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Kaffeemühlenmuseum Wiernsheim

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Schloss Braunfels

Schloss Braunfels

Gemeinde Wiernsheim

Im Wiernsheimer Kaffeemühlenmuseum trifft Geschichte auf Muse Autorin: Ilona Prokoph

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Wohltuend zieht der Duft nach frischem Kaffee in die Nase, sobald sich die Türen zum Wiernsheimer Kaffeemühlenmuseum, das im Jahr 2011 im ehemaligen Pfarrhaus eingerichtet wurde, öffnen. Das denkmalgeschützte Pfarrhaus stammt aus dem Jahr 1711 und wurde eigens zur Einrichtung des Museums durch die Gemeinde erworben und mit Bundes- und Landesmitteln saniert. Es ist mittlerweile das größte Kaffeemühlenmuseum in Deutschland.

Träger des Museums ist die Gemeinde Wiernsheim. Und das kam so: Den Grundstock der Sammlung legte das Vermächtnis des Wiernsheimer Unternehmers und Ehrenbürgers Rolf Scheuermann (1930 bis 2013), der der Gemeinde über 1200 Exemplare noch zu Lebzeiten gestiftet hat. Er und der langjährige Wiernsheimer Bürgermeister Karlheinz Oehler setzten damals die Idee zum Museum um. Bei der Einweihung nahm Rolf Scheuermann noch persönlich teil und begründete im Jahr 2009 seine Rolf-Scheuermann-Stiftung, in der Karlheinz Oehler als Privatperson auf Lebenszeit im Stiftungsvorstand sitzt und die Vereine in Wiernsheim und in Mühlacker-Lomersheim unterstützt. Die jüngeren unter uns können mit dem Begriff Kaffeemühle wohl wenig anfangen. Im Prinzip war eine Kaffeemühle eine Kaffeemaschine von Hand. Denn hinter dem System steht vereinfacht ausgedrückt ein kleiner oder ein großer Kasten mit Kurbel. In der Mühle werden die Kaffeebohnen manuell gemahlen und kommen als Kaffeepulver in einer Schublade wieder heraus. So funktionieren auch heute die modernen Kaffeemaschinen, nur elektrisch und in einem etwas größeren Rahmen mit mehr Möglichkeiten.

Durch weitere Spenden und Zukäufe konnte das Wiernsheimer Kaffeemühlenmuseum seinen Bestand mittlerweile auf rund 2500 Exemplare aus dem 18. bis zum frühen 20. Jahrhundert erweitern. Das älteste Exponat der Sammlung stammt aus dem Jahr 1720. Und so unterschiedlich die Vielfalt an Kaffee seit dem Jahr 1645 – als das erste Kaffeehaus Europas in Venedig öffnete – war und immer noch ist, so groß ist auch die Variation an Kaffeemühlen. Und gerade das zeichnet das Wiernsheimer Kaffeemühlenmuseum mit seinen über 1.000 Exponaten aus. Denn die Kaffeemühlen waren in der Zeit des 18. bis zum 20. Jahrhundert weit mehr als nur

Geräte des täglichen Küchenalltags. Sie sind als Schaustücke auch Zeitzeugen der adligen und großbürgerlichen Haushalte, gefertigt mit großem kunsthandwerklichem Geschick unter Verwendung verschiedener erlesener Materialien, von Holz bis zu goldverziertem Stahl.

Rechte Seite, oben: Das Kaffeemühlenmuseum Foto: © Alexander Freimüller Linke Seite, unten: Kaffeemühlen aus der Gründerzeit Rechte Seite, unten: Besondere Einzelstücke Fotos: © Christine Bauer

Linke Seite, oben: Schmuckmühlen Linke Seite, unten: Kuriositäten aus Holz Rechte Seite: Hochtzeitsmühle; Geschenk an die Brautleute Fotos: © Christine Bauer

Unter den Kaffeemühlen in drei Stockwerken, die bequem mit dem Aufzug erreicht werden können, findet der Besucher im Museum Kommoden- und Säulenmühlen, Trapezmühlen, Würfelmühlen, Sechseckmühlen, Dreifußmühlen, sowie speziell angefertigte Einzelstücke, wie Hochzeitsmühlen mit eingraviertem Namen der Brautpaare. Denn so, wie Steinmetze ihre Kunst an mittelalterlichen Kathedralen deutlich machten, haben sich auch die Produzenten von Kaffeemühlenunikaten mit ihrem Meisterzeichen in den Mühlen unsterblich gemacht.

Museumscafé

Zu Beginn oder aber am Schluss landet der Besucher des Kaffeemühlenmuseums im museumseigenen Café. Im Ambiente erlesener Mühlen lässt sich der Museumsbesuch dort in gemütlicher Atmosphäre bei einer Vielzahl von Kaffeevariationen und bei einem Stück Kuchen resümieren und vertiefen und bringt vielleicht sogar eigene Erinnerungen der Besucher an Kaffeemühlen zuhause bis in die 1950er Jahren zum Vorschein. Und an sonnigen Tagen lädt der große Garten des Museums zum gemütlichen Verweilen ein.

Trauzimmer

Das 1711 erbaute Gebäude beinhaltet nicht nur eine der größten Sammlungen Deutschlands von Kaffeemühlen, sondern punktet auch mit einem der schönsten Trauzimmer in Baden-Württemberg. Seit September 2011 geben sich dort zahlreiche Brautpaare, auch von außerhalb gerne ihr Ja-Wort.

Linke Seite, oben: Der Kräutergarten mit Gartencafé Linke Seite, Mitte: Museumscafé Rechte Seite, oben: Jagdmühlen aus Holz mit Intarsien aus dem 19. Jahrhundert Rechte Seite, unten: Trauzimmer im Dachgeschoss Fotos: © Christine Bauer

Museumsshop

Im Museumsshop gibt es vieles zu erwerben, um ein Stück Kaffeegeschichte mit nach Hause zu nehmen. Denn Kaffee gehört in Deutschland auch heute noch zu den beliebtesten Getränken. Weniger bekannt ist allerdings die Geschichte des Kaffees selbst und seine Herstellung. Und viele junge Menschen haben noch nie eine Kaffeemühle gesehen. Das verwundert auch angesichts der modernen Kaffeevollautomaten, die auf Knopfdruck die gewünschte Tasse Genuss liefern.

Rolf Scheuermann

Der im Jahr 2013 kurz vor seinem 83. Geburtstag verstorbene Rolf Scheuermann war Eigentümer einer Kaffeeautomatenfirma, die auch heute noch besteht. Er erstand seine erste Kaffeemühle auf einem Flohmarkt, die seine große Leidenschaft für die Mühlen begründete. Im Laufe der Jahre kamen so über 1300 Exemplare zusammen. Rolf Scheuermann ging es bei seiner Sammelleidenschaft nicht um Quantität, sondern um die qualitative Exklusivität seiner Kaffeemühlen. Im Jahre 2011 schenkte er seine ganze Sammlung seiner Heimatgemeinde Wiernsheim, die in der Nähe von Pforzheim liegt.

Oben: Älteste Mühlen in der Ausstellung; Zwingenmühle aus Eisen von 1720 Mitte: Museumshop Fotos: © Christine Bauer Unten: Stifter Rolf Scheuermann Foto: © Ralf Küpperts

Im Jahre 1673 eröffnete in Bremen das erste deutsche Café. Anfangs wurden die Kaffeebohnen noch mit einem Mörser zerkleinert und erst im 17. Jahrhundert wurde die erste Kaffeemühle benutzt. Die Sammlung des Wiernsheimer Kaffeemühlenmuseums beginnt in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit unterschiedlichen Techniken. Da gibt es die Handmühlen, die während des Mahlvorgangs in der Hand gehalten wird. Zwingenmühlen werden mit einer Schraubzwinge am Tisch befestigt und Schoßmühlen werden zwischen die Beine geklemmt. Als Besonderheiten stehen die Wand- und Hochzeitsmühlen, die beispielsweise einem Brautpaar zur Hochzeit geschenkt wurden. Im Kaffeemühlenmuseum gibt es viel Erstaunliches zu entdecken. Denn jede Mühle ist auf ihre Weise einzigartig und erzählt eine Geschichte. Auch Besucher ohne große Erwartungen werden in den faszinierenden Bann dieser kleinen Kunstwerke hineingezogen. Sonderführungen mit Ausfl ugsgästen, Busreisen, Schulklassen, sowie große Hochzeiten im Trauzimmer des Museums gehören zum Alltag des Kaffeemühlenmuseums. Im Schnitt haben sich die Besucher auf rund 12 000 pro Jahr eingependelt.

Kaffeemühlenmuseum Marktplatz 21 75446 Wiernsheim Tel. 04044 - 915 60 50 info@kaffeemuehlenmuseum.de www.kaffeemuehlenmuseum.de AUDIOGUIDE KAFFEEMÜHLENMUSEUM

www.museum.de/m/5796

24.– 26. November 2022

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