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1. Baubeschreibung des Industriepalastes mit der Rotunde

1. Baubeschreibung des Industriepalastes mit der Rotunde

Bei dem zu beschreibenden Gebäudekomplex handelt es sich um das zentrale Ausstellungsgebäudeder Wiener Weltausstellung von 1873, den Industriepalast mit der Rotunde. Der gesamte Ausstellungsbau wurde von der kaiserlichen Ausstellungskommission, repräsentiert von Dr. Wilhelm Schwarz-Senborn, dem Chefarchitekten Carl von Hasenauer, in Auftrag gegeben.

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Abb. 1 Industriepalast und Rotunde, Ansicht von der Kaiserallee

Der Industriepalast bildete mit der Rotunde (lat. Rundbau7) in der Mitte, den zentralen Hauptpavillon der Wiener Weltausstellung von 1873. Mit seiner beachtlichen Form und Größe war dieses Gebäude der Hauptanziehungspunkt für die Besucher der Weltausstellung. Im Inneren des Industriepalastes verbarg der Messekomplex die Exponate der ausstellenden Länder.

Wurden zunächst die Schmelz, die Simmeringer Haide, der Parade- oder Exerzierplatz auf dem Josefstädter Glacis als Weltausstellungsareal diskutiert8 , so wurde letztlich der Prater als Ausstellungsort festgelegt. Das gesamte Messeareal war nordöstlich orientiert und grenzte am Würstelprater und der damals neu regulierten Donauan9. Innerhalb des Messekomplexes bildete der Industriepalast das Zentrum der umliegenden Pavillons. Mit der Wahl der Weltausstellung im Prater konnte Wien die bis dato größte Weltausstellung ausrichten. Schließlich beinhaltete das gesamte Ausstellungsareal eine Fläche von ca. 2,3 Millionen m²,also die Terrains, aller vorhergehenden Weltausstellungen zusammen 11 . Wie bereits erwähnt, bildete der Industriepalast als größtes zusammenhängendes Gebäude das Zentrum des gesamten Areals. Gemäß diesem waren alle weiteren Gebäude um jenen Komplex, axial angeordnet.

7 Vgl. Hans Koepf/ Günther Binding: Bildwörterbuch der Architektur, Stuttgart, 1985, S. 388 8 Vgl. Karlheinz Roschitz: Wiener Weltausstellung 1873, Wien, 1989, S. 60. 9 Ebd. 11 Vgl. Pemsel 1989, S. 35.

Abb. 2 Vogelperspektive des Ausstellungsgeländes siehe Pemsel

Das Bauwerk grenzte sich von den umliegenden Ausstellungsbauten mittels breiten Flaniermeilen, bzw. Parkanlagen ab. Die Haupterschließung bzw. der Hauptzugang erfolgte über das Südportal, durch das man in die Rotunde und somit zum Zentrum und Ausgangspunkt der Ausstellung gelangte. Im Grundriss wurde der Rundbau in näherer Umgebung von einem Quadrat eingefasst. Durch diese symbolhafte Anordnung sollte noch einmal das Zentrum hervorgehoben werden. Die Galerien des umschließenden Quadrates werden über Verbindungsgalerien in Form eines Kreuzes entlang der Hauptachsen der Rotunde erschlossen. Entlang der Ost-West-Achse, erschloss ein einziger ca. ein Kilometer langer Mittelgang beiderseits die an den Mittelgang angeschlossenen Querschiffen. Die gesamte Einheit ergab eine sogenannte "Fischgrätenstruktur" mit der Rotunde in ihrem Zentrum. Durch diesen kegelförmige Rundbau wurde die Monotonie des Langbaues durchbrochen und stellte einen besonderen Schauwert für die Besucher dar. Mit dem Bau der quadratischen Eckpavillions endete die Hauptachse des Industriepalastes. Sowohl Haupt- als auch Querschiffe waren mit einem Tonnendach versehen. Dabei wurde der Hauptgang mit der Erhöhung des Daches noch weiter hervorgehoben. Jede Seitengalerie hatte einen eigenen Eingang, jedoch waren die Nord- und Süd-Hauptportale des Industriepalastes in einer Achse zum Mittelpunkt der Rotunde orientiert. Die Belichtung des Haupt- und der Querschiffe erfolgte über längliche Oberlichtöffnungen im oberen Drittel der Wände. Der kreisförmige Kuppelbau bestand aus einem konisch geformten Dach, einer größeren und einer kleineren zweiten Laterne. Als oberster Abschluss fungierte die vergrößerte Nachbildung der Kaiserkrone.

Die Arkaden, Skulpturen und die weitere Ausgestaltung waren dem Stil der Renaissance nachempfunden. Ebenso wurde die innere Verkleidung der Eisenkonstruktionen der Rotunde in jenem Stil ausgestattet. Im Gegensatz dazu waren die Innenräume der Galerien spärlicher geschmückt. Weil Ausstellungsbauten nur für begrenzte Zeit geplant wurden und diese oft nach der Ausstellung wieder abgebaut wurden, bestand das Gebäude hauptsächlich aus teilweise verkleideten Eisenkonstruktionen.

Als alles beherrschende Element nahm der Industriepalast das gesamte großzügig ausgestattete Areal ein. Mit dem schieren Ausmaß des Komplexes und der Rotunde, war der Industriepalast, die unumstrittene Hauptattraktion der Weltausstellung. Mit der klassizistischen Formensprache sollte der Bau dem zeitgenössischen Stilempfinden entsprechen. Dennoch wirkte die Rotunde überdimensioniert, als wollte diese den gesamten Industriepalast erdrücken. Ebenso musste das Publikum über ihre schieren Ausmaße gestaunt haben. Insbesondere die Weitläufigkeit der Innenräume und die Größe des Innenraums der Rotunde konnten wohl so manchen überraschten Besucher beeindrucken.

Obwohl es zu Problemen und zu Verzögerung kam, konnte der Bau seit Vertragsabschluss am 17. Oktober 1871 bis 8. März 1873, in nur 17 Monaten realisiert werden12 . Aufgrund des Rückstandes konnte die Innenausgestaltung erst kurz vor der Eröffnung abgeschlossen werden, bzw. wurde diese später vervollständigt13 14 .

12 Vgl. Zeitschrift des Österreichischen Architekten- und Ingenieurvereins: Über den eisernen Centralbau für die Weltaustellung in Wien, von Heinrich Schmidt, Wien, 1873, S.137. 13 Vgl. Wiener Weltaustellungszeitung vom 30. April 1873, Nr. 139, S. 2. 14 Vgl. Wiener Weltaustellungszeitung vom 1. Mai 1873, Nr. 140, S. 3 ff.

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