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Veranschlagen von operativen Erträgen und Einzahlungen nach der VRV 2015

Robert Blöschl (KDZ)

Während nach der VRV 1997 die für das nächste Jahr geplanten Einnahmen der Gemeinde veranschlagt werden mussten, findet mit dem System des Drei-Komponenten-Haushalts eine Abkehr von diesem Erfordernis statt. Der folgende Betrag beleuchtet praxisnah, wie bei der Veranschlagung von operativen Erträgen und Einzahlungen vorzugehen ist. Die Veranschlagung von Transfererträgen und Transfereinzahlungen wird in einem gesonderten Beitrag (siehe Seite 14) behandelt.

Was muss veranschlagt werden?

Die Veränderung beginnt bei den neuen Begrifflichkeiten. Bisher wurden die Einnahmen des folgenden Jahres im Voranschlag budgetiert. Die VRV 2015 führt die Begriffe der „Erträge“ und „Einzahlungen“ ein. Erträge sind die Wertzuwächse innerhalb einer Periode, Einzahlungen sind die tatsächlichen Geldzuflüsse.

Ein einfaches Beispiel soll den Unterschied verdeutlichen: Bei Vorschreibung einer Gebühr hat die Gemeinde bereits den Anspruch auf die Gebühr erworben, es hat daher ein Wertzuwachs stattgefunden (= Ertrag), obwohl der/die Schuldner/in die Gebühr noch nicht bezahlt hat. Bei Zahlung der Gebühr findet eine Einzahlung statt, es wird jedoch kein Ertrag mehr realisiert. Vereinfacht gesprochen ist ein Ertrag also mit einer Soll-Stellung und eine Einzahlung mit der Ist-Stellung im bisherigen Einnahmenbereich zu vergleichen.

Erträge müssen im Ergebnisvoranschlag budgetiert werden, Einzahlungen im Finanzierungsvoranschlag. Die Veranschlagung erfolgt auf Ebene der verwendeten Ansätze bzw. der notwendigen Konten. Nach § 11 Abs. 2 VRV leitet sich aus dem Ergebnisvoranschlag der Finanzierungsvoranschlag ab. Welcher Haushalt in der Praxis zuerst budgetiert wird, wird von der EDV-Lösung der Gemeinde sowie von den individuellen Präferenzen abhängen. In vielen Fällen wird es jedoch zu keiner Abweichung zwischen den beiden Haushalten kommen.

Ertragsanteile und gemeindeeigene Steuern

Die Erträge des Ergebnishaushalts bzw. die Einzahlungen der operativen Gebarung werden im Kontenplan der Gemeinden in der Kontenklasse 8 abgebildet. Wie auch bisher sind Ertragsanteile, gemeindeeigene Steuern, wie Kommunalsteuer und Grundsteuer, aber auch andere Abgaben, wie Gebühren im Bereich der Betriebe mit marktbestimmter Tätigkeit zu veranschlagen.

Ertragsanteile sind dem Ansatz 925 zuzurechnen, während gemeindeeigene Steuern dem Ansatz 920 zuzuordnen sind. Gebühren im Bereich der Betriebe sind beim jeweiligen Ansatz zu veranschlagen

Veranschlagen von operativen Erträgen und Einzahlungen

Abbildung 1: Operative Erträge und Einzahlungen, Darstellung basierend auf dem Mustervoranschlag für Städte und Gemeinden nach der VRV 2015

Ansatz 2400 Kindergarten Sonnenschein Konto Operative Gebarung VA 2020 VA 2019 RA 2018 VA 2020 VA 2019 RA 2018 Ergebnisvorschlag Finanzierungsvorschlag

2400 810 Erträge aus Leistungen 2400 811 Miet- und Pachtertrag 2400 817 Erträge aus der Auflösung von sonstigen Rückstellungen 25.000,00 0,00 0,00 25.000,00 0,00 0,00

1.500,00 0,00 0,00 1.500,00 0,00 0,00

2.000,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00

Quelle: KDZ, 2018.

(A 85 – 89). Neben diesen Bereichen müssen auch weitere Positionen auf dem sachgerechten Ansatz veranschlagt werden.

Dies sind beispielsweise: • Leistungserträge und -einzahlungen der

Gemeinde (z. B. Ticketverkäufe, Mieten usw.), • Zinserträge aus gegebenen Darlehen, • laufende Transfers (siehe Seite 14) und • Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen (siehe Seite 18ff).

In den genannten Bereichen ist grundsätzlich sowohl im Ergebnishaushalt als auch im Finanzierungshaushalt der Betrag eines Jahres zu veranschlagen. Differenzen im Ergebnishaushalt aufgrund von offenen Forderungen (was wurde noch nicht bezahlt?) oder Abgrenzungen (was betrifft das nächste Jahr?) können vernachlässigt werden, wenn deren genaue Entwicklung nur schwer zu prognostizieren ist und im Zeitverlauf nicht stark schwanken wird.

Beispiel Kindergarten Sonnenschein

Die Vorgehensweise bei der Veranschlagung von Elternbeiträgen soll anhand eines Beispiels verdeutlicht werden: Eine Gemeinde erstellt den Voranschlag 2020 für einen ihrer Kindergärten. Der Ansatz lautet 2400.

Die Kindergartenentgelte inklusive der Essens- und Bastelbeiträge des nächsten Jahres werden auf rund 25.000 Euro geschätzt. Nun ist zu überlegen, ob die Erträge von den Einzahlungen abweichen können. Dies wäre dann der Fall, wenn vorgeschriebene Kindergartenentgelte bis zum Jahresende nicht bezahlt werden. Da jedoch zu Beginn des Jahres auch vom Vorjahr noch offene Entgelte bestehen werden, kann in diesem Fall sowohl im Ergebnis- als auch im Finanzierungshaushalt der Jahresbetrag von 25.000 Euro aufgenommen werden. Eine Differenz würde nur dann veranschlagt werden, wenn aus bestimmten Gründen damit zu rechnen ist, dass unüblich viele Entgelte nicht bezahlt werden.

In diesem Kindergarten werden außerdem Räumlichkeiten an einen örtlichen Verein vermietet. Die daraus resultierenden Mieten werden für das nächste Jahr auf 1.500 Euro geschätzt. Hinsichtlich der Periodengerechtigkeit gilt auch hier dasselbe Prinzip. Es ist sowohl im Ergebnis- als auch im Finanzierungsvoranschlag ein Jahresbetrag zu veranschlagen.

Für das Personal im Kindergarten muss eine Abfertigungs- und Jubiläumsgeldrückstellung gebildet werden. Im Fall der Beispielgemeinde kommt es voraussichtlich zu einem Rückgang der Abfertigungsrückstellung, da sich der Anspruch der Gemeindebediensteten zwar im Zeitverlauf erhöht, jedoch für einen Bediensteten eine Abfertigung ausbezahlt wurde. Im Bereich der Jubiläumsgeldrückstellung kommt es ebenfalls zu einem Rückgang, da an eine Bedienstete aufgrund ihrer langjährigen Zugehörigkeit eine Jubiläumsgeldzahlung erfolgt. Der Abbau der Rückstellungen wird insgesamt auf 2.000 Euro geschätzt und ist als Ertrag1 im Ergebnisvoranschlag darzustellen, nicht jedoch im Finanzierungsvoranschlag. Das Ergebnis der oben beschrieben Budgetierung sieht zusammenfassend wie in Abb. 1 aus.

1 Dies ist in der VRV 2015 explizit so geregelt und widerspricht der üblichen Bilanzierungspraxis, wonach die Verwendung von Rückstellungen mit dem Aufwand zu saldieren ist.

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