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Der Gründungsprozess um 1965
Kapitel ii
TExT Dr. CHrIStOF HAVErKAmP Was hat eigentlich eine Kommune davon, dass sie Stadt wird? Welche Vorteile, welche Nachteile bringt dieser Wechsel mit sich? Dazu führten die Politiker im Harener Gemeinderat am 3. November 1961 im Sitzungssaal des Feuerwehrgerätehauses eine rege Diskussion, ausgelöst durch die Bitte von Bürgern nach Verleihung der Stadtrechte.1 In keiner Weise seien damit Nachteile für das landwirtschaftliche Gebiet der Gemeinde verbunden, konnte Bürgermeister August Laing (CDU) Skeptiker beruhigen. Auch die Städte Haselünne und Aschendorf hätten weites landwirtschaftlich genutztes Hinterland.
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Laing schätzte die wirtschaftlichen Vorteile größer ein als mögliche Nachteile, und ins gleiche Horn stieß Gemeindedirektor Otto Nerkamp: Die Stadtrechte könnten der Gemeinde im Kreisgebiet zu der Bedeutung verhelfen, die ihr zukomme, ja sie seien sogar die entscheidende Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung der Kommune. Im Volksmund werde Haren immer schon als „Schifferstadt“ angesprochen. „Nach reger Diskussion wurde vorgeschlagen, die Angelegenheit nach eingehender Prüfung durch Rat und Verwaltung in Kürze erneut zu behandeln“, vermerkt das Protokoll.
Möglicherweise aber ließen sich die Bedenken, mit der Bezeichnung „Stadt“ seien für die Harener höhere Belastungen und Abgaben verbunden, doch nicht so schnell ausräumen.2 Mehr als drei Jahre strichen jedenfalls ins Land, bis der Schul- und Kulturusschuss die Titelfrage am 26. Februar 1965 wieder aufgriff.3 Nachdem sie alle Seiten des Problems eingehend erörtert hatten, fällten die elf stimmberechtigten Mitglieder des Gremiums einen einstimmigen Beschluss: Sie schlugen dem Rat vor, die Verleihung der Stadtrechte beim niedersächsischen Innenminister zu beantragen – eine Möglichkeit, die Paragraph 14, Absatz 1 der Niedersächsischen Gemeindeordnung bot.4 Voraussetzung: Die Gemeinde musste nach Einwohnerzahl, Siedlungsform und Wirtschaftsverhältnissen ein städtisches Gepräge besitzen. Diese drei Kriterien trafen auf Haren zweifellos zu. In der Sitzung vom 7. April zeigten sich alle Ratsherren zuversichtlich, dass ihr Vorstoß beim Innenminister Erfolg haben würde.5 Der Verwaltung gaben sie mit auf den Weg, den Antrag ausführlich zu begründen. Und einstimmig billigten die Kommunalpolitiker einen schon vorliegenden Entwurf von Gemeindedirektor Nerkamp. Der Verwaltungschef schrieb darin, der Ort an der Ems habe sich zu einem Zentrum entwickelt, auch durch den Zusammenschluss der Industriegemeinde Haren mit der kleineren Agrargemeinde Altharen zur Großgemeinde im Oktober 1956 – ein historisches Datum, das in dieser Zeit häufi g erwähnt wurde.
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Nicht weniger als 301 Schifffahrtsbetriebe hatten sich angesiedelt (110 für die Seeschiffart, 191 für die Binnenschifffahrt), dazu 118 Handelsbetriebe, 105 Handwerksbetriebe, zwölf Industriebetriebe und 36 sonstige Betriebe. Haren dehnte sich auf einer Fläche von rund 50 Quadratkilometern aus und war damit die größte Kommune im Landkreis Meppen; die Gemeinde zählte fast 7.000 Frauen und Männer und war damit bei den Einwohnern nach Meppen zum zweitgrößten Ort im Kreisgebiet aufgestiegen, noch vor Haselünne, der ältesten aller Städte des Emslandes.6
Haselünne erhielt die Stadtrechte bereits vor 1220, also im Hochmittelalter.7 Meppen entwickelte sich zwar schon früh zum bedeutenden Marktort, bekam aber erst 1360 die Stadtrechte verliehen.8 In Lingen, zuvor längst städtisch geprägt, war es im frühen 14. Jahrhundert so weit; Freren erhielt das Stadtrecht 1724, Papenburg erst 1860, und der Kreissitz Aschendorf bekam es 1952, und zwar im Rahmen seiner 1200 Jahr-Feier.9 Deshalb war es 1965 aus der Sicht der Harener allerhöchste Zeit, allein schon aus Prestigegründen endlich mit den anderen emsländischen Städten gleichzuziehen.
Die Gemeinde schrieb daher am 14. April 1965, eine Woche nach dem Ratsbeschluss, dem niedersächsischen Innenminister einen Brief mit dem Antrag. Zur Begründung führte die Kommune in ihrem achtseitigen Schreiben auf, alle Bürger würden die Verleihung des Titels Stadt als Würdigung der bisherigen Erfolge im Zusammenhang mit der 1956 geschaffenen Großgemeinde Haren werten. Auch die wirtschaftliche Bedeutung der Schifferstadt werde mit dem Titel betont, und die Bürger betrachteten eine Anerkennung als Stadt, wie es pathetisch hieß, als „Ansporn für die noch großen Aufgaben der Zukunft“.10 Der Antrag enthielt auch detaillierte Angaben zur Kultur, zur Verkehrserschließung, zur Wirtschaftsstruktur, zum Wappen und zur blau-goldenen Flagge.
Zum Tourismus hieß es: „Für den Fremdenverkehr sind 30 gepflegte Gaststätten zur Unterbringung und Bewirtung der Gäste vorhanden.“ Herausgestellt wurden „die herrlichen Emspartien“ und die Wasserburgen Dankern, Haus Landegge und Gut Düneburg.
„Der Ort und die Umgebung machen einen sauberen, gepflegten und einladenden Eindruck und werden immer mehr zum Ausflugsziel vieler Touristen, insbesondere der grenznahen Niederländer.“
Gleichwohl waren es noch vergleichsweise beschauliche Zeiten, bevor im Sommer 1971 das Ferienzentrum Schloss Dankern eingeweiht wurde.
Bei den Angaben zur Verwaltung steht eine Bemerkung, die uns im heutigen Computer-Zeitalter schmunzeln lässt: „Den Verwaltungskräften stehen alle modernen Hilfsmittel (Buchungsmaschine, Adrema, Vervielfältiger usw.) zur Verfügung.“11
Die Verantwortlichen in Haren waren sich offenbar sehr sicher, dass der Innenminister in Hannover ihrem Antrag stattgeben würde, denn schon im April 1965 trat die Kommune (mit Rückwirkung zum 1. Januar 1965) dem niedersächsischen Städtebund bei, nachdem sie zuvor ihren Austritt aus dem Niedersächsischen Gemeindetag zum 1. Januar 1964 erklärt hatte.12
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Otto Bennemann (SPD) war von Mai 1959 bis Juli 1967 niedersächsischer Innenminister
Für den Landkreis Meppen leitete Oberkreisdirektor Walter Kolck den Antrag am 14. Mai an die Osnabrücker Bezirksregierung weiter.13 „Mit Nachdruck“ befürwortete Kolck den Antrag und schrieb, Haren besitze in der Tat städtisches Gepräge. Die einzige noch fehlende Einrichtung war eine zentrale Abwasserbeseitigung mit Klärwerk. Dies sei geplant und werde in Kürze in Angriff genommen, schrieb der Oberkreisdirektor und erwähnte weiter, dass sich Haren nach den Vorstellungen der Landesplanung zum zentralen Ort entwickeln und die Gemeinde die damit verbundenen Förderungen erhalten sollte. Durch den Titel Stadt würde die Funktion als Mittelpunkt „in glücklicher und wahrscheinlich auch notwendiger Weise“ unterstrichen.
Die Osnabrücker Bezirksregierung übermittelte den Antrag am 10. Juni 1965 nach Hannover und ergänzte im Anschreiben: „Die zahlreichen, mit breiten Bürgersteigen versehenen und gut ausgebauten Straßen geben der Gemeinde ein städtisches Bild.“ Eine zentrale Anlage zur Abwasserbeseitigung gebe es zwar noch nicht, aber das liege daran, dass sich die Gemeinde zunächst dringenderen Aufgaben wie dem Schul- und Wegebau sowie dem Ausbau des Hafens gewidmet habe. Die Bevölkerung sei in den letzten Jahren gleichmäßig um 150 bis 180 Personen gestiegen, ließ die Bezirksregierung außerdem wissen.
Die Zahlen stimmten zwar nicht genau, zutreffend war jedoch die stetige Zunahme an Einwohnern –es war die Zeit der geburtenstarken Jahrgänge, des Babybooms.
Einwohner in Haren (Ems) - Stand jeweils am 30. Juni
8000
7000
6000
5000
4000
3000
2000
1000
0
1956 1958 1960 1962 1964 1966 1968 Quelle: Staatsarchiv Osnabrück, Rep 430, Dez.106, acc 22/73, Nr. 45 (Haushaltsplan der Stadt Haren (Ems)), Rechnungsjahr 1967
Der städtische Mitarbeiter Otto Mecklenborg war nach dem Krieg als Ausrufer in Haren (Ems) tätig. Sein Arbeitsutensil war die Glocke, mit der wichtige Nachrichten angekündigt wurden
Nachdem das Innenministerium auch von der Landesplanung eine positive Stellungnahme erhalten hatte, traf im Oktober schließlich ein zustimmender Bescheid aus Hannover im Harener Rathaus ein. Nun konnten die Planungen für den Festakt starten, und zwar in Absprache mit dem Landkreis Meppen. Im November verschickte die Verwaltung die Einladungen an die Gäste.14 Vorgesehen war für die Feier der 3. Dezember 1965, ein Freitag.
Der niedersächsische Innenminister Otto Bennemann (SPD) reiste bereits am Tag vorher an und übernachtete im Hotel von Euch in Meppen. Vor dem Festakt nutzte der Ressortchef die Gelegenheit und besichtigte im Rahmen einer Busfahrt das Kreisgebiet, begleitet von Vertretern der Bezirksregierung, des Landkreises und örtlicher Kommunen. Wegen der Fahrt nahm die Gruppe auch nicht am katholischen oder evangelischen Gottesdienst teil, die beide um 14 Uhr der Feierlichkeit vorangestellt waren, und zwar parallel in der St. Martinuskirche und der St. Johanniskirche. Für einen gemeinsamen ökumenischen Gottesdienst war die Zeit offenbar noch nicht reif. Um 15.15 Uhr, so steht es in der Einladung, versammelten sich Kommunalpolitiker, Verwaltungsleute und Ehrengäste an der Emsstraße im Saal der Gaststätte Hubert Schepers, genannt „Tinnegeiter“. Wie die „Meppener Tagespost“ notierte, „drängte sich eine große Zahl Harener Bürger jeden Alters vor den Eingängen zum Gasthaus“, um die Ankunft des Innenministers zu erleben.15 Den ersten Gruß brachten ihm drei Harener Frauen in historischer Tracht. Zur Seite stand ihnen „Gemeinde-Otto“, dem laut Zeitungsbericht „ebenso liebenswürdigen wie unentbehrlichen Faktotum der Großgemeinde, der in Klumpen, blauer Jacke und Käppchen seinen Willkommensgruß entbot“.
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Nun verlieh Innenminister Bennemann der Großgemeinde Haren offiziell die Bezeichnung Stadt.
Dazu überreichte der Ressortchef an Bürgermeister Laing eine entsprechende Urkunde. Bennemann, übrigens ein Mitautor des wegweisenden Godesberger SPD-Programms, nannte Haren in seiner Festrede ein „lebenskräftiges Gemeinwesen“. Er stellte heraus, dass der Ort mit einem Anteil von 47 Prozent der Beschäftigten in Handel, Verkehr und Dienstleistung weit über dem Durchschnitt vergleichbarer Gemeinden und auch über Landesdurchschnitt lag.16 Haren sei das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum im Nordwesten des Landkreises Meppen.
Bennemann lobte die Fusion von Altharen und Haren zur Großgemeinde und erwähnte, dass er dem Wunsch des Gemeinderates vom Frühjahr nachgekommen war, eine Bedarfszuweisung von 90.000 DM zu genehmigen. Diese Finanzspritze half der klammen Kommune, den Haushalt nach dem Ausfall von Gewerbesteuer in der Schifffahrtsindustrie auszugleichen. Im Übrigen stellte der Innenminister klar, dass die Harener trotz der neuen Bezeichnung Stadt keinerlei Vorrechte und Privilegien genießen konnten. Der ehemalige Braunschweiger Oberbürgermeister streifte auch die Lebensverhältnisse und den Lebensstil in Stadt und Land, die kommunale Selbstverwaltung und ebenso die Verwaltungs- und Gebietsreform – ein damals heftig debattiertes Thema, bei dem in ganz Niedersachsen die Köpfe rauchten.17 Für Diskussionsstoff sorgte gerade auch im Emsland die Ansicht von Fachleuten, die zahlreichen noch ehrenamtlich verwalteten kleinen Gemeinden mit weniger als 1000 Einwohnern könnten ihre Aufgaben nicht mehr effektiv erfüllen und müssten sich zwingend mit anderen Kommunen zu Samtgemeinden vereinigen.
Rund zweieinhalb Monate vor dem Festakt, am 14. September 1965, hatte das rot-schwarze Landeskabinett von Ministerpräsident Georg Diederichs (SPD) die Einsetzung einer Sachverständigenkommission beschlossen, die Vorschläge für eine bessere Verwaltungsstruktur erarbeiten sollte. Dieses Gremium hieß allgemein „Weber-Kommission“ und war benannt nach ihrem Vorsitzenden, dem Göttinger Juraprofessor Werner Weber, einem Experten für Staats- und Kommunalrecht.
Im Anschluss an Bennemanns Vortrag widmete sich auch der nächste Festredner, der Meppener Oberkreisdirektor Walter Kolck, in seinem Grundsatzreferat der kommunalen Selbstverwaltung.18 Der Verwaltungschef begrüßte zwar die Bestrebungen der niedersächsischen Landesregierung, kleine Gemeinden zu vereinigen oder zu Samtgemeinden zusammenzuschließen. Vehement trat der Verwaltungschef aber dafür ein, den Kreis Meppen mit seinen 72.000 Einwohnern und einer Fläche von
Als Bürgermeister Laing aus der Hand von Innenminister Bennemann die Stadtrechte erhielt, war die Freude der Festversammlung sehr groB.
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1000 Quadratkilometern zu erhalten, denn er sei in dieser Größe „gerade noch überschaubar“. Bei dieser Argumentation dürfte auch Eigeninteresse im Spiel gewesen sein, aber bekanntlich ist es 1977 mit der Fusion der Altkreise Aschendorf-Hümmling, Meppen und Lingen zum Kreis Emsland anders gekommen. Auffällig ist, dass Kolck mit keinem Wort den Zusammenschluss der Gemeinden Landegge und Haren (Ems) zur Samtgemeinde erwähnte, zu dem es am 15. Juni 1965 gekommen war.19
Der Meppener Landrat und CDU-Landtagsabgeordnete Hermann Kerckhoff gratulierte der neuen Stadt Haren (Ems) mit „einem praktischen Geschenk“ – einem Stich aus dem 16. Jahrhundert - , das die enge Verbundenheit der Harener mit der Schifffahrt ausdrückte, wie am Tag nach dem Festakt die „Meppener Tagespost“ bemerkte.20 Zu den weiteren Gratulanten gehörten unter anderem Georg Sperl, Direktor der Emsland GmbH, ein Vertreter der niederländischen Nachbargemeinde Vlagtwedde und der Meppener Bürgermeister Arnold Blanke, der dem „kleinen Brüderchen“ Haren gratulierte. Der Schüttorfer Gemeindedirektor Otto Johannsen sprach seine Glückwünsche im Namen des Niedersächsischen Städtebundes aus. Mit dem Deutschlandlied und dem Harener Lied klang die Feier aus, bevor sich die Gäste zum Essen ins Hotel Wichers begaben.
Wer wegen „gesetzgeberischer Aufgaben“ in Bonn nicht fehlen konnte, gratulierte der neuen Stadt Haren (Ems) per Telegramm.
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Die Mitarbeiter der Gemeinde Haren/Ems 1960: Hintere Reihe v.l.n.r.: Heinrich Husmann, Stephan Cordes, Johann Veltrup, Anton Menke, Otto Mecklenborg, Otto Nerkamp, Hans Altmeppen-Többen, Hermann Gravel. Vordere Reihe (v.l.n.r.): Willy Fehren, Adelheid Meer, Grete Kemper, Käthe Gerdes, Bernd Klaas.
Nun fand die Silbe „Stadt-“ Eingang in die Berichte der „Meppener Tagespost“ und der „Emsland-Nachrichten“ – es war von Stadtrat und Stadtdirektor die Rede oder es ging um den Harener Stadtkern, die Stadtsanierung und den Stadtkämmerer. Die Bezeichnung Schifferstadt wurde ja schon länger verwendet. Die Gemeindeverwaltung wandelte sich zur Stadtverwaltung, behielt aber mit drei Beamten, acht Angestellten, elf Arbeitern und drei Lehrlingen zunächst eine überschaubare Größe.21 Den Haushaltsplänen dieser Zeit sind die wichtigsten Projekte der Kommune zu entnehmen: die Schmutzwasserkanalisation, der Bau einer Kläranlage und die Erweiterung mehrerer Schulgebäude, um die Raumnot zu beseitigen.22 Landungsstege im Hafen und ein Sportzentrum sollten ebenfalls errichtet werden und das Umlegungsgebiet Weeden sollte erschlossen werden.
Die beim Festakt erwähnte Gemeindereform war Mitte der Sechziger Jahre für Haren noch
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Das offizielle Foto vom 3. Dezember 1965: Vertreter aus Verwaltung, Politik und Kirche der neuen Stadt Haren/Ems mit Innenminister Bennemann (Bildmitte, 1. Reihe)
längst nicht abgeschlossen. Dieses bisweilen als leidig empfundene Thema sollte noch für reichlich Diskussionsstoff, Unruhe und Ärger sorgen, bis 1974 im Kreis Meppen die Gemeindereform in Kraft trat und dreizehn Kommunen im Nordwesten des Kreises zur Einheitsgemeinde Stadt Haren (Ems) vereint wurden. Es handelt sich um Altenberge, Emen, Emmeln, Erika, Fehndorf, Haren, Landegge, Lindloh, Raken, Rütenbrock, Schwartenberg, Tinnen und Wesuwe.23 Damit wurde die Kommune faktisch zum zweiten Mal Stadt.
Im Dezember 1965 war Haren noch die jüngste Stadt Niedersachsens, schon wenige Jahre später blieb sie es nicht mehr. Anfang der 1960er diskutierte der Rat der Gemeinde Oesede südlich von Osnabrück über die Stadtwerdung und erörterte ebenfalls die Vor- und Nachteile.24 Nach der Verleihung der Stadtrechte an Haren reiste am 17. Februar 1966 eine Oeseder Delegation auf Wunsch ihres Bürgermeisters Ludwig Siepelmeyer (CDU) in die Schifferstadt, um sich über die Stadtwerdung zu informieren. Zu einer Stadt Oesede kam es aber nicht, denn vier Jahre später, am 19. September 1970, ging die Landgemeinde mit weiteren Ortsteilen in der neu gegründeten Stadt Georgsmarienhütte auf, mit Siepelmeyer als Bürgermeister.25 Weitere jüngere Städte in Niedersachsen sind unter anderem Garbsen bei Hannover (1968), die Orte Löningen und Damme im Oldenburger Münsterland (beide 1982) und Dinklage (1995).
Die Stadtwerdung hat Haren wohl nie bereut, im Gegenteil: Stolz warb die Kommune damit, „aufstrebende und leistungsfähige Einkaufsstadt im Nordwesten des Kreises Meppen“ zu sein, und mehrere Male hat sie seither ein Stadtfest gefeiert.26
Fußnoten
Mit am der Abwasserleitung Jugendheim St. Josef in Altharen hatte es in den Siebziger Jahren wohl ein kleines Problem gegeben, worauf in einer Sitzung ein Mitglied des Kirchenvorstandes an Pastor Reuter gewand fragte: „Herr Pastor, wie müssen wir da wohl mit an?“ Darauf Pastor Reuter: „Ich bin für Euer Seelenheil zuständig und nicht für die Kanalisation.“
1 Stadt Haren, Protokoll über die Sitzung des Rates der Gemeinde Haren am Freitag, dem 3. November 1961 um 16 Uhr im
Sitzungssaal des Feuerwehrgerätehauses. 2 Ewald Kley, Stadt Haren (Ems) (von der
Gemeinde über die Großgemeinde zur
Stadt), in: Stadt Haren (Hrsg.), 25 Jahre
Stadt Haren (Ems), 1965-1990, 3. Harener
Stadtfest, (Haren 1990), S. 17. 3 Stadt Haren, Niederschrift über die
Sitzung des Schul- und Kulturausschusses am Freitag, dem 26. Februar 1965, um 17 Uhr, im Sitzungssaal des
Feuerwehrgerätehauses. 4 Kley, Stadt Haren (wie Anm. 2), S. 17. Die
Niedersächsische Gemeindeordnung wurde am 1. November 2011 durch das Niedersächsische
Kommunalverfassungsgesetz abgelöst. 5 Stadt Haren, Protokoll über die
Ortsbesichtigung des Rates der
Gemeinde Haren (Ems) im Ortsteil Erika am Mittwoch, dem 7. April 1965, um 15
Uhr und die anschließende Sitzung des
Rates im Saal der Gastwirtschaft Horst
Schenkewitz in Haren-Erika. 6 Kley, Stadt Haren (wie Anm. 2), S. 19. Am 1. Januar 1966 zählte Haselünne 5.581
Einwohner und Haren 6.715 Einwohner. Vgl. o.Verf.: Die Samtgemeinde im Vormarsch, in: Jahrbuch des Emsländischen
Heimatvereins, Bd. 13, 1966, S. 72. Im
Antrag der Gemeinde Haren wird für den 1.
April 1965 die Zahl von 6.884 Einwohnern genannt. 7 Gerd Steinwascher, Politische
Geschichte, in: Der Landkreis Emsland,
Geographie, Geschichte, Gegenwarlt. Eine
Kreisbeschreibung. Hrsg. im Auftrag des
Landkreises Emsland von Werner Franke (u.a.), Meppen 2002, S. 242. 8 Ebd., S. 247. 9 Für Papenburg: Franz Bölsker-Schlicht,
Bevölkerungsgeschichte von 1800 bis 1945, in: Kreisbeschreibung (wie Anm. 7),
S. 437. 10 Kley, Stadt Haren (wie Anm. 2), S. 17-20. 11 Ebd., S. 19. 12 Stadt Haren, Protokoll der Sitzung des
Rates vom 28. April 1964. 13 Niedersächsisches Landesarchiv -
Standort Osnabrück (Staatsarchiv
Osnabrück, künftig StAOs), Rep 430, Dez. 106, 58/87, Nr. 101. 14 StAOs, Rep 430, Dez. 106, 58/87, Nr. 101. 15 Meppener Tagespost vom 4. Dezember 1965: „Die dritte Stadt im Landkreis
Meppen“. 16 Stadt Haren, 10-22-01 Name,
Presseinformation Nr. 71/65, Rede des
Niedersächsischen Innenministers
Otto Bennemann zur Verleihung der
Bezeichnung „Stadt“ an die Gemeinde
Haren (Ems). 17 Vgl. Heiner Schüpp, Gebiets- und
Verwaltungsreform, in: Kreisbeschreibung (wie Anm. 7), S. 528-552. Siehe auch: Heinz
Möllering, Die Samtgemeinde „Kirchspiel
Haselünne“, Gründung und Erfahrungen, in: Jahrbuch des Emsländischen
Heimatvereins (JeH), Bd. 13, 1966, S. 63-71.
Möllering war Stadtdirektor in Haselünne.
Die Samtgemeinde „Kirchspiel Haselünne“ arbeitete seit dem 1. Januar 1966 und war die erste Samtgemeinde im Kreis Meppen. 18 Die Rede ist abgedruckt als Aufsatz: im Jahrbuch des Emsländischen
Heimatvereins (JeH): Walter Kolck,
Selbstverwaltung in unserer Zeit, in: JeH,
Bd. 13, 1966, S. 55-62. 19 Stadt Haren, Ordner Gemeindereform 1.3.1975, Brief der Samtgemeinde Haren an die Bürger der Gemeinde Landegge vom 9. September 1965. Die erste Sitzung des Samtgemeinderates war für den 26.
August angesetzt. 20 Meppener Tagespost vom 4. Dezember 1965: „Die dritte Stadt im Landkreis
Meppen“ 21 Meppener Tagespost vom 3. Dezember 1965: „Haren wird Stadt“ 22 StAOs, Rep 430, Dez. 106, Akz 66/72, Nr. 174 (Haushaltsplan 1965), Rep 430, Dez 106,
Akz 22/73, Nr. 44-46 (Haushaltsplan der
Stadt Haren) 1966-1968. 23 Vgl. Meppener Tagespost: Das „Meppen-
Gesetz“ vom 1. Oktober 1973. 24 StAOs, Dep 81b, Stadt G.M.Hütte, Nr. 328. 25 StAOs, Dep 81b, Stadt G.M.Hütte, Nr. 328. 26 Stadt Haren, 10-22-01.