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Er-Lesenes

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Buona sera a tutti

Buona sera a tutti

Er-lesene Tipps: Bücher für Alpe-Adria-Reisende, Kulinarier, Krimifans.

TEXT H. & M. grÖTSCHNIg FOTOS KK

Ein Fall für Joe

Aus der schier endlosen Reihe der Regionalkrimis: „Die Sehnsucht der Kormorane“ (Wieser Verlag, 14,95 €) ist Silvija Hintzmanns vierter Fall für Joe Prohaska. Der frühpensionierte Stuttgarter Ermittler lebt in Istrien und stolpert dort in schöner Regelmäßigkeit über knifflige Mordfälle. Diesmal ist der Betreiber eines Strandlokals in Opatija einem Brandanschlag zum Opfer gefallen – und Inspektor Rossi, Polizist vor Ort, bittet Joe um Hilfe bei der Aufklärung. Macht er natürlich gerne – aber bis es so weit ist, müssen erst einmal Lügengeflechte entsponnen werden. Spannendes Buch der in Stuttgart lebenden, aus Kroatien stammenden Übersetzerin.

Flüchtiges glück

Wigs Ehe mit Maria, na ja. Hat schon bessere Zeiten erlebt. Aber dann ist da ja auch Nora, seine junge Geliebte. Und plötzlich ist Maria weg. Einfach weg, und Wigs Volvo hat sie auch mitgenommen. Hubert Achleitner, als Hubert von Goisern ein (volks-)musikalischer Begriff, hat seinen Romanerstling auf zwei Ebenen geschrieben – aus Wigs und aus Marias Blickwinkel. Er schickt seine Figuren auf ihren Reisen zu sich selbst durch Europa, zum Berg Athos – und wieder retour. Und wenn auch manches in „flüchtig“ ein wenig unwahrscheinlich klingt - man liest sich gern durch diese einfühlsam geschriebene Geschichte über Liebe, Sehnsucht und das ach so flüchtige Glück. flüchtig, Hubert Achleitner, Zsolnay, 23,70 €

Alpe-AdriaPoesie

Veras Familie ist beim Friauler Erdbeben von 1976 obdachlos geworden. Das Kind aus Venzone kommt deshalb nach Villach, zu Tante Rosa und Onkel Hans, die 1940 vom Kanaltal nach Kärnten ausgewandert sind. Onkel Hans ist alles andere als italofreundlich - das bekommt Vera zu spüren. Sie flüchtet sich in Fantasiewelten und in ihre erste Liebe – mit Hannes, der als „Linker“ nicht gerade Onkel Hans’ Geschmack entspricht. Arigato ist ein detailreich langsam erzählter, poetischer Familienroman aus dem Alpe-Adria-Raum – Arigato stammt aus dem Japanischen und heißt so viel wie „danke“. Der Roman bekam vom Kärntner Schriftstellerverband einen Preis. Arigato, Ursula Wiegele, Otto Müller Verlag, 22 €

Durch die zeit reisen reisen

Nehmen wir einmal an, dass Zeitreisen möglich dass Zeitreisen möglich sind. Dass wir z. B. mitsind. Dass wir z. B. mittels einer Vorrichtung in tels einer Vorrichtung in jede gewünschte Zeit jede gewünschte Zeit reisen könnten - z. B. reisen könnten - z. B. ins Mittelalter, zu Christi ins Mittelalter, zu Christi Geburt, zu DinosauGeburt, zu Dinosauriern, Azteken, zur Entriern, Azteken, zur Entdeckung Amerikas usw. Ja, wenn das möglich deckung Amerikas usw. Ja, wenn das möglich wäre, müssten wir unbedingt dieses Buch lesen. Aber nicht nur dann: Denn es ist so vergnüglich, unerwartet und erzählt so viel Interessantes über mögliche Zeitreiseepochen, dass sich die Lektüre auch ohne Zeitreisemöglichkeit lohnt. Kathrin Passig, Bachmannpreisträgerin, hat mit Aleks Scholz viele praktische Tipps für Zeitreisende gesammelt (Ernährung, Hygiene, Gesundheit, Bezahlmethoden usw.), nennt die besten Zeiten für diese Reisen (Kriege und Seuchen vermeiden!), gibt Ratschläge für Leute, die nicht mehr ins Jetzt zurückwollen, hat Buchtipps – ja, da kann man sich nur mit einem Tipp anschließen: Lesen Sie dieses Buch, es zahlt sich aus. Handbuch für Zeitreisende, Kathrin Passig, Aleks Scholz, Rowohlt, 20,60 €

Sprachkunstwerk

Kann das gut gehen? Ein 780-Seiten-Roman, der sich über weite Strecken dem Binden der Fliegen (Köder) fürs gleichnamige Fischen widmet? Nun, es kann (ziemlich) gut gehen, wenn man sprachlich so drauf ist wie Autor Leander Fischer (sic!). „Die Forelle“ (Wallstein Verlag, 28,80 €) ist ein Sprachkunstwerk, eine Wortschöpfung jagt die andere – man staunt, was dem Oberösterreicher in seinem Debütroman so alles aus der Feder rinnt (und womit er die Leser ködert und fängt). Gut, mitunter ist schon etwas Durchhaltevermögen gefragt, denn dieser Schreibstil kann in dieser Dichte auch ermüden. Aber echt erstaunlich, wie hier gesellschaftliche und politische Themen aus der Fliegenperspektive aufgearbeitet werden. Leander Fischer wurde übrigens beim Bachmannpreis 2019 mit dem Deutschlandfunkpreis ausgezeichnet.

Mahnmal im See

Er ist ein weitum bekanntes Mahnmal: Der aus dem Reschensee in Südtirol ragende Kirchturm. Der versunkene Turm steht für ein faschistisches Stauprojekt, durch das hunderte Familien aus den Orten Graun und Reschen ihre Existenz, ihre Bauernhöfe, Häuser verloren. Marco Balzano erzählt in diesem berührenden Roman die Geschichte „hinter“ dem Kirchturm. Seine Hauptfiguren – das Ehepaar Trina und Erich Hauser – kämpfen erst gegen die Faschisten, dann gegen die Nazis, letztlich gegen den italienischen Staat, der sich auch nach dem 2. Weltkrieg nicht vom Stauprojekt beim Reschenpass abbringen lässt. Er erzählt von der Flucht vor Vulkanische genüsse Witzige Titel, kurzweilige Texte – und das Wichtigste: gute Tipps. Das ist der Succus aus Tina Veit-Fuchs’ neuestem Werk. „Genießen in Oststeiermark & Vulkanland“ (Styria, 27 €) bringt uns diese schönen Landschaften und die Genussregionen auf 192 Seiten näher. Übersichtlich gestaltet, reich bebildert, liebevoll betextet – was will man mehr? Insgesamt ist man mit mehr als 300 Genussadressen wahrscheinlich jahrelang (jahrzehntelang?) bestens bedient und darf der Einberufung, von Berufsverbot und familiären Schicksalen, von der versuchten Italianisierung Südtirols. Das ist (dunkel-)graue Materie – genau recherchiert, emotional und spannend erzählt. getreu dem Untertitel „Unterwegs zu Wein, Ich bleibe hier, Kulinarik und Lebensfreude“ beginnen, Marco Balzano, Vulkanland und Oststeiermark zu erkunden. Diogenes 22,60 €

Mörderische Nockberge

Was passiert in einem Krimi im Urlaubsort eines Chefinspektors? Richtig: ein Mord. Wendelin Kerschbaumer, Chefkieberer aus Wien, winterurlaubt in Bad Kleinkirchheim (BKK). Ebendort wird in einer Waldhütte eine Leiche gefunden. Genauer: ein Stubenmädchen, das sich im Hotel Pulracher nicht nur um Zimmer, sondern auch um männliche Gäste gekümmert hat. Nun ist aber der lokale Inspektor verhindert, also muss Wendelin Kerschbaumer übernehmen. Mehr verraten wir nicht, nur so viel: Stefan Maiwald, in Grado lebender Autor, schreibt mit leichter Feder amüsante Krimis. Bislang über Venedig, neuerdings hat er sein Feriendomizil BKK schriftstellerisch entdeckt. Der Fall wird natürlich gelöst – und der nächste BKK-Krimi ist schon im Entstehen. Vorher aber unbedingt „Die Tote im Stadl“ lesen! Die Tote im Stadl, Stefan Maiwald, Servus, 14 €

Neues aus Neapel

Dass Elena Ferrante, wer immer sie auch ist, schreiben kann, ist längst kein Geheimnis mehr. Auch ihr neuestes Buch - die Geschichte um das pubertierende Mädchen Giovanna, ihre beziehungsgestörten Eltern und die vor allem dem Vater verhasste Tante Vittoria - zieht einen sofort in den Bann. Was sich da an schreiberischer Fantasie, an Dialogvielfalt der Protagonisten und ihren Charaktereigenschaften, offenbart, ist gewaltig. Was der Autorin allein an (elterlichen) Heucheleien und Bosheiten der Tante Vittoria einfällt – beeindruckend. Das Buch spielt – wie die anderen FerranteBestseller – in Neapel, und auch im „Lügenhaften Leben der Erwachsenen“ erfahren wir so nebenbei einiges über diese herausfordernd bunte Stadt. „Das lügenhafte Leben der Erwachsenen“, Elena Ferrante, Suhrkamp, 24,90 €.

Kärnten kennenlernen

So ein Bildband ist etwas Feines: Man kann damit jedem/jeder ein Land, eine Region näherbringen, ohne dass diese(r) hinfahren muss (in Corona-Zeiten besonders praktisch). Kärnten – Koroška – Carinzia – Carinthia ist so ein Übersichtsbildband, mit 136 großteils großformatigen Fotografien von Edwin Stranner und (meist) kurzen, konsequent in vier Sprachen abgedruckten Texten von Christian Lehner. Das im Heyn-Verlag erschienene Buch (44,90 €) ist ein Spaziergang durch Kärnten, der großartige Blick vom Schwarzhorn und die Nockberge-Weite haben uns besonders beeindruckt.

(K)ein Märchen

Klingt märchenhaft, diese Geschichte: 25-Jährige, die in Treviso Zeitungen austrägt, heiratet einen Adeligen und wird dadurch zu einer bestimmenden Persönlichkeit Venedigs. Das „Märchen“ ist aber authentisch – Jana Revedin, Autorin und Architektin, erzählt die Lebensgeschichte ihrer Schwiegergroßmutter, Margherita Revedin, die legendäre Künstlerfeste veranstaltet, Venedigs Filmfestspiele begründet und geholfen hat, den Lido touristisch zu erschließen und auch mit Peggy Guggenheim eng befreundet war. Ein Venedig-Buch, in dem es von prominenten Namen (Cole Porter, Coco Chanel, Clark Gable, Ernest Hemingway usw.) nur so wimmelt und das das Schicksal der Familie Revedin berührend dokumentiert. Margherita, Jana Revedin, Aufbau Verlag, 22,90 €

Tod am Lago Maggiore

Vierter Fall für Matteo Basso, den ehemaligen Polizeipsychologen, der jetzt eine kleine Macelleria, Fleischerei, in Cannobio am Lago Maggiore betreibt. Der Plot: Während einer Vorführung beim Filmfestival von Locarno fällt ein (echter) Schuss aus einem Haus – eine junge Schauspielerin stirbt. Basso nimmt (neben der italienischen und der Schweizer Polizei) die Ermittlungen auf, der Fall wird aber immer verzwickter und führt Basso an den ComoSee und auf die Spur einer Serie merkwürdiger Todesfälle. Bruno Vareses (ein Pseudonym) Krimi ist spannend, unterhaltsam und hat auch kulinarische Facetten. Wenn es Nacht wird am Lago Maggiore, Bruno Varese, KiWi, 11 €

Nudelreise

... und das nächste Pasta-Buch. Die Italonudelgerichte sind wohl die beliebteste Speise der Welt – und werden deshalb in unzähligen Büchern gefeiert, erklärt, empfohlen. Gennaro Contaldo, Jahrgang 1949, ist ein italienischer Koch mit Wohnsitz London, er arbeitete fürs BBC-Fernsehen auch mit Jamie Oliver und Antonio Carluccio. In "Gennaros PASTA MIA! Original italienische Nudelgerichte" nimmt er uns mit auf eine recht bodenständige

Nudelreise durch Italien, verrät eine Menge Rezepte, alles übers richtige Pastakochen, es gibt natürlich auch

Tipps für Sughi und für Pestos. Die Gerichte sind ansprechend fotografiert und gut erklärt – seine Variante des Ragù Bolognese wird übrigens mit Rinder- und

Schweinefaschiertem und ordentlich Rotwein zubereitet. Mahlzeit!

Gennaros Pasta mia!, Gennaro Contaldo, ars vivendi, 26,90 €

URLAUBSLEKTÜrE

Bücher, die einem die zeit auf reisen (oder auch zu Hause) verkürzen.

Mörderisch. Soll man sich mit der Russenmafia einlassen? Nein, sagt der Verstand, ja sagt Detektiv Sam Berger. Er nimmt mit Kollegin Molly Blom den Kampf auf – und wenn der Autor Arne Dahl heißt, ist es klar, dass es dabei mörderisch rund geht. Komplexer Schwedenkrimi, nichts für zarte Nerven. Vier durch vier, Arne Dahl, Piper, 11,40 €

Hochpolitisch. Rezensenten sind sich einig: Dieser hochpolitische Roman könnte das heutige Amerika erklären. Facetten- und abwechslungsreich erzählt Lerner vom High-School-Debattierer Adam und seinem so gegensätzlichen Freund Darren und von der Spaltung der amerikanischen Gesellschaft. Die Topeka Schule, Ben Lerner, Suhrkamp, 24,70 €

Kaputt. Mit Sarah ist Scotts Welt rosig, ohne geht sie kaputt. Leider lässt sich Sarah von ihm scheiden – Clemens Setz hat diese so amerikanische, humorvolltraurige, poetische und gleichzeitig erschreckend abgefuckte Beziehungsgeschichte übersetzt. Sarah, Scott Mc Clanahan, ars vivendi, 22,70 € Schlaflos. Notizen aus dem Leben des jugoslawischen Literatur-Nobelpreisträgers Ivo Andric’. Feinfühlige Kurztexte übers Altern, über Schlaflosigkeit, Vergänglichkeit. Plus Reiseeindrücke, Beobachtungen. Herausgegeben von Michael Martens, der auch die großartige Andric’-Bio geschrieben hat. Insomnia - tige Andric’-Bio geschrieben hat. Insomnia - Nachtgedanken, Ivo Andric’, Zsolnay, 20,60 € Vergnüglich. Vom Kiffen, Saufen, Schulschwänzen, Durchmachen – über Steffies (hippieartige) Jugend in Wien. Eine Geschichte, die Eltern wohl eher nicht über die Tochter lesen wollen. Autobiografische Akzente sind bei Stefanie Sargnagel garantiert beabsichtigt – kurzweilig vergnüglicher Lesestoff. sichtigt – kurzweilig vergnüglicher Lesestoff. Dicht - Aufzeichnungen einer Tagediebin, Stefanie Sargnagel, Rowohlt, 20,60 €

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