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In die Gärten

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Pepe

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Triest zu Zeiten von Corona: Sogar zur berühmten Barcolana-Regatta gab es freie Hotelzimmer – und danach mehr Infizierte. Die Gastronomie hofft jetzt auf einen milden Winter mit vielen Gastgartentagen.

TEXT GEOrGES dESrUES FOTOS dESrUES, COP, GrÖMEdIA, SHUTTErSTOCK.COM

Das hatte Triest in diesem so harten Jahr 2020 gerade noch gefehlt. Nach prachtvollen Tagen kippt am 11. Oktober plötzlich das Wetter. „Bora scura“, also „dunkle Bora“, nennen die Triester das seltene Phänomen, wenn der heftige Fallwind Bora ausnahmsweise nicht den Himmel freibläst, sondern von dunklen Wolken und Regen begleitet wird. Und genau so eine Bora scura bricht in der Nacht zur Barcolana herein. Jener Segelregatta, die als die größte der Welt gilt und alljährlich Tausende in die Hafenstadt lockt.

Für die Triester Gastronomie und Hotellerie steht die Barcolana als Ende und Höhepunkt der Sommersaison. In normalen Jahren sind Hotels, Restaurants und Bars ein Wochenende lang zum Bersten voll. Um eine Tischreservierung muss man sich Wochen im Voraus bemühen. Um ein Hotelzimmer gar Monate.

Doch im Covid-Jahr 2020 war alles anders. „Am Donnerstag vor dem Barcolana-Wochenende hatten wir noch 20 Zimmer frei, so etwas war noch nie da“, erzählt Riccardo Zanellotti, Direktor des Hotels Savoia Excelsior, des größten der Stadt. In normalen Jahren gebe es ab Juni keine Zimmer mehr für dieses Wochenende im Oktober, doch beschweren könne er sich dennoch nicht, fährt Zanellotti fort. „20 leere Zimmer bedeuten ja zugleich, dass von unseren 144 Zimmern 124 belegt waren.“

Zumal es den Kollegen in anderen Städten viel schlimmer gegangen sei. „Die Hotelkette, der wir angehören, betreibt weitere drei Hotels in Rom. Jedes einzelne davon ist größer als unseres. Doch selbst zusammengenommen war ihre Belegung im vergangenen Sommer geringer als bei uns“, erzählt Zanellotti.

Barcolanas Wetterpech

Wie dem Savoia Excelsior ist es im Großen und Ganzen der gesamten Stadt ergangen. Nach Jahren des rasanten Anstiegs musste man 2020 kleinere Brötchen backen. „Doch muss man dankbar sein, dass man überhaupt welche backen durfte“, sagt Marco Munari, Betreiber der Fisch-Osteria Salvagente. Mai und Juni seien aber nicht mehr aufzuholen. Als zuerst noch Lockdown herrschte und die

Bild mit Seltenheitswert: Während des Lockdowns war Triests Riva menschenleer (großes Foto). Die Mole Audace - ganz oben an normalen Tagen, darunter bei Bora scura. Und ein Bild der Barcolana 2019, heuer musste sie wegen Bora abgesagt werden.

Österreicher die Grenzen nicht öffneten. Als sie das mit 15. Juni doch taten, kippte das Wetter. Was gerade in kleinen Lokalen ein Problem ist, wenn sie wie das Salvagente mehr Tische im Freien haben als im Inneren, wo dann auch noch Distanzregeln herrschten. „Zum Glück lockerte die Stadtregierung daraufhin die Vorschriften für Gastgärten“, sagt Munari, „nach einem Antrag durfte man den Garten in alle Richtungen ausdehnen.“ Und so stellte der Wirt zusätzliche Tische und Stühle auf und heuerte sogar extra Personal an, um das alles auch versorgen zu können.

Wie Munari ging es vielen. Durch die lockere Verordnung glich die Triester Innenstadt plötzlich einem gewaltigen Gastgarten. Zumal einige Straßen, wie die via Cadorna, die parallel zur Uferstraße verläuft, an den Wochenenden kurzerhand zu Fußgängerzonen erklärt wurden. Was zur Folge hatte, dass einige Lokale wie etwa das Fischrestaurant Nero di Seppia oder auch das Mimi & Cocotte erstmalig Tische im Freien bewirten konnten. „Natürlich hat das geholfen“, betont Giovanna Abbondanza, Betreiberin des Mimi & Cocotte, „allerdings musste die von uns geführte Terrassen-Bar am Dach des Museums Revoltella geschlossen bleiben.“ Im Endeffekt konnte der Gastgarten den Einnahmenverlust nur zum Teil abfedern. Mithilfe von Touristen aus Italien, die in diesem Sommer mehr denn je zuvor nach Triest strömten. Auf „Urlaub in der Heimat“ setzen eben nicht nur Österreicher und Deutsche.

(Zu) viel gefeiert

Die italienischen Besucher – unter ihnen viele Junge – sorgten dafür, dass die Triester Ausgehviertel wie jenes um via Cadorna und via Torino zumindest an den Sommerwochenenden sehr gut besucht waren – zu gut, wie viele meinten. Dank schönem Wetter ging das so bis zur Barcolana. Am Freitag vor der Sonntagsregatta nahm es dann bedrohliche Ausmaße an. Vor einigen Lokalen standen DJs, die Leute sangen, tanzten, grölten. Sodass der Stadtregierung nichts übrig blieb als eine Sperrstunde um 23 Uhr auszurufen – und das einen Tag vor der Regatta!

Dass diese wegen der Bora scura gar nicht stattfand, macht heute viele Wirte nachdenklich. „Wahrscheinlich wäre es

Herr Joyce muss keine Maske tragen, die Herren in der La Sachetta schon. Die Vorschriften sind streng, Giovanna Abbondanza hat offen, vermisst aber ihre Museums-Terrasse

besser gewesen“, sagt Abbondanza, „die Barcolana überhaupt abzusagen und sich mit dem halbwegs guten Sommergeschäft zufriedenzugeben.“ Eine Erkenntnis, die viele Triester teilen. Jetzt, wo die an und für sich schon schwächere Wintersaison bevorsteht, die Lokale weniger Plätze vergeben dürfen – und der Virus noch immer wütet.

Seit dem Barcolana-Pech ist die Stimmung etwas gekippt. Das Leben geht zwar weiter, aber die Infektionszahlen steigen nun auch in Triest wieder an. Was, wie viele meinen, dem Rummel vom RegattaWochenende geschuldet ist. Seitdem sind wieder strengere Regeln in Kraft und werden auch strikter überprüft. Von der Regierung in Rom wurde das Notstandsgesetz bis zumindest Jänner 2021 verlängert.

Einige Lokale haben nach dem Lockdown (noch) nicht wiedereröffnet. Darunter das beliebte Bier-Lokal „Bire“ an der Uferstraße. Und das alteingesessene Restaurant Scabar von Triests wohl berühmtester Köchin, Ami Scabar. Andere wiederum haben sich radikal verändern müssen, wie etwa das für Musik-Live-Auftritte bekannte Loft, das als Lounge und Steak-Restaurant wiedereröffnet hat.

Seit Ende des Lockdowns in Italien, also seit dem 18. Mai, dürfen Lokale nur mit Mund-Nasen-Schutz betreten werden. Auch darf man sich in den Lokalen nur mit einem solchen bewegen. Mund-NasenSchutz muss auch auf offener Straße getragen werden. Kontrolliert wird sowohl auf der Straße als auch, wie Wirt Munari zu erzählen weiß, in Bars und Restaurants. Zuwiderhandlungen können mit 400 bis 3000 Euro bestraft werden (auch im Freien!). Zu friedlichen Demonstrationen gegen die frühe Sperrstunde ist es auch schon gekommen. Etwa am 26. Oktober, als zahlreiche Lokalbetreiber und Geschäftsleute die Piazza Unità füllten.

Zu Redaktionsschluss galt in Triest wie in ganz Italien für Bars und Restaurants eine generelle Sperrstunde um 18 Uhr. Ende Oktober wurden die Grenzen zwischen Italien und Slowenien geschlossen. Ausnahmen gibt es für Pendler und Durchreisende, die Slowenien innerhalb von zwölf Stunden wieder verlassen. Eine Gästeregistrierung gibt es in italienischen Lokalen bis dato nicht, eine maximale Gästeanzahl und Distanzregeln aber sehr wohl. Weswegen Reservierungen nahezu unerlässlich sind.

Alle öffentlichen Museen sind bis Ende des Jahres gratis zu besichtigen. Viele Ausstellungen verlangen jedoch eine Voranmeldung per Telefon oder Internet. ■

Beliebt, aber geschlossen: Bierlokal "Bire"

Touristeninformation Trieste Infopoint.

Via dell'Orologio 1, an der Ecke zur Piazza Unità d'Italia, 34121 Trieste. Tel. (+39 040) 34 78 312, www.turismofvg.it/Localita/Trieste Hotels

Savoia Excelsior Palace. Historisches Luxushotel in Bestlage an der Uferstraße mit grandiosem Ausblick auf den Golf von Triest. Riva del Mandracchio, 4, 34124 Triest, (+39 040) 77941, www.starhotelscollezione.com doubleTree by Hilton. Im Dezember des Vorjahres eröffnetes Haus in prachtvollem Palazzo aus der Habsburgerzeit, mitten im zentralen ShoppingViertel. Piazza della Repubblica 1, 34122 Triest TS, (+39 040) 9712950, www.hilton.com The Modernist. Kürzlich eröffnetes Design-Hotel in JugendstilPalazzo. Bis zum inoffiziellen Hauptplatz, der Piazza d’Unità d’Italia sind es nur wenige Schritte. Corso Italia, 12, 34121 Triest TS, (+ 39 040) 064 5690, https://themodernisthotel.it/ Essen/Trinken

Mimi & Cocotte. Sympathisches Lokal zwischen Uferstraße und Museo Revoltella mit ansprechender Küche und beliebtem Frühstücksangebot. Via Luigi Cadorna 19, (+39 348) 836 9072

Trattoria Nero di Seppia.

Freundlich-modernes Fischrestaurant mit Fisch aus lokalem Fang und guter Weinauswahl. Via Luigi Cadorna 23, (+39 040) 301377, www.trattorianerodiseppia.com Salvagente. Historische Osteria beim Yachthafen. Einfache Küche, nicht mehr so günstig wie früher. Reservierung notwendig. Via dei Burlo 1, (+39 040) 260 6699 Tavernetta Al Molo. Gutbürgerliches Fischrestaurant in Bestlage am Fuße des Schlosses Miramare und vor dem kleinen Hafen von Grignagno. Riva Massimiliano e Carlotta 11, Grignano, (+39 040) 224 275, www.tavernettaalmolo.it da Siora rosa. Der Klassiker unter Triests „Buffets“, also der lokalen Version der Beisl. Venezianisch beeinflusste Fischgerichte sind genauso Teil des Angebots wie mitteleuropäisch anmutendes Sauerkraut mit Würsten. Piazza Attilio Hortis 3, (+39 040) 30 14 60 Bar Viva. Die Bar Viva war die erste auf dem hübschen kleinen Platz Piazza in der Altstadt. Inzwischen sind weitere hinzugekommen und die Piazza del Barbacan ist zum Ausgehviertel geworden. Keine Speisen. Piazza del Barbacan 2/b, (+39 334) 344 9517

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