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Schloss Braunfels

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Human Remains

Human Remains

Sieht aus wie im Märchen … ist aber wahr

Schloss Braunfels und seine Sammlung Autoren: Dr. Silvia Kepsch und Johannes Graf von Oppersdorff

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Gut eingebettet in die hügelige Landschaft zwischen Lahn und Taunus thront Schloss Braunfels auf einem Basaltkegel. Auch wenn es hier und dort schon aus der Ferne zu erblicken ist: bei der Anfahrt taucht es plötzlich aus dem Nichts auf, wie ein Märchenschloss aus Grimm‘s Welt.

Linke Seite, oben: Schloss Braunfels von Westen Linke Seite, unten: Grüner Platz Rechte Seite, oben links: Jägerturm Rechte Seite, oben rechts: Burghof und Rittersaallaube Fotos: © Schloss Braunfels

Von der mittelalterlichen Trutzburg zum historistischen Schloss

Die imposante Silhouette mag spontan an Bayerische Königsschlösser erinnern. Doch eine gewisse stilistische Verwandtschaft besteht eher zur hannoveranischen Marienburg, die von demselben Architekten, Edwin Oppler, entworfen wurde.

Im Gegensatz zu Neuschwanstein und der Marienburg ist Schloss Braunfels aber kein historistischer Neubau, sondern hat eine 800jährige Geschichte mit zahlreichen Um- und Ausbauten erlebt, die zu seiner heutigen Gestalt führten.

Die noch verhältnismäßig kompakte mittelalterliche Kernburg aus dem 13. Jahrhundert, das castellum bruninvels, sicherte das Territorium und wurde mit vorgelagerten Bastionen zur frühneuzeitlichen Festung ausgebaut.

Im Barock wurde das Schloss dann den repräsentativen Anforderungen des Hofes entsprechend erweitert, während die Verteidigungsfunktion zurücktrat. Aus Bastionen wurden Lustgärten und der kleine Ort zum Residenzstädtchen mit seinem bis heute erhaltenem idyllischen Marktplatz.

Die Veränderungen des 19. Jahrhunderts, besonders die letzten großen Umbauten der 1880er Jahre deuten dann wieder auf die mittelalterlichen Wurzeln der Anlage, wobei sich heute im Schloss – ganz im Sinne des Historismus – Stilelemente verschiedener historischer Epochen wiederfinden.

Nur selten tangierten die Umbaumaßnahmen die Grundmauern. Hinter den Fassaden kennen die Steine noch die lange Geschichte des Ortes. Sie sind nach wie vor Zeugen vieler mittelalterlicher Fehden und anderer einschneidender Ereignisse, wie der Reformation, des Dreißigjährigen Krieges, der Neuordnung des Alten Reichs nach dem Sieg über Napoleon und des Verlusts der reichsunmittelbaren Selbstständigkeit des Hauses Solms-Braunfels.

Schloss Braunfels ist seit Anbeginn im Besitz der Grafen und Fürsten zu Solms-Braunfels. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts öffneten sie die Tore für interessierte Besucher. Beginnend mit dem Rittersaal konnten nach und nach immer mehr Räume des Schlosses besichtigt werden. Zu Beginn waren dies „private“ Wohn- und Gesellschaftsräume der Familie. Daneben wurden – zunächst mehr für die Familie – 1874 Museumsräume eingerichtet, die die Altertums- und andere Sammlungen beherbergten. Besichtigen konnte man damals das Schloss in Begleitung eines Dieners oder eines Mitglieds der Schlosswache. Das waren noch Zeiten. Heute öffnet sich das Familienmuseum einfach nach Einwurf von ein paar Münzen und ist – man mag es bedauern – ganz ohne Diener zu besichtigen.

Zeitgleich entwickelte sich Braunfels zur Kurstadt. Die Fürsten von Solms-Braunfels förderten diese Entwicklung, gründeten einen Verschönerungsverein und beteiligten sich u. a. am Bau des Schlosshotels. Parallel dazu erfolgte der Ausbau des Museumsbetriebs.

Das Nebeneinander von Schloss- und Familienmuseum besteht bis heute. Während im Schloss die Kunst- und Waffensammlung, prunkvolle Möbel und prächtige Vasen den Gast in den Bann ziehen, lädt das Familienmuseum tagsüber dazu ein, sich ganz nach Gusto mit besonderen Sammlungsstücken einzelner Familienmitglieder zu beschäftigen. Von der Jagdausrüstung des Fürsten Ferdinand über Siegel-, Münz-, Mineralien- und die bedeutende Altertumssammlung bis zu Kleidern, Uniformen und Orden von Fürstinnen und Fürsten zeichnen die Exponate ein authentisches Bild der jeweiligen persönlichen Interessen.

Linke Seite, oben: Luise und Friederike von Preußen Linke Seite, Mitte: Kleinasiatisches Fruchtbarkeitsidol im Familienmuseum Linke Seite, unten: Duellpistolen im Familienmuseum Rechte Seite: Frühneuzeitliche Kleidung im Familienmuseum Fotos: © Schloss Braunfels

Die Gleichzeitigkeit von Privatheit und Öffentlichkeit

Ihre Nachfahren bewohnen und beleben noch heute das Schloss. Graf und Gräfi n von Oppersdorff Solms-Braunfels verstehen sich als Gastgeber, BesucherInnen werden als Gäste wahrgenommen und engagierte Schlossführerinnen und Schlossführer erzählen voller Begeisterung die Geschichte des Schlosses, seiner Bewohner und seiner Sammlungen. Auf die persönliche Vermittlung wird im Schloss daher auch in einer Zeit Wert gelegt, in der der Einsatz von multimedialer Technik fast schon als einzige Lösung für heutige Museen präsentiert wird.

Führung und Ausstellung im Familienmuseum profi tieren von der Authentizität des originalen Ausstellungsorts und führen den Gast zurück in die Zeit des fürstlichen Standesherrn. Auch bleiben wesentliche Etappen der Museums- und Sammlungsgeschichte sichtbar – in gewisser Weise sind die Museen mittlerweile Teil der Familiengeschichte geworden.

Das Angebot an besonderen Führungen und Programmen auf Schloss Braunfels ist vielfältig. Ob Kindergeburtstage, Ausfl ug mit dem Kindergarten, der Schulklasse oder der Familie: Für Kinder aller Altersstufen wurden liebevoll altersgemäße pädagogische Angebote geschaffen. Für besonders interessierte erwachsene Besucher werden zu verschiedenen Themen Meisterführungen angeboten. Wer es hingegen gerne eher unterhaltsamer mag, ist gut in einer Erlebnisführung aufgehoben. Ist nach den vielen Eindrücken evtl. eine kleine Stärkung gefragt? Im hübschen Schlosscafé bietet sich bei einer Tasse Kaffee und einem guten Stück Kuchen dazu die schönste Gelegenheit. Schloss Braunfels ist mit der Zeit gegangen: Nach mittelalterlicher Trutzburg, nach barocker Residenz sowie Zentrum und Verwaltungssitz eines eigenständigen Kleinstaates ist es heute Museum und Archiv, Lern- und Forschungsort, Eventlocation und ab und zu auch Filmkulisse – und nicht zuletzt auch ein traumhafter Ort zum Heiraten.

Oben: Kanonenplatz Mitte: Tiere im Schloss Unten: Blick auf den Neuen Bergfried Fotos: © Schloss Braunfels

Schloss Braunfels Schloss 1 35619 Braunfels Tel. 06442 - 5002 info@schloss-braunfels.de https://schloss-braunfels.de

AUDIOGUIDE SCHLOSS BRAUNFELS

www.museum.de/m/2614

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