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Periodenabgrenzungen inkl. Vorräte

Kerstin Halbedl (Mazars)

Eine wichtige Thematik bei der Rechnungsabschlusserstellung ist die zeitliche Abgrenzung und somit die Periodenabgrenzung. § 14 VRV 2015 definiert, dass Sachverhalte, die am Rechnungsabschlussstichtag bereits bestanden haben, bis zum Stichtag für die Erstellung des Rechnungsabschlusses in die Abschlussrechnungen aufzunehmen sind.

Dagegen sind Sachverhalte, die erst nach dem Rechnungsabschlussstichtag eingetreten sind, nicht in die Abschlussrechnungen aufzunehmen.

Aktive und passive Rechnungsabgrenzungen

Um das Jahresergebnis 2020 periodenrein auszuweisen, müssen Erträge und Aufwendungen in jener Periode dargestellt werden, zu der sie wirtschaftlich zuzuordnen sind. Es ist daher eine zeitliche Abgrenzung in Sachverhalte vor dem 01.01.2021 und jene nach dem 31.12.2020 vorzunehmen – unabhängig, wann der Beleg erfasst wird oder die Zahlung getätigt wird.

Die zeitliche Abgrenzung erfolgt über Rechnungsabgrenzungsposten, welche die periodengerechte Zuordnung von Aufwendungen und Erträgen unabhängig von den Ein- und Auszahlungen im Finanzierungshaushalt gewährleisten. Der Anwendungsbereich besteht vor allem in Zusammenhang mit Dauerschuldverhältnissen (z. B. bei Miet- und Pachtverhältnissen), also zeitraumbezogenen Schuldverhältnissen vor ihrer vollständigen Erfüllung, und reinen Periodenverschiebungen aufgrund des Auseinanderfalls des Zeitpunktes des Aufwands und der Zahlung.

Rechnungsabgrenzungsposten in der Vermögensrechnung

Die Rechnungsabgrenzungsposten sind im Vermögenshaushalt bei eigenen Vorauszahlungen aktivseitig und bei fremden Vorauszahlungen passivseitig darzustellen.

Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, die Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag sind, sind als aktive Rechnungsabgrenzungen auszuweisen. Anders gesagt, handelt es sich hier um bereits geleistete Auszahlungen für Aufwendungen in der laufenden Periode, die zumindest teilweise wirtschaftlich dem nächsten Finanzjahr zuzurechnen sind.

Beispiel: Im November wird eine Jahresprämie für die Gebäudeversicherung des Gemeindeamtes bezahlt. Die Laufzeit der Versicherung ist von 01.11.2020 bis zum 31.10.2021. Der Anteil der Prämie, der einen Aufwand des Folgejahres darstellt (01.01.2021 bis 31.10.2021), ist als aktive Rechnungsabgrenzung vom Versicherungsaufwand des laufenden Finanzjahres abzugrenzen. Es sind daher am Jahresende 10/12 der Versicherungsprämie in die aktive Rechnungsabgrenzung zu buchen.

Bei den passiven Rechnungsabgrenzungen handelt es sich um Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, in jenem Ausmaß, in dem sie einen Ertrag für einen Zeitraum nach diesem Tag darstellen. Anders gesagt, sind sie für jene Erträge in der laufenden Periode zu bilden, die für Leistungen, die die Gemeinde erst im nächsten Finanzjahr erbringen wird, eingenommen werden. Es kommt somit zur Abgrenzung bereits in der Buchhaltung erfasster Erträge. Beispiel: Die Gemeinde schreibt am 01.10.2020 einem Gemeindebürger das Nutzungsentgelt für 10 Jahre für das Benützungsrecht an einem Sarggrab in Höhe von 1.200 Euro vor. Pro Monat ergibt sich daher ein anteiliger Betrag von 10 Euro. Der Anteil des Entgeltes, welcher nicht dem Geschäftsjahr 2020 zuzuordnen ist (118 von 120 Monaten), somit 1.180 Euro, wären als passive Rechnungsabgrenzung in der Schlussbilanz auszuweisen (unter Wertgrenze 10.000 Euro).

Zudem kann auch ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden, wenn sich der Empfänger von Zuschüssen zu weiteren Leistungen (z. B. Erhaltung, Instandsetzung, Erneuerung) verpflichtet.

Dieser ist zeitanteilig aufzulösen. Bei Sanierungszuschüssen ohne Rückzahlungsverpflichtung fehlt es am zeitraumbezogenen Verhalten, somit an der Gegenleistung, eine Abgrenzung kommt daher nicht in Betracht. Die aktiven und passiven Rechnungsabgrenzungen sind zum Nominalwert zu erfassen.

Maßnahmen für die Rechnungsabschlusserstellung

Zum Abschlussstichtag ist daher im Sinne der Periodenreinheit eine zeitliche Abgrenzung von Aufwendungen und Erträgen vorzunehmen, wenn deren Wert gem. § 13 Abs. 7 VRV 2015 die Grenze von 10.000 Euro überschreitet (die Wertgrenze gilt nach den Erläuterungen der VRV pro Geschäftsfall).

Bei Ermittlung der Werte für die Rechnungsabschlusserstellung ist eine Durchsicht von bestehenden Dauer-

Abbildung 1: Vermögensrechnung, aktive Rechnungsabgrenzung

Vermögensrechnung – AKTIVA

Kurzfristiges Vermögen

Aktive Rechnungsabgrenzung

Aktive Rechnungsabgrenzung

31.12.2020 01.01.2020 Differenz

11.764,71 14.705,88 -2.941,18 11.764,71 14.705,88 -2.941,18

Quelle: Eigene Abbildung, KDZ/Mazars Austria 2020

schuldverhältnissen (Mietverträge, Pachtverträge, Versicherungen, Telekommunikation, usw.) oder sonstigen relevanten Leistungsverträgen empfehlenswert, um festzustellen, in welchen Bereichen Zahlungen vor Leistungserbringung getätigt bzw. vereinnahmt werden.

Seitens der Gemeinden ist daher zum Rechnungsabschluss 2020 Folgendes zu prüfen:

1. Anteil jener Ausgaben des Geschäftsjahres 2020 und früher, der aus einer wirtschaftlichen Betrachtung im Geschäftsjahr 2021 „verbraucht“ oder „genutzt“ wird, beispielsweise bei Vorauszahlungen von Dauerschuldverhältnissen.

2. Anteil jener Erträge, die bereits bis 31.12.2020 vereinnahmt wurden (Zahlung erfolgt), deren Gegenleistung jedoch erst im Jahr 2021 erbracht wird.

Unsere Mustergemeinde weist in der Vermögensrechnung unter den aktiven Rechnungsabgrenzungen einen Betrag von 11.764,71 Euro aus. Hierbei handelt es sich im Ausmaß von 10.500 Euro um die vorausbezahlte Jahresprämie für die Versicherung der eigenen Kraftfahrzeuge und im Ausmaß von 1.264,71 Euro um die aufgrund vorhandener Liquidität bereits im Dezember 2020 bezahlte Miete der Räumlichkeiten für ein Mutter-Kind-Zentrum für den Jänner 2021. Die restlichen Dauerschuldverhältnisse wurden bereits mit Beginn 2020 auf ein Kalenderjahr umgestellt. Daher sinkt der Stand an aktiven Rechnungsabgrenzungen gegenüber dem 01.01.2020 um 2.941,18 Euro.

Unter der passiven Rechnungsabgrenzung zeigt die Gemeinde jene Anteile der vorausbezahlten Miete des örtlichen Sportvereins für die Nutzung im Veranstaltungszentrum, die für Zeiträume nach dem 31.12.2020 bereits im Vorhinein bezahlt worden sind.

Vorräte

Auch Vorräte stellen eine Art Rechnungsabgrenzung dar. Bei den Vorräten handelt es sich um kurzfristig (d. h. binnen einem Jahr) zum Verbrauch bestimmte Gegenstände, Güter und Waren, die vor dem Rechnungsabschlussstichtag erworben wurden, jedoch erst danach zum Einsatz kommen.

Als Vorräte sind folgende Vermögenswerte anzusetzen:

• Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe • Unfertige Erzeugnisse • Fertige Erzeugnisse und Waren • Noch nicht abrechenbare Leistungen • Geleistete Anzahlungen auf Vorräte

Abbildung 2: Vermögensrechnung, passive Rechnungsabgrenzung

Vermögensrechnung – PASSIVA

Kurzfristiges Fremdmittel

Passive Rechnungsabgrenzung

Passive Rechnungsabgrenzung

31.12.2020 01.01.2020 Differenz

4.117,65 5.882,35 -1.764,71 4.117,65 5.882,35 -1.764,71

Quelle: Eigene Abbildung, KDZ/Mazars Austria 2020 Die genauere Beschreibung einzelner Vorratspositionen kann im public-Sonderheft zum Voranschlag 2020 – Ausgabe 1/2019 – nachgelesen werden.

Vorräte und selbst erstelle Vorräte sind zu Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten zu erfassen, wenn deren Wert pro Vorratsposition 5.000 Euro übersteigt. Zum Rechnungsabschlussstichtag sind vorhandene Vorräte mit dem niedrigeren Wert aus den beiden folgenden Werten zu bewerten:

• Ursprüngliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten • Wiederbeschaffungswert

Gleichartige Vorräte können dabei in einer Gruppe zusammengefasst bewertet werden. Reines Verwaltungsmaterial (z. B. Reinigungsmaterial, EDV-Bedarf, Büromaterial und Ähnliches) zählt dabei nicht zu den Vorräten.

Maßnahmen für die Rechnungsabschlusserstellung

Im Rahmen der Rechnungsabschlusserstellung ist daher zu prüfen, ob ein Ausweis als Vorrat notwendig ist und die vorgegebenen Wertgrenzen überschritten werden. Bereits im Vorfeld sollten die dazu notwendigen internen Abläufe, wie Organisation der Durchführung der Inventur (das Aufnehmen von vorhandenen Vorräten) oder die Feststellung der Wiederbeschaffungswerte, abgeklärt werden.

Sobald dann anhand einer Inventur festgestellt wurde, dass sämtliche Vorräte einer Position die Wertgrenze von 5.000 Euro überschritten haben, sind diese zum Rechnungsabschlussstichtag im Vorratsvermögen zu erfassen und zu bewerten.

Dabei ist der niedrigere Wert aus Anschaffungs- oder Herstellungskosten und dem Wiederbeschaffungswert heranzuziehen (strenges Niederstwertprinzip!).

Hinsichtlich der möglichen Bewertungsverfahren besteht ein Wahlrecht für die Anwendung folgender gängiger Verfahren: »

• First-in-First-out-Verfahren (Fifo)

Dieses unterstellt, dass die zuerst beschafften oder produzierten Vorräte das

Lager auch zuerst wieder verlassen (haben).

• Last-in-First-out-Verfahren (Lifo)

Dieses unterstellt, dass die zuletzt gekauften oder produzierten Vorräte das

Lager auch zuerst wieder verlassen (haben). Diese Bewertungsmethode darf nur ausnahmsweise angewendet werden, wenn die tatsächliche Verbrauchsabfolge durch die Art der Lagerhaltung dieser Annahme am ehesten entspricht (z. B. Lagerhaltung der Streugutes).

• Gewogener Durchschnittspreis

Hierbei wird in regelmäßigen Abständen (oftmals nur einmal jährlich) ein

Durchschnittspreis ermittelt und damit sämtliche Abfassungen bewertet. Die

Gewichtung ergibt sich durch den unterschiedlich starken Effekt, den die einzelnen Einkäufe mengen- und wertmäßig auf den Durchschnittspreis haben.

Für bewegliche Güter kann aus Zwecken der Vereinfachung auch ein Festwertverfahren angewendet werden (betrifft z. B. Geschirr im Kindergarten, Gerüstteile im Bauhof, Paletten oder Kleinmaterialien). Diese zeichnen sich dadurch aus, dass für eine Gruppe von Vermögenswerten in der Vermögensrechnung ein fester Betrag (Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. der beizulegende Zeitwert) angesetzt wird.

Dieser Wert verändert sich weder durch Zu- oder Abgänge noch durch laufende Abschreibungen und verbleibt unverändert in den Büchern. Wesentlich für die Anwendung von Festwertfahren ist, dass die Wertschwankungen von untergeordneter Bedeutung sind, die tatsächlichen Bestände zu den einzelnen Stichtagen somit tatsächlich keinen starken Schwankungen unterliegen und der Festwert in regelmäßigen Abständen oder bei Bedarf überprüft und gegebenenfalls angepasst wird.

Zu beachten ist, dass das gewählte Verfahren dem tatsächlichen Verbrauch zumindest überwiegend entsprechen sollte und stetig anzuwenden ist.

Abbildung 3: Vermögensrechnung, Vorräte

Vermögensrechnung – AKTIVA

Kurzfristiges Vermögen

Vorräte

Vorräte Gegebene Anzahlungen auf Vorräte

31.12.2020 01.01.2020 Differenz

8.756,15 9.512,88 -756,73

8.756,15 9.512,88 -756,73 0,00 0,00 0,00

Quelle: Eigene Abbildung, KDZ/Mazars Austria 2020

Im Rahmen der Rechnungsabschlusserstellung stellen sich daher folgende Fragen:

• Welche Vorräte haben die einzelnen

Abteilungen (betrifft vor allem Wasserwerk, Badezentrum u. Wirtschaftshof)?

Wie werden diese verwaltet (z. B. Streusalz, Diesel)? • Wie können die Vorräte gemessen werden? • Wo können Festwerte verwendet werden (z. B. bei Ersatzteilen im Bereich

Wasser-, Kanal-und Straßenbau)? • Ansonsten Erfassung nach Möglichkeit bereits durch Messung des Bestandes (z. B. Streumittel) • Wann erfolgt die Inventur? • Wie hoch sind die Wiederbeschaffungswerte? • Liegen Wertminderungsindikatoren vor, sodass eine Abwertung notwendig wird (gem. § 19 Abs 14 VRV 2015)?

Für die Rechnungsabschlusserstellung ist daher der jeweilige Bestand anhand einer Inventur zu erheben und im Bedarfsfall zu aktivieren. Vorhandene Vorratspositionen sind am Jahresende entsprechend dem tatsächlichen Verbrauch zu reduzieren bzw. zu erhöhen. Es ist ein Vergleich der noch vorhandenen Vorräte mit dem Anfangsbestand anzustellen und die entsprechenden Umbuchungen am Abschlussstichtag vorzunehmen. Ist der Anfangsbestand zum 01.01.2020 wertmäßig größer als der Endbestand zum 31.12.2020, ist ein Verbrauch einzubuchen und der Vorratsposten wird entsprechend reduziert. Ist der Anfangsbestand zum 01.01.2020 hingegen wertmäßig kleiner als der Endbestand zum 31.12.2020, ist der Verbrauch zu reduzieren und der Vorratsposten wird entsprechend erhöht.

Außerdem ist ein Inventarverzeichnis (Hilfsbuch) zu führen. Dieses sollte jedenfalls die vorrätigen Artikel genau bezeichnen und Aufschluss über die vorhandenen Stück geben. Zu- und Abgänge sind ebenfalls nützliche Informationen und stellen sicher, dass die Verwendungen lückenlos nachvollzogen werden können.

Unsere Beispielgemeinde hat daher zum 31.12.2020 folgende Vorräte erfasst und bewertet:

• Streusalz im Ausmaß von 5.180 Euro (Fifo-Verfahren) • Spielgegenstände im Kindergarten,

Ersatzteile im Wasserwerk, Kanalbau und Abwasserentsorgung in Höhe von 3.576,15 Euro (Festwertverfahren; Ansatz trotz Unterschreiten der Wertgrenze)

Ein Vergleich des Endbestandes an erfassten und bewerteten Vorräten zum 31.12.2020 iHv 8.756,15 Euro mit dem Anfangsbestand zum 01.01.2020 iHv. 9.512,88 Euro ergibt eine Reduktion der Vorräte um den tatsächlichen Verbrauch iHv. 756,73 Euro. Es ist daher eine Umbuchung zum 31.12.2020 (Materialaufwand an Vorratskonto) iHv. 756,73 Euro vorzunehmen.

Die restlichen Vorratsposten (Lebensmittel, Ersatzstoffe, Verkehrszeichen und Baustoffe im Wirtschaftshof) liegen wertmäßig unter der Wertgrenze von 5.000 Euro und brauchen daher nicht als Vorräte ausgewiesen werden. Im Jahr 2020 wurden diese aufwandswirksam verbucht. Die Gemeinde weist keine gegebenen Anzahlungen auf Vorräte auf. Diese sind nur zu erfassen, wenn korrespondierende Vorratspositionen identifiziert werden können.

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