türme, zwischen denen sich alle vier Seiten in zweischaligen und zweistöckigen Exedren (Konchen) nach außen wölbten. Vor dem Eingang in der westlichen Konche lag ein großer Hof mit Säulenhallen (Atrium), aus den drei übrigen Exedren gelangte man in Anbauten verschiedener Größe. Der bedeutendste befindet sich im Süden, trägt den Namen S. Aquilino und ist durch eine Vorhalle mit Rundnischen an beiden Enden zu betreten (Abb.111). Sein achteckiger Grundriss entspricht dem des Grabbaus bei S. Vittore und des Baptisteriums der Theklakirche. Über der unteren Zone mit acht Nischen folgt ein Fenstergeschoss unter der mit Hilfe von Amphoren aus verschiedenen Regionen Nordafrikas und des Mittelmeerraums gewölbten Kuppel. Von den Mosaiken der Vorhalle blieben nur geringe Reste erhalten, deren Beschriftungen jedoch eine Aufeinanderfolge von Patriarchen des Alten Testaments und von Aposteln und Märtyrern erkennen lassen. Von den Mosaiken des Hauptraums sind Reste in den Wölbungen zweier Rundnischen vorhanden. Sehr fragmentarisch und überwiegend nur durch eine Vorzeichnung zu ergänzen ist das Mosik in der östlichen Nische mit der Darstellung einer Gestalt im von vier Pferden gezogenen Wagen über einer am Wasser liegenden Hirtenlandschaft. Ob der Wagenlenker Christus als Sonnengott oder Elias bei seiner Himmelfahrt sein soll (2 Könige II 11), muss offen bleiben. Im Mosaik der westlichen Nische hebt sich die Darstellung Christi zwischen den zwölf Aposteln von einem durchgehenden Goldhintergrund ab. Christus ist jugendlich und bartlos, sein Kopf ist von einem weißen Christogrammnimbus mit den Buchstaben Alpha und Omega umgeben. Er sitzt weit über die Apostel erhöht auf Felsen, hat die rechte Hand im Redegestus erhoben und hält in der linken eine geöffnete Buchrolle. Wie die Apostel trägt er eine weiße Tunika mit dunklen Zierstreifen und einen weißen Mantel mit aufgesetztem Winkeldekor. Unter den Aposteln, von denen einige Bücher, andere Buchrollen tragen, sind Petrus und Paulus an den üblichen Details zu unterscheiden: Petrus sitzt zur Rechten Christi mit hellem, abgerundetem Haar und Bart, Paulus hat dunkles Haar, das auf der Stirn etwas zurückweicht, und einen dunklen, spitzeren Bart. In einem geöffneten Behälter zu Füßen Christi sind sieben Buchrollen zu sehen, deren Zahl an die sieben Schreiben in der Apokalypse erinnert (Offenbarung I–III), während die beiden Wasserläufe unter den Aposteln einen paradisischen Eindruck vermitteln.

Dass es sich bei der Kirche S. Lorenzo um eine kaiserliche Stiftung handelte, zu der S. Aquilino als Grabbau gehörte, wird schon seit langem vermutet. Doch ist eine Zuweisung an einen bestimmten Kaiser als Auftraggeber nicht möglich, da die Datierung beider Bauten fraglich ist. Der Umstand, dass in den Fundamenten der Kirche und (davon getrennt) auch des Achteckbaus in großem Umfang Steinmaterial aus den äußeren Arkaden des nahegelegenen Amphitheaters Verwendung fand, kann zur Datierung kaum etwas beitragen. Nach der Verlagerung der kaiserlichen Residenz nach Ravenna im Jahre 402 ist die Errichtung eines solchen bedeutenden Baukomplexes allerdings kaum vorstellbar.

Die frühchristliche Basilika S. Restituta in Neapel, die im Liber Pontificalis auf Konstantin zurückgeführt wird, ist seit der Errichtung des mittelalterlichen Domes des heiligen Januarius (S. Gennaro) nur noch

dessen seitlicher Anbau. Sie besitzt neben der Apsis ein Baptisterium, das ursprünglich als selbständiger Bau neben der Kirche stand. Diese Taufkirche hat einen quadratischen Grundriss mit einer Seitenlänge von 7,60 m. Die vier Ecken des Quadrats wurden durch Trompen (Gewölbezwickel) überbrückt, so dass ein Achteck entstand, das in die Kuppel überführt werden konnte. Der Mosaikdekor, der aus stilistischen und ikonographischen Gründen in das ausgehende 4. oder beginnende 5. Jh. datiert werden kann, zeichnet in seiner Komposition die architektonische Gliederung nach (Abb.112). Im Scheitel der Kuppel befindet sich ein Medaillon, dessen Christussymbol den inhaltlichen Höhepunkt darstellt. An den Rahmen dieses Kreises schließen sich, durch dekorative Leisten getrennt, acht trapezförmige Bildfelder an, von denen vier zu den Ecktrompen führen, die vier anderen zu den geraden Seiten des Quadrats. In deren Oberteil sind jeweils zwei Apostel oder Heilige dargestellt, deren Kranzhuldigung zweifellos auf das Christuszeichen im Kuppelscheitel gerichtet ist. In den Trompen sind die vier apokalyptischen Wesen dargestellt. In den schmalen Streifen über ihnen erscheint jeweils ein Hirt zwischen unterschiedlichen Tieren. Das Scheitelmedaillon enthält vor einem dunklen Himmel mit achtstrahligen Sternen ein goldenes Monogrammkreuz mit ausschweifenden Armen und die apokalyptischen Buchstaben Alpha und Omega. Der obere Teil des Kreuzes mit der Rhoschleife ist von einem durchsichtigen Nimbus umgeben und darüber erscheint die Hand Gottes mit einem Kranz, der in der Mitte eine Gemme enthält. Beide Motive, der Nimbus und die Bekränzung aus der Höhe, finden sich sonst bei figürlich dargestellten Personen (Bekränzung des Kaisers: Abb., von Maria mit dem Kind: Abb.). Hier in Neapel verdeutlicht der Kontext den Symbolcharakter des Christusmonogramms: Es soll nicht nur auf Christus hinweisen, sondern ihn vertreten. Auch die Ausrichtung des Monogrammkreuzes ist nicht zufällig gewählt. Es war nicht für die im Westen Eintretenden zu lesen, sondern von Osten her. Vielleicht sollten die Täuflinge es erst dann lesen können, wenn sie sich nach der Taufe im Osten des Raumes befanden.

Abb. 111. S. Aquilino. Mosaik einer Nischenwölbung: Christus mit Aposteln.

Abb.112. Neapel, Baptisterium, Gesamtskizze der Mosaiken.

Ein besonderes Motiv im Rahmen des Scheitelmedaillons konnte man allerdings schon beim Betreten des Raumes richtig erkennen: einen mit Nimbus ausgestatteten Phönix (S.), der zwischen paarweise angeordneten Palmen und Vögeln in seinem Nest steht. Der sorgfältig ausgeführte Rahmen enthält, durch Bäume mit kleinen Vögeln getrennt, noch vier weitere Bilder mit unterschiedlichen Vogelpaaren, die abwechselnd Gefäße oder Körbe mit Früchten flankieren. Im Oberteil der acht trapezförmigen Felder sind unter Vorhängen noch einmal Vögel zu Seiten von Gefäßen dargestellt, die mit Blumen, Blättern und Früchten gefüllt sind. Darunter befinden sich figürliche Szenen, von denen noch einige neutestamentliche Bilder und die Gesetzesübergabe an Petrus zu erkennen sind.

Ein kleines Baptisterium im ligurischen Albenga folgt in der Achteckform des Baus (außen später gestört) und des Taufbeckens, wie auch mit seinen abwechselnd halbkreis- und rechteckförmigen Nischen wie viele andere in Norditalien und Südgallien dem Baptisterium von Mailand (Abb.113). Innerhalb der frühchristlichen Kunst einmalig sind die auf die göttliche Dreifaltigkeit hinweisenden Mosaiken, mit denen wohl um 500 die dem Eingang gegenüberliegende rechteckige Nische geschmückt wurde. An der Bogenvorderseite befindet sich eine Inschrift mit Heiligennamen, die trotz einiger Fehlstellen so zu verstehen ist, dass Heilige genannt sind, von denen sich in Albenga (im Baptisterium oder in der Kirche) Reliquien befanden: Stephanus, Johannes der Evangelist, Laurentius, Navor, Felix, Protasius und Gervasius. Auf der Nischenwand über dem Fenster rahmen zwei Lämmer ein Gemmenkreuz. In der Fensterlaibung führen Blätter auf einen mittleren Kreis zu, der einen Anker enthält. Das Hauptbild an der Bogenunterseite enthält ein in seiner Größe und Farbgebung dreifach gestuftes Christogramm auf drei ebenfalls farblich unterschiedenen konzentrischen blauen Kreisen (Abb.114). Auch die apokalyptischen Buchstaben Alpha und Omega sind dreimal in verschiedenen Farben wiederholt. Um dieses Zentrum herum bewegen sich links und rechts jeweils sechs

Abb.113. Albenga (Ligurien), Baptisterium. Nische mit Mosaiken.

Tauben auf ein Kreuzmedaillon zu. Die verbleibende Fläche ist mit Sternen gefüllt, die sehr regelmäßig in Linien und Reihen angeordnet sind.

In der frühchristlichen Kunst gab es drei verschiedene Möglichkeiten, die eigentlich nicht darstellbare göttliche Dreifaltigkeit zu verbildlichen. Als typologischen Hinweis konnte man die drei Besucher bei Abraham an der Eiche Mamre einander gleich darstellen. (Genesis XVIII 1–15; Abb.). In symbolischer Weise gab man Jesus als Gotteslamm oder bei der Taufe im Jordan die Taube des heiligen Geistes und die aus dem Himmel kommende Hand des Vaters bei (Abb.). Die dritte Lösung ist die zahlensymbolische, die im Baptisterium von Albenga in überzeugender Weise vorgetragen ist. Erheblich bescheidener wirkt diese Symbolik, wenn in S. Vitale in Ravenna (Abb.) in einem Medaillon mit dem Kreuz der Hintergrund drei Farben aufweist. In der Katharinenkirche auf dem Sinai (Abb.147–148) findet sich eine solche Farbabstufung hinter einem Kreuz und auch hinter dem Gotteslamm. Eine Besonderheit in der spätantiken Kunst Nordafrikas wurde bereits im Abschnitt über die Kunst im Grabbereich behandelt, nämlich die weite Verbreitung von Grabmosaiken im Fußboden von Kultgebäuden. Als weitere Eigentümlichkeit ist zu erwähnen, dass sehr viele Kirchen seit dem ausgehenden 5. Jh. und vor allem in der byzantinischen Zeit nach 534 gegenüber der bestehenden Apsis eine zweite Apsis oder ein weiteres Sanktuarium erhielten. Im Unterschied zu einigen Kirchen Spaniens, die von Anfang an zwei Apsiden besaßen, handelt es sich bei den nordafrikanischen Beispielen um nachträgliche Zufügungen. Hierfür sind zwei Erklärungen möglich. Bei einer größeren Anzahl der Fälle war die Basilika ursprünglich nach Westen gerichtet, so dass die zweite Anlage der inzwischen als Standard verbreiteten Orientierung entsprach. Auffällig ist auch, dass besonders häufig in einer der beiden gegenüberliegenden Choranlagen Gräber oder sogar durch Inschriften oder Reliquiare gesicherte Märtyrergräber gefunden wurden. Die Taufe wurde nicht in selbständigen Bauten vorgenommen, sondern in Nebenräumen der Kirchen, die als Baptisterien dienten und in denen bisweilen der Fußboden und das ganze Taufbecken mit farbigen

Abb.114. Detail: Mosaik mit Christogramm in der Bogenlaibung.

Mosaiken ausgestattet wurde (Abb.115). Am besten erhalten blieben mit Mosaiken geschmückte Taufbecken aus Bekalta (Nähe El Djem/Tunesien), Sufetula (Sbeitla/Tunesien) und Demna (Kelibia/Tunesien). Am letzten Ort befand sich das Baptisterium in einem quadratischen Nebenraum an der Apsis. Das kleeblattförmige Taufbecken mit kreisförmiger Einfassung ist in den Boden eingetieft und erhebt sich nur wenig über dem Fußbodenmosaik des Raumes. Dieses zeigt in den Zwickeln vier Weingefäße (Kantharoi), aus denen Weinranken sprießen. Auf der Einfassung sieht man in den Zwickeln des Kleeblatts Quadrate mit Kreismotiven, die an die Basen der Säulen für einen Baldachin über dem Becken erinnern, von denen in Sbeitla noch Reste erhalten blieben. Dazwischen verläuft eine Stifterinschrift in vier Abschnitten, die jeweils in der Mitte durch ein Christusmonogramm mit den Buchstaben Alpha und Omega geteilt sind. Wir erfahren hier, dass Aquinius und seine Juliana mit ihren Kindern Villa und Deogratias dem seligsten Bischof Cyprianus und Adelfius, dem Priester dieser Stadt, die Mosaiken für alle Zeiten gestiftet haben. Das Christusmonogramm mit Alpha und Omega wird im Boden des Beckens und in den vier Ausbuchtungen wiederholt und außer vier brennenden Kerzen, einem Kelch und einem Baldachin über einem Kreuz finden sich nur pflanzliche Motive, Vögel und Fische. Ebenso, wie in den Mosaiken der beiden anderen erwähnten Taufbecken ist im Dekor auf menschliche Gestalten verzichtet worden.

Sicher bald nach ihrer Ankunft in Ravenna im Jahre 426 (S.) ließ Galla Placidia die Kirche S. Giovanni Evangelista errichten. Die dreischiffige Basilika entstand in Erfüllung eines Gelübdes, das die Kaiserin in Seenot Johannes dem Evangelisten für den Fall

Abb.115. Tunis, Nationalmuseum Bardo, Taufbecken mit Mosaikschmuck. Fundort Demna (Kelibia, am Cap Bon).

Abb.116. Mausoleum der Galla Placidia, Außenansicht.

➤ Abb.117. Innenansicht nach Süden. ihrer Rettung gemacht hatte. Bei welcher Seereise sich dies ereignete, ist unbekannt. Der Heilige war wegen ähnlicher Ereignisse in seiner legendären Biographie für solche Gefahren zuständig. Das Gelübde war in einer Apsisinschrift erwähnt, deren Text überliefert ist: »Dem heiligen und seligsten Apostel Johannes dem Evangelisten erfüllte die Augusta Galla Placidia mit ihrem Sohn, dem Augustus Placidus Valentinian, und ihrer Tochter, der Augusta Justa Grata Honoria, das Gelübde für die Befreiung aus den Gefahren des Meeres.« Seenot und Errettung waren in zwei Schiffsbildern über dem Apsisbogen dargestellt. Hier befand sich auch ein Bild, in dem Christus an Johannes ein Buch übergab, wahrscheinlich das der Apokalypse. Auch der Mosaikschmuck der Apsis ist nur durch Beschreibungen aus dem späten Mittelalter bekannt. Hier erschienen erstmals Kaiserbilder im Kirchenraum, und dies in beachtlichem Umfang, um die Legitimität der Herrschaft Galla Placidias und ihres Sohnes zu dokumentieren. Die Apsiswölbung beherrschte (außer zwölf Büchern als Hinweis auf die zwölf Apostel) ein Bild des thronenden Christus, der mit der linken Hand ein geöffnetes Buch hielt, dessen lateinische Aufschrift eine der Seligpreisungen aus der Bergpredigt wiedergab (Matthäus V 7): »Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Erbarmen finden.« Der Apsisbogen war mit der Darstellung von zehn Kaisern des östlichen und des westlichen Teils des Imperiums geschmückt, die mit Konstantin dem Großen anfingen und vermutlich in Medaillons erschienen. Unter dem thronenden Christus befand sich an der Apsiswand das Bild eines Bischofs, der in Gebetshaltung im Beisein eines Engels am Altar stand. Die Überlieferung, dass es der 432 geweihte Bischof Petrus Chrysologus gewesen sei, ist unsicher. Dieses Bild war von Darstellungen zweier Kaiserpaare des Ostreiches gerahmt, die nach Ausweis einer Inschrift Gaben darbrachten, natürlich nicht dem Bischof, sondern – durch seine Vermittlung – dem in der Höhe thronenden Christus. Es handelte sich auf dem Ehrenplatz zur Rechten Christi um den bereits verstorbenen Arkadius mit Eudoxia und auf der anderen Seite um den zur Zeit regierenden Theodosius II. mit Eudokia. Der nicht erhaltene Apsisdekor dieser Kirche scheint die Anordnung der mehr als einhundert Jahre späteren

Abb.118. Gewölbemosaik.

Abb.120. Monatsmosaik aus Karthago, verschollen. Zeichnung.

Kaisermosaiken in der Apsis von S. Vitale beeinflusst zu haben (Abb.).

Ein Juwel der frühchristlichen Mosaikkunst ist die Ausstattung der Grabkapelle, die Galla Placidia in Ravenna errichten ließ (Abb.116). Das Mausoleum war an das Südende der Eingangshalle (Narthex) der von ihr gestifteten Kirche S. Croce angebaut, von der nur Grundmauern erhalten blieben. Die Nachricht des Historikers Agnellus (9. Jh.), die Kirche habe vom Kreuz Christi außer ihrem Namen auch die Form, ist durch Ausgrabungen bestätigt worden. Auch der Grundriss des ursprünglich vom Narthex aus zugänglichen Mausoleums hat die Form eines lateinischen Kreuzes: Die längere Achse von 12,75 m Länge führt vom Eingang nach Süden, die Querachse ist 10,25 m lang (Abb.117). Für eine Bestimmung als Grabbau spricht der originale, für solche Bauten typische Pinienzapfen auf dem Dach, aber es gibt keinen Hinweis darauf, dass die Kaiserin, die 450 in

Rom starb, hier beigesetzt wurde. Wegen der starken Erhöhung des Bodenniveaus der Umgebung wirkt der Bau heute außen disproportioniert. Die Wände sind durch flache Bogennischen gegliedert, die inneren Gewölbe sind durch Giebeldächer verdeckt. Im Innern schließen an die Gurtbögen des Mittelquadrats nach außen Tonnengewölbe über den Kreuzarmen an, nach oben zunächst senkrechte Wände mit Fenstern und dann über deren oberen Bögenabschlüssen eine Kuppel. Es handelt sich nicht um eine Pendantivkuppel, deren Durchmesser der Seitenlänge des Grundquadrats entspräche; vielmehr stimmt ihr Durchmesser mit der Diagonale des Grundquadrats überein. Diese Art der Kuppel wurde auch in der Kaiserzeit nur für sehr kleine Räume verwendet, da sie erheblich flacher und daher instabiler ist als die Kuppel über einem Kreis (Pantheon in Rom) oder Achteck (Kirche der Heiligen Sergios und Bakchos, Abb.137–138) und die Pendentivkuppel (Hagia Sophia, Abb.139).

Der Mosaikschmuck, der sich im Inneren des Gebäudes über einer unteren Zone mit Marmorverkleidung ausbreitet, ist in zwei deutlich unterschiedenen Richtungen konzipiert, das Erdgeschoss vom Eingang im Norden nach Süden, das Kreuz im Gewölbe und die ihm huldigenden Apostel in Ostrichtung (Abb.118). In den Bogenfeldern am Ende der Kreuzarme wird die Nord-Süd-Achse betont. Beim Eintreten erblickt man im Süden ein dreiteiliges Bild mit einem Evangelienschrank, einem Rost und einer Gestalt, die einen Kreuzstab trägt, im Norden über der Tür ist Christus als Hirte dargestellt – während im Osten und Westen nur gleichförmige Rankenfelder mit zwei Hirschen am Wasserquell zu sehen sind. In der Gestalt mit Kreuzstab und Kodex, die im Süden neben den Flammen des mit Rädern versehenen Rostes steht, wird meist der heilige Laurentius erkannt, der auf einem Rost das Martyrium erlitt. Sein Kodex ist ein Hinweis auf das Amt als Diakon, ebenso der geöffnete Schrank mit den inschriftlich benannten vier Evangelienbüchern. Die drei Bildmotive sind ohne Überschneidung nebeneinandergesetzt. Dies gilt für alle Details der Mosaikausstattung; am auffälligsten ist es beim Bild des sitzenden Hirten mit sechs Schafen in felsiger Landschaft über dem Eingang. Dass hier Christus dargestellt wird, ist wegen des Kreuzstabs, des Nimbus und der Bekleidung mit goldener Ärmeltunika und Purpurmantel unverkennbar. Mit den Tonnengewölben über den vier Kreuzarmen des Baus ändert sich die Ausrichtung der Mosaiken. Jetzt sind die Mosaiken in der Nord-Süd-Richtung rein dekorativ – mit Ausnahme eines Kreises mit einem Kreuz am nördlichen Gurtbogen, das als übelabwehrendes Zeichen natürlich der Eingangstür zugeordnet sein musste. Betont sind dagegen die Gewölbe in WestOst-Richtung, in deren Rankenmosaiken je zwei Apostel zu Seiten von Kränzen mit Christusmonogramm und den apokalyptischen Buchstaben Alpha und Omega stehen. Sie vervollständigen die Zwölfzahl der Apostel, wenn man sie den acht Aposteln unter der Kuppel an die Seite stellt, die alle ebenso nach Osten ausgerichtet sind, wie das Kreuz im Kuppelmosaik, dem sie huldigen. Allerdings sind sie nicht symmetrisch auf Petrus und Paulus verteilt, sondern folgen alle über die Ecken hinweg Petrus, dessen Vorrang betonend. Der kreisförmig um das Kreuz angeordnete Sternenhimmel des Kuppelgewölbes wird von 567 Sternen gebildet (3 in 4facher Potenz mal 7). Die Wahl der in der Antike besonders wichtigen Zahlen drei, vier und sieben hatte vermutlich eine besondere Bedeutung, doch weder können wir diese bestimmen, noch wissen wir, wieviele Betrachter in der Entstehungszeit hier eine Zahlensymbolik erkennen und nachvollziehen konnten. Die in den Ecken des Gewölbes befindlichen zweiflügeligen Ober- oder Vorderteile von Löwe, Stier, Mensch und Adler sind in derselben Reihenfolge angeordnet wie die Vier Wesen, die in der Apokalypse des Johannes den Thron Gottes umgeben (Offenbarung IV 6–8). Zwar tragen sie keine Bücher als Hinweis auf die vier Evangelien, weist man sie diesen jedoch in der schon damals üblichen Weise zu, so erkennt man, dass sie ebenso angeordnet sind, wie die Evangelienbücher im Laurentiusbild: Markus, Lukas, Matthäus und Johannes. Der Richtungswandel der Kreuzhuldigung wird meist damit erklärt, dass das Kreuz als im Osten aufsteigendes »Zeichen des Menschensohnes« auf die Wiederkehr Christi im Osten hinweist. Allerdings ist die Textgrundlage hierfür recht unklar: »Denn wie der Blitz bis zum Westen hinleuchtet, wenn er im Osten aufflammt, so wird es bei der Ankunft des Menschensohnes sein.« (Matthäus XXIV 27). »Danach wird das Zeichen des Menschensohns am Himmel erscheinen; dann werden alle Völker der Erde jammern und klagen, und sie werden den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf den Wolken des Himmels kommen sehen.« (Matthäus XXIV 30).

Die wahrscheinlich von Bischof Ursus als fünfschiffige Basilika errichtete erste Bischofskirche Ravennas blieb nicht erhalten, da sie im 18. Jh. durch einen Neubau ersetzt wurde. Sie befand sich auf einem Bodenniveau, das etwa drei Meter unter dem heutigen lag. Dies wird durch das zu dieser Kirche gehörige Taufhaus (Baptisterium) angezeigt, das erhalten blieb, wenn auch mit starken Veränderungen der Architektur und der Innenausstattung, die Bischof Neon (451–473) vornehmen ließ. Im Unterschied zum späteren Baptisterium der Arianer (Abb.) wird

Abb.121. Ravenna, Baptisterium der Arianer, Kuppelmosaik.

der Bau meist als Baptisterium der Orthodoxen bezeichnet. Der achteckige, mit vier Ecknischen versehene Bau besaß im Inneren (Durchmesser ohne Nischen 12,10m) ursprünglich eine flache Holzdecke. Bischof Neon ließ in die Ecken der Fensterzone Säulen stellen, die als Auflage für acht Zwickel dienten, mit denen die Überleitung vom Achteck in die Kreisform einer Kuppel erfolgte. Diese wurde aus horizontal gelegten leichten Tonröhren gefertigt, so dass zu ihrer Lastabtragung keine Verstärkung der Wände nötig war. Auf Neons vier biblischen Mosaiken in den Bögen der untersten Zone weisen nur noch Inschriften hin. Die Bogenzwickel sind mit Ranken und Prophetengestalten geschmückt. Der einst farbig gefasste Stuckdekor der Fensterzone enthält 16 stehende Figuren mit Büchern oder Schriftrollen in den Nischen, Tiere und biblische Szenen in den Lünettenfeldern darüber. Aus den Mosaiken in den acht Zwickeln der Fensterzone wachsen hohe Pflanzengebilde auf, die in der untersten Kuppelzone ebensoviele prächtige, dreiteilige Säulenarchitekturen voneinander trennen. In deren Mittelfeld sieht man abwechselnd einen Tisch mit einem aufgeschlagenen, namentlich bezeichneten Evangelienbuch und einen Thron für ein Purpurgewand und ein Kreuzmedaillon.

In der nächsthöheren Mosaikzone befinden sich die zwölf Apostel, die im Schema der »Vertikalen Huldigungsrichtung« mit ihren Kränzen Christus huldigen, dessen Taufe im zentralen Medaillon dargestellt ist (Abb.119). Die namentlich bezeichneten Gestalten

Abb.122. Ravenna, S. Apollinare nuovo, Innenansicht nach Südosten. sind durch pflanzliche Gebilde eingerahmt und tragen ihre Kränze im Ehrfurchtsgestus der verhüllten Hände. Die Kopftypen sind abwechslungsreich, die Bekleidung wechselt zwischen goldenem Mantel über weißer Tunika und weißem Mantel über goldener Tunika. Das Bild der Taufe Christi im Wasser des Jordan, der auch als Personifikation beigegeben ist, ist stark restauriert. Es befindet sich senkrecht über dem Taufbecken (Reste des ursprünglichen Exemplars wurden in der Tiefe gefunden). Ein Vergleichsbeispiel soll das Schema der »Vertikalen Huldigung« für einen kreisförmigen Dekor weiter veranschaulichen. Es handelt sich um ein nach der Weltausstellung in Paris 1889 spurlos verschwundenes Fußbodenmosaik aus Karthago (Abb.120). In der äußeren Zone des Mittelbildes sind die Personifikationen der zwölf Monate dargestellt, die mit ihren Gaben der Personifikation der Erde (terra) huldigen, die mit einem Füllhorn im zentralen Kreis thront. Die zwölf Monate sind ebenso in zwei Hälften aufgeteilt, wie die Apostel in Ravenna. Allerdings führen nicht Dezember und Januar die beiden Züge an, sondern Januar und Februar. Durch diese Verschiebung wurde erreicht, dass zwei offenbar mit positiven Vorstellungen verbundene Monate sich an der Huldigungsachse gegenüberstehen.

Der Ostgotenkönig Theoderich war nach der Ausschaltung Odoakers in Ravenna bemüht, zusätzlich zu seiner zwangsläufig vorgegebenen Zusammenarbeit mit Konstantinopel auch ein positives Verhältnis zur römischen Verwaltung einzurichten, da ohne deren Unterstützung Italien nicht zu regieren war. Er ließ Bauten in Rom restaurieren und feierte hier sein 30. Regierungsjubiläum im Jahre 500 mit Veranstaltungen im Circus maximus und im Amphitheater.

Schließlich ließ er auch Münzen mit der Stadtgöttin Roma und der römischen Wölfin mit Romulus und Remus prägen. Doch residierte er bis zu seinem Tode in Ravenna und investierte dort in die Infrastruktur und in Palast- und Kirchenbauten. Er war Anhänger des arianischen Christentums (S.), ließ jedoch nicht etwa bereits vorhandene orthodoxe Kirchenbauten für den arianischen Kult umwidmen, sondern errichtete eine eigene Kathedrale mit zugehörigem Baptisterium und einer Bischofsresidenz .

Vom Schmuck der Kathedrale Theoderichs (heute die Kirche S. Spirito) blieb nichts erhalten, vom Innendekor der zugehörigen Taufkirche nur der Mosaikschmuck der Kuppel. Der Bau ist achteckig wie das Baptisterium der Orthoxen, sein Durchmesser aber nur etwas mehr als halb so groß. Von den vier Nischen ist die östliche erheblich größer, die übrigen sieben Seiten des Achtecks umgibt ein schmaler Umgang. Die Kuppel unterscheidet sich von der Tonröhrenkuppel des Neon, da sie wie der übrige Bau aus Ziegeln besteht. Wie im Baptisterium der Orthodoxen (Abb.121) ist im Kuppelscheitel die Taufe Christi im Jordan dargestellt, doch bezieht sich die Huldigung der Apostel in der unteren Zone hier nicht auf dieses Bild, sondern auf einen eigens eingefügten Thron mit dem siegreichen Kreuz Christi. Versuche, die Unterschiede in der Bauform und im Kuppelmosaik gegenüber dem Baptisterium der Orthodoxen auf Besonderheiten im arianischen Glaubensbekenntnis oder Taufritus zurückzuführen, bleiben Vermutung.

Der Palast König Theoderichs blieb nicht erhalten, jedoch die Palastkirche, heute S. Apollinare nuovo (Abb.122). Der Bau erhielt diesen Namen erst im 9. Jh., als die Gebeine des Heiligen von der Apollinariskirche in Classe (Abb.131), der Hafenstadt Raven-

Abb.123. Mosaikdetail: Palatium des Theoderich.

Abb.124. Mosaikdetail: Weltgericht.

nas, in das Stadtinnere überführt wurden. Als Theoderich den Bau errichten ließ (wohl seit 520), wurde er Christus, dem Retter (salvator), geweiht. Nach der Übernahme für den orthodoxen, dem Christusbild des Konzils von Nikaia (325) folgenden Kult in der Mitte des 6. Jhs. hieß die Kirche San Martino in Ciel d’oro – »S. Martin mit dem goldenen Himmel« (eine Anspielung auf den Deckendekor). Der basilikale Bau, dessen ursprüngliche Apsis einstürzte und verloren ist, besitzt zwischen dem Mittelschiff und den beiden Seitenschiffen Säulen aus prokonnesischem Marmor mit Kapitellen, die aus Konstantinopel importiert wurden. Sie tragen die Bögen, auf denen die Fensterwand des Mittelschiffs ruht, die einen reichen, in drei Zonen übereinander angeordneten Mosaikschmuck trägt. Die unterste Zone zeigt im Süden einen Zug von Märtyrern mit Kränzen auf verhüllten Händen, der von der ummauerten Stadt Ravenna (CIVITAS RAVENN [a]) mit dem Palast (PALATIUM) ausgeht und in Nähe des Altars auf den zwischen vier Engeln mit Stäben thronenden Christus trifft (Abb.123–1241). Auf der Nordseite sind Märtyrerinnen dargestellt, die ebenfalls auf verhüllten Händen Kränze tragen. Ihr Huldigungszug beginnt bei der Hafenstadt Classe (CIVITAS CLASSIS), wird von den drei Magiern aus der Kindheitsgeschichte Jesu angeführt und endet bei Maria mit dem Kind, die wiederum zwischen vier Engeln thront. Diese Huldigungszüge stammen aus der Zeit der Übernahme der Kirche für den orthodoxen Kult unter Bischof Agnellus. Auf die Zeit Theoderichs gehen nur die Darstellungen der Städte Ravenna und Classe und die beiden Thronbilder zurück. An den Säulen des Palastes sind noch die Hände der Personen zu sehen, die ursprünglich zwischen den Säulen standen und dann durch Vorhänge ersetzt wurden. Die hier einst stehenden Gestalten müssen ebenso wie die Vorläufer der Märtyrerinnen und Märtyrer zum Hof Theoderichs gehört haben. Ihre Bilder konnten daher das Ende der gotischen Herrschaft nicht überleben. Die Mosaiken von Propheten und Aposteln zwischen den Fenstern stammen ebenso aus der Zeit Theoderichs wie der Schmuck der obersten Zone. Hier sind auf jeder Seite des Mittelschiffs in dreizehn Feldern von ca. 1,35m Breite und 1,00m Höhe Szenen des Neuen Testaments zu sehen. Sie sind durch Dekorfelder voneinander getrennt, die Kränze für die darunter stehenden Propheten enthalten. Beide biblischen Zyklen beginnen am Altarraum. In den Bildern der Nordseite ist Jesus jung und bartlos dargestellt und hat einen begleitenden Jünger zur Seite; Marmortesserae wurden für Gesichter, Hände und Füße ver-

Abb.126. Ravenna, S. Vitale, Außenansicht von Süden.

Abb.125. Ravenna, Mausoleum des Königs Theoderich, Außenansicht. wendet. Hier sind Ereignisse, Wunder und Gleichnisse Christi von der Berufung der Apostel (Matthäus IV 18–22) bis zur Heilung des Gelähmten dargestellt. Ein vermuteter Einfluss arianischer Vorstellungen auf die Szenenauswahl konnte bisher nicht belegt werden. Nach dem biblischen Text müsste die Berufung der ersten Jünger die erste Szene sein, doch man stellte zwei Szenen an den Anfang und damit in die Nähe des Altars, die in der frühchristlichen Literatur als Hinweis auf die Eucharistie gedeutet wurden, nämlich das Weinwunder auf der Hochzeit zu Kana (Johannes II 1–11; falsch ergänzt, aber durch eine Zeichnung Ciampinis aus dem 17. Jh. gesichert) und die wunderbare Vermehrung der Brote und Fische (Matthäus XV 32–39). In den Bildern auf der Südseite sind meist Glastesserae verwendet und Jesus ist älter und bärtig dargestellt. Dieser Zyklus reicht vom Letzten Abendmahl (Matthäus XXVI 20–29) über die Passion und Auferstehung Christi bis zur Szene mit dem ungläubigen Thomas (Johannes XX 24–29). Hier brauchte nichts umgestellt zu werden, denn das Abendmahlsbild befand sich als erstes dieser Reihe ohnehin in Altarnähe. Als Einzelbild ist die Darstellung des Gleichnisses der Scheidung der Schafe und Böcke aus dem Zyklus der Nordseite ausgewählt (Matthäus XXV 31–46). Sie unterscheidet sich von der einzigen frühchristlichen Parallele für dieses Thema auf dem Sarkophagdeckel in New York (Abb.66) durch die Wiedergabe Christi als Hauptperson und die Beigabe zweier Engel. Christus ist mit dem Kreuznimbus, einem Purpurgewand mit goldenen Schmuckstreifen und Sandalen ausgestattet und sitzt auf einem felsenartigen Thron mit gleichartigem Fußschemel. Er streckt seine rechte Hand einladend den drei Schafen entgegen, die sich farblich und in ihrer gelockerten Anordnung von den drei gefleckten Böcken abheben. Haut und Gewand des Engels hinter den Schafen sind rot gefärbt; bei seinem Gegenspieler hinter den Böcken ist die Farbe dunkelblau. Es ist der gefallene Engel, Satan, die Symbolgestalt des Bösen. Allerdings ist dieser böse Engel ausgesprochen schön, was man von seinem Gegenspieler gewiss nicht behaupten kann (die Gesichter Christi und der Engel sind original). Auch die Innenverzierung seiner Flügel ist ausdrucksvoller als beim roten Engel. Hier hat die in der frühchristlichen Literatur vielfach belegte Vorstellung ihren Niederschlag gefunden, Schönheit sei verführerisch, sie führe

Abb.127. Blick vom Obergeschoss des Umgangs in das Presbyterium.

Abb.128. Detail: Apsismosaik.

zur Sünde und könne nicht mit Tugend vereinbart werden. Hierzu sind auch die bunten Gewänder der törichten Jungfrauen im Rossano-Kodex zu vergleichen (Abb.184).

Der Grabbau, den Theoderich für sich selbst errichten ließ, ist aus der Besprechung des Grabbereichs herausgenommen, damit er hier an andere Bauten des Königs in Ravenna angeschlossen werden kann. Er unterscheidet sich allerdings von allen übrigen, aus Ziegeln errichteten Bauwerken Ravennas durch die Verwendung behauener Quadern aus weißem Kalkstein Istriens (Abb.125). Die Bauleute dürften aus einem Gebiet gekommen sein, in dem die Technik der Steinbearbeitung aktuell war, etwa Konstantinopel oder Kleinasien. Dagegen gibt es für die zangenförmigen Ornamente im obersten, in Felder aufgeteilten Fries unter dem Kuppelstein Parallelen auf Fibeln germanischer Stämme. Aus der gesamten spätantiken Architektur wird das Mausoleum durch die Abdeckung mit einem kuppelförmigen Stein von 10,76 m Durchmesser und 3,09 m Höhe herausgehoben. Der Bau befindet sich, antiker Tradition entsprechend, außerhalb der Stadtmauer. Sein Untergeschoss ist außen zehneckig und durch Pilaster-Nischen aufgelockert, innen dagegen kreuzförmig. Das innen kreisförmige, außen ebenfalls zehneckige Obergeschoss hat einen kleineren Durchmesser, doch hatte der äußere Wanddekor ursprümglich mehr Volumen. Die Eingänge beider Etagen liegen übereinander auf der Westseite, im Inneren des Obergeschosses befindet sich gegenüber der Tür eine Nische. Da es im 6. Jh. keine Treppe zum Obergeschoss gegeben hat, wurde der König vermutlich dort beigesetzt und blieb anschließend weitgehend ungestört. Auf einer Seite des Kuppelsteins sind Löcher zum Anbringen von Seilen vorhanden, mit denen der Deckstein auf schiefer Ebene hochgezogen werden konnte. Allerdings zeigen seine unregelmäßige Lage, einseitige Abarbeitungen und ein großer Riss, dass es nicht gelang, ihn korrekt aufzusetzen. Ob die henkelartigen zwölf Aufsätze am Rand des Steins nur einen dekorativen Zweck haben oder auch der Handhabung des etwa 230 Tonnen schweren Objekts dienten, bleibt fraglich. Die Anbringung der Namen der zwölf Apostel auf den Kuppelhenkeln erfolgte erst im Mittelalter.

Abb.129. Detail: Justinianmosaik.

Die ravennatischen Kirchenbauten S. Michele in Affricisco, S. Vitale und S. Apollinare in Classe wurden von einem Julianus finanziert, der sich selbst als argentarius bezeichnete, also eine Tätigkeit im Bank- oder Finanzbereich ausübte (Abb.126). Allerdings fehlt in den Inschriften jeder Hinweis auf eine Position in kaiserlichem oder kirchlichem Dienst. S. Michele stiftete er gemeinsam mit einem Bacauda aufgrund eines persönlichen Gelübdes, die beiden anderen Bauten entstanden in bischöflichem Auftrag. Dieser geht beispielsweise aus der Inschrift eines Steinreliquiars hervor, das unter dem Altar von S. Vitale gefunden wurde: + IVLIANVS ARGENT (arivs) SERVVS VEST(er) PRAECIB(vs) VEST(ris) BASILI(cam) A FVNDA(mentis) PERFEC(it) – »Julianus, der Bankier, Euer Diener, hat auf Eure Bitten hin die Basilika von Grund auf errichtet«.

Die noch heute eindrucksvolle Kirche S. Vitale aus justinianischer Zeit verdankt ihren Titelheiligen der Reliquienfreude des Mailänder Bischofs Ambrosius. Dieser entdeckte mehrfach Reliquien von Märtyrern, darunter auch die Gebeine des Vitalis, die er im Jahre 393 in Bologna auffand. Im 5. Jh. gelangten Vitalisreliquien nach Ravenna, im frühen 6. Jh. verlegte die Legende sein Martyrium in diese Stadt und sah in Gervasius und Protasius, deren Reliquien Ambrosius bereits im Jahre 386 in Mailand gefunden hatte, Söhne des Vitalis. Für den über einem älteren Oratorium errichteten monumentale Zentralbau von S. Vitale ist der Bauauftrag des Bischofs Ecclesius (521/22 – 531/32) gesichert. Die meisten Arbeiten wurden nach Ausweis der Monogramme an den Kämpferkapitellen erst zwischen 537 und 544 unter Bischof Victor durchgeführt. Die Weihe der Kirche nahm im Jahre 547 sein Nachfolger Maximianus vor. Diesem wurden bis vor kurzem die Mosaiken der Kirche zugeschrieben, da sein Name über dem Kopf des Bischofs erscheint, der im Herrscherbild neben Justinian dargestellt ist. Neuere Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass der Kopf des Bischofs und sein Name wie auch der Kopf zwischen dem Bischof und dem Kaiser auf nachträgliche Veränderungen zurückgehen. Im Unterschied zur übrigen Mosaikfläche wurden hier nur wenige Glastesserae und überwiegend Steinwürfel verwendet. Ursprünglich ließ sich also Bischof

Abb.130. Detail: Theodoramosaik.

Victor darstellen, der nach der Einnahme Ravennas im Jahre 540 wohl mit den Bildern Kaiser Justinians und seiner Gattin Theodora seine Loyalität zum Ausdruck bringen wollte.

Der Zentralbau wurde auf achteckigem Grundriss mit zweistöckigem Umgang errichtet und trägt über einer Zwischenzone (Tambour) eine kreisförmige Kuppel aus leichten Tonröhren. Der von Hallen umgebene Vorhof (Atrium) besitzt eine vom Bau abweichende Achse, da er nicht an eine Seite, sondern an eine Ecke des Achtecks anschließt, um die Zahl der Ein- und Ausgänge zu verdoppeln. Die Mauern der Kirche wurden, wie in Ravenna üblich, aus Ziegeln errichtet, und auch einige Tonnengewölbe, das Kreuzgratgewölbe des Presbyteriums und die Halbkuppel der Apsis bestehen aus radial gestellten Ziegeln.

Der Altar befindet sich noch heute am ursprünglichen Platz im Presbyterium, ebenso die Priesterbank mit der zentralen Kathedra des Bischofs in der etwas erhöhten Apsis (Abb.127). Dagegen fehlen die Schranken am Eingang zum Altarraum, von denen Reste im Erzbischöflichen Museum aufbewahrt werden. Nur im Presbyterium und der Apsis wurden über einer mit Marmor verkleideten Sockelzone Mosaiken angebracht (Abb.128). In der Mitte der Apsiswölbung sitzt Christus auf einem Globus, der auf einem Hügel mit den vier Paradiesflüssen ruht, innerhalb einer mit Blumen geschmückten Landschaft. In purpurnes Gewand mit goldenen Zierstreifen und -buchstaben gekleidet und mit dem Kreuznimbus versehen, hält er in der linken Hand als Hinweis auf die Endzeit die apokalyptische Buchrolle mit sieben Siegeln (Offenbarung V) und streckt mit der rechten dem Titel heiligen Vitalis einen diademartigen Kranz entgegen. Der Märtyrer ist inschriftlich benannt und will mit verhüllten Händen den Kranz empfangen. Er wird durch einen der beiden Thronengel an der Schulter herangeführt. Der andere Engel geleitet den ebenfalls benannten Gründerbischof Ecclesius, der Christus das Modell der Kirche bringt. Beide Engel tragen die langen Stäbe, mit denen die Silentiarii am byzantinischen Hof Ruhe (silentium) geboten. Als Höhepunkt des Bildprogramms in S. Vitale wird das Apsisbild unter anderem durch die Stufenordnung

Abb.131. Ravenna, S. Apollinare in Classe, Apsismosaik. der Christusbilder erwiesen. Auf dem Apsisbogen sieht man die Buchstabenallegorie eines von Adlern getragenen Monogramms, im Kreuzgratgewölbe ist die Tierallegorie des apokalyptischen Lammes verbildlicht, den Eingangsbogen krönt das Brustbild Christi, in der Apsiswölbung ist seine volle Gestalt dargestellt.

Räumlich und inhaltlich gehören zum Apsisdekor weiterhin zwei querrechteckige Mosaikfelder zu Seiten der drei großen Fenster im Apsisrund. Auf der linken Seite nimmt der regierende Kaiser Justinian die Mitte ein, neben dem namentlich bezeichneten Bischof Maximianus, der seinen Vorgänger Victor ersetzt hat (Abb.129). Der Kaiser trägt eine Patene (ein liturgisches Gefäß) und wird von drei Beamten und sechs Leibwächtern (mit Speeren und Schilden, darunter einem mit Christogramm) begleitet. Der Bischof trägt ein Handkreuz und ist in Begleitung von zwei Klerikern mit Evangelienbuch und Weihrauchfass dargestellt. Der Kaiser steht annähernd in der Bildmitte, er ist durch Rundfibel mit Anhängern, Diadem und Nimbus ausgezeichnet, überragt alle anderen Figuren an Größe und wird von niemandem überschnitten. Der Bischof und seine Kleriker stehen unmittelbar an der Grundlinie, während der Kaiser mit seinen Begleitern davon entfernt dargestellt ist (zu Abständen als Ausdruck von Rangunterschieden ist das Missorium in Madrid zu vergleichen, Abb.44). Im Mosaik auf der rechten Seite gibt es nur eine Hauptperson, Kaiserin Theodora, die einen Kelch trägt und von zwei Beamten und sieben Hofdamen begleitet wird (Abb.130). Ihre Einzigartigkeit betonen zahlreiche Bilddetails: die Größe ihrer in Wirklichkeit kleinen und zierlichen Gestalt und die Vermeidung jeder Überschneidung, ihr Gewand mit einer Darstellung der Magierhuldigung am unteren Mantelsaum (Matthäus II 1–12), ihre Insignien, ihr Nimbus und das Stehen vor einer Wölbungsarchitektur.

In beiden Herrscherbildern stehen alle Gestalten frontal im Raum, doch ist eine Bewegung in Richtung auf die Apsismitte dadurch angedeutet, wie die verschiedenen Geräte gehalten werden. Justinian und Theodora stiften Gefäße für die Eucharistiefeier, doch ist es nicht möglich, den Anlass zu bestimmen, da die Prozessionen oder Einzüge der byzantinischen Liturgie die Beteiligung der Kaiserin nicht vorsahen und auch ein Anlass in S. Vitale ausscheidet, da das Kaiserpaar sich nie in Ravenna aufhielt. Die Gaben werden dem thronenden Christus im Schema der »Vertikalen Huldigungsrichtung« dargebracht, ähnlich den Kaiserpaaren in S. Giovanni Evangelista (S.). Die Apsisfenster lagen dort höher als in S. Vitale, so dass auf der Mittelachse unter dem Christusbild Raum für einen Bischof blieb. In S. Vitale verhinderten die großen Fenster eine Darstellung des Bischofs unmittelbar auf der Mittelachse unter dem thronenden Christus; daher ließ er sich im selben Bildfeld darstellen wie der Kaiser, aber vor ihm. Die Bilder lassen erkennen, dass sich Bischof Victor als Auftraggeber der Darstellungen seines Vorranges vor dem Kaiser auf geistlichem Gebiet bewusst war. Bereits Bischof Ambrosius von Mailand hatte diesen Vorrang klar zum Ausdruck gebracht und mit ihm seine Forderungen durchgesetzt (S.). Ein Jahrhundert später wurde er auch gegenüber Kaiser Anastasius vertreten, zunächst im Jahre 494 von Papst Gelasius I. (epistula XII 2), einige Jahre später von Papst Symmachus (epistula X 8). Justinian selbst hob in einer Darstellung der Zweigewaltenlehre die kaiserliche Sorge um die Würde der Priester hervor, wobei er als Begründung deren Vermittlung gegenwärtigen und zukünftigen göttlichen Heils anführte (Novella VI, praefatio).

Die Seitenwände des Altarraums entsprechen einander in der architektonischen und in der ikonographischen Gliederung. Die Darstellungen sind heilsgeschichtlich geordnet; von unten nach oben folgen aufeinander die alttestamentlichen Zeiten »vor dem Gesetz« (Patriarchen) und »unter dem Gesetz« (Moses und die Propheten) und die neutestamentliche Zeit »unter der Gnade« (Kreuzmedaillons, Evangelisten). Im Gewölbe wird die Darstellung der Heilsgeschichte mit Hinweisen auf die Endzeit abgeschlossen. Hier ist in einem Kranz ein Lamm dargestellt, das auf vielfache Weise als das apokalyptische Christuslamm bezeichnet ist (Offenbarung V 1–14; XIV 1–5). Es besitzt einen Nimbus und erscheint vor einem Sternenhimmel mit 27 Sternen (3 x 3 x 3), die in dreifacher Potenzierung der Drei die höchste, also göttliche Vollkommenheit des im Lamm symbolisierten Christus bezeichnen. Außerdem wird der rahmende Kranz auf den vier Himmelsrichtungen durch vier Engel getragen, die auf Globen stehen. Auch der Hintergrund mit Tieren verschiedenster Art entspricht diesem Kontext (V 13). Von den zahlreichen Einzelmotiven des Bildprogramms sollen nur noch die Darstellungen aus der Patriarchengeschichte hervorgehoben werden. Aus dieser Stufe der Heilsgeschichte sind nämlich Szenen ausgewählt, die sich auf den aktuellen Kult in der Kirche beziehen. In der Südlünette des Altarraums opfern Abel und Melchisedek, obwohl im Text weit voneinander getrennt (Genesis IV 3–5; XIV 18–20), gemeinsam an einem (christlichen) Altar. In der Nordlünette nimmt der Tisch mit den drei Besuchern Abrahams unter der Eiche Mamre die Mitte ein (Genesis XI). Das Opfer Isaaks (Genesis XXII 1–14) galt schon seit Jahrhun-

Abb.132. Ravenna, Kathedrale. Ambo des Bischofs Agnellus, Marmor, Höhe 2,92 m, Breite 2,41 m, die Seitenteile mit den Treppen fehlen.

Abb.133. Ravenna, Museo Arcivescovile. Maximianskathedra, Elfenbein, Höhe 1,50 m, Breite 60,5 cm, Einige der eingesetzten Reliefplatten verloren, Vorderansicht.

derten als Vorbild des Opfers Christi und der Eucharistie. Apollinaris, der legendäre erste Bischof von Ravenna, wurde seit der ersten Hälfte des 5. Jhs. teils als Bekenner, teils als Märtyrer bezeichnet. Die Stiftung der Kirche außerhalb der Mauern von Classe erfolgte durch Bischof Ursicinus (533–536), der dem bereits erwähnten Geldgeber Julianus Argentarius den Bauauftrag gab (Abb.131). Anlässlich der Weihe durch Maximianus im Jahre 549 wurden die Gebeine des Heiligen aus seinem Grab südlich der Kirche in das Innere überführt, was durch eine aus dieser Zeit stammende Inschrift bezeugt ist. Erst in der Mitte des 9. Jhs. wurden sie nach S. Apollinare nuovo in Ravenna überführt (Abb.122). Mosaikschmuck ist in der Kirche in Classe nur im Apsisbereich erhalten. Ob der als dreischiffige Basilika gestaltete Bau ursprünglich weitere Mosaiken besaß, ist ungewiss. Aus dem 6. Jh. stammen außer dem Mosaik in der Apsiswölbung nur die beiden Erzengel Michael und Gabriel an den Seiten der Apsisstirnwand und die vier Bischöfe zwischen den Fenstern an der Apsisrückwand. Die Erzengel sind auf Goldgrund dargestellt und wie hohe Staatsbeamte in eine Tunika und die von einer Fibel gehaltene Chlamys gekleidet. Sie stehen auf einem mit Gemmen geschmückten Podium, ihren Kopf umgibt der Nimbus, und mit der rechten Hand halten sie eine Standarte mit dem griechischen Trishagion, dem dreifachen Huldigungsruf »Heilig, heilig, heilig!« der vier Wesen in der Apokalypse (Offenbarung IV 8). Hier in Ravenna hatte er ganz sicher im Bezug auf die Dreifaltigkeit antiarianische Bedeutung. Die vier Bischöfe stehen zwischen gerafften Vorhängen in angedeuteten Bogennischen mit Muscheldekor in der Wölbung. Sie werden von aufgehängten Diademen bekränzt, tragen jeweils einen prächtig dekorierten Kodex und sind namentlich bezeichnet: Severus und Ursus (4. Jh.) stehen neben dem Mittelfenster, Ecclesius und Ursicinus (6. Jh.) stehen außen.

Die Gestalt des Apollinaris in Orantenhaltung, mit bischöflichem Ornat und Nimbus, die begleitenden Schafe und der Fries aus zahlreichen Buchstaben A am unteren Rand des Apsisbildes waren zunächst nicht geplant. Vorzeichnungen auf dem Ziegelmauerwerk unter dem Mosaik zeigen in der Mitte ein Kreuz zwischen Pfauen und seitlich Körbe mit Blüten zwischen Vögeln. Im ausgeführten Mosaik können die Schafe wegen ihrer Zwölfzahl an die Apostel erinnern oder auch ein Hinweis auf die Gemeinde von Ravenna und Classe sein, für die Apollinaris als Fürbitter dargestellt ist. Mit Sicherheit auf die Apostel Petrus, Jakobus und Johannes beziehen sich die drei Lämmer weiter oben in der paradisischen Landschaft, denn die mit Namen bezeichneten Büsten der alttestamentlichen Propheten Moses und Elias in den Wolken lassen erkennen, dass hier eine Darstellung der neutestamentlichen Verklärung Christi vorliegt (Matthäus XVII 1–9), in der Christus durch das Kreuz in der Bildmitte und die drei Apostel durch Schafe symbolisiert werden. Die im Text erwähnte Stimme aus der Wolke ist durch die Hand Gottes am oberen Bildrand verbildlicht. Das Kreuz ist mit Gemmen geschmückt und trägt in der Mitte ein Medaillon mit der Büste des bärtigen Christus. Es erscheint innerhalb eines Rahmens mit Gemmen und Perlen auf einem dunkelblauen Nachthimmel mit 99 goldenen und silbernen Sternen. An den Seiten stehen die ersten und letzten Buchstaben des griechischen Alphabets, Alpha und Omega, die in der Apokalypse mehrfach als Namen Gottes und Christi verwendet und überzeitlich interpretiert werden. Die Buchstaben des griechischen Wortes ΙXΘΥC (»Fisch«), gelten als Summe der Anfangsbuchstaben (Akrostichis) von Christusnamen: Jesus Christus, Gottes Sohn, Erretter. Dieser Hinweis auf die Erlösung durch Christus wird unter dem Kreuz durch den lateinischen Titel SALVS MVNDI – »Heil der Welt« nochmals aufgenommen. Im Rahmen eines Verklärungsbildes ist dieses Thema sinnvoll, denn in der Erzählung bei Lukas wird über den Matthäustext hinaus noch erwähnt, dass Moses und Elias von Christi Ende sprachen, »das sich in Jerusalem erfüllen sollte.« (IX 31).

Zur Ausstattung der christlichen Kirche gehörten außer dem Altar, unter dem häufig ein Reliquiar beigesetzt wurde, vor allem die Schranken, die den Altarraum umschlossen, der Ambo für Lesung und Verkündigung und die Sitze für den Bischof und die Kleriker. Als Beispiele für den Ambo und den Bischofssitz werden zwei ravennetische Denkmäler des mittleren 6. Jhs. abgebildet (Abb.132–133).

In frühchristlicher Zeit wurde die erhöhte Plattform für die Schriftlesung und die Verkündigung in Kirchen meist etwas seitlich vor den Schranken des Altarraums (Bema) errichtet. Ihre Bezeichnung als Ambo dürfte auf das griechische Verb anabainein, hinaufsteigen, zurückgehen. In der Regel hatten die Ambonen Treppen auf zwei Seiten. Seit dem 6. Jh. gab es bei einer Aufstellung auf der Mittelachse der Kirche einen erhöhten Gang (solea), der die östliche Treppe des Ambo mit dem Altarraum verband. In Konstantinopel ist diese Anordnung für die Polyeuktoskirche durch Fundamente gesichert, für die justinianische Hagia Sophia durch die Beschreibung des Ambo von Paulos Silentiarios (S.). Das abgebildete Beispiel in Ravenna wurde aus der Basilica Ursiana des frühen 5. Jhs. in den Neubau des Bischofskirche des 18. Jhs.

Abb.134. Parenzo (Poreč, Kroatien). Eufrasius-Basilika, Apsismosaik. Übernommen (Abb.132). Wie die Inschrift erklärt, ließ Bischof Agnellus (557–570) die als pyrgus (Turm) bezeichnete große Plattform anfertigen. Der Dekor ist auf beiden Seiten des ovalen Ambo gleich, und wahrscheinlich waren auch die heute fehlenden Treppenwangen links und rechts ähnlich dekoriert. Die Anordnung des Tierdekors in quadratische Rahmen von 26cm Seitenlänge entspricht abenso dem Zeitstil wie die flache Reliefarbeit. Auf einem ähnlichen, nur 2,20 m hohen Exemplar aus dem letzten Jahrzehnt des Jahrhunderts erreicht diese Verflachung ihren Endpunkt. Die Profildarstellungen der Lämmer, Pfauen, Hirsche, Tauben, Enten und Fische beziehen sich formal auf die Mittelachse. Für eine eigene symbolische Deutung dieses Teils der göttlichen Schöpfung gibt es keine Hinweise. Der Elfenbeinsessel (Kathedra) im ravennatischen Museum ist wegen des verwendeten kostbaren Materials einzigartig (Abb.133). Der Sessel mit hoher, gerundeter und oben rund abgeschlossener Rückenlehne wird allgemein mit Erzbischof Maximianus von Ravenna in Verbindung gebracht (546–553), das lateinische Monogramm an der Vorderseite entsprechend aufgelöst. Hier befinden sich außer stark unterschnitten gearbeiteten Ranken mit Tieren fünf hochrechteckige Reliefs wechselnder Breite mit hierarchischen, frontal stehenden Gestalten des Johannes des Täufers und der vier Evangelisten. In die Rückenlehne sind Reliefplatten mit Darstellungen neutestamentlicher Szenen eingesetzt, die stilistisch unterschiedlich gearbeitet sind. Neben Reliefs mit stärker vom Grund gelösten Figuren finden sich auch flachere Arbeiten. Die acht Platten oberhalb der Sitzfläche sind auf beiden Seiten mit Reliefs versehen;

bei den acht Platten darunter entfällt eine zweite Ansicht. Insgesamt waren also 24 Szenen dargestellt. An den Seiten der Kathedra sind zwischen die tragenden Stützen jeweils fünf querrechteckige Platten abwechselnder Höhe eingesetzt. Ihre Reliefs sind wiederum in anderem Stil geschnitzt und stellen Szenen aus der alttestamentlichen Erzählung von Joseph und seinen Brüdern in Ägypten dar (Genesis XXXVII–L). Heute wird meist angenommen, das Objekt mit seinen stilistisch ganz unterschiedliche Reliefarbeiten sei in einer Werkstatt Konstantinopels von verschiedenen Schnitzern für den ravennatischen Bischof geschaffen worden.

Als Beispiel für die neutestamentlichen Reliefs wird die Darstellung der Geburt Jesu (Lukas II 1–7) abgebildet. Das gewickelte Kind liegt in einer Krippe auf gemauertem Unterbau, dahinter erscheint der Stern, der die Magier nach Bethlehem führte. Ochs und Esel fehlen bei der Krippe nur selten, sie gehen auf einen Satz des Propheten Isaias zurück: »Der Ochse kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn« (Jesaja I 3). Maria und Joseph ist eine dritte Gestalt hinzugefügt, die aus apokryphen Kindheitsevangelien stammt (Protoevangelium des Jacobus XIX 3–XX 4; Pseudo-Matthäusevangelium XIII 3–5). Diese enthalten eine Erzählung zur Bestätigung der kirchlichen Lehren über Maria. Eine Hebamme Salome vermochte nach der Geburt Jesu nicht an die Unversehrtheit seiner Mutter zu glauben und wollte deren körperlichen Zustand mit der Hand erforschen. Zur Strafe verdorrte ihre Hand und es bedurfte eines Wunders, um sie wieder zu heilen: Daher streckt Salome in einigen frühchristlichen und mittelalterlichen Bildern dem Jesuskind in der Krippe oder seiner Mutter hilfesuchend ihre Hand entgegen. Vorbild für die Gestalt der ungläubigen Salome war der ungläubige Thomas des Johannes-Evangeliums (XX 24–29), der nicht an die Auferstehung Christi glauben konnte, bevor er seine Hand in dessen Seitenwunde gelegt hatte.

Nach den Inschriften am unteren Rand des Apsismosaiks und am Altar war es Bischof Eufrasius (ca. 530–560), der in den Mauern der Ruine eines Vorgängerbaus die Basilika in Parenzo errichtete (Abb.134). Der Aufwand für den Bau war beträchtlich, die Kapitelle der Säulen des Mittelschiffs stammen aus Konstantinopel und nicht nur im Inneren der Kirche wurden Mosaiken angebracht, sondern auch außen in den Giebelflächen im Osten und Westen. Die dreischiffige Kirche hat drei Apsiden, doch tritt nur die große des Mittelschiffs außen hervor. In den Wölbungen der beiden kleinen Apsiden befinden sich gleichartige Mosaiken, in denen der jugendliche, als Büste dargestellte Christus mit beiden Händen Heilige bekränzt, links Kosmas und Damian, rechts Ursus und Severus (zum Bildmotiv siehe Abb.). Die Datierung der Mosaiken in der Fensterzone der Hauptapsis ist unsicher, dagegen gehören die Darstellungen in der Apsiswölbung und an der Stirnwand zweifellos in die Zeit des Bischofs Eufrasius. Christus, der über dem Apsisbogen auf dem Globus thront und dem die zwölf Apostel mit einem Kranz, einer Buchrolle oder einem Kodex huldigen, stellt zweifellos den Höhepunkt des Bildschmucks dar. Doch auf der Höhe seiner Zeit zeigte sich Eufrasius durch das Gewölbemosaik: Es zeigt wie die Apsiden in SS. Cosma e Damiano in Rom (Abb.109) und in S. Vitale in Ravenna die Annäherung lebender Personen an die von ihnen geglaubte überirdische Sphäre. Im Zentrum vor Goldgrund und in paradisischer Blumenlandschaft, sitzt Maria auf einem mit Gemmen und Perlen geschmücktem Sessel mit dickem Kissen und Fußschemel. Sie trägt über einer Tunika mit goldenen Zierstreifen einen dunklen, wohl purpurfarbigen Mantel, den sie über den Kopf gezogen hat. Ihre frontale Darstellung wird dadurch betont, dass sie das Jesuskind mitten vor ihrem Körper präsentiert. Aus dichten Wolken hält die Hand Gottes ein Diadem mit Perlen und Edelsteinen über Maria und das Kind. Der einführende Gestus der beiden begleitenden Engel gilt der Huldigung der übrigen Personen, die alle leicht zur Mitte gewendet sind. Den Ehrenplatz zur Rechten Marias nimmt der namentlich bezeichnete Märtyrer Maurus ein, der legendäre erste Bischof der Stadt und Titelheilige. Er trägt mit verhüllten Händen einen Kranz. Auch die drei Heiligen auf der Gegenseite huldigen mit einem Kranz oder einem Kodex. Doch sie sind unbenannt, als wäre ihre Aufgabe nur, für einen Ausgleich der beiden Bildhälften zu sorgen. Denn hinter Maurus bringt Bischof Eufrasius das Modell der von ihm erbauten Kirche, in Begleitung seines Erzdiakons Claudius, der ein Evangeliumbuch trägt. Über dem Knaben, der zwei Kerzen opfern will, ist zu lesen, er sei Eufrasius, der Sohn des Erzdiakons. Von den weißgekleideten Gewändern der Engel und Heiligen unterscheiden sich die goldfarbenen Mäntel des mittleren Heiligen auf der rechten Seite und des Knaben auf der linken Seite. Besonders auffällig ist jedoch der dunkle Mantel des Eufrasius, dessen Farbe an Marias Maphorion erinnert, auch wenn eine andere Schattierung von Purpur gewählt ist. Durch diese beiden unübersehbaren dunklen Flächen im Mosaik wird dem Betrachter eine besonders enge Beziehung des Bischofs zu Maria suggeriert. Die Vorderkante der Apsiswölbung ist mit Medaillons geschmückt, in denen außer einem Gotteslamm in der Mitte weibliche Heilige als Brustbilder erscheinen.

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