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Nettovermögen und Rücklagen

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Verbindlichkeiten

Verbindlichkeiten

Dalilah Pichler, Alexander Maimer (KDZ)

Im Rechnungsabschluss einer Gemeinde ist nunmehr nicht nur die Entwicklung des Schuldenstands ersichtlich, wie bisher aus der Kameralistik bekannt, sondern auch die Entwicklung des Nettovermögens.

Das heißt, dass dem angeschafften und hergestellten Vermögen auf der Aktivseite nun die Finanzierung mit Eigenmitteln (Nettovermögen und Sonderposten Investitionszuschüsse) und Fremdmitteln gegenübersteht. Das Nettovermögen ist das Eigenkapital einer Gemeinde, das erstmalig mit der Eröffnungsbilanz als Ausgleichsposten zwischen Aktiva und Passiva gebildet wurde. Der Saldo der Eröffnungsbilanz wird im Zeitverlauf unverändert bleiben, sollte es in der fünfjährigen Korrekturfrist ab dem Jahr der Veröffentlichung der Eröffnungsbilanz zu keinen nachträglichen Änderungen kommen. Es ist davon auszugehen, dass in den meisten Gemeinden das Nettovermögen positiv sein wird.

Kumuliertes Nettoergebnis

Das kumulierte Nettoergebnis ist ein zentrales Element der integrierten Drei-Komponenten-Rechnung, durch diese Größe fließt das erwirtschaftete Ergebnis des Finanzjahres in das Nettovermögen ein. Das Nettoergebnis wird für jedes Finanzjahr aus dem Ergebnishaushalt gebildet. Ein positives Ergebnis stellt einen Wertzuwachs dar, da die Gemeinde ihre Aufwendungen mit den Erträgen überdecken konnte.

Umgekehrt ist es bei einem negativen Ergebnis, hier übersteigen die Aufwendungen die Erträge und führen somit zu einem Wertverlust in diesem Finanzjahr. In den Folgejahren werden die künftigen Nettoergebnisse kumuliert dargestellt, deshalb

Abbildung 1: Vermögenshaushalt: Nettovermögen

Abbildung 2: Vermögenshaushalt: Liquide Mittel

Vermögensrechnung – PASSIVA Nettovermögen (Ausgleichsposten) Saldo der Eröffnungsbilanz Kumuliertes Nettoergebnis Haushaltsrücklagen Neubewertungsrücklagen (Umbewertungskonto) Fremdwährungsumrechnungsrücklagen

Vermögensrechnung – AKTIVA Kurzfristiges Vermögen Liquide Mittel

Kassa, Bankguthaben, Schecks Zahlungsmittelreserven

31.12.2020 01.01.2020 Differenz

19.073.890,29 18.067.313,52 1.006.576,78

17.647.701,89 17.647.701,89 0,00

1.066.547,52 0,00 1.066.547,52

184.920,88 419.611,62 -234.690,75

174.720,00

0,00 0,00 174.720,00

0,00 0,00

Quelle: eigene Abbildung, KDZ/Mazars Austria 2020

31.12.2020 01.01.2020 Differenz

743.317,96 1.090.440,45 -347.122,49 380.359,11 530.303,65 -149.944,54 195.438,23 110.692,02 84.746,21 184.920,88 419.611,62 -234.690,75

Quelle: eigene Abbildung, KDZ/Mazars Austria 2020

Abbildung 3: Ergebnishaushalt: Nettoergebnis

Mittelverwendungs- und -aufbringungsgruppen (1. Ebene) RA 2020 VA 2020 Differenz

Summe Erträge Summe Aufwendungen Nettoergebnis

Entnahmen von Haushaltsrücklagen Zuweisung an Haushaltsrücklagen

14.451.553,11 14.136.200,00 315.353,11 13.619.696,34 13.302.000,00 317.696,34 831.856,78 834.200,00 -2.343,22

272.310,04 136.500,00 135.810,04 37.619,29 27.200,00 10.419,29

Summe Haushaltsrücklagen 234.690,75 109.300,00 125.390,75 Nettoergebnis nach Zuweisung und Entnahmen von Haushaltsrücklagen 1.066.547,52 943.500,00 123.047,52

Quelle: eigene Abbildung, KDZ/Mazars Austria 2020

spiegelt die Differenz zwischen den Stichtagen das Ergebnis des Finanzjahres wider. Wenn die Gemeinde über mehrere Jahre negative Nettoergebnisse erzielt, kann sich durch die Kumulierung das Nettovermögen in Summe auch ins Negative drehen. Die Gemeinden werden aber in den Bundesländern grundsätzlich angehalten, ein ausgeglichenes oder positives Nettoergebnis nach Rücklagen zu erzielen.

Haushaltsrücklagen

Der Ergebnishaushalt bildet, anders als der Finanzierungshaushalt, auch nicht finanzierungswirksame Größen ab. Eine wesentliche Veränderung des bisherigen Verständnisses ist nämlich die Zuweisung und Entnahme der Haushaltsrücklagen aus dem Nettoergebnis im Ergebnishaushalt. Das Nettoergebnis vor Rücklagen zeigt den tatsächlichen wirtschaftlichen Erfolg der Gemeinde im Finanzjahr. Im Zuge der Rechnungsabschlussarbeiten können wertmäßige Verschiebungen zu oder von den Haushaltsrücklagen erfolgen. In der Gesamtbetrachtung des Nettovermögens ist jedoch eine Rücklagenbewegung ein Nullsummenspiel.

Eine Gemeinde kann Haushaltsrücklagen verwenden, um eine Investition zu tätigen, oder aus buchhalterischen Überschüssen eine Haushaltsrücklage bilden. Ob die Haushaltsrücklagen mit Zahlungsmittelreserven zu hinterlegen sind, ist je nach Bundesland unterschiedlich geregelt.

Deshalb ist in manchen Bundesländern darauf zu achten, dass bei der Zuweisung von Haushaltsrücklagen auch die entsprechenden liquiden Mittel auf der Aktivseite vorhanden sind und buchhalterisch den Zahlungsmittelreserven zugerechnet werden. Auch zu beachten sind bundesländerspezifische Regelungen zur Passivierung von erhaltenen Bedarfszuweisungsmitteln. Niederösterreichische Gemeinden können und steirische Gemeinden müssen Bedarfszuweisungsmittel in die Rücklagen einstellen, somit sind diese Mittel Teil des Nettovermögens.

Beispiel: Verwendung zweckgebundene Haushaltsrücklage

Laut Rechnungsabschluss wurde ein Kanalabschnitt saniert, die Investition kostete 100.000 Euro und wurde zur Gänze aus einer zweckgebundenen Rücklage finanziert. Im Ergebnishaushalt wird das Nettoergebnis vor Rücklagen durch die Abschreibung des neuen Kanalabschnitts vermindert. Die Rücklagenverwendung führt zu einer Verbesserung des Nettoergebnisses nach Rücklagen um 100.000 Euro. Gleichzeitig wird im Vermögenshaushalt der Stand der Haushaltsrücklagen um 100.000 Euro vermindert. Die Zahlungsmittelreserven auf der Aktivseite sind auch um 100.000 Euro weniger, da die Investition im selben Finanzjahr bezahlt wird. Diese Zahlungsmittelveränderung ist nicht im Finanzierungshaushalt getrennt ersichtlich, sondern ist im Saldo 7 „Veränderung der liquiden Mittel“ enthalten. Die Veränderung der Zahlungsmittelreserven zwischen den Stichtagen im Vermögenshaushalt deutet ebenfalls auf eine Verwendung von bedeckten Rücklagen hin.

Beispiel: Allgemeine Haushaltsrücklage mit Zahlungsmittelreserve

In unserer Beispielgemeinde wurde laut Ergebnishaushalt ein positives Nettoergebnis vor Rücklagen in Höhe von 831.856,78 Euro erzielt. 37.619,29 Euro sollen nun einer allgemeinen Haushaltsrücklage mit Zahlungsmittelreserve zugewiesen werden. Entnommen werden im Finanzjahr 272.310,04 Euro an Rücklagen. Das Nettoergebnis nach Rücklagen beträgt daher 1.066.547,52 Euro und ist im kumulierten Nettoergebnis zu finden, die Haushaltsrücklagen erhöhen sich um 234.690,75 Euro. Mit den anderen Posten steigt das Nettovermögen in Summe um rund 1 Mio. Euro. Auf der Aktivseite spiegelt sich die Rücklagenbewegung wider, da die Rücklagen zur Gänze bedeckt sind. Die Veränderung der Zahlungsmittelreserven auf der Aktivseite deckt sich mit der Veränderung der Rücklagen auf der Passivseite. Die Bewegung der Rücklagen ist nicht im Finanzierungshaushalt ersichtlich, da es sich um die Verwendung oder buchhalterische „Reservierung“ von eigenen liquiden Mitteln handelt.

Einen Überblick über die einzelnen Rücklagen gibt die Anlage 6b – Nachweis

über Haushaltsrücklagen und Zahlungs-

mittelreserven. Hier ist neben Art und Verwendungszweck der Rücklage die Veränderung des Rücklagenstands sowie der entsprechenden Zahlungsmittelreserve ersichtlich. Auch ist der Nachweis zu erfassen, wo die Zahlungsmittelreserven »

DIE RÜCKLAGENGEBARUNG IST IN DEN BUNDESLÄNDERN UNTERSCHIEDLICH GEREGELT. DIES WIRD DIE LÄNDERÜBERGREIFENDE VERGLEICHBARKEIT ERSCHWEREN.

hinterlegt sind, beispielsweise kann das Sparbuch oder die Kontonummer gelistet werden.

Welche Probleme ergeben sich in der Praxis?

Ausweis von Haushaltsrücklagen mit

Zahlungsmittelreserve – Rücklagen mit Zahlungsmittelreserve müssen sowohl auf der Passivseite als Rücklage ausgewiesen werden und gleichzeitig müssen auf der Aktivseite die vorhandenen Mittel als Zahlungsmittelreserve dargestellt werden. Diese Darstellung unterscheidet sich von der VRV 1997.

Verwendung von Rücklagen als inneres

Darlehen – Insbesondere zweckgebundene Haushaltsrücklagen können, wenn sie für den Zweck, für den sie angespart werden, noch nicht benötigt werden, zwischenzeitlich für andere Maßnahmen in der Gemeinde verwendet werden. Wenn es hier zu einer Verwendung kommt, ist diese als inneres Darlehen auf Konto 936 darzustellen, das aufgrund des gleichen Codes wie die Konten Haushaltsrücklagen im Rechnungsabschluss sich in dieser Position findet.

Nicht bedeckte Rücklagen in der Eröff-

nungsbilanz – In der VRV 1997 wurden Rücklagen vielfach auf Basis des Soll-Überschusses gebildet. Damit ist einhergegangen, dass keine oder zu geringe Zahlungsmittelreserven für die Haushaltsrücklagen gebildet wurden und sich dadurch bei der Bildung der Eröffnungsbilanz eine Lücke ergeben hat. Dadurch ergibt sich insbesondere in Bundesländern, die eine komplette Deckung der Haushaltsrücklagen durch Zahlungsmittelreserven verlangen, ein Problem. In diesem Fall kann teilweise der oben dargestellte Sachverhalt eines inneren Darlehens zum Tragen kommen und muss auch entsprechend verbucht werden.

Neubewertungsrücklage – Die Neubewertungsrücklage bildet die Wertveränderung von Beteiligungen und zur Veräußerung verfügbaren Finanzinstrumenten ab. Dies hat zum Zweck, dass Wertschwankungen bei der Bewertung der Beteiligungen und Finanzinstrumenten nicht direkt in den Ergebnishaushalt fließen, sondern ergebnisneutral im Nettovermögen direkt verbucht werden. Erst bei einem wertmäßigen Unterschreiten der Anschaffungskosten bei den Beteiligungen oder der Veräußerung einer Beteiligung werden die entstandenen Gewinne bzw. Verluste im Ergebnishaushalt abgebildet. Es wird auf das Kapitel Beteiligungen in dieser Ausgabe verwiesen (siehe Seite 27).

Fremdwährungsumrechnungsrücklage

– Sämtliche Gebarungsfälle sind, selbst wenn sie in einer Fremdwährung abgeschlossen wurden, gemäß VRV 2015 in Euro zu erfassen und zu verbuchen. Die Fremdwährungsumrechnungsrücklagen ermöglicht die ergebnisneutrale Erfassung von Wechselkursschwankungen. Positive und negative Veränderungen von Aktiv- oder Passivposten aufgrund von Wechselkursschwankungen sind ergebnisneutral in eine Fremdwährungsumrechnungsrücklage einzustellen. Basis für die Berechnung sind die Referenzkurse der Europäischen Zentralbank zum Stichtag.

Nettovermögensveränderungsrechnung –

Die Veränderungen im Nettovermögen werden im Rechnungsabschluss in einer eigenen Anlage nochmals transparent dargestellt. Die Anlage 1d – Nettovermögensveränderungsrechnung stellt hierbei die Veränderungen des Nettovermögens zwischen zwei Rechnungslegungsstichtagen dar und gibt Aufschluss insbesondere über Änderungen im Nettovermögen, die nicht über die Ergebnisrechnung erfolgen. Dies sind insbesondere Änderungen der Ansatz- und Bewertungsmethoden, die Nacherfassung von Vermögenswerten (inkl. Fremdmittel und Investitionszuschüssen) sowie Änderungen der erstmaligen Eröffnungsbilanz. Solche Sachverhalte werden nicht über die Ergebnisrechnung im laufenden Finanzjahr erfasst, sondern erfolgsneutral über das Nettovermögen.

Abbildung 4: Umgang mit Rücklagen in den einzelnen Bundesländern

Bgld. Ktn. NÖ OÖ Sbg. Stmk. T Vbg.

Allgemeine Haushaltsrücklage mit ZMR        

ohne ZMR   X X X X X X

Zweckgebundene Haushaltsrücklage

Haushaltsrücklage Eröffnungsbilanz

Haushaltsrücklage Bedarfszuweisungsmittel

Haushaltsrücklage Haushaltspotenzial mit ZMR        

ohne ZMR X X  X X  X X

ohne ZMR X X  X X  X X

ohne ZMR X X  X X X X X

Quelle: eigene Abbildung, KDZ/Mazars Austria 2020

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