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Buon Appetito
Unsere kulinarische Alpe-Adria-Rundreise: Diesmal testeten wir in Venedig, in Ljubljana, bei einem Grillweltmeister in Göttlesbrunn und kehrten im Zillertal zünftig ein.
TesTgaumen H. & M. GRÖTSCHNIG FOTOs GRÖMEDIA, KK
Gianni & Nicolo Bonaccorsi und die Schnappschüsse eines köstlichen Menüs
VENETO Giannis Sternentraum
Dass es in Venedig viele gute Restaurants gibt, klar. Auch jetzt, mit gebremstem Touristenstrom, wird – sofern nicht gerade Lockdown ist – in einigen Häusern besonders engagiert aufgekocht. Unter diesen ist das „Il Ridotto“ eines mit starkem Fokus auf Regionalität und marktfrische Produkte. Das Lokal ist klein, liegt am Campo Filippo e Giacomo (quasi schräg hinter der Seufzerbrücke) und gehört zu Gianni Bonaccorsis Gastroreich. Bonaccorsi betreibt nebenan die auch bei Einheimischen beliebte Pizzeria-Ristorante-Bar „Aciugheta“ – und hat sich mit dem Ridotto seinen MichelinStern-Traum erfüllt. Hinterm Herd des Ridotto steht neuerdings Sohn Nicolo Bonaccorsi, der vor diesem Job in internationalen Top-Häusern das nötige Können gesammelt hat. Und: Das Ridotto ist auch leistbar. Mittags gibt es ein Business-Lunch um 35 Euro – und dann können mittags auch zwei das große Menü zum Preis von einem essen. Das Menü beginnt bei uns mit geschmortem Kürbis mit Mandarinen- und Kürbiskernöl und Algenaromen, sehr fein, sehr leicht. Die rohen Mazzancolle (Furchengarnele) auf Lauchcreme sind mit Beifuß gewürzt, die Crème Brulée vom Ringa (einem Blaufisch) offenbart dezente Räucher- und Zitronenaromen. Großartig die zart geräucherte Birne in Rabosoreduktion, umwerfend die Kombination Kartoffelschaum, Steinpilze, Trüffel, Ei. Besser geht’s nicht. Das Safranrisotto mit rohen Scampi ist typisch Mailändisch – also sehr kernig (uns etwas zu kernig). Von der deftigeren Sorte das zarte Schwein auf Bohnencreme mit Rübenblättern, sehr hübsch und erfrischend das Kiwi-ZitrusDessert. Dazu kann man sich glasweise an besten Italo-Weinen gütlich tun, hier kann man dem Sommelier getrost vertrauen. PS: Für die kleine Brieftasche – nebenan in der Aciughetta gibt’s ausgezeichnete Pizzas und ordentliche Pasta.
Il Ridotto. Venedig, Campo SS. Filippo e Giacomo, T (+39 041) 52 08 280. Mittwoch Ruhetag, www.ilridotto.com. Preise:Mittagslunch 35 €, Hauptspeisen 35 – 40 €, Menüs 95 – 150 €, Flasche Wein ab 30 € Küche: ***** Getränke: ***** Ambiente: ****
Niederösterreich
Beim Grillweltmeister
Göttlesbrunn, das liegt im sehenswürdigkeitenreichen Umland von Wien, nahe zum Flughafen Schwechat. Auch am Weg Richtung Weinviertel und Burgenland sind wir schon beim Bittermann gelandet. Denn: Gute Qualität, zivile Preise, gepflegte Atmosphäre. Beim letzten Besuch hat uns - nach dem reichlichen Gedeck - die Fischsuppe besonders begeistert: sämig wie in Frankreich (aber längst nicht so teuer wie dort), mit reichlich Fischeinlage und perfekt gewürzt und abgeschmeckt. Der Spargel (es war im Juni) geradlinig klassisch, mit Frischkäsescheiben und Vinaigrette, genauso klassisch und reichlich das nett arrangierte, saftige Backhenderl mit schön „schlutzigem“ Kartoffelsalat. Der Bittermann ist auch für Weinkompetenz und fürs Grillen bekannt, immerhin ist er laut Speisenkarte „Grillweltmeister“. Da hatten wir diesmal aber Pech: Das Duroc-Schwein so bissfest, dass sich das Messer so plagen muss, dass man sich ein schärferes erbat. Und dann auch noch eine oberschlaue Kellnerin: Das müsse so sein, Duroc-Fleisch sei halt durchwachsen. Schon klar, aber zäh und durchwachsen sind schon zwei verschiedene Kategorien. Aber wir haben hier auch schon Zarteres gegessen – und die üppige Erdbeernachspeise beruhigt das Gemüt. Freunde waren übrigens ein paar Wochen später dort – und mit Innereien und Steakzartheit sehr zufrieden.
Genusswirtshaus Bittermann. 2464 Göttlesbrunn, Abt-Bruno-Heinrich-Platz, (+43 21 62) 811 55, Montag, Dienstag zu. Preise: Suppe ab 4,80 €, Hauptspeisen 11,90 - 28 €. Glas Wein ab 2,50 €. Küche: **** Keller: **** Ambiente: ****
Tirol
Im schönen Zillertal
Zillertalarena, Mayrhofner Bergbahnen – das Zillertal ist (auch) im Winter eine Reise wert. Und da haben wir, am Weg zu den Krimmler Wasserfällen, zwischen Zell am Ziller und Hippach, diesen Gasthof entdeckt. Man kann hier bestens übernachten (urlauben) und auch sehr gut bodenständig essen. Bekannt ist der Gasthof Hubertus (der Name sagt’s ja schon) für Wildgerichte – und, ja: Der Hirschschinken ist großartig zart, fein mit Wacholder gewürzt, dazu gibt es Preiselbeeren und Apfelgelee. Ein Genuss. Auch vom Gamsgulasch können wir nur das Beste sagen. Exzellent abgeschmeckt, die Sauce herzhaft, der Serviettenknödel flaumig. Wie’s sein soll. Und wenn wir schon in Tirol sind, müssen es auch Schlutzkrapfen (die Verwandten der Kärntner Kasnudeln) sein. Auch die sind richtig gut, mit feiner Topfenfülle und dem richtigen Teig-Fülle-Verhältnis. Hernach wird man sich (wenn die Jahreszeit passt) am Naturjoghurt mit Erdbeeren gütlich tun oder sich der Süße eines ausgezeichneten Schokomousse ergeben. Das Weinangebot ist überschaubar, aber ein paar kräftige Tropfen zum Wild findet man sicher. Wer kein Wild mag: Wiener Schnitzel und Zwiebelrostbraten sind gute Alternativen. Ja, das ist eine gemütliche Einkehr mit fairen Preisen – übrigens auch für Motorradfahrer, die an wärmeren Tagen in dieser Gegend gerne unterwegs sind.
Gasthof Hubertus. Hippach, Laimach 109, T (+43 52 82) 23 73, www.hubertus-hippach.at. Preise: Suppe 4 €, Hauptspeisen 12 – 29,50 €, Desserts ab 8,90 €, Glas Wein ab 2,60 €. Essen: **** Trinken: **(*) Ambiente: ***(*)
Slowenien
In Laibachs Altstadt
Abgesehen von coronamöglichen Sperren ist Ljubljana ja immer einen Ausflug wert. Die lebendige Altstadt, die Lokalmeile an der Ljubljanica, der großartige Markt – es gibt viele Gründe, hinzufahren. Auch kulinarisch tut sich einiges – deshalb gibt es einen eigenen slowenischen Guide Michelin und (schon länger) einen Gault Millau. In diesem sind wir auf das Landerik gestoßen, ein stylishes Restaurant in der Fußgängerzone unweit des Rathauses. Koch Izidor Kržišnik trägt zwei Hauben, da darf man also einiges erwarten. Als Gruß aus der Küche werden zart-krustige Bällchen von Karotte und Tolminkäse serviert. Ja, sehr fein. Die Zwiebelsuppe mit frittiertem Zwiebel ist eine gebunden-sämige, gut gewürzt. Vom „Garten-Teller“ mit Melanzanecreme, einem Mix aus Spinat, Karottenspänen, Zupfsalat und Frischkäse hatten wir uns etwas mehr erwartet, ein für den Preis etwas „magerer“ Teller. Die Kalbsbäckchen auf gut abgestimmter Sauce waren halb zart, halb härter, sehr gut dazu die Polenta. Eine Spur zu trocken das Huhn mit diversem Gemüse und Sellerieschaum – optisch ein sehr schöner Teller. Zum Dessert empfahl der kompetente Kellner die Hausspezialität, den Kaiserschmarren, den es in mehreren Variationen gibt. Tja, da hatte der Koch wohl einen schwarzen Tag, der Schmarren ölig, schwer, wenig charmant – den isst man auf jeder heimischen Almhütte um Klassen besser. Dafür sind die offenen Weine hier umso spannender – und preislich sehr okay.
Landerik. 1000 Ljubljana, Stari trg 11, T (+386 51) 660401, kein Ruhetag, Preise: Suppe ab 5 €, Vorspeisen ab 10 €, Hauptspeisen 15 - 29 €, Mittagslunch 15 €, Glas Wein ab 4 €. Küche: ***(*) Keller: **** Ambiente: ***(*)
Gut gegen (Sch)wermut
Der aktuelle Star im Aperitif-Glas? Wermut. Die Alpe-Adria-Region liefert für das bitter-süße Trend-Getränk die wichtigsten Zutaten: guten Wein und feine Botanicals.
TeXT SILVIA TRIPPOLT-MADERBACHER FOTOs SILVIA TRIPPOLT-MADERBACHER, RAMONA STEINER, HERSTELLER, KK, WOLKEBLAu CHRISTIAN TAfERNER,
SHuTTERSTOCK.COM/MARIAN WEyO/AfRICA STuDIO
Meine persönliche Wermut-Geschichte geht so: Als Gastronomin hatte ich es satt, in meinem Restaurant kunterbunte, schillernde Industrie-Getränke auszuschenken. Also kreierte ich einen Wermut. Allerdings ohne zu wissen, dass es einer ist. Ich wollte ja eigentlich nur einen „hausgemachten Martini Bianco“ servieren. Als Rezept fungierte der „Maitrunk“ von Hildegard von Bingen, den ich wochenlang beinah täglich abänderte. Klingt kompliziert? War es auch. Aber vor fünf Jahren galt Wermut noch als „Pennerglück“ und „gepanschter Wein“ – also als nicht wirklich angesagt und ein Trend lag in weiter Ferne. Am Zenit von „Hugo“, Aperol und Gin mit einem gekräuterten Wein an den Gast zu rücken, war ein wagemutiges Unterfangen. Ich erinnere mich an das Stirnrunzeln, wenn ich das 5-Liter-Rexglas mit meinem strohgoldenen angesetzten Wermut-Wein öffnete. Nach dem ersten Schluck wanderten die Mundwinkel aber nach oben. Denn der „Bärmut“ schmeckte.
Ganz schön Vintage
Steirisches Top-Team: Winzer Manfred Tement und Edelbrenner Alois Gölles mit ihrem Wermut „Alfred“ Heute gehe ich den Weg als Wermut-Produzentin nicht allein. Mittlerweile steht der international „Vermouth“ genannte Aperitif für eine ganze Generation neuer Getränke und Betriebe. Knackige Start-ups, renommierte Winzer, bekannte Edelbrenner und verrückte Quereinsteiger sorgen im gesamten Alpe-Adria-Raum für ein Comeback des Wermuts und erobern mit ihren vielfältigen Kreationen Wohnzimmer, Terrasse und Gastro-Szene. Da der Wermut auch im Sitzen schmeckt (dabei würden sich die schicken Drinks am Tresen an der Bar so gut machen) und sich die Menschen auch in Coronazeiten ihre Lebensfreude nicht nehmen lassen, hat sich das Nischengetränk endlich seinen Platz im Glas erobert.
Allerdings ist Wermut kein Neuling am Getränkesektor, sondern blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. „Schon die Ägypter und alten Griechen versetzten ihren Wein mit allerlei Wurzeln, Blüten und Kräutern“, erzählt Christian Lind von der Manufaktur Lind aus Sebersdorf im Vulkanland. Der Oststeirer schraubt hauptberuflich als Flugzeugmechaniker an den Eurofightern in Zeltweg, hat aber vor ein paar Jahren den traditionellen Obsthof seiner Eltern Maria und Luis übernommen und umgekrempelt: Edelbrände, Gin, Cider, Frizzante, Säfte und noch vieles mehr umfasst mittlerweile seine Produktpalette. Christians besondere Aufmerksamkeit gilt in letzter Zeit dem Wermut: „Meinen Bianco und Rosé halte ich bewusst schlank. Denn in einigen Wermut-Getränken findet man bis zu 40 verschiedene Botanicals.“ Botanicals sind pflanzliche Aromen wie Kräuter, Gewürze, Früchte, Schalen, Rinden, Wurzeln und Blumen – also Zimt, Koriander, Nelken, Muskat, Anis, Lavendel, Kaffir, Rosenblüten, Safran usw. „Sie gelten als die Seele des Wermuts“, sind sich die Edelbrenner Alois und David Gölles aus Stang unweit der Riegersburg einig. „Botanicals schaffen das unverwechselbare Aroma eines Wermuts.“ In ihrem Buch „Gin, Bitter und Wermut“ lassen Vater und Sohn hinter die Kulissen ihrer Produktion blicken. „Das wichtigste Kraut
Frisches Wermutkraut (links), Wermut-Cocktails von Fred Jerbis aus Friaul-Julisch Venetien (oben). Lässiges Design: Artemis Wermut (Mitte)
Harmonie im Glas: Scheucher Wermut aus Labuttendorf l (oben). Funkelnde Aussichten: der neue Wermut von Christian Lind aus dem Vulkanland. Perfekt, mit dem eigenen Gin
Vermouth 700 Rosso von Krauss (links oben) Bärmut-Produzenten Silvia und Josef Trippolt aus Bad St. Leonhard (oben rechts) Einer fescher als der andere: die Drinks von Motif Wermut (links)
ist immer Wermutkraut, das dem Getränk seinen Namen gab.“ Das Wermutkraut ist eine leicht zu kultivierende Heilpflanze und hilft gegen Appetitlosigkeit, Verdauungsprobleme und Erschöpfungszustände. Wermut gegen Schwermut. Das wusste man auch zu Großmutters Zeiten. Überall in der Steiermark wurden alte Hausrezepte verwahrt, auch im oberen Lavanttal in Kärnten ist der Wermut als „Bauchweh-Medizin“ bekannt.
Wein als gute Basis
Die kommerzielle Idee der Wermutherstellung kommt aus Spanien, Italien und Frankreich: überall, wo Weintrauben wachsen und es eine ausgeprägte AperitifKultur gibt. Ob der Wermut rot und süß oder weiß und trocken ins Glas kommt, ist Geschmackssache. Belebend und aromatisch präsentiert sich ein Wermut immer. Pur getrunken, mit Tonic oder Soda genossen, entstehen spannende, leichte Drinks. In der Steiermark experimentieren die Produzenten mittlerweile mit jeder verfügbaren Weinsorte: vom Gemischten Satz (Scheucher) über den Gelben Muskateller (DeVin) bis hin zum Sauvignon Blanc (Krauss/Moser), dem Schilcher (Miss Rosy) bis hin zum Zweigelt (Hochstrasser). Das Ergebnis? Vielschichtigkeit und Charakter.
Auch in Oberitalien stehen bei TopProduzenten alle Zeichen auf Wermut. So ist soeben die 3er-Serie „Trittico“ der bekannten Destillerie Domenis in Cividale auf den Markt gekommen. Ein Bianco, ein Rosé und ein Rosso. Wir durften verkosten und sind begeistert: würzig, erfrischend und elegant. Keinen echten Wermut, aber einen spannenden „BotanicalDrink“ gibt’s aus dem Hause Nonino in Percoto bei Udine. Antonella Nonino, eine der bekannten Grappa-Schwestern der Familie Nonino, erzählt von ihrem botanischen Zauberwerk, dessen Rezept von den Großeltern Silvia und Antonio Nonino aus dem Jahr 1928 stammt: „Eigentlich ein Heilkräutertee, den die beiden zu einem Genussgetränk entwickelt haben.“ Anklänge von Zitrus, aber auch Brombeere und Waldfrüchte finden wir in der edlen Designerflasche. Der Fragolino im Traubenbrand wächst am Nonino-Weinberg in Buttrio.
Am heiß umkämpften Getränkemarkt etabliert hat sich der Friulaner Federico Cremasco mit seiner Marke „Fred Jerbis“ („Kräuter von Frederick“). Im kleinen Dorf Polcenigo bei Pordenone produziert er Gin, Bitter, Amaro, Fernet und Wermut. Für das Aufstöbern der Botanicals durchstreift er Friaul-Julisch Venetien von den Dolomiten bis zum Meer – für einen Alpe-Adria-Wermut par excellence.
Wermut ist allerdings kein Sommerthema. Vor allem die rote Variante duftet immer ein bisschen nach Weihnachten. Dafür sorgen Zimtstangen, Nelken, Sternanis, Karamell, Honig oder Orangenschalen. Dazu edle Kristallgläser, die im Kerzenschein funkeln. Meinen roten Wermut gibt’s übrigens noch nicht in Designerflaschen. Aber ich öffne gerne mein 5-Liter-Rexglas für Sie. Damit Sie etwas zum Schmunzeln haben. ■
Wermut on the rocks
4 cl Wermut Eiswürfel Zitronen- oder Orangenscheiben Eiswürfel ins Glas geben, Wermut und die Zitronen- oder Orangenscheiben hinzufügen. Purer Genuss. Funktioniert mit jedem Wermut: Ob weiß, rosé oder rot.
Wermut-Tonic
1 Teil weißer Wermut 2 Teile Tonic Water 1 Zitronenzeste Eiswürfel Wermut in eine Cocktailschale oder in ein Longdrinkglas gießen und mit Eis auffüllen. Tonic Water und eine Zitronenzeste hinzugeben. Ein prickelndes Trinkvergnügen beschert dieses feinsinnige Leichtgewicht. Weniger Alkohol, mehr vom Abend.
Negroni
1 Teil Gin 1 Teil Bitter 1 Teil süßer, roter Wermut Eiswürfel Orangenscheiben Alle Zutaten in ein mit Eiswürfeln gefülltes Glas (Tumbler) geben und vorsichtig umrühren. Der Negroni ist ein Klassiker aus den 1920er Jahren und gilt als Italiens beliebtester Cocktail. Wer es leichter mag, gießt mit Soda auf.
Martini
2 Teile Gin 1 Teil weißer Wermut Zitronenzeste Olive Wermut und Gin in ein Martiniglas gießen. Zitronenzeste für das Finish hinzugeben sowie die bekannte grüne Olive platzieren. Legendärer Cocktail. James Bond schlürfte ihn. Geschüttelt, nicht gerührt. Wer den Martini etwas leichter mag, dreht das Mischverhältnis Gin und Wermut einfach um.
Was ist Wermut? Wermut ist ein mit Gewürzen und Kräutern aromatisierter und aufgespriteter Wein. Das Getränk muss zu 75 Prozent aus Wein bestehen. Dieser wird mit Zucker sowie verschiedenen Botanicals (pflanzliche Aromen wie Kräuter, Blumen, Früchte, Gewürze etc.) versetzt und mit Alkohol auf ein Gehalt von 14,5 bis knapp 22 Volumsprozent verstärkt. Ein Muss ist die Verwendung des Wermutkrautes (artemisia absinthium), der dem „Vermouth“ (internationale Bezeichnung) sein Aroma verdankt. Den Kaltansatz nennt man übrigens Mazeration. Wermut-Stile. Liest man auf dem Etikett einen Zusatz wie „bianco“, „weiß“ oder „blanc“, hat man es mit einem süßen, weißen Wermut auf Weißweinbasis zu tun. Bei den Bezeichnungen „dry“, „extra dry“, „sec“, „semi sec“ oder „medium dry“ muss man mindestens mit einem halbtrockenen Wermut rechnen. Hinter dem „rosso“, „rouge“ oder „rot“ kann ein Wermut auf Rotweinbasis stehen, muss aber nicht. Der rote Farbton kann auch von zugesetztem Karamell und färbigen Kräutern stammen. Beim „rosé“ gilt der Wermut als halbtrocken oder süß. Geschichte. Bereits die Ägypter, Griechen und Chinesen haben Wein mit Kräutern versetzt. 1786 gilt als historisches Jahr, als der italienische Destillateur Antonio Benedetto Carpano Wein mit Zucker und ein paar Dutzend Gewürzen aromatisierte, unter anderem mit Wermutkraut. Den Durchbruch schaffte der Würzwein in der Barszene. Klassiker wie der Martini (ja, der von James Bond) oder der Negroni und Manhattan wären ohne Wermut als essenzielle Zutat nicht machbar. Wie wird Wermut getrunken? Als Aperitif, als Bestandteil vieler Cocktails und Longdrinks. Man kann ihn aber auch zur Verfeinerung von Speisen verwenden. Spannend mit Tonic oder Gin. Heilwirkung. Wermut wurde aufgrund seiner appetit- und verdauungsfördernden Wirkung bereits in der Antike als Medizin eingesetzt. Hildegard von Bingen empfahl, das Kraut als „Meister über alle Erschöpfungszustände“ als Wermutwein zu trinken. Marken. Die wohl bekannteste kommerzielle Wermut-Marke heißt wie der Cocktail: „Martini“. In der Flasche steckt aber Wermut. Weltweit bekannte Marken sind der italienische „Carpano“ (seit 1786), der französische „Noilly Prat“ (seit 1813) sowie „Dolin“ (1821) aus Chambery. Absinth. Der große Bruder des Wermuts. Kräuter wie Wermut, Fenchel, Anis werden in Alkohol eingelegt und destilliert. Absinth avancierte zum Kult-Getränk der Bohème und war aufgrund seiner hochkonzentrierten Form des Nervengifts Thujon lange Zeit verboten. Wermut-Produzenten Steiermark
Alfred. Die bekannten Winzer Manfred Tement und Edelbrenner Alois Gölles haben zusammen zwei ausgezeichnete Wermut-Sorten kreiert. Den weißen „Alfred“ gibt’s in Semi-Dry oder Dry. 0,75 l, 22,50 Euro. Tement. Zieregg 13, 8461 Berghausen. (+43 34 53) 41 010, www.tement.at, Gölles. Stang 52, 8333 Riegersburg. (+43 31 53) 75 55, www.goelles.at Artemis Wermut. Wermut aus Uhudler-Wein und Uhudler-Tresterbrand der Familie Kohl. Fruchtbetont und würzig erfrischend. 0,5 l, 25 Euro. Dorfstraße 17, 8263 Großwilfersdorf. (+43 33 85) 427, www.kohl-weine.at Der Mut. Der Grazer Gastronom Christian Dobnik hat vier Wermutsorten im Programm. Feingliedrig, mit toller Struktur. 0,7 l, 22,80 Euro. Annenstraße 29, 8020 Graz, www.der-mut.com De Vin. Powerlady Lisa Bauer produziert in der Oststeiermark Gin, Bitter und Wermut mit den Namen „Fiesta“ und „Fuego“. 0,7 l-Flasche 21,50 Euro. Führungen, Verkostungen in der schicken Brennerei. Ödgraben 8, 8361 Fehring. (+43 33 87) 20 309, www.devin-gin.at feindestillerie Hochstrasser. Der Wermut Bianco der renommierten Destillerie Hochstrasser basiert auf Muskateller als Grundwein mit einem Hauch von Zitrone. Der Wermut Rosso wird mit Zweigelt angesetzt. 0,7 l, 14 Euro, Marktplatz 12, 8562 Mooskirchen. (+43 31 37) 22 32, www.schnaps.at Herba Sanctum. Stolze 38 Botanicals stecken in dieser edlen schwarzen Flasche. Kreiert von Jungwinzer Maximilian Glatz. 0,5 l, 19,90 Euro. Wagerberg 25, 8271 Bad Waltersdorf. (+43 664) 22 29 995, www.glatz-wein.at Krauss Distillery. In der bekannten Krauss Destillery gibt’s neben Whiskey, Gin, Rum, Edelbrände, Likör, Anis zweimal Wermut: weiß und rot. „Vermouth 700“, 0,75 l, 20 Euro. Der Wermut entsteht in Zusammenarbeit mit dem Weingut Moser in Leutschach. Aigen 52, 8543 St. Martin. (+ 43 3465) 20 800, www.distillery-krauss.com, Gut Moser, Großwalz 81, 8463 Leutschach, (+43 3454) 64 02, www.weingut-moser.at Lind-Wermut. Der Oststeirer Christian Lind hat seine Fruchtmanufaktur umgekempelt und produziert auch Wermut, Gin, Cider, Edelbränke, Perlweine, Liköre usw. Großhaide 5, 8272 Sebersdorf, (+ 43 3333) 24 30), www.fruchtmanufaktur.at Miss Rosy. Jungwinzerin Katrin Strohmaier kreierte den ersten Schilcher-Wermut und feiert damit einen Erfolg nach dem anderen. 0,75 l, 24,90 Euro. Weingut Strohmaier, Brunn 41, 8544 Pölfing Brunn. (+43 664) 86 377 33, www.missrosy.at Motif Wermut. Das schrägste Design, seit es Wermut gibt. Patrick Marchl (Rick Gin) und Reinhard Muster brachten drei Sorten auf den Markt: weiß, rosé und rot. 0,75 l, 24,90 Euro. Grubtal 14, 8462 Gamlitz. (+ 43 34 53) 2300. www.motif-wine.com, www.muster-gamlitz.at Scheucher Wermut. Geheimtipp! Uns gefällt die feine Kräutermischung, basierend auf bestem Grundwein. Toller WermutCharakter mit subtilen Aromaspielen. 0,5 l, 9 Euro. Otterweg 3, 8423 Labuttendorf. (+43 31 84) 4080, www.weingut-scheucher.at
Weitere steirische Produzenten:
Gaumengut. Wermut und Perlmut als Frizzante. www.gaumengut.at Weingut Maitz. Wermut nach altem Hausrezept, www.maitz.co.at Weingut Neumeister. Roter Bio-Wermut. www.neumeister.cc Weinhof Scharl. Tolles Design, charakterstark! www.weinhof-scharl.at Weingut Warga-Hack. Strohgelber BioWermut. www.warga-hack.at Weingut Gutjahr. Sausaler Wermut. www.weingut-gutjahr.at Weingut Kodolitsch. Kunstvoller „Vermuth“. www.kodolitsch.at Friaul Julisch Venetien
fred jerbis. Federico Cremasco produziert ein paar Kilometer nordöstlich von Pordenone den „Vermut25“ – einen Wermut aus 25 Botanicals. Die Grundlage bildet ein Verduzzo aus dem Collio. Der rote „Vermut 16“ hat als Basis einen Schioppetino. Auch Gin, Fernet, Amaro, Bitter usw. Via San Giovanni 18, 33070 Polcenigo, www.fredjerbis.com Hermes Botanica. Wermut vom Weingut Gori Agricola: ein Rosso aus RamandoloTrauben, ein Bianco aus Friulano und Ribolla Gialla sowie ein „Cannabis“: würzig und belebend, Gori Agricola. Via Gori 14, 33045 Nimis. www.hermesbotanica.com Nonino Botanical Drink. Kein echter Wermut, aber ein botanischer Aperitif mit Blumen, Wurzeln, Früchten und dem weltbekannten Nonino Grappa. Brennerei zwischen Udine und Palmanova. Der Wein (Fragolino) für den Brand kommt aus dem Nonino-Weinberg in Buttrio. Via Aquileia, 33050 Percoto. www.grappanonino.it Opificium. Das Team der Liquoreria Friulana aus dem Westfriaul setzt Verduzzo mit Kräutern der Dolomiten an. Auch Bitter und Gin. Via Valcellina 6/A, 33097 Spilimbergo. www.opificium-spirits.it Riposo del Soldato. Roter Wermut der Azienda Agricola Castelvecchio bei Gorizia. Elegant und aromatisch. Nördlich der Gedenkstätte von Redipuglia zu finden. Via Castelnuovo 2, 34078 Sagrado. www.castelvecchio.com Santòn. Friauls mediterranster Wermut. Das Wermutkraut wächst direkt am Meer in der Lagune von Grado. Die Familie Mauri verarbeitet die Botanicals auf ihrem Weingut Borgo San Daniele bei Cormons. Via S. Daniele 28, 34017 Cormons. www.santon-vermouth.it Trittico Vermut. Die bekannte Brennerei „Domenis1898“ aus Cividale punktet mit riesiger Produktpalette. Die drei WermutSorten sind neu und sollen vor Weihnachten im Handel sein. Via Darnazzacco 30, 33043 Cividale del Friuli. www.domenis1898.eu Kärnten
Bärmut. Wermut-Aperitif aus dem Restaurant „Trippolt Zum Bären“. Feingliedrig und schlank gehalten. Duftet nach Zitronen und Orangen. Der Wermut der Autorin dieser Geschichte. 0,75 l, 22,90 Euro. Hauptplatz 7, 9462 Bad St. Leonhard. (+43 4350 2257), www.baermut.at WOB DÖ VERMOuTH. V20 ist laut Wolfram Ortner „eine gewagte Interpretation“ des klassischen Vermouth. V20 steht hier für die verwendeten Botanicals und die Volumensprozente. 0,5 l um 19,90 €. WOB, 9546 Bad Kleinkirchheim, Untertscherner Weg 3, (+43 42 40) 760, www.wob.at
BUCHTIPP
„Gin, Bitter, Wermut.“ David und Alois Gölles. Stocker Verlag. 176 Seiten, 29,90 Euro. Edel aufbereitet mit schönen Bildern und liebevollen Illustrationen zeigt es die beiden Edelbrenner bei ihrer Arbeit.
„Wermut.“ 207 Seiten, NGV, 4,90 Euro. Büchlein im Kleinstformat, jedoch mit prallem Inhalt. Geschichte, Wermut-Stile, Herstellung kommen nicht zu kurz. Kurze Porträts der wichtigsten Wermut-Marken sowie Rezepte.