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Triest

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Wilde Quellen

Wilde Quellen

Ein typischer Triest-Anblick im Winter: Die Bora peitscht über den Molo Audace

Wenn es mit 150 km/h durch die Stadt pfeift, kann einem das den Tag in Triest ganz schön vermiesen. Und dennoch gibt es sie – die Plätze, an denen man (ziemlich) bora-geschützt einen herrlichen Tag verbringen kann. Mit knuspriger Brioche, einem Capo in B oder einem frischen Fritto misto. Das Leben ist schön! CHRISTINA DOW

Im Oktober kommt sie pünktlicher als jeder Italiener zur Arbeit und oft schießt sie ohne Vorwarnung um die

Kurve, wie ein Cinquecento in Neapel.

Und doch lieben die Triestiner die Bora.

Sie gehört zur Stadt, zu den Menschen, zu deren sprödem Charakter.

Triest im Herbst und Winter ist eine eigene Geschichte. Die Stadt präsentiert sich ambivalent zwischen (für uns) nicht ertragbarer Bora und Sonnenstunden, bei denen man die Badehose zücken möchte. Zwischen Mitte Oktober und März dreht sich hier alles um die Bora und das gnadenlos peitschende Meer. Nur Lebensmüde gehen am Molo Audace spazieren, manchmal kippen sogar Autos um, Chihuahuas bekommen an der Leine Flughöhe. Das kann einem den Urlaubstag an der monarchischen Hafenstadt auf den ersten Blick ganz schön vermiesen.

Die schönsten Fluchtplätze

Jetzt aber zur guten Nachricht: Es gibt sie, die Orte, an denen man (ziemlich) Bora-geschützt seinen Tag verbringen kann. Grundsätzlich sind alle Gebäude, die nach Süden gerichtet sind und im Norden von einer Hausmauer begrenzt werden, erster Anlaufpunkt. So zum Beispiel auch der Hauptplatzklassiker Caffè degli Specchi. Mit ein bisschen Glück ergattert

La vita è

BORA

man hier einen Platz direkt an der Hausmauer entlang, sodass man seinen Capo mit Krapfen con crema ziemlich windgeschützt genießen kann.

Mittags sollte ein Besuch im PIER Pflichttermin sein. Das einzige der Öffentlichkeit zugängliche Restaurant direkt am Hafen (Marina San Giusto) bietet perfektbora-geschützt nicht nur einen grandiosen Ausblick, sondern auch eine Topküche. Gastgeberin Alice und ihr Team sorgen dafür, dass nicht nur Einheimische, sondern auch Touristen einen echten Wohlfühltag erleben. Das PIER erstreckt sich über drei Seiten und zwei Stockwerke. Die Rooftop-Bar ist aber nur von April bis Oktober geöffnet, im Winter sitzt man auf der südseitigen Terrasse, perfekt geschützt von der Backsteinmauer und an Sonnentagen mit T-Shirt-Temperaturen. Abends und indoor ist es übrigens nicht minder schön – zwischen den Lichtern des Hafens trinkt man tolle Weine aus Friaul. Unbedingt zu probieren sind das Fritto misto, der Polpo oder auch die hausgemachte Pasta.

Wenn die Bora nicht zu stark pfeift, kann man auch am Canal Grande in einem der Caffès einen tollen Platz an der Hausmauer ergattern. Hier sollte man sich kulinarisch aber eher auf einen Nero, einen Aperitivo oder eine Pizza konzentrieren, die Top-Ristoranti liegen definitiv ein paar Gassen weiter. ling 2022 einen zweiten Standort eröffnet hat, hat zwar nur wenige windgeschützte Sitzplätze, besticht dafür aber mit einem tollen Blick auf die Piazza della Borsa. Und: Hier gibt es internationale Frühstücksvariationen mit Pancakes, Bagels und tolle Aperitivi.

Wer auf schöne Aussicht und warmes (Innen-)Ambiente Wert legt, dem sei das La Piazza im Nobel-Supermarkt Eataly ans Herz gelegt. Täglich (auch sonntags!) ab 9 Uhr geöffnet, sitzt man an der überdimensionalen Glasfront quasi fußfrei am Hafen und genießt seine Pasticcerie mignon oder mittags und abends wirklich gute Küche. Dank der hauseigenen Backstube sind Pane, Focacce e Pizza hervorragend, ebenso die Fischgerichte

(Crudi, Pasta, im Ganzen). Übrigens: Wer gleich in der Früh oder vormittags kommt, kann hier auch an der prall gefüllten Fischtheke einkaufen bzw. im hauseigenen Fischbistro La Barcaccia speisen.

Und dann gibt es natürlich noch die Möglichkeit, es wie die Einheimischen zu machen. Man sucht nicht die schönsten und bora-geschützten Sonnenplätze, sondern verkriecht sich in ein Buffet, trinkt seine Birra oder seinen Vino alla spina und bestellt sich einen Teller handaufgeschnittenen Prosciutto cotto con cren, senape e krauti (Kren, Senf und Sauerkraut). Bekannte Klassiker sind dabei das Buffet da Pepi oder da Giovanni, echte Tipps das Buffet da Roby, Da Siora Rosa oder das Buffet L’Approdo. Letzteres ist neben dem Mercato Coperto, der alten Markthalle, die zwar verfallen und halb leer ist, aber dennoch ein Fixpunkt an einem Bora-Tag sein sollte. Sei es, um frisches Gemüse zu kaufen, oder um 9 Uhr früh mit den einheimischen Herren ein Glaserl Rotwein an der Marktbar zu trinken.

Raus aus der Stadt

Im Kampf mit der Bora lohnt sich ein Blick auf verlässliche Wetterapps oder Webcams. Denn oft sind die Fallwinde im Umland von Triest nicht annähernd so stark wie in der Stadt. Ein wundervolles Platzerl im Vorort Barcola, wo sich die Einheimischen im Sommer im Sardinen-Style am Betonstrand den Bräunungskick holen, ist das Il Pane Quotidiano Lungomare. Der wohl schönste Ableger dieser heimischen Bäckereikette. Die Terrasse am Meer bietet auf der einen Seite einen Blick bis in die Stadt, auf der anderen Seite auf das monarchische Castello di Miramare und die schneebedeckten karnischen Alpen im Hintergrund. Vor allem an der Glasfront entlang sitzt man hier im Winter windgeschützt und sonnenbestrahlt. Vom Frühstück bis zum Sonnenuntergang. Die hauseigenen Backwaren sind hervorragend, leider nicht der Service. Geduld und gute Nerven mitbringen.

Aber auch andere Ausflugsziele im Umland bleiben von der Bora oft verschont. Für lange Spaziergänge eignet sich die Strada Napoleonica zwischen Opicina und Prosecco, der Sentiero Tiziana Weiss oder auch der bekannte Rilke-Weg zwischen Duino und Sistiana. Alle drei sind an der Nordseite vom Karstgebirge geschützt und bieten einen atemberaubenden Blick auf die Küste.

Ruhig ist es in Grignano, hier lohnt sich aber der Abstecher in die ausgezeichnete Tavernetta Al Molo. Auch Muggia darf auf der Ausflugsliste nicht fehlen – zu dem kleinen Hafenstädtchen fährt sogar ganzjährig das Boot Delfino Verde ab Triest. Mit ein bisschen Glück ist das Topfischlokal Sal de Mar direkt am Hafen geöffnet. Einziger Minuspunkt bei diesen zwei Orten: Aufgrund der Lage gibt es hier im Winter nur wenige bis gar keine Sonnenstunden. Da würde sich dann Grado als Sonnen-Halbinsel natürlich besser anbieten.

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INFOS

Top 15 bora-geschützte Orte

PIER | Für Sonnenanbeter zu Mittag DIE Adresse. Direkt am Hafen Marina San Giusto, wunderschöner Blick, tolle Küche, netter Service. Abends indoor maritimes Ambiente. Das Fritto probieren. Molo Venezia 1, (+39 040) 322 92 96, pierts.it

Caffè degli Specchi | Historisches Caffè am Hauptplatz mit riesigem Sonnengastgarten. Piazza Unità d‘Italia 7, caffespecchi.it

Bollicine | Austern, Scampi crudi oder Pizzelle fritte gibt’s zum Aperitivo am Canal Grande, danach kreative Fischküche. Topauswahl an Schaumweinen und Weinen. Piazza Sant‘Antonio Nuovo 2/A, (+39 040) 771 041, bollicinetrieste.it

Al Ciketo | Kleine Bar mit venezianischen Cicchetti. Via S. Sebastiano 6, facebook.com/alciketo

Puro | Lässiges Lokal in der Fußgängerzone, tagsüber Bar mit Küche, abends Restaurant. An der Eingangsfront windgeschützt (nur wenige Plätze). (+39 040) 302 787, Via Torino 31, puroristoro.it

Al Barcollo | Jugendliche Aperitivo-Bar im Borgo Theresiano, mit guter Weinauswahl und unterschiedlichsten Häppchen. Mit ein bisschen Glück erwischt einen die Sonne die Hausmauer entlang. Via S. Nicolò 8b, https:// albarcollo.eatbu.com/?lang=it Buffet da Roby | Antipasti, Gebackenes, bestes Baccalà mantecato, auch warme Küche, gute Weine und Bier. Via di Torre Bianca 32, (+39 040) 372 00 02, barbuffetdaroby.it

Trattoria da Giovanni | Traditionelles Buffet, z. B. Gulasch, Jota, Patate in tecia, handgeschnittener Kochschinken mit Kren und Senf, Sauerkraut, Prosecco und Wein von Fässern, die über der Bar hängen. Via S. Lazzaro 14/b, (+39 040) 639 396, trattoriadagiovanni.com

Antico Spazzacamino | Schräges, uriges Retro-Einheimischen-Lokal nahe dem Ippodromo. Man sitzt inmitten von Musikinstrumenten, Schallplatten, alten Fernsehern und Plakaten aus den 60er-Jahren. Der Chef erzählt gerne seine Lebensgeschichte. Großartige, bodenständige (Fisch-)Küche. Via delle Settefontane 66, (+39 040) 947 593, facebook.com/antico.spazzacamino

Al Nuovo Antico Pavone | Gemütliches und gediegenes Fischrestaurant mit wechselnden Tagesfischen. Riva Grumula 2, (+39 040) 303 899, nuovoanticopavone.it

Da Angelina | Kleines, urig-gemütliches Lokal mit gutem Hauswein und -prosecco sowie tagesfrischer, kleiner Auswahl. Pflicht: der gemischte Fischvorspeisenteller. Via Luigi Cadorna 14, (+39 327) 059 90 05, facebook. com/daangelinatrieste

Wenn die Bora Pause macht: die Terrasse des Il Pane Quotidiano Lungomare in Barcola

Fotos: Christina Dow Christina Dow kennt als Triest-Insiderin die besten Plätze für Pasta, Formaggi, Prosciutto cotto & Co. Polpo alla griglia: Ein Besuch beim PIER am Hafen zahlt sich garantiert aus

Trattoria alla Sorgente | In schmaler Seitengasse in der Nähe des Mercato coperto, klein, authentisch, tolle Pasta, frischer Tagesfisch, viele Einheimische. Via della Sorgente 2, (+39 347) 939 65 19, facebook.com/trattoria.alla.sorgente

Osteria Istriano di Giobi e Oxa | Fischlokal nahe dem Hafen, sympathischer Chef, kleine Tageskarte. Riva Grumula 6, (+39 040) 306 664, osteriaistriano.com

Piccola Vineria | Kleines Restaurant im Zentrum mit toller Küche (auch rohe Fisch- und Meeresfrüchte-Variationen) und Topweinauswahl. Auch viele Champagner und Franciacorta glasweise. Via della Torretta 8, (+39 349) 859 77 52, facebook.com/piccolavineria

La Piazza | Café/Restaurant indoor im NobelSupermarkt Eataly. Täglich geöffnet, tolle Aussicht auf den Hafen dank gigantischer Glasfront. Riva Tommaso Gulli 1, www.eataly. net/it_it/negozi/trieste

Il Pane Quotidiano Lungomare | Bäckerei/Bar mit beeindruckender Terrasse am Meer außerhalb der Stadt in Barcola, mit Blick auf das Schloss Miramare, Geduld mitbringen. Viale Miramare 72, ilpanequotidiano.com

Mercato coperto | Alte, sehenswerte Markthalle unweit vom Zentrum. Halb leer, aber gute Frischeprodukte. Urige Marktbar mit Jause, Wein und Bier. Via Giosuè Carducci 36

Monte Grisa | Wallfahrtskirche im Karst, tolle Aussicht bis nach Kroatien, Picknickplätze nutzen! Mit 330 m meist über der Nebelgrenze gelegen. Salita di Contovello 45

Strada Napoleonica | Spazierweg mit Blick über das Meer, von Opicina nach Prosecco.

Sentiero Tiziana Weiss | Panoramaspaziergang zwischen Santa Croce und Aurisina. Tolle Aussicht, garantiert bora-geschützt.

Rilke-Weg | Spazierweg zwischen Duino und Sistiana, tolle Blicke auf die Küste und das Meer.

Die STADT der WINDE

Vergangene Pracht vor traumhafter Kulisse: Schloss Miramare

Triest und die Bora: eine Geschichte von Liebe und Hass und den Höhenflügen der Fantasie. SUSANNE SCHABER

Eigentlich kann es einen Ort wie diesen nicht geben. Weil sich nicht festhalten lässt, was flüchtig ist. Und doch: Er existiert. Zumindest in

Triest. Präziser gesagt: in der Via Belpoggio 9, nur ein paar Schritte vom Bacino Sacchetta entfernt, wo Segelboote im Wasser schaukeln. Eine ruhige Gegend, in der die

Tage langsam dahinziehen. In den Bars sitzen Pensionisten. Zum Caffè gibt es die

Nachrichten aus „Il Piccolo“ und den neuesten Klatsch aus der Nachbarschaft. Ein paar Trattorien, Läden mit Fischereibedarf, der Bäcker, die Apotheke. Und mittendrin die Via Belpoggio. Auf Nummer 9 ein etwas heruntergekommenes vierstöckiges

Haus. Hier also soll er sein, der ominöse

Nicht-Ort, jener Platz, den sich die Fantasie erschaffen hat.

Besuch nur nach Verabredung. Und dann biegt Rino Lombardi um die Ecke. Ein quirliger Mann, groß, schlank, hellwache Augen hinter den Brillen, die Hände ständig in Bewegung. Er schließt auf, eine Türe, eine zweite. Zugang zu einem Tresor? Signore Lombardi strahlt: sein Reich. Knappe fünfundfünfzig Quadratmeter groß, früher einmal ein Lager für Papier. Und inzwischen ein Museum für die Bora und für Winde aus aller Welt. Sein „Magazzino dei Venti“ sei ein Paradoxon, lacht er. „Wind braucht Raum, er ist nichts, was man einfängt. Also ist das meiste, das ich präsentiere, gar nicht sichtbar.“ Unsichtbar und doch da. „Das kleinste Museum weit und breit – und vielleicht das wichtigste. Weil man bei mir mehr erfährt über unsere Lebensweise und Identität.“

Musik und Frischekick

Triest, die Stadt der Winde. Die Bora ist die Musik der Stadt, die Melodie gegen Langeweile und Gleichklang, der Frischekick, wenn Melancholie und Schwermut über den Häusern hängen. Sie frischt auf, sobald polare Kaltluft Richtung Süden wandert und dort von den Bergketten eingekesselt wird. Bei entsprechendem Luftdruck drängen die kühlen Massen mit enormer Kraft über die Gebirgspässe und wachsen in den felsigen Korridoren zu Orkanen an. Sobald sie vor der Küste auf wärmere Gebiete treffen, werfen sich die Reffoli noch mächtiger über die Hänge des Karsts, verkrüppeln Bäume und Büsche, reißen Ziegel von den Dächern und fegen Schafe und Ziegen über die Weiden. Um dann durch die Straßen und Gassen Triests zu stürmen.

Segensbringer Bora

Während Motorroller umkippen, Müll durch die Luft wirbelt und Container herrenlos durch die Straßen gondeln, beschwört und feiert man den Segen des Windes. Was er nicht alles kann: nimmt Krankheiten mit, stärkt den Körper und Charakter und vertreibt trübe Gedanken. Die Bora sei Stimme und Atem der Stadt, so der Schriftsteller Mauro Covacich. „Spürt ihr die saubere Luft heute? Spürt ihr

dieses Kribbeln in der Nase? Habt ihr je einen so strahlenden Himmel gesehen? Einen Himmel wie lackiert? Abgesehen davon, dass man mit der Bora richtig Spaß haben kann.“

Sie elektrisiert den Geist, pure Energie, ein kreativer Turbo. Rino Lombardi kann das nur bestätigen. Ohne die Bora kein Museum, kein permanenter Auftrieb, kein Höhenflug der Fantasie. Sie sei „un po‘ di morbin, un po‘ di follia e tanta poesia“. Frohsinn, Verrücktheit und jede Menge Poesie. Rinos Lebenselixier. Eigentlich ist er in der Werbebranche tätig, der Broterwerb. Seine wirkliche Leidenschaft aber ist sein Museum zu Ehren der Winde: Ein Raum wie eine Höhle, vollgestopft vom Boden bis zur Decke. Rino Lombardi setzt zu seinem Streifzug an, obwohl er sich in diesem Durcheinander kaum rühren kann. Im Chaos steckt eine Art innere Ordnung: in zwanzig – venti, wie sonst? – Stationen durch den Kosmos der Winde. Mit einer besonderen Hommage an die Bora, mit Fotos, Kunstwerken, Büchern und kuriosen Objekten. Die dicken Seile etwa, die man früher an den Mauern anbrachte und an die sich die Spaziergän-

Die Bora ist ein Statement für die Kraft der Stadt.

In Fläschchen und Phiolen gesammelt: Winde aus aller Welt

ger klammerten, um nicht zu taumeln und zu fallen, wenn sie eine blitzartige Böe erwischte. Die schweren Eisenstücke, die man den Kindern in die Schultaschen lud, um sie vor dem Abheben zu bewahren. Alte Zeitungen, unter Pullover und Hemden gestopft als Schutz vor Frost, dazu Schuhe mit Spikes. Oder auch die aus den Stoffen der vom Wind verdrehten, kaputten Regenschirme gefertigten Taschen und Drachen. Recycling à la Triest.

300 Winde gesammelt

spannendes Vorhaben: Hundert Winde wollte Rino sammeln und startete dafür einen Aufruf, man möge ihm Böen aus allen Erdteilen schicken. Und da steht er nun und öffnet einen Schrank, dicht gefüllt mit sorgfältig beschrifteten Gurkengläsern, Fläschchen und Phiolen: Föhn aus Salzburg, Scirocco aus Trapani, Hurrikan Ophelia aus Dublin, ein Set mit sieben unterschiedlichen Winden aus Usbekistan. Rinos Zuträger dürfen sich „Botschafter des Windes“ nennen. Über dreihundert sind es geworden, ungleich mehr, als je erwartet, Tendenz steigend. Einige seiner mit Urkunden bedachten Gesandten kennt Rino Lombardi persönlich, weil sie bei ihm in der

BUCHTIPPS

Fotos: Alessandro Michaelazzi Susanne Schaber, Lesereise Triest – Poesie von Wind, Wasser und Stein, Picus Verlag, 2021

Mauro Covacich, Triest verkehrt – Fünfzehn Spaziergänge in der Stadt des Windes, Verlag Klaus Wagenbach, 2018

Via Belpoggio vorgesprochen haben, mit anderen korrespondiert er via Mail, auf „Esperavento, eine Mischung aus Esperanto & Vento“, wie er grinst. So entwickeln sich Freundschaften und Verbindungen, über Grenzen und Ozeane hinweg.

Rinos Netzwerk und sein Magazzino strahlen über Triest hinaus. Inzwischen haben die Tourismusmanager das Potenzial der Bora erkannt. Sie promoten die Stadt als Abenteuerspielplatz: Lassen Sie im Herbst und Winter elegante Mäntel, Schuhe und Hüte zu Hause, so die Empfehlung. Besser man hat Anorak, Schal, Mütze und dicke Fäustlinge mit dabei, dazu Stiefel, wenn möglich wasserfest. Um so ausgerüstet zu sein für eine Expedition ins Auge des Sturms. Eine Broschüre führt zu jenen Plätzen, an denen sich die Bora am intensivsten sehen, hören und fühlen lässt. Von der Molo Audace, wo man die Bucht und das Wüten der Wellen im Blick hat – Poesia visiva, visuelle Poesie –, geht es zum Canale di Ponte Rosso, einem gefährlich dröhnenden Windkanal, und weiter bis nach La Sacchetta, wo die Boote mit den Wellen kämpfen.

Ein Erfolg für Rino, die neu geweckte Aufmerksamkeit für die Bora und sein Magazzino dei Venti. Und wer weiß? Vielleicht werden seine Bitten doch noch erhört. Ein wirklich großes, seiner einzigartigen Sammlung angemessenes Museum wünscht er sich. Wahrscheinlich ist der eine oder andere Saal dann einfach leer – und gefüllt mit einem ganzen Orchester an Winden, von Rino Lombardi dirigiert. Der Porto Vecchio wäre ein idealer Ort für seinen Auftritt, der alten Hafen, wo man einige der ehemaligen Industriebauten re-

Die Bora ist der kreative Turbo von Triest

noviert hat. Noch ist nichts beschlossen, vorerst erprobt sich Rino vor kleinerem Publikum als Maestro der Lüfte. Und als Pilot: Der winzige Teppich, den er vor uns ausbreitet, findet gerade noch Platz in seiner bescheidenen Klause. „Draufsteigen bitte, wir heben gleich ab und fliegen los. Und keine Sorge: Die Fantasie ist mit an Bord, die Windböen werden uns treiben und sicher ans Ziel bringen.“ Wo immer das liegen mag: buon vento.

INFOS

Wohnen

Hollmann Triest | Ein idyllisches Nest in den steilen Karstklippen unweit von Schloss Miramare. 120 m2 für sechs Personen, eigener Badestrand. Ab € 3840,– 1 Woche. www.crazyhollmann.com/trieste/

Hotel Continentale | Hier treffen sich Tradition und Moderne: licht designte Zimmer, feines Frühstück. DZ ab € 95,–. Via S. Nicolò 25, (+39 040) 631 717, www.continentalehotel.com

Grand Hotel Duchi d‘Aosta | Komfortables Boutiquehotel mit Geschichte. Feinschmecker lassen sich in Harry‘s Bistro und Harry‘s Piccolo (2 Michelin-Sterne) verwöhnen. DZ ab € 240,–. Piazza Unità d‘Italia 2/1, (+39 040) 760 00 11, www.duchidaosta.com Altstadt. DZ ab € 133,–. Androna Chiusa 4/ Via Punto del Forno 3, (+39 040) 302 065, www.urbanhotel.it

Savoia Excelsior Palace | Zwischen Glaslüs- tern, Stuck und elegantem Mobiliar träumt man von vergangenen Zeiten. DZ ab € 126,–. Riva del Mandracchio 4, (+39 040) 77 941, https://collezione.starhotels.com/de/ourhotels/savoia-excelsior-palace-triest/

Hotel James Joyce | Kleine, aber zweckmäßig eingerichtete Zimmer, gutes Preis-LeistungsVerhältnis. DZ ab € 125,–. Via dei Cavazzeni 7, (+39 040) 971 23 30, www.hoteljamesjoyce. com

The Modernist | Hinter den Mauern eines Palazzo verbirgt sich ein elegant durchgestyltes Hotel, das Altes und Neues mit viel Witz verbindet. DZ ab € 96,–. Corso Italia 12, (+39 040) 064 56 90, www.themodernisthotel.it L‘Albero Nascosto | „Zwischen Himmel und Meer“, so heißt eines von mehreren Appartements: modernes Design, herzliche Atmosphäre. Ansprechend auch die Hotelzimmer. DZ ab € 135,–. Via Felice Venezian 18, (+39 040) 300 188, www.alberonascosto.it

Essen

Osteria Salvagente | Ein handgeschriebener Zettel statt gedruckter Speisekarte: Marco Munari pflegt die Küche der „pesce povero“, die Fischgerichte der armen Leute. Via dei Burlo 1c, (+39 040) 260 66 99 La Bottega di Trimalcione | Eine der ersten Adressen für Liebhaber von Fisch und Meeresfrüchten. Erfreuliche Weinauswahl, angenehmer Service. Via del Lazzaretto Vecchio 3, (+39 347) 887 42 42, www.ristorantetrimalcione.it Trattoria Menarosti | Eines jener klassisch italienischen Lokale, wie sie selten geworden

Fotos: Fabrice Gallina

Ob Meeresfrüchte, Fisch oder ein Glas Friulano: Triest begeistert alle Feinschmecker

sind. Gute Fischküche, feine Auswahl biologischer Weine. Via del Toro 12, Tel. (+39 040) 661 077

Mimì e Cocotte | Ideal fürs Frühstück oder den Cappuccino zwischendurch. Mittags und abends locken Gerichte wie der Cheesecake mit Zucchini und Klassiker wie Pasta al Ragù. Via Luigi Cadorna 19, (+39 040) 340 85 11, www.mimiecocotte.com

Osteria Ai Maestri | Bodenständige Gerichte, serviert in rustikal-gemütlichem Ambiente oder im Vorgarten. Übersichtliche Karte, faire Preise. Via della Sorgente 6, (+39 040) 636 801

Buffet da Pepi | Hier langen Advokaten, Polizisten und Handwerker kräftig zu, wenn gekochter Schinken oder Würste mit Sauerkraut auf dem Teller liegen. Via della Cassa di Risparmio 3, (+39 040) 366 858, www.buffetdapepi.it

Antica Trattoria Suban | Seit über 150 Jahren Treffpunkt der Großfamilien. Hier genießt man die authentische Triestiner Küche wie kaum anderswo. Via Emilio Comici 2, (+39 040) 54 368, www.suban.it

Eisdielen, Cafés, Bars

Gelateria Jazzin | Ein Paradies für Süßschnäbel. Zum Dahinschmelzen auch die Eispralinen. Via del Mercato Vecchio 1, (+39 040) 241 92 61

Gelateria Soban | Familie Soban setzt auf natürliche Zutaten. Besonders empfehlenswert das Eis aus Walderdbeeren. Via Cicerone 10, (+39 391) 461 74 05, www.gelateriasoban.com

MUG | Trendiger Coffeeshop mit herrlichen Cupcakes, Torten und Keksen und kleinen Happen für zwischendurch. Piazza Attilio Hortis 6, (+39 040) 966 02 93 , www.mugbakery.com

Antico Caffè Torinese | 1919 eröffnet und im Jugendstil mit kostbaren Holzarbeiten und Leuchten ausgestattet, ist das Lokal ein Schmuckstück. Corso Italia 2, (+39 389) 654 36 11, www.anticocaffetorinese.ts.it

Antico Caffè San Marco | Marmortischchen und Stühle von Thonet, blitzende Messinglampen und prächtige Lüster: ein Kaffeehaus im Wiener Stil, museal und doch sehr belebt. Via Cesare Battisti 18, (+39 040) 203 53 57, www.caffesanmarco.com

Pasticceria Caffè Pirona | Das Auge isst mit: Hier hat schon James Joyce das Marzipan- und Mandelgebäck genossen, das Lokal bezaubert bis heute. Largo Barriera Vecchia 12, (+39 040) 233 54 76, www.pirona1900.com

Serate in Terrazza | Zu Abenden auf der Terrasse lädt das Kunstmuseum Revoltella in den Sommermonaten. Die Rooftop-Bar mit ihrem Blick über den Hafen ist der ideale Ort für den Sundowner. Via Armando Diaz 27, (+39 040) 675 43 50, www.museorevoltella.it

Gran Malabar | Eine Institution: Über vierzig Weine sind offen zu verkosten, gut 60.000 Flaschen lagern im Keller. Dazu genießt man Salami, Prosciutto oder Käse. Piazza San Giovanni 6, (+39 040) 636 226

Harry‘s Bar Trieste | Vom Frühstück bis zum Night-Cap ist man hier richtig. Auch die Panini und Tramezzini schmecken. Via Giosuè Carducci 2, (+39 040) 361 800, www.harrysbartrieste.it

Besichtigungen, Events, Ausflüge

Das Magazzino dei Venti, auch Museo de la Bora genannt, ist eine kleine, aber feine Schau zum Thema Wind. Die Führung durch Rino Lombardo ist ein Erlebnis. Anmeldung unter (+0039 040) 307 478 oder online auf www.museobora.org. Die Risiera di San Sabba war zwischen Oktober 1943 und April 1945 ein Konzentrationslager. Die Anlage wurde zu einem Museum umgestaltet, das den Schrecken jener Zeit auf beklemmend-eindrückliche Weise nachzeichnet. www.risierasansabba.it

Die Barcolana. Am jeweils zweiten Sonntag im Oktober hoffen die Segler auf guten Wind, wenn sie sich im Golf von Triest treffen, um zur größten Regatta der Welt aufzubrechen.

Die Olivenöle aus dem Val Rosandra, einem Naturpark, der Wanderer anlockt, erobern den Gaumen der Gourmets. Besonders häufig prämiert sind jene von Starec. Anmeldung erbeten. www.starec.it

Das Städtchen Muggia erreicht man am schönsten mit dem Boot. Die Gassen mit den venezianischen Palazzi laden zum Flanieren ein, die Lokale rund ums Hafenbecken zum gemütlichen Essen. Besonders beliebt sind das Sal de Mar (www.saldemar.it) und die Trattoria „Al Porto“.

Souvenirs

Enoteca Bischoff | Die älteste Weinhandlung der Stadt, 1777 von einem Schweizer begründet. Im historischen Gewölbe lagern Weine aus der Umgebung, aber auch eine große Auswahl aus der Franciacorta, dem Piemont und der Toskana. Via Mazzini 21, (+39 040) 631 422, www.bischoff.it

SET – Sapori Eccellenti del Territorio | In der Enoteca mit dem angeschlossenen Bistro lassen sich feine Tropfen und Produkte der Region verkosten und kaufen. Via di Cavana, 13a, Tel. (+39 040) 247 10 80, www.set-trieste.com

Libreria Caffè San Marco | In der Buchhandlung im Caffè San Marco präsentiert Loriana Ursich erlesene Bände zu Triest und zum Friaul. www.caffesanmarco.com

Illy | Was wäre Triest ohne Illy? Alles, was das Herz des Kaffee-Aficionados höherschlagen lässt, lässt sich im Shop in der Via Einaudi 2 erstehen. www.illy.com

TOURISMUSINFO

Tourismusbüro | 34121 Triest, Piazza Unità d‘Italia 4b, Tel. (+39 040) 347 83 12, www.turismofvg.it. Weitere Informationen unter www.discover-trieste.it

Das Caffè San Marco ist Treffpunkt der Literaten

Die 4-Sterne-Villa Soligo in Farra di Soligo, die anspruchsvolle, kultivierte und moderne Gäste empfängt, heißt Sie herzlich willkommen im Weinbaugebiet von Conegliano Valdobbiadene und Prosecco DOCG. Sie nächtigen in einer prunkvollen, historischen Villa aus dem 18. Jahrhundert, die zum Weltkulturerbe gehört. Tauchen Sie ein, in ein elegantes, glanzvolles Ambiente mit einem Stilmix aus Klassik und Neuzeit.

Wenn Essen zum Erlebnis wird. Die Küche des Gourmet-Restaurants liegt in den geschickten Händen von Tino Vettorello, einem Küchenchef, der eine zeitgenössische Küche kreiert, der auf Zutaten und der kulinarischen Tradition Venetiens achtet und dabei die Jahreszeiten im "Topf" behält. Neben dem 4-Gänge-Menü werden Sie in der Weinbegleitung auch weniger namhafte Winzer aus den Nachbarregionen geschmacklich kennenlernen.

Der Palazzi Montalban Vecchio, der Palazzi Piutti, an der Hauptstraße - der dreischiffige Dom mit dem berühmten Altarbild, mit der markanten Arkaden-Fassade und kostbaren Freskenzyklen in den Innenräumen, der schöne Piazza Cima freuen sich auf Ihre Bekanntschaft. Das mittelalterliche Städtchen Conegliano, in der venezianischen Provinz Treviso, auch mit Sitz der ältesten Schule für Weinkunde Italiens ist für jeden Weinkenner ein Begriff und immer eine Reise wert.

Vom familiengeführten Weingut in Conegliano bis in die innovative Weinkellerei Fasol Menin mit Zwischenstopps während der Panoramafahrt durch die wunderschöne Region werden Sie den Tag mit vielen Eindrücken und Verkostungen vollenden. Der Prosecco (Glera Rebsorte) von Fasol Menin wurde von Falstaff mit 92 Punkte bei der Trophy 2022 bewertet.

LESERREISEN

PROGRAMMDETAILS

12. bis 14. Mai

Freitag, 12. Mai

Samstag, 13.Mai

Kunst, Dynamik und Innovation:

Sonntag, 14. Mai

€ €

Anmeldeschluss für die Reise ist der 5. Februar 2023

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