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Finanzausgleich im Fokus: Bringen die Verhandlungen den großen Wurf?

Finanzausgleich im Fokus

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YRQ Karoline Mitterer und Peter Biwald

Karoline Mitterer

Peter Biwald

'LHDNWXHOOHQ)LQDQ]DXVJOHLFKVYHUKDQGlungen sollen bis Frühjahr 2016 abgeschlossen sein. Sind umfassende Reformen UHDOLVWLVFKRGHUZLUGHVQXU]XHLQHUZHLWHUHQ Fortschreibung des bisherigen Systems NRPPHQ"1DFKIROJHQGHLQhEHUEOLFN]XGHQ wichtigsten Diskussionsbereichen.

Die Verhandlungen zum neuen Finanzausgleichsgesetz haben Anfang 2015 begonnen. 6HLWGHP¿QGHQVLFK]DKOUHLFKH$UEHLWVWUHIIHQ welche sich mit einer grundlegenden Reform des Finanzausgleichs beschäftigen. Die inhaltlichen Schwerpunkte sind die Stärkung der Abgabenautonomie von Ländern und Gemeinden, eine Stärkung der Aufgabenorientierung im Finanzausgleich und eine 7UDQVIHUHQWÀHFKWXQJ

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Die Diskussionen zur Abgabenautonomie stützen sich auf mehrere Studien. Zu nennen sind hier insbesondere die Studien Achatz 1 sowie Eco Austria 2 im Auftrag des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) und die Studie Keuschnigg 3 .

Die Arbeiten fokussieren im Wesentlichen auf eine verstärkte Steuerhoheit der Länder. Dabei werden verschiedene Steuern hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit betrachtet. Es zeigt sich, dass eine stärkere Steuerautonomie grundsätzlich möglich ist. Die einzelnen Steuerarten sind dabei jedoch unterschiedlich gut geeignet und es könnten Ungleichgewichte aufgrund des Wettbewerbes entstehen, welche entsprechend auszugleichen wären. Insgesamt kann festgehalten werden, dass es für den Abgabenautonomiebereich bereits sehr umfassendes Studienmaterial und vielfältige Reformvorschläge gibt. Nun wird sich zeigen, wie sich die politischen Diskussionen dazu entwickeln. Interessant wird auch, ob es zu einer Stärkung der kommunalen Abgabenautonomie kommen wird. So wird hier von der Gemeindeebene insbesondere eine Reform der Grundsteuer oder das Streichen von Ausnahmetatbeständen bei der Kommunalsteuer gefordert.

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Auch zur Aufgabenorientierung liegen bereits Arbeiten vor, wie die vom BMF beauftragte gemeinsame Studie von IHS, KDZ und TUWien 4 . Kürzlich wurde vom KDZ eine Studie zur Aufgabenorientierung im Finanzausgleich am Beispiel der Kinderbetreuung im Auftrag der Arbeiterkammer Wien präsentiert. 5 Zusätzlich arbeiten das KDZ und die TU Wien derzeit an einer Studie zur Bestimmung der regionalen Versorgungsfunktion – im Auftrag der Finanzausgleichspartner –, deren Ergebnisse Anfang 2016 bereitstehen werden.

Um eine Stärkung der Aufgabenorientierung im Finanzausgleich zu erreichen, müssen >

1 Achatz (2012): Zur Stärkung der Abgabenautonomie subnationaler Gebietskörperschaften (der Länder). 2 Eco Austira (2015): Abgabenhoheit auf Länder- und Gemeindeebene. 3 Keuschnigg (2015): Finanzautonomie der Bundesländer. 4 IHS, KDZ, TU-Wien (2010): Grundsätzliche Reform des Finanzausgleichs: Verstärkte Aufgabenorientierung 5 Mitterer, Karoline und Haindl, Anita (2015): Aufgabenorientierter Finanzausgleich am Beispiel der Elementarbildung.

die möglichen aufgabenorientierten Indikatoren geklärt werden. Von Finanzminister Hans Jörg Schelling wurde bereits öfters in der Öffentlichkeit betont, dass er sich eine stärkere Aufgabenorientierung wünscht und dass er sich dabei den Bereich der Kinderbetreuung als Pilotprojekt vorstellen kann. Die KDZ-Studie hat hierzu ein konkretes Modell entwickelt, mit welchen Indikatoren ein solch aufgabenorientiertes Modellprojekt möglich ist. Ebenso wurden die Auswirkungen dieses 0RGHOOVDXIGLH¿QDQ]LHOOH6LWXDWLRQGHUHLQzelnen Gemeinden beleuchtet. Dabei zeigt sich, dass eine Umsetzung möglich ist, wenn parallel ausgleichende Maßnahmen getroffen werden für vom Systemumstieg benachteiligte Gemeinden.

Ein weiterer wesentlicher Diskussionspunkt betrifft den Abgestuften Bevölkerungsschlüssel (ABS), welcher insbesondere vom Österreichischen Gemeindebund sehr kritisch gesehen wird. Aus KDZ-Sicht ermöglicht der ABS keine ausreichende Differenzierung der Rahmenbedingungen der einzelnen Gemeinden. Im Sinne einer Aufgabenorientierung

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PVVHQGLHVR]LRGHPRJUD¿VFKHQXQGJHR WRSRJUD¿VFKHQ5DKPHQEHGLQJXQJHQDXVUHLchend berücksichtigt werden. Auch regionale Versorgungsfunktionen (= Kosten aufgrund der Zentralörtlichkeit) benötigen entsprechende Abgeltung. Inwiefern hier in kurzer Zeit ein adäquater Ersatz für den ABS ge funden wird, wird sowohl von den derzeit erarbeiteten Studienergebnissen, aber insbesondere auch vom politischen Diskurs abhängen.

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Auch hinsichtlich der Transferbeziehungen bestehen bereits Studien von KDZ und TU Wien . Demnächst erscheint eine vertiefende KDZ-Studie zur Transferproblematik im Auftrag der Arbeiterkammer Wien. 6

Inwieweit es im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen zu einer Reform der Transferbeziehungen zwischen Ländern und Gemeinden kommen wird, ist noch offen. Dies wird insbesondere dadurch erschwert, da diese Transfers nicht Teil des Finanzausgleichsgesetzes sind, sondern im Rahmen

6 KDZ und TU Wien (2010): Grundlegende Reform des Finanzausgleichs. Projekt „Transfers und Kostentragung“ und KDZ (2013): Gemeinde-Transferbericht. Analyse 2002-2011 und Handlungserfordernisse.

Abb. 1: $XVJHZRJHQKHLWYRQ/DVWHQXQG Ressourcenausgleich in einem UHIRUPLHUWHQ)LQDQ]DXVJOHLFK

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Gemeinsame und transparente Zielsetzung

Basisfinanzierung Bundesweite Regelung

Ertragsanteile pro Kopf, Stärkung eigene Steuern, Reform Gebühren/Entgelte

Bundesländerinterne Finanzausgleiche

Lastenausgleich

Aufgabenorientierte Ertragsanteile Förderwesen mit verstärktem Aufgabenbezug – nicht zur Dauerfinanzierung

Ressourcenausgleich

Weitere Aspekte

Reformierter Ressourcenausgleich

Einheitliche Zielvorgabe für sekundären und tertiären Finanzausgleich

Entfall Umlagen (Abtausch mit Bedarfszuweisungsmitteln bzw. Ertragsanteilen)

Förderwesen mit z.B. Anreizsystem, Einbezug regionale Perspektive, Konsolidierungsziele

von länderinternen Finanzausgleichen verhandelt werden. Eine Betrachtung des gesamten Finanzausgleichsmodells wäre hier jedoch dringend angebracht, um die JHVDPWH¿QDQ]LHOOH6LWXDWLRQGHU*HELHWV körperschaften beurteilen zu können.

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Mit einem großen Wurf – einer ganzheitlichen Reform des Finanzausgleichssystems – ist insgesamt wohl nicht zu rechnen. Die Verhandlungen erstrecken sich zwar bereits über einen längeren Zeitraum, allerdings besteht noch keine Einigung darüber, wohin sich eine Finanzausgleichsreform hinbewegen soll.

Erster Schritt müsste sein, dass es zu einer Einigung hinsichtlich der Zielrichtung des Finanzausgleichs kommen muss. Wir empfehlen hier ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Lasten- und Ressourcenausgleich (siehe auch Abb. 1). Dies bedeutet einerseits eine verstärkte Aufgabenorientierung, um einen Lastenausgleich zu er mög lichen. Andererseits ist ein gebündel ter Ressourcenausgleich anzustreben, womit ein Entfall zahlreicher ressourcenausgleichender Maßnahmen (z. B. Finanzbedarf-Finanzkraftausgleich, Gemeindekopfquotenausgleich, Umlagenbelastung an die Finanzkraft knüpfen) verbunden wäre.

Basierend auf den grundsätzlichen Zielen bedarf es im zweiten Schritt einer Neuordnung der Kompetenzen und einer entsprechenden Neustrukturierung der Finanzierungsströme. Wie dies aussehen könnte, wird anhand eines vom KDZ entwickelten Reformmodells auf Gemeindeebene darJHVWHOOW'DV0RGHOOVLHKWHLQH%DVLV¿QDQ ]LHUXQJYRUZRPLWHLQHJUXQGVlW]OLFKH¿QDQzielle Mindestausstattung der Gemeinden gesichert werden soll. Mit dem Lastenausgleich soll auf verschiedene besondere Aufgabenbedarfe aufgrund unterschied - licher externer Rahmenbedingungen ]%VR]LRGHPRJUD¿VFKHRGHUJHRJUD¿VFK WRSRJUD¿VFKH5DKPHQEHGLQJXQJHQ >

Abb. 2: Elemente eines UHIRUPLHUWHQ Gemeinde- )LQDQ]DXVJOHLFKV

Quelle: Mitterer et.al.: Aufgabenerfordernisse und Mittelverteilung im *HPHLQGH)LQDQ]DXVgleich, 2014, S. 13.

zentralörtliche Funktion) reagiert werden. Der 5HVVRXUFHQDXVJOHLFKVROO¿QDQ]VFKZlFKHUH *HPHLQGHQVWlUNHQXQGYRQ¿QDQ]NUlItigeren Mittel abschöpfen. Der Bereich der weiteren Aspekte ist als offene Kategorie zu sehen, deren Ausgestaltung in hohem Maße DXFKYRQGHUGH¿QLHUWHQ=LHOVHW]XQJGHV Finanzausgleichs abhängen wird.

Damit stellt die Aufgabenorientierung über den Lastenausgleich ein wesentliches Ele- ment des Gemeinde-Finanzausgleichs dar. Es sollte einerseits eine aufgabenorientierte Mittelverteilung der Ertragsanteile erfolgen 7 , andererseits sollten auch in den bundesländerinternen Finanzausgleichen aufgabenRULHQWLHUWH(OHPHQWH]X¿QGHQVHLQLQGHP das Förderwesen einen verstärkten Aufgabenbezug aufweisen sollte – insbesondere LP5DKPHQHLQHU$QVFKXE¿QDQ]LHUXQJ

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7 Mitterer (2011): Der aufgabenorientierte Gemeinde-Finanzausgleich. Diskussionspapier zum Österreichischen Städtetag 2011.

Bauer u. Mitterer (2009): Der aufgabenorientierte Gemeinde-Finanzausgleich.

ÜBERBLICK ',(:,&+7,*67(15()250381.7(

‡ *HPHLQVDPH%HWUDFKWXQJYRQ)LQDQ]DXVJOHLFKVJHVHW]XQGOlQGHULQWHUQHQ)LQDQ]DXVJOHLFKHQ Einigung auf gewünschte Verteilungswirkungen, aufeinander Abstimmen der Verteilungswirkungen, deutliches Reduzieren der länderinternen Finanzausgleiche – diese sollten daher der Feinsteuerung dienen. ‡ 7UDQVIHUUHIRUP Reduzieren der Transferbeziehungen insbesondere zwischen Ländern und Gemeinden, Transferströme an die Kompetenzen knüpfen (z. B. alleinige Verantwortung der Gemeinden für die lfd. Finanzierung der Kinderbetreuung bei gleichzeitigem Entfall der lfd. Förderungen der Länder), Transparenz bei den Verteilungswirkungen. ‡ $XIJDEHQRULHQWLHUXQJ Ersatz für die Ausgaben aufgrund der zentralörtlichen Funktion in Abhängigkeit der tatsächlichen regionalen Versorgungsfunktion bei Entfall des abgestuften Bevölkerungsschlüssels, teilweise aufgabenorien

WLHUWH=XWHLOXQJLQ$EKlQJLJNHLWYRQVR]LRGHPRJUD¿VFKHQXQGJHRJUD¿VFKWRSRJUD¿VFKHQ,QGLNDWRUHQ • Abgabenautonomie: Einnahmen- und Ausgabenverantwortung in einer Hand, Stärken der Gemeindeautonomie.

925$1.h1',*81* KDZ SEMINAR

Voranschlag und Rechnungsabschluss - Lesen, Verstehen, Analysieren

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Dieses Seminar ist insbesondere für jene Personen gedacht, die bisher wenig Erfahrung im %HUHLFKGHU*HPHLQGH¿QDQ]HQKDWWHQ'LH7HLOQHKPHU,QQHQGLHVHV6HPLQDUVVROOHQ • einen Rechnungsabschluss nach der Verwaltungskameralistik interpretieren können • einen Gemeinderechnungsabschluss auf Basis von Kennzahlen analysieren können ‡ GLH¿QDQ]LHOOH6LWXDWLRQGHUHLJHQHQ*HPHLQGHHLQRUGQHQN|QQHQ .HLQH9RUNHQQWQLVVHLP%HUHLFKGHU*HPHLQGH¿QDQ]HQHUIRUGHUOLFK  6FKZHUSXQNWH • Überblick über das externe Rechnungswesen: Zweck, Ziele, Aufbau, Struktur • Haushaltsanalyse mit Kennzahlen – KDZ-Quicktest 2015 • Einschätzung der Finanzsituation der Gemeinden in Österreich  ‡ 7UDQVSDUHQWH*HPHLQGH¿QDQ]HQPLW www.offenerhaushalt.at

9RUWUDJHQGH MMag. Clemens Hödl (KDZ)

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www.kdz.or.at/seminarprogramm

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