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„Die Verbindung mit den Wurzeln der Kunst hilft mir, das Menschsein zu erforschen und an den Ausdruck zu glauben.“ Marina Stiegler taucht gerne in die frühe Geschichte der Kunst ein – beinahe zwangsläufig stößt man dabei auf Göttinnen, deren Symbolsprache und die archaische Kraft, die von den Darstellungen des Urweiblichen ausgeht. Dass es der Wahlgrazerin ein Anliegen ist, diese im 21. Jahrhundert neu zu interpretieren und „in die Jetztzeit zu beamen“ (Stiegler), wird klar, sobald man ihr Grazer Studio im Freien Atelierhaus Schaumbad betritt: Man sieht sich umringt von Venusfiguren, markanten grafischen Formen, den Farben Naturweiß, Hellbraun, Mattschwarz und Gold – alles spiegelt erdig und geerdet das Weibliche, das Nährende und Schützende wider. Ein Raum, der Kraft und Ruhe aussendet, trotz der üblichen kunterbunten Werkzeugfülle mit all ihren Farbtuben, Pinseln und Leinwänden.
Menschsein in Fülle erforschen Brüste und Vulven – üppig, machtvoll, friedsam. Die Grazer Künstlerin Marina Stiegler baut Brücken über Jahrtausende und bringt das Urweibliche in moderne Formen- und Zeichensprache. Auf den zweiten Blick. Von Claudia Taucher
Von Schrift zu Ton
„Die Verbindung mit den Wurzeln der Kunst hilft mir, das Menschsein zu erforschen, an die Kraft des Ausdrucks zu glauben und an die Kraft, die Welt selbst zu gestalten.“ Marina Stiegler
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Foto: cstrobl
Das weibliche Prinzip, Mutter Erde, habe sich, so die Künstlerin, beinahe „automatisch“ in ihrer Kunst festgesetzt. Davor jedoch begann ihr künstlerischer Ausdruck in Schriftform, denn „zuallererst war das Schreiben“, erzählt die gebürtige Salzburgerin. Ein „Tage- und Nachtbuch“ war ständiger Begleiter und erstes künstlerisches Ventil – eine Grundlage, aus der sich Malerei, Skulptur, Grafik und auch ihre Liebe zur Musik entwickeln sollten. Denn Sprache war Stiegler bald zu wenig – sie wollte „etwas mit den Händen machen“ und so kam sie mit 23 Jahren zur bildenden Kunst. In der Meisterklasse für keramische Formgebung an der Grazer Ortweinschule und in der Berufsfachschule für Holzbildhauerei in Berchtesgaden manifestierte sie ihre Kunstfertigkeit und stellte so die bildende Kunst in den Vordergrund. „Hier mache ich mein eigenes Ding“, unterscheidet Marina Stiegler von ihrer zweiten Leidenschaft: „Die Musik ist ständige Begleiterin, aber nichts, was ich allein mache.“ Ihre Liebe zum Songschreiben