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Superfoods – das Essen von morgen?
von Alexander Eing
Aktuell ist nicht nur auf der Kinoleinwand alles super, neben den Avengers und der Justice League machen sich auch in Supermarktregalen Helden breit. Doch wie schmecken Insektensnacks und Spirulinanudeln? Ich habe den Selbsttest gewagt!
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Pfanne gehüpft: Alles an ihnen war genau erkennbar, die Flügel, die Augen, die Beinchen. Der Geschmack war dagegen unspektakulär. Die Insekten hatten keinen besonders starken Eigengeschmack, meine Freunde beschreiben den Geschmack als leicht nussig.
Beim ersten Blick auf die Packungsangabe fällt auf: „Wow! Das ist wirklich gesund!“. Die Buffalowürmer haben 60 % Eiweiß, das Spirulinapulver sogar 66 %! Beide enthalten relativ wenig Salz und Kohlenhydrate und das Spirulinapulver kann zusätzlich mit einem hohen Gehalt an Eisen und Vitamin B1 auftrumpfen. Besonders die Nudeln aus Edamame mit Spirulina sind im Vergleich zu normalen Nudeln aus Hartweizen echte Eiweißbomben: Sie enthalten dreimal so viel Eiweiß und nur ein Siebtel der Kohlenhydrate. Und auch sonst sollen Superfoods viele lebensverbessernde Wirkungen mit sich bringen. Trotzdem hatte ich anfänglich ein komisches Gefühl. Insekten essen klingt für viele nicht gerade appetitlich, Algen* kannte ich nur vom Sushi und als Pulver schon gar nicht und von Edamame hatte ich vor dem Selbstversuch noch nie gehört. Mittlerweile
*eigentlich ist Spirulina keine Alge, sondern ein Cyanobakterium. Weil Cyanobakterien Algen aber in gewissen Punkten ähneln, werden sie auch Blaualgen genannt. weiß ich, dass Edamame eine Soja-Art ist. Dabei ist das alles nicht neu: Zwei Milliarden Menschen ernähren sich bereits von Insekten, z.B. in Ländern, wie Thailand, Mexiko und Japan. Algen stehen ebenfalls in vielen Teilen der Welt auf dem Speiseplan, so auch in Nordeuropa.
Nach etwas Überwindung konnte ich mich dazu durchringen, die Nahrungsmittel zu probieren. Zuerst die Insekten, in einem mongolischen Restaurant wurden uns Grillen, Heimchen und Buffalowürmer serviert. Besonders die Grillen machten noch den Eindruck, als seien sie gerade erst von der Wiese in die Das Spirulinapulver war da spannender. Das Pulver hat eine sehr dunkle Grünfärbung, laut Angabe auf der Verpackung soll man jeden Tag 5 g davon in Wasser auflösen und trinken. Das Pulver riecht seltsam, ein bisschen wie Heu, aber auch etwas süßlich. Der entstandene Spirulina-Shake war dickflüssig, dunkelgrün und trüb. Alarmiert durch den Geruch habe ich einen Schluck getrunken: Der Shake schmeckt nach Heu und Erde, mir hat er nicht gut geschmeckt. Auch meine Familie war nicht überzeugt. Davon jeden Tag ein Glas zu trinken, könnte ich mir nicht vor-
stellen! Auch die Edamamenudeln, die ich bestellt habe, enthielten Spirulinapulver. Bei der Zubereitung erinnern die Spaghetti an Algen, die am Strand herumliegen und sich beim Schwimmen um die Beine schlingen. Die Nudeln schmecken genau wie das Spirulinapulver und bekommen von mir deshalb keine Empfehlung. Glücklicherweise sind die Nudeln sehr sättigend, so dass bereits eine kleine Portion meinen Hunger getilgt (oder mir den Appetit verdorben) hat.
Natürlich gibt es viele andere Superfoods, die ich nicht getestet habe: Chia-Samen, Açai-Beeren und Kakao zum Beispiel. So sind Chia-Samen eine gute Quelle für essenzielle mehrfach ungesättigte Fettsäuren, Açai-Beeren sollen besonders viele Antioxidantien enthalten und Kakao soll eine blutdrucksenkende Wirkung haben. Bei vielen sogenannten Superfoods gibt es aber einen Haken. „Superfoods“ ist vor allem für die Hersteller der Lebensmittel ein tolles Wort. Es eignet sich hervorragend, um die eigenen Produkte zu bewerben. Bei genauerer Prüfung fällt auf, dass Chia-Samen eigentlich nicht besser sind als Leinsamen, die in Deutschland schon lange verzehrt werden. Açai-Beeren enthalten tatsächlich viele Antioxidantien, allerdings konnte die krebslindernde Wirkung dieser Substanz nur im Tierversuch unter Laborbedingungen mit deutlich höheren Mengen nachgewiesen werden. Beim Kakao ist es ähnlich, auch hier tritt die Wirkung erst bei hohen Mengen auf. Wer Kakao z.B. in Form von Schokolade in den nötigen Mengen isst, wird dadurch seinen Blutdruck erhöhen, da das Fett und Zucker in der Schokolade den gegenteiligen Effekt bewirken! Auch das Spirulinapulver hat einen Haken: Wer die empfohlene Höchstmenge von 5 g pro Tag zu sich nimmt, hat trotz des hohen Proteingehalts nur etwas mehr als 3 g Eiweiß aufgenommen. Und glaubt mir: Das ist es den Geschmack nicht wert!
Das Europäische Informationszentrum zu Lebensmitteln meint zu Superfoods, dass zwar in Studien oft positive Wirkungen gezeigt werden, die jedoch im realen Leben mit normaler Ernährung nicht auftreten. Statt auf den Segen der Superfoods zu hoffen, sollte sich jede*r möglichst gesund und abwechslungsreich ernähren.
Meiner Meinung nach können Insekten und proteinreiche Pflanzen, wie Soja, den eigenen Mittagstisch aber sinnvoll ergänzen. Mit ihrem hohen Proteingehalt bilden Insekten eine sehr umweltfreundliche Alternative zu Fleisch und mit der richtigen Würzung schmecken sie auch richtig gut. Viele vegane Fleischersatzprodukte werden aus Erbsen-, Weizen- oder Sojaprotein hergestellt und es lohnt sich, diese zu probieren.
Mittlerweile werden in einigen Supermärkten Buffalowürmer angeboten, manche Filialen der Burger-Kette „Hans-im-Glück“ bieten einen Insektenburger an und die Restaurantkette „Mongos“ hat ein Insektenangebot auf der Karte. Im Internet gibt es viele Möglichkeiten, Insekten als Nahrungsmittel zu bestellen. Ein Wermutstropfen bleibt: Noch sind diese Produkte sehr teuer.
Übrigens: Wer Spirulina selbst einmal testen möchte, kann sich bei mir melden. Ich gebe mein restliches Pulver gerne ab.
Ein ungewöhnlicher Anblick: Die grünen Nudeln erinnern nicht nur äußerlich an angespülte Algen. Die Bolognese mit Soja-Hack hingegen schmeckte hervorragend! Als Fensterbankdekoration zwischen Orchideen macht sich der Spirulina-Shake sehr gut!
Das Insekten-Trio aus Grillen, Heimchen und Buffalowürmern konnte ich bei Mongos in Duisburg probieren.