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Wilde Quellen

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Geniales Gesäuse

Geniales Gesäuse

Ikone der heißen Quellen Mitteleuropas: die frei nutzbaren Sinterbecken der Therme Saturnia in der Toskana

2 Eine der unzähligen slowenischen Thermalquellen ist frei zugänglich: die Klevevž-Quelle nahe Novo mesto

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Wilde, heiße QUELLEN

Thermalwasser ohne Eintritt und Schlapfen, dafür umgeben von Wald und viel frischer Luft: Natürliche heiße Quellen erleben ein Revival. Fünf warme Platzerln im Alpe- Adria-Raum haben wir ausgeforscht. JOHANNA WOHLFAHRT

Fotos: Terme Saturnia, Turismo Ascona-Locarno/Pizzicanella, Slovenia Turizem C orona war’s, wieder mal. In Ermangelung regulär geöffneter Angebote wurde es in den Herbst- und Winter-Lockdowns zum globalen Volkssport, naturbelassene warme Quellen als Thermenersatz zu nutzen. Das ist zugegebenermaßen leicht in Weltgegenden wie Island, dem Yellowstone Park oder auf jenen japanischen Inseln, wo alle paar Meter heißes Wasser aus der Erde sprudelt. Aber in Mitteleuropa? Im Nahreisebereich?

Jawoll, auch da gibt es sie, die Thermalquellen, die noch nicht in große Bade- und Wellnessanlagen eingeleitet werden, sondern umgeben von Wiesen, Bäumen oder Felsen unter freiem Himmel zutage treten und von jedermann und jederfrau kostenlos genutzt werden können. Die Toskana zum Beispiel ist ein Fleckerl Erde, an dem heilende, warme Wässer an sehr vielen Stellen aus der Erde sprudeln. Zwei der lohnendsten toskanischen Quellen stellen wir hier näher vor.

Entdeckenswert

Slowenien ist eines der thermalwasserreichsten Länder der Welt, das zeigt sich allein an der Thermendichte bei unseren südlichen Nachbarn. Dennoch gibt es vereinzelte wilde Quellen, für die es weder Eintritt noch Schlapfenpflicht braucht. Einen unscheinbaren, aber wundervollen Quellenaustritt nahe Novo mesto, der auch im Lonely Planet schon Eingang fand, wollen wir hier nicht verschweigen. Und dann gibt’s freilich noch die Weltbesonderheit gleich vor der eigenen Haustür. Das Villacher Maibachl. Keine ständig fließende warme Quelle zwar, aber ob dieser eingeschränkten Verfügbarkeit wohl ein noch interessanterer Tipp für alle, die einzigartige Badeerlebnisse in der Natur suchen. Mittlerweile, in Post-Lockdownzeiten, gibt es die zum Glück wieder als attraktives Add-on zu herkömmlichen Thermenurlauben, denn in der Nähe von Naturquellen sind in der Regel auch öffentliche Thermen anzutreffen. Aber außergewöhnlich und faszinierend sind sie allesamt. Absolut entdeckenswert. Und teils sogar tagesausflugstauglich.

1 Terme di Saturnia: Naturbad von Welt

Neben Pamukkale in der Türkei ist die Quelle der Terme Saturnia wohl jene in Europa mit dem höchsten Wiedererkennungswert. Schon Dante war dieser Ort in der südlichen Toskana eine Erwähnung in der Göttlichen Komödie wert. Der berühmte Wasserfall, von dem sich das 37 Grad heiße Thermalwasser in die stufenförmigen Sinterbecken verteilt, befindet sich etwa vier Kilometer außerhalb des Dörfchens Saturnia. Hier darf jede und jeder kostenlos ein Bad im schwefelhaltigen und vor allem bei Gelenkserkrankungen heilsamen Wasser nehmen. Sofern

Die Weltbesonderheit vor der Haustür: Nach starkem Regen oder der Schneeschmelze sprudelt das Maibachl 29 Grad warm

man ein freies Platzerl findet. Denn an diesen magischen Ort pilgern Touristen wie Einheimische gleichermaßen, vor allem in der Hauptsaison. Insofern ist Saturnia perfekt für einen Besuch in der kälteren Jahreszeit. Und auch wenn’s noch so angenehm ist: Bitte nicht länger als 20 Minuten darin baden. Dem Kreislauf zuliebe.

Lage

Cascate del Mulino, die Saturnia-Naturquelle am wildromantischen Wasserfall neben der restaurierten Mühle, liegt etwa drei Kilometer südlich der Ortschaft Saturnia in der Toskana.

Tipp in der Nähe

Die dazugehörige Therme mit Spa, die alle Stückerln spielt, liegt keine zwei Kilometer entfernt. www.termedisaturnia.it

Obligat

Ein Ausflug nach Porto Santo Stefano, einer entzückenden Hafenstadt am Eingang zur Monte Argentario-Halbinsel.

Infos

www.maremma-tuscany.com/saturnia/le-cascate-del-mulino

2 Bagni di Craveggia:

der Grenzfall

heit des Onsernonetals, einem Hochtal an der Grenze von Italien und der Schweiz, sowie etliche Lawinen ließen davon bis heute nur Ruinen über. Von der einstigen touristischen Nutzung zeugt heute noch die große Wanne in der „Höhle“, die von der Thermalquelle gespeist wird. 2015 wurden draußen neue Granitwannen installiert, die an dieser Natur-Thermalquelle zum Eintauchen einladen. Wer das möchte, muss allerdings ein wenig wandern. Die Bäder von Craveggia liegen gerade noch auf italienischem Boden, sind aber vom schweizerischen Spruga leichter zu erreichen – binnen 40 Minuten Fußmarsch. Gute Alpenluft und herrliches Bergpanorama ist also in jedem Badeausflug inkludiert. Das Thermalwasser tritt hier mit 28 Grad Celsius zutage und soll heilsam für Hauterkrankungen wirken.

Lage

Von Locarno aus ca. eine Autostunde bis Spruga am Ende des Onsernonetals, ab da 40 Minuten Fußmarsch.

Tipp in der Nähe

30 Kilometer entfernt liegt Ascona am Lago Maggiore mit seinem südländischen Flair. Übrigens der tiefstgelegene Ort der sonst so alpinen Schweiz.

Infos

3 Klevevž-Quelle:

der nahe Geheimtipp

Von geothermischen Quellen ist Slowenien zahlreich unterwandert, das ist bekannt. Aber dass eine warme Quelle in der Natur frei zugänglich ist, ist die Ausnahme. Die liegt in diesem Fall im Dorf Klevevž nahe Novo mes- to und kommt hier an einer Waldlichtung mit kristallklarem Wasser, einer ganzjährigen Wassertemperatur um 20 Grad Celsius und magischen Grüntönen zutage. Eine kleine Beckenfassung, ein Holzsteg und Holzbänke signalisieren allen Willigen, dass ein kostenloses Quellenbad in dieser wunderbaren Naturkulisse zweifelsfrei erlaubt ist. Sogar der Lonely Planet wies in einem Onlineartikel über heiße Quellen in Europa auf dieses noch kaum bekannte Kleinod in Slowenien hin. Und zur nächsten „richtigen“ Therme ist’s nicht weit: Die Terme Šmarješke Toplice ist nur ein paar Autominuten entfernt.

Lage

Unterhalb der Burgruine Klevevž/Klingenfels in Grič bei Klevevž, Slowenien.

Tipp in der Nähe

Schön unterkommen im 4*-Hotel Vitarium der Terme Šmarješke Toplice. Therme, Spa und Fokus auf Medical Wellness. www.terme-krka. com/us/en/smarjeske-toplice/.

Infos

Türkisfarbene Naturpools unter kalkweißen Felswänden: Die Bagni San Filippo nahe Siena muten surreal an

4 Maibachl: die On-Off-Naturquelle

Am Rande Villachs, einer Gegend, die bezeichnenderweise „Warmbad“ heißt, wird das hier vorkommende Thermalwasser eigentlich für die Therme eingefasst. Aber nicht alles davon. Phasenweise – bevorzugt nach der Schneeschmelze, aber auch saisonunabhängig nach sehr kräftigen Regenfällen – sucht sich das warme Heilwasser seinen natürlichen Lauf durch den nahegelegenen Wald. Dann fließt das sogenannte Maibachl. 29 Grad Celsius warm, also wohltemperiert, füllt es zwei natürliche Becken in diesem Waldstück, die für Badende das ganze Jahr über frei zugänglich sind. Die einzige Hürde ist die zeitgerechte Information darüber, ob das Maibachl gerade fließt. Die regionalen Zeitungen, einschlägige Infoseiten auf Social Media und die Tourismus-Webseiten von Kärnten bzw. Villach geben darüber aktuelle Auskünfte.

Lage

Vom Kurpark aus folgt man dem Wanderweg entlang des Bachlaufs am Waldrand bis zu den zwei angelegten Naturbadebecken.

Tipp in der Nähe

Durchgehend mit warmem Thermalwasser wird die Kärnten Therme versorgt, nur wenige Fußminuten entfernt.

Kulinariktipp

Auf Kaffee und Torte ins Restaurant-Café im Warmbaderhof. Top Patisserie. www.kaerntentherme.com, www.warmbaderhof.com

Infos

www.visitvillach.at/de/maibachl.html

5 Bagni San Filippo: wildromantisch ruhig

Heiße Quellen, die 25 Grad Celsius warm aus der Erde sprudeln, ihre weißen, surreal anmutenden Kalkablagerungen an der Felswand hinterlassen und sich darunter zu türkisfarbenen Naturpools sammeln: Das sind die Bagni San Filippo im Val d’Orcia, südlich von Siena am Fuße des Vulkankegels Monte Amiata. Gelegen in einem idyllischen Waldstück, ist dieses toskanische Naturbad noch nicht so überlaufen wie beispielsweise die Saturnia-Quelle. Laut dem Dumont-Reiseführer gilt dies als „das älteste natürliche, von Menschen genutzte Heilbad der Welt, das direkt aus einer heißen Quelle gespeist wird“. Das Wasser enthält viele wertvolle Mineralien wie Schwefel, Sulfat, Kalzium(carbonat) und Magnesium und soll eine wohltuende Wirkung auf Gelenke, Haut und Atemwege haben. Vor allem aber warten hier absolute Naturbelassenheit und angenehme Ruhe in wohlig warmem Wasser.

Lage

Die winzige Ortschaft Bagni San Filippo mit rund 100 Einwohnern liegt im Val d’Orcia in der südlichen Toskana. Die Quellen im Wald sind nach einem zehnminütigen Fußmarsch zum Fluss Fosso Bianco erreichbar.

Tipp in der Nähe

Siena! Nur 70 Kilometer entfernt und man ist mittendrin in einer der schönsten Städte Italiens. www.visittuscany.com/de/orte/siena/

Infos

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