5 minute read

Aufbau des Finanzierungshaushalts Wie sieht die Finanzrechnung im Vergleich zu heute aus?

Aufbau des Finanzierungshaushalts

Michael Dessulemoustier-Bovekercke (MSCT)

Im Finanzierungshaushalt der VRV ist ein großer Unterschied zum herkömmlichen System der doppelten Buchhaltung nach UGB zu erkennen. Während die so genannte Cashflow-Rechnung (Kapitalflussrechnung) im System der doppelten Buchhaltung regelmäßig eine abgeleitete Rechnung darstellt, ist die Finanzierungsrechnung der VRV 2015 ein integraler Bestandteil der Drei-Komponenten-Rechnung. Anders als in der doppischen Buchführung erfolgen bei der Buchhaltung nach VRV 2015 jeweils Einträge in drei unterschiedlichen Rechenwerken. Neben den Einträgen auf den bei jedem Buchungssatz angesprochenen Konten erfolgt gleichzeitig eine Erfassung in der Finanzierungsrechnung. Die Einträge im Ergebnishaushalt sind auch Basis für die Finanzierungsrechnung. Die Summe der finanzierungswirksamen Aufwendungen entspricht den Auszahlungen aus der operativen Verwaltungstätigkeit (Personal-, Sachund Finanzaufwand) und den Transfers in der Finanzierungsrechnung. Während im Voranschlag Anpassungen notwendig sein können, sofern Zahlungen erst in einer Folgeperiode erfolgen, sollte sich aufgrund der eingerichteten Buchhaltung im Rahmen der Rechnungsabschlusserstellung kein Anpassungsbedarf ergeben. Ein Eintrag in die Finanzierungsrechnung darf demnach erst dann erfolgen, wenn auch tatsächlich ein Zahlungsmittelkonto angesprochen wird. Als Verbindungsstück zwischen dem Ergebnis- und dem Finanzierungshaushalt dienen die Mittelverwendungs- und aufbringungsgruppen (MVAG) der ersten (MVAG 1) und zweiten (MVAG 2) Ebene – siehe die Ausführungen im Artikel zur Buchungslogistik (Seite 14). Rein unbare Vorgänge können demnach Aufwand oder auch eine Vermögensmehrung darstellen, dürfen aber keine Auswirkung auf die Finanzierungsrechnung haben. Dies wären z. B. der Kauf von Vermögenswerten auf Ziel oder die Inanspruchnahme von Dienstleistungen mit späterer Zahlung oder die Bewertung von Rückstellungen.

Der Finanzierungshaushalt zeigt folgende Grundstruktur 1 (siehe Abbildung 1).

Gliederung des Finanzierungshaushalts

Einzahlungen und Auszahlungen der operativen Gebarung sind in folgende Mittelaufbringungs- und -verwendungsgruppen zu gliedern (siehe Anlage 1b): 1. Einzahlungen aus operativer Verwaltungstätigkeit 2. Einzahlungen aus Transfers 3. Einzahlungen aus Finanzerträgen 4. Auszahlungen aus Personalaufwand 5. Auszahlungen aus Sachaufwand 6. Auszahlungen aus Transfers 7. Auszahlungen aus Finanzaufwand

Ein- und Auszahlungen der investiven Gebarung sind in folgende Mittelaufbringungs- und verwendungsgruppen (siehe Anlage 1b) zu gliedern: 1. Einzahlungen aus der Investitionstätigkeit 2. Einzahlungen aus der Rückzahlung von Darlehen sowie gewährten Vorschüssen 3. Einzahlungen aus Kapitaltransfers (Investitionszuschüsse) 4. Auszahlungen aus der Investitionstätigkeit 5. Auszahlungen von gewährten Darlehen sowie gewährten Vorschüssen

6. Auszahlungen aus Kapitaltransfers

1 siehe auch Michael Dessulemoustier-Bovekercke, „Rechnungsabschluss der Gemeinden“, Loseblattsammlung, Weka Diese Mindestgliederung entspricht der Mittelverwendungs- und -aufbringungsgruppe 1, wie sie in Anlage 1b dargestellt ist.

Investitionstätigkeit

Neben einer Finanzierungsrechnung für die operative Gebarung ist auch eine solche für die investive Gebarung zu erstellen, welche folgende Mindestgliederung zu umfassen hat (Anlage 1b): 1. Einzahlungen aus der Investitionstätigkeit 2. Einzahlungen aus der Rückzahlung von Darlehen sowie gewährten Vorschüssen 3. Einzahlungen aus Kapitaltransfers 4. Auszahlungen aus der Investitionstätigkeit 5. Auszahlungen von gewährten Darlehen sowie gewährten Vorschüssen 6. Auszahlungen für Kapitaltransfers

Einzahlungen aus der Investitionstätigkeit ergeben sich dabei aus dem Abgang von Sachanlagen, immateriellen Vermögenswerten und Beteiligungen. Auszahlungen aus der Investitionstätigkeit sollen als Zugang nach der VRV 2015 denselben Bereich umfassen, wobei die Anforderung gestellt wird, dass der Anschaffungswert von Sachanlagen und immateriellen Vermögenswerten EUR 400,00 übersteigt. Liegt der Wert darunter, erfolgt ein Ausweis unter den Auszahlungen für Sachaufwand. Konsequenterweise müsste dann aber auch der Aufwand aus den geringwertigen Wirtschaftsgütern im Sachaufwand erfolgen. Des Weiteren sind tatsächliche Auszahlungen für den Zugang von Beteiligungen im Investitionsbereich der Finanzierungsrechnung auszuweisen. Auszahlungen und Einzahlungen für den Zugang bzw. aus dem Abgang von Finanzinstrumenten sind hingegen dem Finanzierungsbe-

reich zuzuordnen. Die in der Verordnung zwingend vorgenommene Zuordnung der Finanzinstrumente zum Finanzierungsbereich lässt es demnach nicht zu, aus Veranlagungsgründen erworbene Wertpapiere oder Wertrechte im Investitionsbereich auszuweisen, selbst wenn es sich tatsächlich um solche handelt.

Lediglich Auszahlungen für die Herstellung beweglicher Vermögensgegenstände sind nicht in den Investitionsbereich zu gliedern. Werden demnach unbewegliche Vermögensgegenstände selbst erstellt, etwa ein Gebäude, sind die getätigten Ausgaben dem Investitionsbereich zuzuordnen. Dabei muss unterstellt werden, dass der dem UGB als auch den IFRS gänzlich unbekannte Begriff der „Eigenregie“ mit „selbst erstellt“ gleichzusetzen ist. Durch den Ausweis der Ausgaben im Sach- und Personalaufwand kommt es jedoch zu einem Auseinanderklaffen von Zugängen zum Anlagevermögen und den Beträgen in der Finanzierungsrechnung. Weiterhin im Investitionsbereich ausgewiesen wer

Abbildung 1: Darstellung der Finanzierungsrechnung

Geldfluss aus der Geldfluss aus der Geldfluss aus der Geldfluss aus der operativen investiven Finanzierungs- voranschlagswirk- Gebarung Gebarung tätigkeit samen Gebarung

Einzahlungen aus operativen Verwaltungstätigkeit Einzahlungen und Auszahlungen aus Investitionstätigkeit

Einzahlung aus der Aufnahme von Finanzschulden

Einzahlungen aus dem Abbau von nicht voranschlagswirksamen Forderungen

Einzahlungen und Auszahlungen aus Transfers Einzahlungen und Auszahlungen aus der Rückzahlung vor Darlehen und Vorschüssen Einzahlungen aus dem Aufbau von nicht voranschlags wirksamen Verbindlichkeiten

Einzahlungen aus Finanzerträgen

Einzahlung und Auszahlungen aus Kapitaltransfers Auszahlungen aus der Tilgung von Finanzschulden Auszahlungen aus dem Aufbau von nicht voranschlags wirksamen Forderungen

Auszahlungen aus Personalaufwand

Einzahlungen aus dem Abgang und Auszahlungen für den Erwerb von Finanzinstrumenten

Auszahlungen aus dem Abbau von nicht voranschlagswirk samen Verbindlichkeiten

Auszahlungen aus Finanzaufwand

Saldo Geldfluss aus der operativen Gebarung (Saldo 1) Saldo Geldfluss aus der investiven Gebarung (Saldo 2)

Einzahlungen und Auszahlungen infol ge eines Kapitaltausch bei derivativen Finanzinstrumenten mit Grundgeschäft

Einzahlungen aus der Aufnahme und Auszahlungen zur Tilgung von zur Kassenstärkung eingegangenen Geldverbindlichkeiten

Nettofinanzierungssaldo (Saldo 3) Saldo Geldfluss aus der Finanzierungstätigkeit (Saldo 4)

Saldo Geldfluss aus der voranschlagswirksamen Gebarung (Saldo 5) Saldo Geldfluss aus der nicht voran schlagswirksamen Gebarung (Saldo 6)

Veränderung der liquiden Mittel

den zudem Beträge, die für die Anschaffung beweglichen Vermögens ausgegeben werden.

Nettofinanzierungssaldo

Die Summe der Geldflüsse aus der operativen und der investiven Gebarung ergibt den Nettofinanzierungssaldo. Dieser ist mittels Geldfluss aus der Finanzierungsrechnung auszugleichen. Dieser hat folgende Mindestgliederung: 1. Einzahlungen aus der Aufnahme von Finanzschulden 2. Einzahlungen infolge eines Kapital- austausches bei derivativen Finanz- instrumenten 3 Einzahlungen aus dem Abgang von Finanzanlagen 4. Auszahlungen aus der Tilgung von Finanzschulden 5. Auszahlungen infolge eines Kapital- austausches bei derivativen Finanz- instrumenten 6. Auszahlungen für den Erwerb von Finanzinstrumenten

Gesamtdarstellung des Finanzierungshaushalts

Der Finanzierungshaushalt hat sieben Salden auszuweisen: • Saldo 1: Geldfluss der operativen Gebarung • Saldo 2: Geldfluss der investiven Gebarung • Saldo 3: Nettofinanzierungssaldo • Saldo 4: Geldfluss aus der Finanzierungstätigkeit • Saldo 5: Geldfluss aus der voranschlagswirksamen Gebarung • Saldo 6: Geldfluss aus der nicht voranschlagswirksamen Gebarung • Saldo 7: Veränderung der liquiden Mittel

Die Veränderung der liquiden Mittel ist dabei auch aus der Vermögensrechnung ableitbar. Der Finanzmittelfonds umfasst grundsätzlich Bargeld, Bankguthaben und kurzfristige Termineinlagen. Die Finanzierungsrechnung wird nicht aus der Ergebnis- und Vermögensrechnung abgeleitet. Sie ist vielmehr ein zusätzliches Produkt der laufenden Buchführung.

This article is from: