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Naturhistorisches Museum Nürnberg

Das Naturhistorische Museum Nürnberg

Mitmachen erwünscht Autorin: Gabriele Prasser

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Die circa 5 km lange Nürnberger Stadtmauer ist einzigartig. Es gibt kein zweites Bollwerk dieser Art und Größe in Mitteleuropa, das die Zeiten überdauert hat. Sie ist fast vollständig erhalten. Doch an einer Stelle wird es spannend. Statt der Mauer steht da ein weiteres Denkmal, die Norishalle, Betonbrutalismus der 1960er in höchster Qualität.

Die Norishalle beherbergt seit der Jahrtausendwende das Naturhistorische Museum Nürnberg und die dazugehörigen Arbeits- und Depoträume. Auch der Stadtmauerturm Blaues B, direkt an der Pegnitz, wird genutzt.

Naturforschung seit mehr als 200 Jahren

Träger des Museums ist die Naturhistorische Gesellschaft Nürnberg, gegr. 1801 e.V. (NHG). An der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert besaß die Wissenschaft nur einen ersten Überblick über Pflanzen- und Tierarten, Gesteine und Mineralien. An vielen Orten, auch in Nürnberg, bildeten sich im Zuge von Aufklärung und aufstrebendem Bürgertum naturwissenschaftliche Vereinigungen heraus. Interessierte Laien taten sich zusammen, um gemeinsam die Natur in der näheren Umgebung zu erforschen, zu sammeln, zu ordnen und die Ergebnisse zu verbreiten. Inmitten der Napoleon-Kriege, noch im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, wurde die NHG im Oktober 1801 von einem Lehrer (Dr. Johann Wolf), einem Kupferstecher (Jakob Sturm) und einem Arzt (Dr. Karl Osterhausen) gegründet.

Zweck der Gesellschaft

war lt. Satzung das Studium der Naturgeschichte. Man wollte Beobachtungen, Erfahrungen und Kenntnisse mitteilen, austauschen und nach Kräften das Wissen erweitern, besonders aber „sämtliche Naturprodukte“ der Gegend um Nürnberg aufsuchen, ein Verzeichnis anlegen und darüber hinaus noch Versuche anstellen, wie „manche Naturprodukte für das gemeine Leben angewendet werden können“.

Die NHG besteht heute aus 11 Abteilungen, von denen 5 im Museum auf insgesamt 1200 m2 dauerhaft ausstellen:

Archäologie des Auslands – aktuell Petra/Jordanien und Grakliani/Georgien Ethnologie – Südsee, Westafrika, Sahara, Sibirien, Costa Rica Geologie – Schichtstufenland, Kristalle, Saurier u. a. Fossilien, Meteorite Karst- und Höhle – die Höhlen der Fränkischen Schweiz, Fledermausschutz, Karstforschung Vorgeschichte – Stein-, Bronze- und Eisenzeit der Region

Weitere Abteilungen:

Pilz- und Kräuterkunde – Pilzwanderungen, Pilzberatung, Notrufbereitschaft, Vergiftungen, Bestimmungsübungen Botanik – Kartierungen, Herbar-Pfl ege und -Forschung, Artenkenntnis-Seminare Entomologie – Exkursionen, Artenkenntnis-Seminare, Sammlungspfl ege Geografi e und Länderkunde – Vorträge, Exkursionen Mammalogie – Kleinsäuger, Artenkenntnis-Seminare Freilandaquarium und -Terrarium Stein bei Nürnberg – Regionale Flora und Fauna

Auch die Nicht-Museums-Abteilungen können sich in Einzelvitrinen präsentieren. Im Foyer fi nden regelmäßig Sonderausstellungen statt.

Aktuell: Augustus, Vespasian und Traian – Manifestation der Macht in Bildern.

Diese ergänzt die einzigartige Dauerausstellung über das südjordanische Petra. Das blühende Königreich der Nabatäer wurde 106 n. Chr. von Traian in das Römische Reich eingegliedert, als Provinz Arabia Petraea.

Man traf sich einmal pro Woche. Die Annalen aus dieser Zeit sind eine faszinierende Quelle.

Linke Seite, oben: Museum Norishalle Linke Seite, Mitte: Besprechung mit Plateosaurus-Knochen Fotos: © Naturhistorisches Museum Nürnberg Rechte Seite, oben: Entomologie Hornissennest Detail Rechte Seite, unten: Entomologie Vitrine Hornissen, Wespen ... Fotos: © Gabriele Prasser

Mit Erstaunen stellt man fest, dass sich im Prinzip nicht viel geändert hat. Nur das Museum kam seit den 1880er Jahren dazu. Die Zahl der Mitglieder ist stark gestiegen. Aktuell circa 1500, davon etwa 200 Aktive.

Rein ehrenamtlich wird die Gesellschaft geführt und das Museum geplant, eingerichtet und auf dem neuesten Stand gehalten. Die Aktiven treffen sich in ihrer Freizeit regelmäßig zu festgelegten Arbeitsabenden und auch außerhalb, wenn es notwendig ist.

Rechte Seite: Forum Romanum Redeplattform Rostra Linke Seite, Mitte: Sonderausstellung Katalog Linke Seite, unten: Legionäre präsentieren dem Kaiser die Köpfe der Daker-Feinde Fotos: © Gabriele Prasser

Das Museum in der Norishalle Nürnberg

Seit dem Jahr 2000 kann die Norishalle von der NHG als Museum genutzt werden. Die Stadt Nürnberg stellt die Räume kostenfrei „auf Lebenszeit“ zur Verfügung und erhielt dafür im Tausch das alte Vereinshaus, das jetzt Teil der neugestalteten Stadtbibliothek ist. Die Museumsabteilungen können auf 1200 m2 ausstellen. Für Sonderausstellungen steht das Foyer zur Verfügung. Hier wechselt man sich mit dem ebenfalls im Gebäude befindlichen Stadtarchiv Nürnberg ab.

Die Sammlungen der Abteilungen sind unterschiedlich alt und umfangreich. Sie werden jeweils von einem Sammlungspfleger oder einer Sammlungspflegerin betreut.

Das Herbar geht bis auf die 1830er Jahre zurück und umfasst, wohlgeordnet und gepflegt, ca. 40.000 Pflanzen.

Die umfangreichen Entomologischen Sammlungen, vor allem Schmetterlinge, Bienen und Käfer, stammen aus Schenkungen. Seit langem wird in der NHG nicht mehr in der Natur gesammelt. Bestimmungsübungen erfolgen über Fotos.

Eines der herausragendsten Stücke ist der Meteorit Unter-Mässing, der größte Eisenmeteorit Deutschlands. Er hat, im Unterschied zur übrigen geologischen Sammlung die WK II-Zerstörung des damaligen Vereinshauses unbeschadet überstanden. Es war der Aufmerksamkeit von Mitgliedern zu verdanken, dass er im riesigen Schutthaufen bei den Räumungsarbeiten wiedergefunden wurde.

Linke Seite, links: Meteorit Unter-Mässing Linke Seite, rechts: Herbarblatt von 1901, Arabis petraea, Felsenschaumkresse Fotos: © Gabriele Prasser

Die heutige geologische Sammlung setzt sich aus vielen Schenkungen und systematischen Begehungen der Abteilungsmitglieder zusammen, so dass etwa das Nürnberg umgebende fränkische Schichtstufenland mit den für die Stufen- und Sockelbildung charakteristischen Gesteinen im Museum erfahrbar wird. Ausführlich behandelt wird dabei die dominante Jura-Stufe im Osten mit ihren Zeugenbergen und das Keuperland. Auch Eiszeitfunde, wie zum Beispiel Mammutzähne oder Eiskeile aus den Sanden im Stadtgebiet, sind zu sehen.

Einen eigenen Bereich bildet die Karstabteilung, wo ein originales stattliches Höhlenbär-Skelett aus dem nahen Karstgebiet der Fränkischen Schweiz gleich neben einen Höhlenbären-Baby-Skelett zur sehen ist. Aktuell ist Letzteres eines von vieren, die es in Europa gibt. Erklärt wird die unterschiedliche Entstehung von Höhlen in Dolomit- und Kalkgestein.

Linke Seite: Höhlenbär-Schädel Fränkische Schweiz Rechte Seite, links: Geologie Plateosaurus engelhardti Rechte Seite, rechts: Ichthyosaurus Altdorf Schwarzer Jura Fotos: © Gabriele Prasser

Vorgeschichtliche Exponate aus Stein-, Bronze und Eisenzeit nehmen einen großen Raum im Museum ein. Seit den 1890er Jahren wurden notwendige Grabungen in der Umgebung Nürnbergs von den NHG-Mitgliedern unter der Leitung von Dr. Sigmund von Forster nach der damals neuen „Cohausenschen Methode“ durchgeführt, die außer der reinen Fundausbeute auch eine systematische und noch heute überprüfbare Auswertung der Fundumstände ermöglichte. Im Vergleich zu anderen Grabungen jener Zeit ergab sich dadurch zwar weniger Fundmaterial, aber zuverlässigere wissenschaftliche Erkenntnisse. Die Funde wurden in der sogenannten „Urnenflickerei“ gewaschen, zusammengesetzt und für das Museum hergerichtet und beschrieben.

Linke Seite, oben: Eisenzeitlicher Wagen Rechte Seite, unten: Jäger Mittelsteinzeit Fotos: © Hans Trauner Linke Seite, unten: Neandertaler Rechte Seite, oben: Keramik Jungsteinzeit Fotos: © Gabriele Prasser

Einzigartig ist die umfangreiche Ausstellung nabatäischer Exponate aus dem jordanischen Petra. Beginnend mit den 1960er Jahren unter Dr. Dr. Manfred Lindner gab es jährlich Grabungen oder Surveys im Stadtgebiet von Petra und darüber hinaus, nur durch Corona unterbrochen. Nächstes Jahr ist wieder eine Grabung in Umm Saisaban geplant.

Die Grabfassade des Löwentrikliniums wurde für das Museum als Biklinium nachgebaut. Wunderschön die Eierschalen-Keramik und Schmuckfragmente.

Linke Seite, oben: Petra Detail – Giebel des Löwentrikliniums BD 452 Linke Seite, links unten: Nabatäer Nachbau Grabfassade Biklinium auf Basis des Löwentrikliniums in Petra Linke Seite, rechts Mitte: Petra Detail – Löwen am Löwentriklinium BD 452 Linke Seite, rechts unten: Nabatäisches EierschalenGeschirr Rechte Seite: Petra Löwentriklinium BD 452 Fotos: © Gabriele Prasser

Den größten Raum nimmt die Ethnologie auf 600 m2 ein

Im Südsee-Bereich werden Besiedelung, Entdeckungsgeschichte, Navigation, Schiffbau und Fischfang gezeigt: kulturelle Vielfalt, dargestellt am Beispiel der Händlerkultur der Tami-Inseln und der Fischerinnen am Sepikfluss Neuguineas. Zu sehen sind Flussboote, Masken, Boots- und Hausmodelle, Figuren, Kriegs- und Hausgerät.

Linke Seite, oben: Neuguinea, Tami-Inseln, Tagomasken Linke Seite, unten: Ahnenstatuen Sepik-Fluss Neuguinea Rechte Seite: "walap"-Auslegerbootsmodell, Marshall-Inseln Fotos: © Gabriele Prasser

Der Sahara-Bereich zeigt den Form- und Farbenreichtum des nomadischen Lebens in der Wüste am Beispiel einer Familie aus Südmarokko und der Tuareg: Zeltkultur, Salzgewinnung und -handel, Karawanentransport, Schmiedekunst, Lederbearbeitung.

Agrarisch geprägte Kulturen West- und Zentralafrikas werden dargestellt mit Speicher, Hausrat und Ackergeräten. Masken, Statuen, Musikinstrumente, Stoffe und Gelbgussprodukte zeugen von handwerklichem und künstlerischem Können und verweisen zugleich auf die reiche Geschichte dieser Region. Auch Auswirkungen der Globalisierung werden thematisiert.

Foto: Westafrika Kraftfigur Nkisi Nkondi © Gabriele Prasser

MUSE

Multimedialer Sessel

Mittendrin im Sounderlebnis!

Tauchen Sie ein in Geschichten, Musik oder Medienkunst – der multimediale Lounge-Sessel MUSE verbindet bequemes Sitzen mit ausgezeichnetem Klang. So wird jeder Ausstellungsbesuch zum auditiven Erlebnis.

www.molitor-berlin.de

Das museumspädagogische Team bietet individuelle Führungen für jede Altersstufe und Workshops für Schulklassen und andere Gruppen. Anfragen unter: paedagogik@nhg-nuernberg.de

Neue Wege – der Audioguide

Im letzten Jahr erfüllte sich der lang gehegte Wunsch, die Exponate und ihren Kontext über eine individuell aufrufbare Audio-Guide-Führung zu erläutern. Die Entscheidung fi el auf den Abruf über QRCodes auf dem eigenen Mobilgerät des Besuchers. In Deutsch, Englisch und für Kinder. Es wird außerordentlich gut angenommen. Besonders die Kinderführung ist für alle (sic!) Altersklassen ein Hit.

Linke Seite: Sibirien Nivchi Fellmantel Foto: © Gabriele Prasser

Naturhistorisches Museum Nürnberg Marientorgraben 8 90402 Nürnberg Tel. 0911 - 227970 info@nhg-nuernberg.de paedagogik@nhg-nuernberg.de www.nhg-museum.de

Der Costa-Rica-Bereich besteht aus einer Sammlung vorkolumbischer Gegenstände. Eindrucksvolle Werkzeuge, Figuren, Gefäße, Jade und Reste von Goldschmuck sind zu sehen.

Aus Sibirien wird das Volk der Nivchi um 1900 vorgestellt, ein Fischer- und Sammlervolk an der Amur-Mündung und dem Nordteil der Insel Sachalin, mit Sommer- und Winterhaus, Schamanen, Bärenkult, Pelztierjagd und Bekleidung aus Fischleder und Fellen.

Inwieweit die Raubkunstdebatte die umfangreiche ethnologische Sammlung der NHG betrifft, wird sich zeigen. Geplant ist, den Erwerbskontext im Rahmen eines Provenienz-Forschungsauftrags offenzulegen. Dabei ist im Endeffekt jedes einzelne Stück zu prüfen. Beispielhaft stellen sich zusätzlich folgende Fragen: Sind Hausmodelle, die extra für Europa hergestellt wurden, Raubgut? Kann ein Abelamgiebel aus den 1970er Jahren problematisch sein? Was ist mit der Nivchi-Sammlung, die in den 1920er Jahren angekauft wurde und deren zweiter Teil heute in St. Petersburg steht?

Für die sich eventuell an die ProvenienzErkenntnisse anschließenden Restitutionsfragen orientiert sich der Verein grundsätzlich an den Handlungsempfehlungen/dem Leitfaden des Deutschen Museumsbundes.

AUDIOGUIDE NATURHISTORISCHES MUSEUM NÜRNBERG

www.museum.de/m/48

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