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Heiraten trotz Pandemie: Recruiterin Vanessa Roth

Die Braut, die sich trotzdem traut

Vanessa Roth, ehemals Meyer, hat am 24. April 2020 ihrem Partner das Ja-Wort gegeben. Welche Auswirkungen Covid-19 auf ihren Hochzeitstag hatte und wie sie die Pandemie als Recruiterin am KSB erlebt hat, lesen Sie in ihrer ganz persönlichen Covid-Gegenüberstellung.

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TEXT Vivien Wassermann

HOCHZEITSFOTO Lia Lohrer Fotografie

Privat Beruflich

Das war unser Plan Im Januar 2019 hat mein Freund mir einen Heiratsantrag gemacht. Daraufhin begannen wir mit den Planungen für eine zivile Trauung im Schloss Hallwyl und die Feier im Restaurant Schifflände am Hallwiler See. Zu Beginn der Pandemie hofften wir, dass unsere Trauung trotzdem noch möglich wäre, da die Massnahmen anfangs nur bis zum 19.4. angesetzt waren. Schliesslich haben wir erst zwei Wochen vor dem Termin erfahren, dass die Trauung an den geplanten Orten nicht möglich ist. Auch unsere Hochzeitsreise nach London fiel natürlich ins Wasser.

So war’s am Ende Wir haben dann ans Zivilstandesamt nach Bremgarten gewechselt und die Trauung nur mit unseren beiden Trauzeugen, meiner Schwester und dem besten Freund meines Mannes, vollzogen. Glücklicherweise durfte immerhin unsere Fotografin von der Tür aus Fotos machen. Eine grosse Überraschung war, als wir aus dem Standesamt kamen und unsere Familien draussen mit Ballonen Spalier gestanden haben – natürlich mit zwei Metern Abstand zueinander.

Halb so schlimm! Auch wenn wir anfangs schon sehr enttäuscht waren, weil wir so viel Zeit in die Planung investiert hatten, war es im Nachhinein trotzdem ein wunderschöner Tag. Ausserdem können wir nun zweimal feiern. Denn am meisten freue ich mich auf eine grosse Feier im August, sofern dies dann möglich ist. Und natürlich darauf, unsere London-Reise und unseren für den Sommer geplanten Mauritius-Urlaub irgendwann nachholen zu können.

Die grösste Herausforderung Ausländische Bewerberinnen und Bewerber haben wir seit der Grenzschliessung nicht mehr einladen können. Eine Videokonferenz war aus unterschiedlichen Gründen oft keine wirkliche Alternative. In der Zwischenzeit können ausländische Bewerbende sehr unkompliziert über das Bundesamt für Migration eine Sonderbewilligung für die Einreise einholen.

So läuft es momentan Wir treffen die meisten Bewerber nach wie vor persönlich. Wir achten entsprechend darauf, dass die Besprechungsräume gross genug sind und geben den Bewerbenden gleich zu Beginn eine Schutzmaske. So können wir professionell rekrutieren, auch wenn wir leider das Lächeln des Gegenübers nicht sehen können.

Anders als erwartet… … blieb eine Bewerberflut auf Hotellerie-Stellen aus. Ich hätte gedacht, dass wir mit Bewerbungen von Gastronomie-Mitarbeitenden überschwemmt werden würden. Zudem war ich überrascht, wie super sich die jeweiligen Abteilungen selber organisiert und gegenseitig ausgeholfen haben, so dass wir fast keine Unterstützung von Aussen (über Temporärbüros) organisieren mussten. Ich hatte zu Beginn befürchtet, dass da mehr Arbeit auf uns zukommen würde.

Wellengang

War’s das? Oder kommt noch was? Beinahe täglich wird in den Medien über eine «zweite Welle» in der Corona-Pandemie diskutiert. Die Meinungen gehen weit auseinander. Wir haben eine Auswahl an Experten-Prophezeiungen zusammengetragen, im Bewusstsein, dass «Prognosen immer schwierig sind, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen», um den dänischen Physiker Niels Bohr zu zitieren. In Anbetracht der Fülle an Prophezeiungen ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die eine oder andere tatsächlich eintreten wird.

Wo infizieren sich denn die wenigen Menschen derzeit? Das wäre sehr wichtig zu wissen. Derzeit funktioniert dies aber noch nicht vollständig. Wir werden künftig in der Lage sein müssen, die einzelnen Ansteckungen genau zu lokalisieren. Die Corona-Tests und das damit verbundene Contact-Tracing sind das Rückgrat der weiteren Öffnungen.

Warum? Wir werden dann sehen können, dass es einzelne Ansteckungsnester gibt, in denen naher Kontakt und Übertragungen stattgefunden haben. An diesen Orten kann dann gezielt interveniert werden. Die Massnahmen sind dabei natürlich bei Ansteckun gen zum Beispiel in einem Restaurant anders als im Ausgang in der Steinenvorstadt Basel. Eine flächendeckende zweite Welle wird es so keine mehr geben, sondern einzelne Infektionsherde, die aufflackern.

In Singapur veröffentlichen können wir uns nicht leisten, das ist klar. Nicht nur wegen der Wirtschaft, sondern auch aus sozialen Gründen. Sie können die Leute nicht immer wieder einsperren und rauslassen.

34 Wissen «Es wird keine zweite Welle geben» Corona im Alltag Warum haben wir jetzt so tiefe Infektionszahlen? Und was müssen wir tun, damit das auch wirklich so bleibt? Public-Health-Experte Marcel Tanner erklärt, wie wir wieder ein normales Leben führen können.

Felix Straumann Trotz Lockerungsmassnahmen bewegst sich die Zahl der Coronavirus-Ansteckungen weiterhin im tiefen zweistelligen Bereich. Hätten Sie gedacht, dass es so rund läuft? Wir haben tatsächlich tiefe Ansteckungszahlen. Darüber können wir uns freuen. Das war nur möglich dank dem Einsatz aller und den beiden Grundmassnahmen Handhygiene und Distanzhalten. Seit der Lockerung sind zweieinhalbWochen vergangen. Wenn wir dadurch eine dramatische Verschlechterung kreiert hätten, würde man das nun sehen. Es ist jetzt also richtig, weitere Öffnungsschritte zu tun – nicht nur für die Wirtschaft, sondern vor allem auch für die Gesellschaft. Die Menschen verhalten sich immer weniger vorsichtig. Sind Sie nicht überrascht, dass die Ansteckungen trotzdem tief geblieben sind? Ich bin erfreut. Aber mit all den Kampagnen habe ich mir schon gedacht, dass wir das hinkriegen. Es wäre tragisch, wenn ein Land wie die Schweiz mit all seinen Privilegien dazu nicht fähig wäre. Jetzt muss man den Leuten sagen: Toll,wie wir das hingekriegt haben, aber denkt daran, die Grundregeln der Hygiene und der Distanz weiterhin zu beach ten. Das Virus ist nicht verschwunden,wir müssen mit ihm weiterleben.

Donnerstag, 28. Mai 2020

Ist es denn realistisch, dass wir in der Schweiz künftig auf einer Karte sehen können, wenn sich zum Beispiel in Zürich an der Langstrasse Ansteckungen häufen? Durchaus. Sie könnten sich dann überlegen, ob Sie in den nächsten Tagen wirklich dorthin oder nicht woanders hingehen sollen. Der Rest der Stadt könnte dann ohne einschneidende Einschränkungen weiterleben.

Wäre das eine Perspektive, wie wir über längere Zeit vergleichsweise normal die zweite Welle. Was passiert dann? Wie gesagt, es wird keine zweite flächendeckende Welle in der Schweiz mehr geben, aber immer wieder aufflackernde Übertragungsnester. Das muss man den Leuten sagen, auch denjenigen, die sich vor allem für die Wirtschaft starkmachen. Entspannt euch. Wenn wir gut sind im Lokalisieren der neuen Fälle, werden wir nie mehr flächendeckend massive Massnahmen haben.

Die Fälle können aber schnell wieder aus dem Ruder laufen, wenn etwa der internationale Flugverkehr wieder einsetzt ode r die Leute aus den Ferien zurückkommen. Der Lockdown kam, als die Ansteckungszahlen über 100 pro Tag gestiegen

waren. Damals hatten wir kein System zur Überwachung der einzelnen Zürich ist ein etwas grosser Brocken.Allenfalls würde man einen Teil der Stadt schliessen. Bei einem Kongress wären die Teilnehmer aber weitgehend sowieso wieder alle weg. Diese und ihre Kontaktpersonen müsste man dann isolieren. In Basel hatten wir eine grosse Belastung wegen einer Freikirche in Mülhausen. Da hätte es keinen Sinn gemacht, die Stadt Mülhausen zu schliessen. In einem solchen Fall müssen die betroffene Kirche zugemacht und die einzelnen Personen unter Quarantäne gesetzt werden.

Alain Berset soll dem jetzt viele Entbehrungen hatten, eine Perspektive geben. Es gibt weiterhin ein paar Leitplanken, an die man sich halten muss.Aber sonst können wir mit Freude auf die Öffnung zugehen. Wenn wir es gut machen, können wir mit dem Virus Normalität leben.

Ein Aspekt bei der Öffnung ist, dass man vor allem die Alten und die Risikopersonen schützen müsste. Bis jetzt ist dies nicht sehr gut gelungen. Über die Hälfte der Todesfälle zählen wir in Alters- und Pflegeheimen. Glauben Sie, dass dieser Schutz überhaupt möglich ist, wenn der Rest der Bevölkerung weiterlebt wie vor dem Coronavirus? Die Grundmassnahmen müssen weiterhin für alle gelten. Wir sollten aber unser Augenmerk vermehrt auf die Risikogruppen richten. Bei den Altersheimen sind wir in der Schweiz etwas überrumpelt worden. Man hat aber dazugelernt. Ich bin zuver «Sie können die Leute nicht immer wieder einsperren und rauslassen.» «Es ist richtig, weitere Öffnungsschritte zu tun», sagt Marcel Tanner: Passanten an der Zürcher Bahnhofstrasse am Wochenende nach den Lockerungen (16. Mai 2020). Foto: Urs Jaudas Marcel Tanner Das Mitglied der Swiss National Covid-19 Science Taskforce ist ein gefragter Public-Health-Experte. Und wenn sie doch kommt? Falls es in der Schweiz doch zu einer zweiten Welle kommt, werde sie langsamer anrollen als die erste, teilte die ETH mit. Die Zahl der Erkrankten werde weniger schnell ansteigen, weil die Gesellschaft einen Lernprozess durchgemacht habe und sich heute vorsichtiger verhalte.

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