ER-LESENES Er-lesene Tipps: Bücher für Alpe-Adria-Reisende, Kulinarier, Krimifans. TEXT H. & M. grÖTSCHNIg FOTOS KK
Flüchtiges glück
Ein Fall für Joe
Aus der schier endlosen Reihe der Regionalkrimis: „Die Sehnsucht der Kormorane“ (Wieser Verlag, 14,95 €) ist Silvija Hintzmanns vierter Fall für Joe Prohaska. Der frühpensionierte Stuttgarter Ermittler lebt in Istrien und stolpert dort in schöner Regelmäßigkeit über knifflige Mordfälle. Diesmal ist der Betreiber eines Strandlokals in Opatija einem Brandanschlag zum Opfer gefallen – und Inspektor Rossi, Polizist vor Ort, bittet Joe um Hilfe bei der Aufklärung. Macht er natürlich gerne – aber bis es so weit ist, müssen erst einmal Lügengeflechte entsponnen werden. Spannendes Buch der in Stuttgart lebenden, aus Kroatien stammenden Übersetzerin.
Durch die zeit reisen
Nehmen wir einmal an, dass Zeitreisen möglich sind. Dass wir z. B. mittels einer Vorrichtung in jede gewünschte Zeit reisen könnten - z. B. ins Mittelalter, zu Christi Geburt, zu Dinosauriern, Azteken, zur Entdeckung Amerikas usw. Ja, wenn das möglich wäre, müssten wir unbedingt dieses Buch lesen. Aber nicht nur dann: Denn es ist so vergnüglich, unerwartet und erzählt so viel Interessantes über mögliche Zeitreiseepochen, dass sich die Lektüre auch ohne Zeitreisemöglichkeit lohnt. Kathrin Passig, Bachmannpreisträgerin, hat mit Aleks Scholz viele praktische Tipps für Zeitreisende gesammelt (Ernährung, Hygiene, Gesundheit, Bezahlmethoden usw.), nennt die besten Zeiten für diese Reisen (Kriege und Seuchen vermeiden!), gibt Ratschläge für Leute, die nicht mehr ins Jetzt zurückwollen, hat Buchtipps – ja, da kann man sich nur mit einem Tipp anschließen: Lesen Sie dieses Buch, es zahlt sich aus. Handbuch für Zeitreisende, Kathrin Passig, Aleks Scholz, Rowohlt, 20,60 €
Wigs Ehe mit Maria, na ja. Hat schon bessere Zeiten erlebt. Aber dann ist da ja auch Nora, seine junge Geliebte. Und plötzlich ist Maria weg. Einfach weg, und Wigs Volvo hat sie auch mitgenommen. Hubert Achleitner, als Hubert von Goisern ein (volks-)musikalischer Begriff, hat seinen Romanerstling auf zwei Ebenen geschrieben – aus Wigs und aus Marias Blickwinkel. Er schickt seine Figuren auf ihren Reisen zu sich selbst durch Europa, zum Berg Athos – und wieder retour. Und wenn auch manches in „flüchtig“ ein wenig unwahrscheinlich klingt man liest sich gern durch diese einfühlsam geschriebene Geschichte über Liebe, Sehnsucht und das ach so flüchtige Glück. flüchtig, Hubert Achleitner, Zsolnay, 23,70 €
Alpe-AdriaPoesie
Veras Familie ist beim Friauler Erdbeben von 1976 obdachlos geworden. Das Kind aus Venzone kommt deshalb nach Villach, zu Tante Rosa und Onkel Hans, die 1940 vom Kanaltal nach Kärnten ausgewandert sind. Onkel Hans ist alles andere als italofreundlich - das bekommt Vera zu spüren. Sie flüchtet sich in Fantasiewelten und in ihre erste Liebe – mit Hannes, der als „Linker“ nicht gerade Onkel Hans’ Geschmack entspricht. Arigato ist ein detailreich langsam erzählter, poetischer Familienroman aus dem Alpe-Adria-Raum – Arigato stammt aus dem Japanischen und heißt so viel wie „danke“. Der Roman bekam vom Kärntner Schriftstellerverband einen Preis. Arigato, Ursula Wiegele, Otto Müller Verlag, 22 €
Sprachkunstwerk
Kann das gut gehen? Ein 780-Seiten-Roman, der sich über weite Strecken dem Binden der Fliegen (Köder) fürs gleichnamige Fischen widmet? Nun, es kann (ziemlich) gut gehen, wenn man sprachlich so drauf ist wie Autor Leander Fischer (sic!). „Die Forelle“ (Wallstein Verlag, 28,80 €) ist ein Sprachkunstwerk, eine Wortschöpfung jagt die andere – man staunt, was dem Oberösterreicher in seinem Debütroman so alles aus der Feder rinnt (und womit er die Leser ködert und fängt). Gut, mitunter ist schon etwas Durchhaltevermögen gefragt, denn dieser Schreibstil kann in dieser Dichte auch ermüden. Aber echt erstaunlich, wie hier gesellschaftliche und politische Themen aus der Fliegenperspektive aufgearbeitet werden. Leander Fischer wurde übrigens beim Bachmannpreis 2019 mit dem Deutschlandfunkpreis ausgezeichnet.
Mahnmal im See
Er ist ein weitum bekanntes Mahnmal: Der aus dem Reschensee in Südtirol ragende Kirchturm. Der versunkene Turm steht für ein faschistisches Stauprojekt, durch das hunderte Familien aus den Orten Graun und Reschen ihre Existenz, ihre Bauernhöfe, Häuser verloren. Marco Balzano erzählt in diesem berührenden Roman die Geschichte „hinter“ dem Kirchturm. Seine Hauptfiguren – das Ehepaar Trina und Erich Hauser – kämpfen erst gegen die Faschisten, dann gegen die Nazis, letztlich gegen den italienischen Staat, der sich auch nach dem 2. Weltkrieg nicht vom Stauprojekt beim Reschenpass abbringen lässt. Er erzählt von der Flucht vor der Einberufung, von Berufsverbot Witzige Titel, kurzweilige Texte – und das und familiären Wichtigste: gute Tipps. Das ist der Succus Schicksalen, von aus Tina Veit-Fuchs’ neuestem Werk. der versuchten „Genießen in Oststeiermark & Vulkanland“ Italianisierung (Styria, 27 €) bringt uns diese schönen Land- Südtirols. Das ist schaften und die Genussregionen auf 192 (dunkel-)graue Seiten näher. Übersichtlich gestaltet, reich Materie – genau bebildert, liebevoll betextet – was will man recherchiert, mehr? Insgesamt ist man mit mehr als 300 emotional und Genussadressen wahrscheinlich jahrelang spannend erzählt. (jahrzehntelang?) bestens bedient und darf Ich bleibe hier, getreu dem Untertitel „Unterwegs zu Wein, Marco Balzano, Kulinarik und Lebensfreude“ beginnen, Diogenes 22,60 € Vulkanland und Oststeiermark zu erkunden.
Vulkanische genüsse
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Mörderische Nockberge Was passiert in einem Krimi im Urlaubsort eines Chefinspektors? Richtig: ein Mord. Wendelin Kerschbaumer, Chefkieberer aus Wien, winterurlaubt in Bad Kleinkirchheim (BKK). Ebendort wird in einer Waldhütte eine Leiche gefunden. Genauer: ein Stubenmädchen, das sich im Hotel Pulracher nicht nur um Zimmer, sondern auch um männliche Gäste gekümmert hat. Nun ist aber der lokale Inspektor verhindert, also muss Wendelin Kerschbaumer übernehmen. Mehr verraten wir nicht, nur so viel: Stefan Maiwald, in Grado lebender Autor, schreibt mit leichter Feder amüsante Krimis. Bislang über Venedig, neuerdings hat er sein Feriendomizil BKK schriftstellerisch entdeckt. Der Fall wird natürlich gelöst – und der nächste BKK-Krimi ist schon im Entstehen. Vorher aber unbedingt „Die Tote im Stadl“ lesen! Die Tote im Stadl, Stefan Maiwald, Servus, 14 €