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Verbindlichkeiten

Kerstin Halbedl (Mazars)

Verbindlichkeiten sind ein Teil der Fremdmittel und sind von den Rückstellungen und den Finanzschulden abzugrenzen. Verbindlichkeiten sind per Definition Verpflichtungen der Gebietskörperschaft zur Erbringung von Geldleistungen, auf die ein Dritter einen vertraglichen oder gesetzlichen Anspruch auf Zahlung erlangt hat, welche dem Grunde und der Höhe nach feststehen.

Die Definition der VRV stellt sehr starr auf die Leistung von Geldbeträgen ab. Es ist nicht davon auszugehen, dass im Rahmen der Abschlusserstellung derart weit von anerkannten Rechnungslegungsregelwerken abgewichen wird und dabei die Tatsache negiert wird, dass Leistungsverpflichtungen auch auf andere Weise als durch die Übertragung von Geldmitteln getilgt werden können. Wesentlich ist dabei zu erkennen, dass eine wortgenaue und strenge Auslegung der VRV 2015 zu einer mangelnden abstrakten Bilanzierungsfähigkeit von Verbindlichkeiten führen würde. Dies kann nicht im Sinne des Gesetzgebers gewesen sein.

Verbindlichkeiten stellen also vertragliche oder gesetzliche Verpflichtungen der Gebietskörperschaft dar und sind in langfristige und kurzfristige Verbindlichkeiten zu unterteilen. Jene Verbindlichkeiten mit einer Fälligkeit von bis zu einem Jahr sind den kurzfristigen Verbindlichkeiten zuzuordnen. Im Gegensatz dazu stellen Verbindlichkeiten mit einer Fälligkeit von über einem Jahr langfristige Verbindlichkeiten dar.

Verbindlichkeiten sind zu ihrem Zahlungsbetrag zu bewerten. Unter dem „Zahlungsbetrag“ ist jener Betrag zu verstehen, mit dem eine Verbindlichkeit endgültig zu tilgen ist. Fremdwährungsverbindlichkeiten sind zum Referenzkurs der Europäischen Zentralbank am Rechnungsabschlussstichtag umzurechnen.

Abbildung 1: Vermögensrechnung, langfristige Fremdmittel

Vermögensrechnung – PASSIVA 31.12.2020 01.01.2020 Differenz

Langfristige Fremdmittel Langfristige Verbindlichkeiten

Langfristige Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen Leasingverbindlichkeiten Sonstige langfristige Verbindlichkeiten

Kurzfristige Fremdmittel Kurzfristige Verbindlichkeiten

Kurzfristige Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 93.438,93 74.397,43 19.041,50

Kurzfristige Verbindlichkeiten aus Abgaben 0,00 0,00 0,00 Sonstige kurzfristige Verbindlichkeiten 0,00 0,00 0,00 Sonstige kurzfristige Verbindlichkeiten (nicht voranschlagswirksame Gebarung) 4.519,53 17.111,38 -12.591,85

0,00 0,00 0,00

0,00 0,00 0,00

0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00

97.958,46 91.508,81 6.449,65

Quelle: eigene Abbildung, KDZ/Mazars Austria 2020

Ausweis der Verbindlichkeiten

• Nach Überprüfung möglicher vertraglicher oder gesetzlicher Verpflichtungen der Beispielgemeinde wurde festgestellt, dass zum 31.12.2020 keine langfristigen

Verbindlichkeiten mit einer Fälligkeit von über einem Jahr vorhanden sind.

• Die Überprüfung hat jedoch dazu geführt, dass 93.438,93 Euro als kurzfristige Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen auszuweisen sind.

Diese resultieren aus allen Leistungen und Lieferungen an die Gemeinde, die bis 31.12.2020 verrechnet waren (Rechnungseingang), jedoch aufgrund der

Verpflichtung zur sachlichen und rechnerischen Prüfung nicht bis zum Jahresende zur Zahlung angewiesen werden konnten.

• Zum Stichtag des Rechnungsabschlusses liegen auch noch sonstige Verbindlichkeiten iHv 4.519,53 Euro vor. Es handelt sich um eine Spesenabrechnung der Freiwilligen Feuerwehr im Rahmen des Weihnachtsmarktes am Hauptplatz im Dezember 2020. Diese Verbindlichkeiten sind daher im Sammelposten sonstige kurzfristige Verbindlichkeiten (nicht voranschlagswirksame Gebarung) auszuweisen.

Langfristige und kurzfristige Finanzschulden

Finanzschulden sind ein Teil der Fremdmittel und sind von den Rückstellungen und den Verbindlichkeiten abzugrenzen. Unter Berücksichtigung von § 18 Abs 5 VRV sind sämtliche Finanzschulden mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr den kurzfristigen Finanzschulden zuzuordnen. Daraus folgt, dass all jene Finanzschulden mit einer Fälligkeit von über einem Jahr, langfristig sind.

Unter Finanzschulden sind jene Verbindlichkeiten zu verstehen, welche zu dem Zwecke eingegangen werden, um der Gebietskörperschaft die Verfügungsmacht über Geld zu verschaffen (Geldverbind-

lichkeiten). Die Sicherheitsleistung alleine (Hingabe von Schatzscheinen oder sonstige Verpflichtungszusagen) begründet noch keine Finanzschuld. Erst durch die Auszahlung der Kreditvaluta entsteht die Verbindlichkeit (Akzessorietätsprinzip).

Zur vorübergehenden Kassenstärkung eingegangene Geldverbindlichkeiten (Kassenstärker) begründen Finanzschulden nur, soweit sie nicht innerhalb desselben Finanzjahres getilgt werden. Kassenstärker sind Instrumente der kurzfristigen Liquiditätsvorsorge, um jederzeit die Erfüllung fälliger Verpflichtungen der Gebietskörperschaft gewährleisten zu können. Als Kassenstärker kommen z. B. Barvorlagen, Ausleihungen bei Versicherungsanstalten oder Kontokorrentkredite in Frage.

Neben den allgemein umschriebenen Finanzschulden und den kurzfristigen Kassenstärkern sind gemäß VRV auch noch folgende vertraglich entstandene Verbindlichkeiten den Finanzschulden zuzurechnen:

1. Verbindlichkeiten der Gebietskörperschaft, welche bei Fälligkeit durch einen Dritten (Kreditinstitut, öffentliche

Hand) bezahlt werden, dem dann ein

Rückgriffsrecht gegen die Gebietskörperschaft entsteht. 2. Verbindlichkeiten, bei welchen der Gebietskörperschaft außergewöhnliche

Finanzierungserleichterungen dadurch eingeräumt werden, dass die Fälligkeit der Gegenleistung durch die Gebietskörperschaft auf einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren nach der erbrachten

Leistung durch den Vertragspartner an die Gebietskörperschaft festgesetzt oder hinausgeschoben wird. Bei Ratenvereinbarungen richtet sich die Beurteilung der zehnjährigen Frist nach dem letzten

Teilbetrag.

Diese etwas kryptische Beschreibung dessen, was offensichtlich der Kern des gewünschten Ergebnisses ist, nämlich Umgehungsversuche zu vermeiden und möglichst viele Verbindlichkeiten als Finanzverbindlichkeiten zu klassifizieren, wird klarer, wenn die Anlage 6c in die Analyse miteinbezogen wird. Nur Finanzschulden sind in den Einzelnachweis aufzunehmen. Die Angabeverpflichtungen der Anlage 6c zur VRV 2015 sind sehr umfangreich und umfassen:

• Ansatz/Konto • Währung • Darlehenshöhe gesamt • Buchwert 31.12. (t-1) • Zugang (t) • Tilgung (t) • Zinsen (t) • Summe Schuldendienst • Schuldendienstersätze (t) • Buchwert 31.12. (t) • Nettoschuldendienst • Laufzeit (von–bis)

Dabei ist, da es sich um einen Einzelnachweis handelt, jede einzelne Finanzschuld einer der angegebenen Kategorien zuzuordnen und die geforderten Angaben zu machen. Folgende Kategorien sind für Gemeinden vorgesehen:

• Darlehen für Investitionszwecke - Von Trägern des öffentlichen Rechts - Von Bund, Bundesfonds, Bundeskammern - Von Ländern, Landesfonds, Landeskammern - Von Gemeinden und Gemeindeverbänden - Von Sozialversicherungsträgern - Von sonstigen Trägern öffentlichen Rechts • Von Beteiligungen der Gebietskörperschaft (ohne Finanzunternehmen) • Von Unternehmen (ohne Beteiligungen und ohne Finanzunternehmen) • Von Finanzunternehmen - Im Inland - Im Ausland • Von Sonstigen

Da sich die Darlehenshöhe während der Laufzeit insbesondere durch Tilgungen ändert, erscheint es erforderlich, dass in die Spalte „Darlehenshöhe gesamt“ jeweils 100 % der Schuld eingetragen werden, wobei spätere Aufstockungen zu einer Erhöhung der Darlehenshöhe führen. Dies müsste selbst dann gelten, wenn der nach Aufstockung des Darlehens aushaftende Betrag (Buchwert) geringer ist als der ursprünglich aufgenommene Betrag. Die Angabe der Darlehenshöhe gesamt erscheint nur dann sinnvoll, wenn sämtliche Kreditaufnahmen vollständig gezeigt werden, da nur so die Finanzierungssituation der Gebietskörperschaft beurteilt werden kann. Unter Berücksichtigung der Anlage 3b zur VRV 2015 ist im Bereich der langfristigen Finanzschulden zwischen Finanzschulden für die Investitionstätigkeit und Finanzschulden zu unterscheiden.

Basierend auf der Anlage 3b zur VRV 2015 zählen folgende Konten zu den kurzfristigen Finanzschulden:

• Kurzfristige Finanzschulden aus Barvorlagen • Sonstige kurzfristige Finanzschulden

Bewertung

Die Bewertung von Finanzschulden erfolgt zum Nominalwert. Somit zu jenem Wert, der zwischen den Vertragspartnern vereinbart wurde. Spesen des Geldverkehrs und sonstige Geldbeschaffungskosten finden keinen Eingang in der Vermögensrechnung, da diese sofort auftragswirksam zu erfassen sind. Sofern eine Verbindlichkeit verzinst ist, sind die laufenden Zinsen bereits während des Finanzjahres als Aufwand nach Maßgabe der Finanzierungsvereinbarung zu erfassen und ebenfalls nicht in der Vermögensrechnung zum Rechnungsabschlussstichtag darzustellen.

Ausweis der kurzfristigen und langfristigen Finanzschulden

Im vorliegenden Beispiel werden zum 31.12.2020 langfristige Finanzschulden iHv 6.747.546,77 Euro in der Vermögensrechnung ausgewiesen. Dieser Saldo setzt sich wie folgt zusammen:

• Die Gemeinde des vorliegenden Beispiels hat vor zwei Jahren mit der Sanierung des Kanalsystems begonnen. Für dieses Projekt wurde ein Investitionsdarlehen in Millionenhöhe aufgenommen. Diese Finanzschulden sind in der Vermögensrechnung als langfristige Finanzschulden auszuweisen. »

Abbildung 2: Vermögensrechnung, langfristige Finanzschulden

Vermögensrechnung – PASSIVA 31.12.2020 01.01.2020 Differenz

Langfristige Fremdmittel Langfristige Finanzschulden, netto 6.747.546,77 5.955.113,90 792.432,88

Langfristige Finanzschulden 6.747.546,77 5.955.113,90 792.432,88 Langfristige Forderungen aus derivaten Finanzinstrumenten mit Grundgeschäft (-) 0,00 0,00 0,00 Langfristige Verbindlichkeiten aus derivaten Finanzinstrumenten mit Grundgeschäft 0,00 0,00 0,00

• Im Vorjahr wurde mit der Renovierung des Kindergartens der vorliegenden Gemeinde begonnen. Für dieses Vorhaben wurde der Gemeinde ein Investitionsdarlehen vom Land gewährt. Dieses

Darlehen ist ebenfalls in der Vermögensrechnung unter langfristige Finanzschulden anzuführen. • Die Gemeinde hat ein Spezial-Fahrzeug für den Bauhof bestellt. Die bei Vertragsabschluss vereinbarten Zahlungskonditionen sehen vor, dass der Kaufpreis sofort bezahlt wird. Dieser beträgt 280.000 Euro.

Nachdem das Fahrzeug geliefert und übernommen wurde, hat die Gemeinde mit dem Händler eine Tilgung des Kaufpreises über 12 Jahre vereinbart. Der Preis des Fahrzeugs erhöht sich um 20.000 Euro auf 300.000 Euro. In diesem Fall wurden ein Kaufvertrag und ein Finanzierungsvertrag geschlossen. Dies führt zu einem

Ausweis in den Finanzschulden iHv 300.000 Euro.

Weiters ist zu beachten, dass die Fristigkeit der Finanzschulden nicht nach der Endfälligkeit, sondern nach dem Zeitpunkt der Rückzahlung (Tilgung) zu beurteilen ist. Der Anteil der Tilgungen der langfristigen Finanzschulden im Jahr 2021 sollte daher unter den kurzfristigen Finanzschulden dargestellt werden. Alternativ ist zumindest im Lagebericht zu erläutern, dass in den langfristigen Finanzschulden Tilgungen iHv. x Euro enthalten sind, die im Jahr 2021 bezahlt werden und somit zu den kurzfristigen Finanzschulden gehören.

In der Beispielgemeinde sind zum Rechnungsabschlussstichtag keine kurzfristigen Finanzschulden vorhanden. Aufgrund einer vorsichtigen, sparsamen und risikolosen Gebarung hat die Gemeinde auch kein einziges kurz- oder langfristiges Finanzinstrument erworben. Daher bestehen weder Forderungen noch Verbindlichkeiten aus derivativen Finanzinstrumenten. Im Unterschied zu originären Finanzinstrumenten leitet sich der Wert eines derivativen Finanzinstruments von einem sogenannten Basiswert ab. Um den (Markt-)Wert eines derivativen Finanzinstrumentes zu beurteilen, muss daher, bildlich gesprochen, durch das Finanzinstrument hindurchgeblickt und der dahinter liegende Wert betrachtet werden. Es besteht somit ein enger Zusammenhang zwischen dem (Markt-)Wert eines derivativen Finanzinstrumentes und dem zugrunde liegenden Basiswert. Zu den Grundfor-

Quelle: eigene Abbildung, KDZ/Mazars Austria 2020

Abbildung 3: Vermögensrechnung, kurzfristige Finanzschulden

Vermögensrechnung – PASSIVA

Kurzfristige Fremdmittel

Kurzfristige Finanzschulden, netto

Kurzfristige Finanzschulden

Kurzfristige Forderungen aus derivaten

Finanzinstrumenten mit Grundgeschäft (-)

Kurzfristige Verbindlichkeiten aus derivaten

Finanzinstrumenten mit Grundgeschäft

31.12.2020 01.01.2020 Differenz

0,00 0,00 0,00

0,00 0,00 0,00

0,00 0,00 0,00

0,00 0,00 0,00

Quelle: eigene Abbildung, KDZ/Mazars Austria 2020 men der derivativen Finanzinstrumente zählen: • Optionen • Swaps • Fest- bzw. Termingeschäfte

Gemeinsam ist den derivativen Finanzinstrumenten, dass sie keine oder verhältnismäßig geringe Anschaffungskosten haben.

Sachrückstellungen

Die grundlegenden Informationen über das Wesen von Rückstellungen, die Voraussetzungen zur Bildung von Rückstellungen, die Bewertung sowie die Ausführungen über die Notwendigkeit der Bildung von Rückstellungen finden Sie im Kapitel zum Personal. Die Ausführungen zu den Personalrückstellungen gelten somit auch für die Sachrückstellungen.

Sind zum Rechnungsabschlussstichtag die Ansatzvoraussetzungen gegeben, sind Rückstellungen für die Verpflichtung zum Stichtag des Rechnungsabschlusses zu bilden. Im Zuge der Abschlussarbeiten ist jedenfalls zu überprüfen, ob und in welcher Höhe eine Rückstellung zu bilden ist. In einem weiteren Schritt ist darauf zu achten, ob bereits eine Rückstellung für den entsprechenden Sachverhalt im Laufe des Finanzjahres gebildet wurde und ob die vorhandene Rückstellung in korrekter Höhe eingebucht wurde. Falls die bereits vorhandene Rückstellung niedriger ist als der zum Stichtag errechnete Rückstellungsbedarf, muss die Differenz daraus noch dotiert und somit ertragswirksam erfasst werden. Im umgekehrten Fall ist eine bereits vorhandene Rückstellung, die den errechneten Rückstellungsbedarf übersteigt, entsprechend aufwandswirksam aufzulösen.

Die im Rechnungsabschluss enthaltenen Rückstellungen sind in der Anlage 6q im Detail aufzulisten und darüber hinaus ist die Entwicklung der Rückstellung beginnend mit dem Vorjahresstichtag bzw. mit dem Eröffnungsbilanzstichtag darzustellen. Auch wenn die Aufzählung der Rückstellungen in dieser Anlage abschließend erscheint, handelt es sich nach § 37 Abs. 2 VRV 2015 nur um Mindestangaben, sodass

die Spalte „Sonstige langfristige Rückstellungen“ detailliert werden kann und ein weiterer Eintrag für sonstige kurzfristige Rückstellungen vorgenommen werden kann. In der Beispielgemeinde wurden zum Rechnungsabschlussstichtag keine Sachrückstellungen festgestellt.

Langfristige Sachrückstellungen

Rückstellungen für Haftungen

Rückstellungen für Haftungen sind dann anzusetzen, wenn eine Inanspruchnahme zumindest überwiegend wahrscheinlich ist. Im Falle von Haftungen ist aber nicht das Abgeben einer Haftungszusage mit dem Entstehen einer Verpflichtung gleichzusetzen. Erst wenn der Haftungsfall einzutreten droht, weil der Hauptschuldner seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, ist eine Einschätzung zu treffen, ob eine Verpflichtung aus der Haftung bereits entstanden ist oder zumindest mit überwiegender Wahrscheinlichkeit entstehen wird. Grundsätzlich sind auch die Rückstellungen für Haftungen einzeln zu bewerten. Allerdings kann von diesem Grundsatz abgegangen werden. Auf Basis der Erfahrungswerte der letzten zumindest fünf Finanzjahre – diese können auch vor der Erstellung des ersten Rechnungsabschlusses gelegen sein – können Haftungen zu Risikogruppen zusammengefasst und gemeinsam bewertet werden. Im Rahmen des Rechnungsabschlusses sind daher in einem ersten Schritt alle im Finanzjahr neu eingegangenen Haftungen der Gemeinde sowie die bereits seit der Eröffnungsbilanz vorhandenen Haftungen zu sammeln und dann in einem zweiten Schritt die Wahrscheinlichkeit einer Haftungsinanspruchnahme zu beurteilen. Wenn ein Ereignis vorliegt und man damit rechnen muss (mehr als 50 %), dass ein Haftungsfall eintritt, ist eine Rückstellung in der voraussichtlichen Höhe der Inanspruchnahme zu bilden.

Ergänzend zu den im Rechnungsabschluss nach § 30 VRV 2015 ausgewiesenen Rückstellungen für Haftungen, bei denen eine Inanspruchnahme mit überwiegender Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, sind mit der Anlage 6r der VRV 2015 eine Aufstellung aller Haftungen und deren Entwicklung im Rechnungsjahr offenzulegen. Sofern für die Gemeinden eine Haftungsobergrenze aufgrund einer entsprechenden Landesregelung existiert, ist diese ebenso aufzunehmen.

Rückstellungen für Sanierung von Altlasten

Rückstellungen für die Altlastensanierung stellen Verpflichtungen der Gebietskörperschaft gegenüber (Grund)eigentümern oder gegenüber der Allgemeinheit dar. Sie sind, mit den zu erwartenden Kosten, abgezinst auf den Barwert, in der Vermögensrechnung anzusetzen. Wenn es sachgerecht erscheint und die Altlastensanierung schrittweise erforderlich wird, spricht nichts dagegen, die Rückstellung kontinuierlich aufzubauen. Dies muss jedoch dem wirtschaftlichen Gehalt der Entstehung der Sanierungsverpflichtung entsprechen. Die Voraussetzungen für die Bildung einer derartigen Vorsorge entsprechen jenen der allgemeinen Voraussetzungen. Unter den Rückstellungen für Altlasten sind jedenfalls öffentlich-rechtliche Verpflichtungen auszuweisen, wenn diese nach ihrem Inhalt und ihrem Entstehungszeitpunkt hinreichend konkretisiert sind. Rückstellungen für Sanierung von Altlasten sind bei Entsorgungs-, Entfernungs-, Wiederherstellungs-, Rückbau- und Rekultivierungsverpflichtungen denkbar.

Sonstige Rückstellungen

Bei der (Erst-)Erfassung von sonstigen Rückstellungen ist die Zuordnung zu kurzfristigen und langfristigen sonstigen Rückstellungen ausschlaggebend. In diese Sammelposten können nicht namentlich genannte Rückstellungen aufgenommen werden. Unter der Position der sonstigen langfristigen Rückstellungen sind Verpflichtungen nur dann (verpflichtend) anzusetzen, wenn deren Wert jeweils mindestens 10.000 Euro beträgt. Hingegen ist im kurzfristigen Bereich keine Wertgrenze für den Ansatz vorgesehen.

Kurzfristige Sachrückstellungen

Rückstellungen für Prozesskosten

Die Rückstellungen für Prozesskosten sind in § 29 VRV 2015 geregelt und sind anzuwenden auf Rechtsstreitigkeiten wie gerichtsanhängige Aktiv- und Passivprozesse sowie Fälle, bei denen die Gebietskörperschaft der Ansicht ist, dass die Sache wahrscheinlich gerichtsanhängig gemacht werden wird.

Im Rahmen der Erstellung des Rechnungsabschlusses sind daher mögliche Rechtsstreitigkeiten zu beurteilen. Es ist eine Schätzung der voraussichtlichen Kosten (bisher angelaufene Kosten plus sämtliche mit dem Prozess verbundene Aufwendungen) und der Verfahrensdauer vorzunehmen sowie schließlich gegebenenfalls eine Rückstellung zu bilden.

Rückstellungen für ausstehende Rechnungen und Bescheide

Auch die Rückstellungen für ausstehende Eingangsrechnungen, sofern deren Wert jeweils 5.000 Euro übersteigt, sind im kurzfristigen Bereich darzustellen. Der Inhalt dieser Rückstellungen ist, dass Leistungen vor dem Abschlussstichtag konsumiert bzw. empfangen wurden, die Eingangsrechnung bis zum Stichtag jedoch noch nicht eingelangt ist. Für den Rechnungsabschluss bedeutet dies, dass entsprechend sicherzustellen ist, dass die notwendigen Informationen (zeitgerecht) verfügbar sind, um eine Abschätzung von nicht eingetroffenen Eingangsrechnungen zu machen. Hat die Gemeinde entsprechende Systeme eingerichtet, anhand derer zu erkennen ist, welche Bestellungen bereits geliefert bzw. geleistet wurden, jedoch noch nicht vonseiten des Lieferanten mittels Eingangsrechnung verrechnet wurden, ist hier eine entsprechende Vorsorge zu bilden.

Da der Rechnungsabschluss im März 2021 abzugeben ist, werden eigentlich kaum Rückstellungen für offene Rechnungen zu bilden sein. Diese Vorsorgen machen daher nur Sinn, wenn der Erstellungszeitpunkt sehr zeitnah zum Rechnungsabschluss erfolgt. Sie sind vor allem im Baubereich, wenn bedeutsame Bauvorhaben sich über den Stichtag ziehen, vorzufinden. Nähere Erläuterungen zu den einzelnen Sachrückstellungen finden Sie in der Sonderausgabe zur Eröffnungsbilanz zum 01.01.2020.

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