7 minute read

Anlagevermögen, Investitionen und deren Finanzierung

Anlagevermögen, Investitionen und deren Finanzierung

Clemens Hödl, Dalilah Pichler (KDZ)

In der VRV 1997 gab es eine Unterscheidung zwischen ordentlichem und außerordentlichem Haushalt. Vor allem Investitionen, die vereinzelt vorkamen oder den Finanzierungsrahmen erheblich überschritten, waren im außerordentlichen Haushalt nach kameralistischen Grundsätzen als Ausgabe ersichtlich.

Wurde ein Darlehen aufgenommen, um das Investitionsprojekt zu finanzieren, konnte man auch die Schuldenaufnahme rasch herauslesen. Doch der fortgeschriebene Anschaffungswert des Vermögens und dessen Wertverzehr über die wirtschaftliche Nutzungsdauer wurden durch die Kameralistik nicht abgebildet.

Mit der VRV 2015 findet eine grundlegende Veränderung der Darstellung von Investitionen statt. Durch den Drei-Komponenten-Haushalt werden nun nicht nur die Zahlungsflüsse im Rechnungsabschluss ersichtlich sein, sondern auch die Buchwerte des angeschafften oder hergestellten Vermögens zum Stichtag sowie der Wertverzehr im Finanzjahr in Form von Abschreibungen. Bereits bestehendes Gemeindevermögen scheint im Vermögenshaushalt auf, wobei eine Darstellung auf Ansatzebene nicht vorgesehen ist.

Handelt es sich dabei um abnutzbares Vermögen, wird die Abschreibung als Aufwand im Ergebnishaushalt verbucht und der Vermögenswert im Vermögenshaushalt entsprechend reduziert. Eine Ausnahme bilden hierbei Grundstücke.

Ebenso sind geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) ein Sonderfall. Diese werden aufgrund ihres geringen Wertes nicht aktiviert und sofort im selben Jahr zur Gänze als Aufwand verbucht. Seit 1. Jänner 2020 gilt eine Wertgrenze für GWGs in Höhe von 800 Euro. Diese Wertgrenze ist nach einem Beschluss im VR-Komitee auch für die VRV anzuwenden. Prinzipiell richtet sich die VRV nach den aktuellen GWG-Wertgrenzen gem. Einkommensteuergesetz. Eine Anpassung der VRV ist mit der nächsten Novelle vorgesehen.

Anschaffung und Finanzierung

Bei einer Anschaffung bzw. Investition im laufenden Finanzjahr scheint diese zunächst nur im Vermögenshaushalt und im Finanzierungshaushalt auf. Im Vermögenshaushalt wird der angeschaffte Vermögensgegenstand auf der Aktivseite ausgewiesen und im Finanzierungshaushalt ist in der investiven Gebarung der Geldabfluss bzw. die Auszahlung auf Ansatzebene ersichtlich. Wird das Anlagegut im selben Jahr in Betrieb genommen, so ist auch die Abschreibung zu verbuchen, die im Ergebnishaushalt aufscheint.

Bei mehrjährigen Investitionsvorhaben startet die Abschreibung erst mit Inbetriebnahme des Vermögensgegenstandes. D. h. wurde im Jahr 2020 mit einem mehrjährigen Vorhaben gestartet, wird der bisher angeschaffte Vermögensgegenstand im Rechnungsabschluss 2020 unter Anlagen in Bau ausgewiesen. In diesem Fall werden vorerst nur der Vermögenshaushalt und der Finanzierungshaushalt angesprochen (siehe Abb. 1). Wurde für die Anschaffung

ein Investitionszuschuss gewährt, bspw. in Form von Kapitaltransfers, so sind diese zu passivieren (Vermögenshaushalt) und über die Nutzungsdauer des angeschafften Vermögens als nicht finanzierungswirksamer Ertrag (Ergebnishaushalt) aufzulösen. Gleichzeitig werden bei den Einzahlungen die Kapitaltransfers verbucht, die im Finanzjahr auch tatsächlich eingegangen sind (siehe Abb. 2). Wird für eine Investition ein Darlehen aufgenommen, wird dies im Finanzierungshaushalt im Geldfluss aus der Finanzierungstätigkeit dargestellt. Grundsätzlich sind hier alle Tilgungen und Schuldenaufnahmen zu erkennen. Die Verbuchung von Darlehenszinsen hingegen erfolgt in der operativen Gebarung sowohl im Ergebnis- als auch im Finanzierungshaushalt. Wichtig ist, dass die Finanzierung durch Rücklagen nicht aus diesem Teil des Rechnungsabschlusses herausgelesen werden kann. Dazu muss der Investitionsnachweis herangezogen werden.

Sonderfall Bedarfszuweisungsmittel

Bei der Verbuchung von Bedarfszuweisungsmitteln für Investitionen erfolgt die Verbuchung in den Bundesländern unterschiedlich. Die Bundesländer Burgenland, Kärnten, Oberösterreich, Salzburg und Vorarlberg empfehlen den Gemeinden, erhaltene Bedarfszuweisungsmittel für Investitionen wie Investitionszuschüsse als Sonderposten zu passivieren und über die Nutzungsdauer des Vermögensgegenstandes aufzulösen. Bei dieser Buchungsart fließen die erhaltenen Mittel zunächst im Finanzierungshaushalt in der investiven Gebarung. Die Auflösung über die Nutzungsdauer erfolgt ertragswirksam im Ergebnishaushalt.

Die Gemeinden der Bundesländer Niederösterreich, Steiermark und Tirol sollen erhaltene Bedarfszuweisungsmittel ertragswirksam verbuchen. Dies bedeutet, dass die Mittel sofort im Ergebnishaushalt das Nettoergebnis und im Finanzierungshaushalt die operative Gebarung in voller Höhe verbessern. In der Steiermark müssen erhaltene Bedarfszuweisungsmittel in eine Rücklage gestellt werden und sind von dort über die Nutzungsdauer verteilt jährlich aufzulösen. In Niederösterreich ist eine solche Rücklagenbildung wahlweise möglich. »

Abbildung 1: Vermögenshaushalt: Immaterielle Vermögenswerte und Sachanlagen

Abbildung 2: Vermögenshaushalt: Sonderposten Investitionszuschüsse

Vermögensrechnung – AKTIVA

Langfristiges Vermögen Immaterielle Vermögenswerte

Immaterielle Vermögenswerte

Sachanlagen

Grundstücke, Grundstückseinrichtungen und Infrastruktur Gebäude und Bauten Wasser- und Abwasserbauten und -anlagen Sonderanlagen Technische Anlagen, Fahrzeuge und Maschinen Amts-, Betriebs- und Geschäftsausstattung Kulturgüter Geleistete Anzahlungen für Anlagen und Anlagen in Bau

31.12.2020 01.01.2020 Differenz

26.751.790,45 24.521.363,81 2.230.426,64 15.325,67 17.345,87 -2.020,20

15.325,67 17.345,87

-2.020,20

25.586.899,11 23.528.836,67 2.058.062,44

7.981.550,46 5.783.025,18 2.198.525,28 5.244.369,07 5.350.930,78 -106.561,71

9.804.025,15 10.297.396,11 -493.370,95

1.201.771,08 834.199,36 367.571,72

364.705,88 382.352,94 -17.647,06

892.836,14 97.641,33 778.670,58 102.261,72 114.165,55 -4.620,39

0,00 0,00 0,00

Quelle: Eigene Abbildung, KDZ/Mazars Austria 2020

Vermögensrechnung – PASSIVA

Sonderposten Investitionszuschüsse (Kapitaltransfers) Investitionszuschüsse

Investitionszuschüsse von Trägern öffentlichen Rechts Investitionszuschüsse von Beteiligungen Investitionszuschüsse von übrigen

31.12.2020 01.01.2020

787.251,23 729.831,03 787.251,23 729.831,03

764.705,88 705.882,35

0,00 22.545,35

0,00 23.948,68

Differenz

57.420,20

57.420,20

58.823,53 0,00 -1.403,33

Quelle: Eigene Abbildung, KDZ/Mazars Austria 2020

Bei KPC-Zuschüssen des Bundes wird oftmals der Zugang von Anlagen im Bereich Wasser und Abwasser gefördert. Damit handelt es sich um Kapitaltransfers. Das Besondere an KPC-Zuschüssen ist jedoch, dass in der Regel die Zahlungen über einen längeren Zeitraum und nicht auf einmal erfolgen. In der Praxis hat sich folgende Vorgehensweise herausgebildet: Sobald ein endgültiger Tilgungsplan vorliegt, ist der ausstehende Barwertanteil als Forderung abzubilden. Der gesamte Barwertanteil wird auf der Passivseite der Vermögensrechnung auf dem Konto 300 abgebildet und über die Nutzungsdauer der geförderten Anlage aufgelöst. Der Barwertanteil der laufend eingehenden KPC-Zahlungen wird auf dem Konto 300 als Zahlung abgebildet und reduziert die ausstehende Forderung. Der Zinsanteil wird auf dem Konto 860 als laufender Transfer abgebildet. Die für die Verbuchung erforderlichen Informationen lassen sich unter www.meinefoerderung.at abrufen.

Investitionsnachweis

Investitionen werden in der VRV 2015 im Finanzierungshaushalt dargestellt. Eine Unterscheidung von ordentlichem und außerordentlichem Haushalt, wie in der Kameralistik, ist nicht mehr vorgesehen. Im Finanzierungshaushalt wird in der investiven Gebarung jener Teil der Investition dargestellt, der im laufenden Jahr zu Auszahlungen geführt hat. Zusätzlich zur Verbuchung der Investition im Finanzierungshaushalt müssen Investitionen in einem eigenen Nachweis für die Investitionstätigkeit und deren Finanzierung dargestellt werden. Dabei handelt es sich um eine Nebenrechnung zur VRV 2015. Mithilfe des Investitionsnachweises soll dieselbe Informationstiefe, wie sie im außerordentlichen Haushalt bestanden hat, gewährleistet werden. Im Rahmen des Investitionsnachweises wird zwischen drei Arten von Investitionen unterschieden:

• Einjährige investive Einzelvorhaben • Mehrjährige investive Einzelvorhaben und • Sonstige Investitionen Bei den sonstigen Investitionen handelt es sich um kleinere investive Maßnahmen, die bisher im ordentlichen Haushalt in der Postengruppe 0 am jeweiligen Ansatz gebucht wurden (z. B. Anschaffung eines Geschirrspülers für den Kindergarten um 850 Euro). Diese Investitionen werden wie bisher im Rahmen des laufenden Betriebs finanziert.

Zusätzlich ist für einjährige und mehrjährige investive Einzelvorhaben die Finanzierung dieser Investitionen darzustellen. Die Finanzierung kann durch Zahlungsüberschüsse aus der operativen Gebarung, Kapitaltransfers, Rücklagen, Darlehensaufnahmen, Leasing oder Einzahlungen aus der Veräußerung von langfristigen Gemeindevermögen erfolgen. Die Finanzierung muss bei einer mehrjährigen Investition nicht im ersten Jahr erfolgen, sondern kann auch in einem der weiteren Jahre erfolgen.

Weitere Themen im Zusammenhang mit dem Anlagevermögen

• Abgrenzung, Aktivierung und Instandhaltung

In § 24 Abs. 8 VRV 2015 wird geregelt, dass angefallene Aufwendungen, die zu einer Vermehrung der Substanz, Vergrößerung der nutzbaren Flächen oder einer wesentlichen Verbesserung der

Funktionen führen, zu aktivieren sind.

In der Praxis ist eine Unterscheidung nicht immer eindeutig. Anhaltspunkte bezüglich einer wesentlichen Verbesserung können eine grundlegende Änderung der Wesensart des genutzten

Vermögenswertes sein oder wenn die

Nutzung des Anlagegutes durch die Verbesserung erheblich kostengünstiger wird bzw. wesentlich länger möglich wird. Hier ist im Anschluss auch gleich die Überlegung anzustellen, ob eine neue Restnutzungsdauer festgelegt werden muss. Dies ist grundsätzlich zu bejahen, wenn die neuen zu aktivierenden Kosten den Buchwert des „Altvermögens“ überschreiten.

• Abgänge

Falls es im Finanzjahr zu Vermögensabgängen gekommen ist, hat dies Auswirkungen auf alle Haushalte des DreiKomponenten-Haushalts. Einerseits scheidet der Vermögensgegenstand aus dem Vermögenshaushalt aus und andererseits erhält die Gemeinde bei der Veräußerung eine Einzahlung in der investiven Gebarung im Finanzierungshaushalt. Da der Vermögensgegenstand im Finanzjahr noch in der Gemeinde genutzt wurde, ist auch die Abschreibung, entweder für das ganze oder das halbe Jahr, als Aufwand im Ergebnishaushalt zu berücksichtigen. Außerdem ist das Ausscheiden des Vermögensgegenstandes als Aufwand im Ergebnishaushalt zu verbuchen, dem der Ertrag aus der Veräußerung gegenübergestellt wird. Damit die Finanzabteilungen auch diese Informationen rechtzeitig erhalten, sollten Prozesse eingerichtet werden, wie Abgänge des Anlagevermögens gemeldet werden. Dezentrale Abteilungen können beispielsweise mithilfe von Inventurlisten jährlich die Meldung machen, wenn ein Vermögensgegenstand verkauft oder entsorgt wird bzw. einen Schaden erleidet.

• Anlagen zum Rechnungsabschluss

Neben dem Investitionsnachweis, der länderspezifisch geregelt wird, sind für die Erstellung des Rechnungsabschlusses im Zusammenhang mit dem Anlagevermögen auch einige Anlagen gemäß

VRV 2015 zu erstellen. Dazu zählt die

Anlage 6g – Anlagenspiegel, die einen

Überblick der Entwicklung der Buchwerte je Anlageklasse nach MVAG Code gibt. Auch dem Rechnungsabschluss beizulegen sind die Anlagen 6h – Liste der nicht bewerteten Kulturgüter sowie 6i – Leasingspiegel. Letzteres listet die

Leasingverhältnisse einer Gemeinde getrennt nach Finanzierungsleasing und

Operating Leasing auf.

• Schutzbauten

Für Schutzbauten, die bis zum 31.12.2019 in Betrieb genommen wurden, wird eine Lösung durch das VR-

Komitee erarbeitet. Alle Schutzbauten, die ab dem 1.1.2020 in Betrieb genommen werden, müssen jedoch gemäß den

Bestimmungen der VRV 2015 aktiviert werden, sofern die Gemeinde wirtschaftliche Eigentümerin ist.

This article is from: