verstehen, worum es geht
Geklärtes Wasser erklärt
Am Sommerlager graben wir eine Sickergrube für unser Abwasser. Aber was passiert damit Zuhause? Ein Besuch in der Abwasserkläranlage.
Die Reise des Klopapiers: Vom Retter in der Not zur Einzeller-Nahrung. Isabella Bachleitner © Foto ‘Microplastik’: Der Bund, w w w.bund.net | alle anderen: Isabella Bachleitner
Zähneputzen, Geschirr abwaschen, auf die Toilette gehen. Was haben diese Tätigkeiten gemeinsam? Sie brauchen Wasser. Und so selbstverständlich … wie frisches Wasser jederzeit aus unseren Hähnen kommt, so selbstverständlich verschwindet es auch wieder im Abfluss. Aber wohin geht das Wasser dann? Was macht man mit dem dreckigen Wasser aus dem Klo? Und dem Klopapier? Unter unseren Orten und Städten befinden sich regelrechte Labyrinthe an Rohren und Pumpwerken, die das Wasser samt Klopapier und Waschmittel weiter transportieren. Schlussendlich landet alles in einer Kläranlage. Der Betriebsleiter einer solchen Anlage in Vorchdorf, Herbert Repczuk, zeigte mir den Weg des Wassers.
Dritte Zähne und alte Handys Die Anlage ist weitläufig, überall sind Messstationen und vollautomatisierte Maschinen. Kein Wunder, die Kläranlage muss rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr funktionieren. Als schnellfließender brauner Bach kommt das Abwasser in die Kläranlage, seine Zehen möchte man da wirklich nicht reinhalten. Sehr feine und große Rechen durchkämmen das Wasser. Diese fangen alle Gegenstände ein, die größer als drei Millimeter sind, auch noch Fingernägel. Das Klopapier hat sich auf dem
4
Weg durch den Kanal restlos aufgelöst, die Feuchttücher aber nicht. Sie bleiben leicht hängen und verursachen immer wieder Probleme in der Anlage. Deshalb haben sie im Klo gar nichts verloren. Oft tauchen hier ganz wunderliche Dinge auf, zum Beispiel dritte Zähne oder ein Autoschlüssel. Danach wird das Wasser in ein riesiges Becken geleitet, hier wirkt noch einmal die Schwerkraft: Die verbleibenden festen Stoffe (wie Sand) sinken ab und werden abgezogen, das Wasser fließt in das nächste Becken. Jetzt können sich die stillen Helden der Abwasserreinigung an die Arbeit machen.
So trennen die Mikroorganismen die Bestandteile des Abwassers in Schlamm und - wie sollte es anders sein - Wasser. Der Schlamm mitsamt den Mikroorganismen ist schwerer und sinkt auf den Boden ab. Von dort kann er abgezogen werden. Das letzte Becken lädt schon fast zum Baden ein.
Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar So wie in natürlichen Bächen und Flüssen leben auch hier winzige Lebewesen, sogenannte Mikroorganismen, die das Wasser reinigen. Hier in der Kläranlage herrscht ein bisschen mehr Zeitdruck. Deshalb ist von den Abwassertechnikerinnen und -technikern Fingerspitzengefühl gefragt, die Tierchen müssen sich richtig wohl fühlen. Sie brauchen genau die richtige Menge an Nahrung oder Sauerstoff. Darum wird das Becken genau überwacht und wenn nötig blasen riesige Kompressoren Luft in das Becken – wie es hier auf dem Foto zu sehen ist.
Das Wasser ist glasklar (s. großes Bild rechts) und für mich wäre kein Unterschied zum Trinkwasser aus der Leitung zu erkennen. Es wird in den nächsten Fluss geleitet und dem natürlichen Kreislauf des Wassers übergeben. Ganz „sauber“ ist es jedoch nicht - ein nicht sichtbares Bestandteil bereitet zunehmend Sorgen: Mikroplastik. Plastik ist überall: In der Lieblings-Sporthose, auf der Häuser-Fassade, im Duschgel. Sobald man die Hose wäscht, lösen sich Fasern. Der Regen prasselt auf die Fassade und schwemmt winzige Teile von ihr herunter. Der fantastische Schaum des Duschgels landet mit dem Rest im Kanal und dann in der Kläranlage. Noch sind keine Tierchen in der Kläranlage im Einsatz, die das Plastik zersetzen können. Und so landet es in den Bächen und Flüssen.