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03/2021
Auf (beinahe) direktem Weg vom Bier zum iPhone Wenn Mandy Quaderer die geschäftlichen Aspekte seiner Familiengeschichte erzählt, ist dies nicht nur spannend, sondern auch in sich schlüssig. Dennoch bedurfte es einiger Zwischenschritte von der Bierbrauerei Quaderer zur Quaderer Autoelektrik 180 Jahre später. Diese Zwischenschritte führten über einen vereisten Weiher auf der heutigen «Rheinwiese», technischen Problemen bei LKWs bis hin zu klobigen Autotelefonen und modernen Smartphones. Text: Heribert Beck Zum ersten Mal wurde in Liechtenstein um 1810 herum gewerblich Bier gebraut. Der Absatz war in der damaligen Most- und Weinregion jedoch zu gering, um gewinnbringend zu sein. Ersten wirtschaftlichen Erfolg hatte Baptist Quaderer (1810 – 1875) ab dem Jahr 1841. Er und seine Nachkommen brauten das Quaderer-Bier bis 1917 als der Erste Weltkrieg in seinem dritten Jahr dazu führte, dass die Ressourcen an Hopfen und Malz zu knapp und aus dem kriegführenden Österreich-Ungarn nicht mehr nach Liechtenstein geliefert wurden. Dazwischen lag jedoch eine lange Blütezeit des Schaaner Biers, das bereits lange vor der Elektrifizierung und Automatisierung mit allerlei technischen Finessen hergestellt und gekühlt wurde. Baptists Sohn Karl Rudolf (1848 – 1896) jedenfalls investierte viel in die Infrastruktur der kleinen Brauerei an der Feldkircher Strasse, betrieb das Brauen im Gegensatz zu seinem Vater bereits hauptberuflich und verhalf dem Familienunternehmen zum eigentlichen Durchbruch.
Gesünder als Branntwein und Kaffee Der Absatz des Biers lief auf verschiedenen Kanälen und offenbar so erfolgreich, dass Karl Rudolf sich 1880 entschloss, das Brauereigasthaus Quaderer zu eröffnen. In einer Zeitungsanzeige im «Volksblatt» kündigte er an, dass zur Eröffnung am 1. Februar die Schaaner Musik, damals gerade zwölf Jahre alt,
des Bier trinken anstatt Branntwein und «Fabrikerkaffee». Besonders gross war der Absatz aber natürlich im Gasthaus, dem späteren «Bierkeller» und bis 1984 bestehenden «Bierhüsle». Geselligkeit wurde dort im 19. Jahrhundert schon grossgeschrieben. So beispielsweise beim Kegeln, bei dem es 100 Franken in Gold zu gewinnen gab. «In der gleichen Zeitungsausgabe, in der das Kegeln beworben wird, stand auch ein Inserat für eine Schiffspassage nach Amerika zum Preis von 135 Franken», sagt Mandy Quaderer und lacht. Er hat das Gebäude, in dem seine Vorfahren während Jahrzehnten gewirtet haben, vor einigen Jahren zurückerstanden und soweit als möglich in den Ursprungszustand zurückversetzt – und die Arbeit geht ihm nicht aus. Mandy schätzt die Symbiose von altem Look mit neuer Technik und so befasst er sich intensiv mit der Familiengeschichte, während er das «Bierhüsle» Schritt für Schritt auf Vordermann bringt.
Ein Snack, eine Zigarre und ein Bier gehörten einfach zusammen: Die Brauerei Quaderer wusste ihre Kunden anzusprechen und hatte Erfolg dabei.
und die Sängergesellschaft ihre Darbietungen zum Besten geben würden. Ausserdem werde er Bier künftig nicht nur im Wirtshaus und in der Brauerei verkaufen, sondern auch auf Achse, also zu den Kunden nach Hause oder in andere Gasthäuser liefern. Darüber hinaus ergingen
in den 1890er-Jahren Gesuche an die Regierung, das Bier über zwei Verkaufsstellen im Industriequartier Mühleholz vertreiben zu dürfen. Ihnen wurde stattgegeben. Offenbar hatte Karl Rudolf Quaderers Argumentation zu überzeugen vermocht: Die Fabrikarbeiter sollten gesun-
«Wähle 1 für ‹Bierhüsle›» Mandy Quaderer hat zahlreiche Gegenstände aus der Brauereivergangenheit seiner Familie gesammelt und diese Geschichte auch mit Dutzenden Zeitungsanzeigen und Dokumenten aus dem Landesarchiv zum Leben rund um das Gasthaus Quaderer, das «Bierhüsle» oder den «Bierkeller» illustriert. So finden sich in den Landeszeitungen zahlreiche Inserate. Zu den meisten davon weiss Mandy Quaderer auch die eine