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Die Schweiz nach der Pandemie – die Perspektive einer Nichtregierungsorganisation
Das Modell ist bei einzelnen Kantonen, aber auch beim Bund und in der Politik auf Interesse gestossen. Dies zeigt, wie fruchtbar eine Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Zivilgesellschaft, öffentlicher Verwaltung und Politik sein kann, um in der Armutsbekämpfung einen Schritt weiterzukommen.
V. Es bedarf kurz- und längerfristiger Perspektiven Um nicht noch mehr Menschen in die Armut abzudrängen, werden kurzund langfristige Perspektiven benötigt. Dazu sollte die Politik ideologische Grabenkämpfe überwinden und diejenigen vor Augen haben, die im Mo ment daran sind, alles zu verlieren. Dass die aktuellen Hilfsprogramme und Massnahmen des Bundes bis zum Ende der Krise weitergeführt werden müssen, darüber herrscht allgemeine Einigkeit. Sie müssen aber nicht nur bis zum Ende der Gesundheitskrise, sondern darüber hinaus andauern. Viele Massnahmen zielen zudem stark auf den Mittelstand, und die KMUs, die «kleinen Menschen», stehen nicht im Fokus der Politik. Für Menschen, die finanziell nicht mehr zurechtkommen und doch noch nicht in der Sozialhilfe sind, müssen neue Instrumente wie beispielsweise unbürokratische Direktzahlungen eingeführt werden Dies kann in der Form von Ergänzungsleistungen sein, wie dies bereits vier Kantone für Familien praktizieren. Menschen mit niedrigem Einkommen, die auf Kurzarbeit gesetzt wurden oder gar ihre Arbeit verlieren, be nötigen Kurzarbeits- oder Arbeitslosenentschädigung, die zu 100 Prozent ihrem bisherigen Lohn entspricht. Und zentral ist für viele, dass ihre Haushaltsbudgets entlastet werden. Würden Bund und Kantone ihre Prämienverbilligung stark erhöhen, würden sie damit einen entscheidenden Beitrag leisten. Die in den letzten Jahren stark gestiegenen Krankenkassenprämien bringen viele Menschen in prekären Situationen in die Schulden. Viele Kantone haben in den vergangenen Jahren bei der Prämienverbilligung gespart. Die Coronakrise hat auch dazu geführt, dass sich die Digitalisierung stark beschleunigt hat. Dadurch sind bereits weitere Arbeitsplätze für Menschen mit geringer Bildung oder nicht mehr genügender Qualifizierung verloren gegangen. Die Regionalen Arbeitsvermittlungen RAV und die Sozial35