von Fellenberg-Bitzi: Alles was rollt, schwimmt und fliegt

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Eine Biografie über den visionären Autodidakten, Museumspionier, Familienmenschen, beispiellosen Netzwerker und genialen Kommuni­ kator: eine Schweizer Erfolgsgeschichte! «Egal wie mancher Direktor noch kommt: Alfred Waldis wird immer ‹Mr. Verkehrshaus› sein und bleiben.» LNN «Ohne Alfred Waldis hätten weder Luzern noch die Schweiz einen repräsentativen, einprägsamen Aushang über Verkehrsgeschichte und -entwicklung.» Adolf Ogi, alt Bundesrat, im September 1989 «Als Mitinitiant des Nationalen Gotthardmuseums (1982–1986) war und wurde Alfred Waldis auch einer der besten Gotthard-Spezialisten. In der Sicht auf die grossen Zusammenhänge, die er historisch, technisch, menschlich, als einmaliger Erzähler verstand, bleibt er mutmasslich unersetzlich.» Pirmin Meier «Der Pionier, dem wir das Verkehrshaus der Schweiz zu verdanken haben, dürfte sicherlich auch die jüngere Generation interessieren und begeistern, die zwar das Verkehrshaus kennt, jedoch nicht die Persön­ lichkeit von Alfred Waldis. Für mich ist das vorliegende Buch eine Wiederbegegnung mit einem unvergesslichen Freund, Mentor, Visionär und Macher.» Claude Nicollier

Alles was rollt, schwimmt und fliegt

Trudi von Fellenberg-Bitzi, geboren und aufgewachsen in Zug, ist Journalistin und Autorin. Sie war verant­ wortliche Redakteurin der Bordzeitschrift Crosstalk, Ressortleiterin Reportagen beim Frauenmagazin Annabelle und Chefredakteurin der SAirGroup-Konzern­ zeitung SAirGroup News. Sie hat verschiedene Biografien sowie Lyrik und Prosa publiziert und ist Trägerin von Förderpreisen des Kantons Zug und – für ihre Kinderstunden im Schweizer Radio DRS (heute SRF) – der früheren SRG Zentral­ schweiz (IRG). Seit 2018 ist sie Vizepräsidentin des Innerschweizer Schriftstellerinnen- und Schriftsteller­ vereins ISSV.

Als das Verkehrshaus der Schweiz 1959 eröffnet wurde, bezweifelten viele, dass es erfolgreich sein würde. Der erste Direktor Alfred Waldis (1919–2013) wollte partout einen mu­sealen Charakter vermeiden und realisierte ein interaktives Haus. Es wurde bereits im ersten Betriebsjahr zum meistbesuchten «Museum» der Schweiz. Waldis erweiterte «sein Verkehrshaus» schon kurze Zeit nach der Eröffnung. So entstand 1968 etwa das erste Planetarium der Schweiz, und vier Jahre später, 1972, eröffnete die Halle Luft- und Raumfahrt.

Alfred Waldis (1919–2013) war durch und durch Luzerner, fühlte sich auf der ganzen Welt zu Hause und ging bei der NASA ein und aus. Zufall nannte er es, dass man ihn, den SBB-Beamten, zum ersten Direktor des Verkehrshauses der Schweiz in Luzern gewählt hatte. Kontakte pflegen, vernetzen, Geld beschaffen: Alfred Waldis wurde schnell zu einer Museumspersönlichkeit, die international anerkannt und mit Auszeichnungen im In- und Ausland geehrt wurde.

Alles was rollt, schwimmt und fliegt

Diese Biografie erzählt nicht nur die Lebensgeschich­ te von Alfred Waldis, sondern ist auch ein faszinie­ rendes Stück Schweizer Verkehrsgeschichte.

Der Visionär Alfred Waldis und das Verkehrshaus der Schweiz

Trudi von Fellenberg-Bitzi

© Ursula Markus

Trudi von Fellenberg-Bitzi

ISBN 978-3-907291-65-8

www.nzz-libro.ch www.nzz-libro.de

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Für Lily Waldis-Peyer

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Trudi von Fellenberg-Bitzi

Alles was rollt, schwimmt und fliegt Der Visionär Alfred Waldis und das Verkehrshaus der Schweiz

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2022 NZZ Libro, Schwabe Verlagsgruppe AG, Basel Lektorat: Regula Walser, Zürich Gestaltung, Satz: Katarina Lang, Zürich Umschlagabbildung: Sammlung Verkehrshaus der Schweiz, Luzern Bildbearbeitung: Fred Braune, Bern Druck, Einband: BALTO Print, Litauen Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werks oder von Teilen dieses Werks ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. ISBN 978-3-907291-65-8 www.nzz-libro.ch NZZ Libro ist ein Imprint der Schwabe Verlagsgruppe AG.

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Inhaltsverzeichnis Vorwort

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Einleitung

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Von den Anfängen Jahre bei der SBB

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Erster Direktor des Verkehrshauses der Schweiz

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Präsident des Vereins Verkehrshaus der Schweiz

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Das private Umfeld

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Alles hat seine Zeit

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Anhang Meilensteine der Verkehrshaus-Geschichte 229 Daten zum Leben von Alfred Waldis 235 Auszeichnungen/Ehrenmitgliedschaften 236 Bibliografie 237 Quellen und Literatur 238 Bildnachweis 239 Personenregister 240 Dank 245

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«Es ist unsere Aufgabe, was wir von früheren Generationen empfangen haben, durch unsere Arbeit und unseren Geist bereichert, den kom­men­den Generationen weiterzugeben.» Mushanokōji Saneatsu

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Vorwort Der mittleren und älteren Generation muss man den Namen Alfred Waldis nicht erklären. Vor über einem halben Jahrhundert stand dahin­ ter eine der bekanntesten Schweizer Persönlichkeiten. Diese weckte mit der Gründung und dem Aufbau des Verkehrshauses der Schweiz, aber auch mit zahlreichen öffentlichen Vorträgen und Publikationen das Interesse der Bevölkerung an der Mobilität und deren Geschichte. Für viele galten diese Jahre als Zeit der unbegrenzten Möglichkeiten und des Traums von einem Verkehr ohne Einschränkungen. Da lag ­Alfred Waldis mit seiner Vision des Verkehrshauses goldrichtig. Er verstand es meisterhaft, Vorstellungen und Wünsche einer Generation zur Mobi­lität im Verkehrshaus der Schweiz nicht nur museal, sondern inter­aktiv und aktuell umzusetzen und erlebbar zu machen. Dabei illus­trierten viele persönliche Textbeiträge und mündliche Erläuterungen sein immenses Wissen. Alfred Waldis gab sich mit dem Geleisteten nie zufrieden. Entwicklungen in der Mobilität und Kommunikation hat er nicht nur sorgfältig verfolgt, sondern sogleich im Verkehrshaus der Schweiz inszeniert, wenn diese von allgemeinem Interesse waren. So ist es nicht verwunderlich, dass im Lauf der Jahre eine stattliche Anzahl von Gebäuden erbaut wurde und grössere Exponate wie die Flugzeuge DC-3 und Coronado sogar im Freien zur Besichtigung bereitstanden. Gleichzeitig entwickelte Alfred Waldis das Verkehrshaus der Schweiz zu ­einem Ort der Begegnung mit Pionieren des technischen Fortschritts, der Aviatik und Raumfahrt, aber auch der Schifffahrt und der Mobilität auf Schiene und Strasse. Es gibt in diesen Wissensbereichen kaum berühmte Namen, die nicht im Verkehrshaus der Schweiz zu Gast waren; als Referenten, Sponsoren oder einfach als Freunde von Alfred Waldis.

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Vorwort

Als (bis jetzt) einziger Schweizer Raumfahrer, der an Weltraummissionen der NASA und der ESA teilnehmen konnte, bin ich Alfred Waldis für sein Wirken persönlich dankbar. Er hat durch die Darstellung des Weltalls und dessen Erforschung den Besucherinnen und Besuchern – insbesondere der jungen Generation – schon früh die Möglichkeiten und Grenzen einer Eroberung des Universums verständlich gemacht. Dadurch weckte er das Interesse an Fragen, die weit über das Alltägliche hinausgehen. So wurde für mich – als Astronaut –, der beruflich in einem nicht ganz einfachen Bereich tätig war und ist, das Verkehrshaus der Schweiz zum eigentlichen Kompetenzzentrum für interessierte Besucherinnen und Besucher: dank verständlicher Vermittlung von Weltraumwissen und Weltraumerfahrung. Dass just zum 50-Jahr-Jubiläum der Halle Luft- und Raumfahrt dieses Buch über den Visionär und Macher Alfred Waldis erscheint und wir seiner Persönlichkeit und seinem Wirken nochmals begegnen dürfen, ist mehr als gerechtfertigt. Die vorliegende Biografie erlaubt uns, Alfred Waldis nochmals zu begegnen und Facetten seines Lebens zu entdecken, die uns vielleicht nicht bekannt, ja vielleicht sogar überraschend sind. Der Pionier, dem wir das Verkehrshaus der Schweiz zu verdanken haben, dürfte sicherlich auch die jüngere Generation interessieren und begeistern, die zwar das Verkehrshaus kennt, jedoch nicht die Persönlichkeit von Alfred Waldis. Für manche jedoch – auch für mich – ist das vorliegende Buch eine Wiederbegegnung mit einem unvergesslichen Freund, Mentor, Visionär und Macher. Claude Nicollier

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Einleitung «Stellen Sie sich vor: Ich habe einen eigenen Bahnhof, 38 Lokomotiven, 70 Kutschen, 35 Flugzeuge, 45 Autos, ein Dampfschiff und zwei Original-Raumschiffe. Damit bin ich eigentlich ganz glücklich in meinem Reich», sagte Alfred Waldis (1919–2013) in einem Interview mit der Schweizer Familie anlässlich seines Rücktritts im Juni 1979 – nach 20 Jahren als Direktor des Verkehrshauses der Schweiz. Bis es so weit war, brauchte es allerdings Visionen für das Machbare, Durchsetzungskraft, Mut, Können, Wollen, Freude, Einsatz, Verzicht und den klaren Fokus auf das Wesentliche: das Verkehrshaus der Schweiz in Luzern. Alfred Waldis hatte sich früh auf eine Beamtenlaufbahn bei der SBB eingestellt. Dass es anders kam, nannte er «Glück und Zufall». Manche Luzerner dachten in den 1950er-Jahren, ein Verkehrshaus in Luzern, zudem an schönster Lage am See, sei unnötig, denn es gäbe bereits genügend defizitäre Museen. Und sie glaubten, in Luzern würde ein Museum gebaut, das man in Zürich nicht haben wollte. Doch das Verkehrshaus wurde realisiert und entwickelte sich – entgegen allen Befürchtungen – bereits im ersten Betriebsjahr zum bestbesuchten Museum der Schweiz. Die Zauderer hatten nicht mit einem Alfred W ­ aldis gerechnet. In Fachkreisen kannte man den Bähnler und wusste, dass dieser fähig war umzusetzen, was der Bundesrat in seiner Botschaft vom 15. Juli 1958 verlangte: über die Rückschau hinweg eine Darstellung der aktuellen Probleme des Verkehrs zu vermitteln, auf künftige Entwicklungen und Tendenzen hinzuweisen, das Verständnis für den Verkehr zu fördern und den Sinn für Geschichte und Technik zu wecken. Zudem sollte die Jugend für das Vorhaben begeistert und ihr Interessen für eine gute und machbare Verkehrspolitik ge­ weckt werden.

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Einleitung

Als das Verkehrshaus der Schweiz am 1. Juli 1959 eröffnet wurde, waren Kinder und Jugendliche mit Ballonen vor Ort. Mit der Auffor­de­ rung «Fotografieren erwünscht» sorgte Alfred Waldis in der Museums­ welt vom ersten Moment an für Furore. Das Museum, das noch heute als Mehrgenerationenhaus und Begegnungsstätte für Eltern, Grosseltern, Kinder und Enkel gilt, umfasste zu jener Zeit lediglich Ausstellungshallen für den Schienen- und Strassenverkehr, das Post- und Fernmeldewesen sowie einen Konferenzsaal und das Archiv; die übrigen Verkehrsträger – Luftfahrt, Schifffahrt, Seilbahnen und Tourismus – waren in einer der beiden PTT-Hallen untergebracht. Die hohen Besucherzahlen und damit der wider Erwarten grosse Erfolg erforderten jedoch schon bald einen Ausbau. Mit der Eröffnung des Planetariums, am 1. Juli 1969, erfüllte sich der von der Astronomie begeisterte erste Direktor des Verkehrshauses einen Traum; einen, der in der ganzen Schweiz und darüber hinaus für Schlagzeilen sorgte. Und drei Jahre später holte er, der gerne Pilot geworden wäre, für die Eröffnung der Halle Luft- und Raumfahrt Flugpioniere und Astronauten ins Verkehrshaus. Es war eine von vielen Veranstaltungen, die den Rahmen des bis dahin Bekannten sprengten. In einem Interview mit der Luzerner Neuste Nachrichten (LNN) – anlässlich seines 75. Geburtstags – antwortete Alfred Waldis auf die ­Frage, welches nachhaltige Ereignis er gerne nochmals erleben würde: «Den 1. Juli 1972. An diesem Tag wurde die Halle Luft- und Raumfahrt des Verkehrshauses mit namhaften Pionieren der Fliegerei und der Raumfahrt eröffnet. Es war grossartig. Neil A. Armstrong, der erste Mensch auf dem Mond, war dabei und auch John H. Glenn, der erste Amerikaner im Weltraum.» Nicht nur der Anlass, sondern auch die Ausstellungstechnik und das damit verbundene Aufhängen der Flugzeuge waren absolut einzigartig und wurden später in den USA als Vorbild erwähnt. Am 16. August 1972 hat Barry Goldwater vor dem amerikanischen Senat die Eröffnung der neuen Halle Luft- und Raumfahrt, das Verkehrshaus der Schweiz und seinen Leiter, Gestalter und Direktor Alfred Waldis in einer ausführlichen und begeisterten Rede gewürdigt. Eine solch grosse Ehre sei noch keinem Schweizer widerfahren, meinte der damalige Schweizer Botschafter in den USA, Raymond Probst.

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Einleitung

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Alfred Waldis erklomm die Stufen zum Erfolg in Windeseile, und sein Werdegang gleicht einer Tellerwäscherkarriere. «Er hatte eine ­Vision für sein Verkehrshaus. Dieser Vision hat er alles untergeordnet. Alles!», sagt Waldis-Nachfolger Arnold Kappler im Gespräch für dieses Buch. Wer aber war dieser Alfred Waldis, der zur Schweizer Prominenz gehörte, im In- und Ausland ein gern gesehener Gast war, Träger des Innerschweizer Kulturpreises und Ehrendoktor der Universität St. Gallen? Die Biografie über Alfred Waldis zu schreiben, bedeutet mitunter Mut zur Lücke. Niemals wäre es möglich, dem Ehrenbürger der Stadt Luzern in allen Belangen gerecht zu werden: Visionär, Gestalter, Museumsdirektor, Museumspädagoge, Kommunikationsprofi, Geldbeschaf­ fer, Publizist, Reporter, Fachjournalist, Fotograf, Reiseleiter, um nur eini­ge seiner Tätigkeiten zu erwähnen. Auch war er ein begeisterter Bergsteiger und spätberufener Kletterer, denn mit 61 Jahren trug er beim Aufstieg aufs Matterhorn erstmals einen Klettergurt und befestigte sich am Seil. Zudem war er Ehemann, Vater von drei Kindern und später Grossvater von sechs Enkeln. Über 900 Reportagen hat er publiziert, rund 1200 Vorträge gehalten und mehr als ein halbes Dutzend Bücher geschrieben. In seiner Bibliografie fehle seine Biografie, meinte Journalist und Moderator Hanns Fuchs anlässlich des 80. Geburtstags von Alfred Waldis im Verkehrshaus. «Wann erscheint das Buch Waldis über Waldis?» Doch da winkte der Jubilar ab: «Ich schreibe nicht gerne über mich, es liegt mir nicht.» Ich bin Alfred Waldis nie persönlich begegnet. Doch ich erinnere mich an Telefongespräche während der Jahre 2000 und 2001. Es ging um eine Reportage über die Balair in der damaligen SAirGroup-Konzernzeitung. Der längst pensionierte erste Verkehrshausdirektor sicherte mir für meinen Artikel und auch für ein geplantes Buchprojekt über die Charter-Airline jegliche Unterstützung zu. Und dann sagte er: «Kommen Sie doch einmal nach Luzern, dann führe ich Sie durch das Verkehrshaus und stelle Ihnen Hans Erni vor.» Ich höre noch heute die wohlwollende freundliche Stimme. Leider gab es keine Gelegenheit, dieser herzlich ausgesprochenen Einladung zu folgen. Viele Jahre ­später – das Buch über die Balair erschien 2017, für das mir die Familie

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Einleitung

Waldis Unterlagen zu den Mittelholzer Memorial Flights zur Verfügung gestellt hatte, denn Alfred Waldis war zwischenzeitlich verstorben – begegneten auch mir «Glück und Zufall». Ich durfte das Leben des Museumspioniers erkunden und erspüren. Um die Biografie zu schreiben, recherchierte ich in vielen Dokumenten und Unterlagen und lernte dadurch einen Menschen kennen, der Aussergewöhnliches geleistet hat. Alfred Waldis, ein Mann, der mit allen Bundesräten korrespondierte, der bei der NASA ein- und ausging, mit Astronauten und Kosmonauten befreundet war, der zum Stadtbild von Luzern gehörte und über den die LNN schrieb: «Egal wie mancher Direktor noch kommt: Alfred Waldis wird immer ‹Mr. Verkehrshaus› sein und bleiben.» Trudi von Fellenberg-Bitzi Cham und Grüningen, Frühjahr 2022

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Von den Anfängen

Ein Sonntagskind Es ist noch still an diesem Morgen. Einzigartige Klarsicht in die Bergwelt verzaubert die frühmorgendliche Stimmung. Von weit her tönen Kirchenglocken. Es ist der 7. September 1919. Josef Maria Waldis steuert bei sonnigem Wetter und milder Temperatur den Raddampfer Rigi aus der Luzerner Bucht. Seine beiden Söhne Josef (1911) und Hans (1913) verbringen das Wochenende bei Verwandten und gehen – wie jeden Sonntagmorgen – zur Kirche. Zur selben Zeit an diesem Morgen brüht Marie Eigensatz-Meier in der Woh­ nung an der Neustadtstrasse 4 in Luzern einen Tee aus Wermut, Kamille und Pfeffer­ minz auf. Die gelernte Weissnähe­rin und Hebamme steht ihrer Schwester Sophie Waldis-Meier bei. Diese erwartet ihr drittes Kind. Die Geburtswehen sind bereits fort­ geschritten. Marie Eigensatz-Meier füllt eine Schüssel mit lau­warmem Wasser, legt Baumwolltücher bereit und tunkt einige Gazen in kochendes ­Wasser. Um 10.05 Uhr ist es so weit: Das Kind ist geboren. Marie EigensatzMeier legt ihrer erschöpften Schwester Sophie ein Büblein in die Arme. «Wieder ein Junge», lächelt die Wöchnerin ermattet und zutiefst dankbar für das gesunde Kind. Über einen möglichen Namen hat sie Alfred Waldis im Sonntagsgewand mit vier Jahren, am Neujahrstag 1924

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Von den Anfängen

mit ihrem Mann öfter diskutiert. Würde es ein Mädchen oder ein Junge werden? Das wussten sie bis zur Geburt nicht. Als Josef Maria Waldis nach Hause kommt, liegt das Kind gewaschen und angezogen schlafend neben der Mutter. Es soll Alfred heis­ sen, haben die beiden entschieden. Alfred Waldis: ein Sonntagskind! So könnte es gewesen sein. Oder vielleicht auch ganz anders. Rund drei Jahre wohnten die Eltern Waldis mit ihren drei Buben an der Neustadtstrasse in Luzern, dann zogen sie in die Maihofstrasse 38 um, wo der Vater ein Häuschen gekauft hatte. Alfred Waldis schreibt in seinen Notizen, die er sein ganzes Leben lang täglich und akribisch aufgezeichnet hat: «Unter uns wohnte eine Familie Bucher, in der Mitte wir und in der Dachwohnung Tante Marie mit ihrem Sohn Seppi.» Alfred tummelte sich gerne im Quartier. Im «Maihof» gab es Anfang der 1920er-Jahre nur wenige Häuser. Im Garten – in einem kleinen Anbau – züchtete der Vater Kaninchen. Alfred fütterte sie, spielte mit ihnen und drückte sie oft an sich. Er genoss eine unbeschwerte Kindheit. Als er 1926 die erste Primarschulklasse bei Lehrer Leisibach besuchte, zog die Familie erneut um, und zwar an die Eichmattstrasse 10, in ein Haus mit einem grossen Innenhof. Über diese Zeit kann man in den Unterlagen von Alfred Waldis lesen: «Im Haus wohnten zehn Familien, die meisten mit Kindern. ­Neben uns Ernst Blaser mit René, meinem Kommunionsgefährten, Denise im gleichen Alter, dann Marcel und Marco; unten Albert Haas, SBB-Beamter, mit Gino, Fausta, Irma und Albertine.» Die Aufzeichnungen führen alle Familien mit deren Kindern auf und schliessen: «Wir hatten damals ein ziemlich ungezwungenes Leben, hielten uns viel im Hof auf, bauten Hütten, spielten auf der Strasse ‹Chübeli­ tschutten› (wahrscheinlich tschutten mit alten Konservenbüchsen, Anm. d. Red.), ‹Schelm und Ladige› (Räuber und Polizei) und verübten Lausbubenstreiche wie Zündhölzer in die Hausklingeln stecken, Knallerbsen im Hausgang platzieren und viele mehr. Einmal gründeten wir einen Fussballclub: ich war Kassier und war für den Clubbeitrag von 10 Rappen verantwortlich.» Alfred ging fortan ins Schulhaus Moosmatt, beendete die erste und zweite Klasse bei Lehrer Robert Strebi, dem Bruder von Walter

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Strebi, dem späteren Rechtsanwalt, Oberrichter, Stadtrat und bekannten Förderer von Kunst und Kultur, insbesondere des Musiklebens. ­Alfred war ein fleissiger Schüler mit guten Noten in allen Fächern! Die Sommerferien verbrachte der Junge jeweils im 1850 erbauten Ferienheim Sommerau oberhalb Sarnen auf 850 Meter über Meer sowie in Oberrickenbach im Kanton Nidwalden. Die Eichmattstrasse in Luzern befindet sich in der Nähe der Allmend. Hier standen zu jener Zeit die Fliegerhangars. Landete ein Flugzeug, rannten die Buben zum Flugfeld. Staunten! Alfred war vor Begeisterung elektrisiert. Daraus entwickelte sich bereits in jungen Jahren eine Passion zur Aviatik. Unterstützt wurde diese von Alfreds späterem Firmpaten, Dr. Niklaus Portmann, einem Cousin der Mutter, der Pressechef bei der Mustermesse Basel war und das Sekretariat des Aeroclubs Basel führte; ein begeisterter Segelflieger mit leidenschaftlicher Affinität zur aufkommenden, sich stetig entwickelnden Fliegerei. Damit infizierte er den jungen Alfred Waldis und schenkte ihm Bücher zum Thema Fliegen und Technik. Eines der Bücher, Fliegt mit! von Walter Acker­ smann, der das Buch «den Schweizer Buben und ihrer Sehnsucht» widmete, verschlang Alfred in einem Zug. Später sagte er, bereits in der Primarschule habe er alle Flugzeugtypen gekannt. Eindrücklich beschreibt Alfred Waldis ein Erlebnis, das er nie vergessen hat: «Das Flugmeeting vom 27. September 1931 – da war ich 12-jährig – hat in mir einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Ich war auf der Allmend, als ein Flugzeug in unmittelbarer Nähe vor mir abstürzte und dabei drei Zuschauer tötete; zwei Schulkollegen und Fritz Gerber, der das Flugzeug pilotierte. Er führte Akrobatikflüge aus und kam aus einer Vrille nicht mehr heraus.» In seinem Buch Flugpioniere in und über Luzern ergänzte Waldis später seine Aufzeichnung: «Luzerns schwarzer Tag war der 27. September 1931. Als Auftakt zum Sonntagsprogramm des um zwei Wochen verschobenen Flug­ meetings war an diesem Tag der Freiballon UTO des Piloten Dr. Erich Tilgen­kamp aufgestiegen. In ruhiger Fahrt schwebte die Kugel Richtung Stanserhorn, wo sie allmählich den Blicken entschwand. Droben auf dem Pilatus traf zur selben Zeit der als Alpensegler bekannte

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Segelflieger Willi Farner die letzten Vorbereitungen zum Flug hinunter auf die Luzerner Allmend. Dann, kurz nach drei Uhr, startete der versierte ­ Militär- und Zivilpilot Fritz Gerber zu einer AkrobatikVorführung. Der Doppeldecker des Typs De Havilland Moth schraubte sich in weit ausholenden Kurven in die Höhe. Mit einem einfachen Looping nach oben begann Gerber sein Programm. Nach einer gesteuerten Rolle, einem ‹Immelmann› und einer senkrechten Pirouette verstummte der Motor und die ‹Motte› setzte zu einer ‹Vrille› an. Doch die Höhe von ungefähr 300 Metern war zu niedrig und – entgegen allen Regeln – befand sich die Maschine direkt über den Zuschauerreihen. Diese Vrille wurde dem Piloten wie schon manchem vor ihm zum Verhängnis. Es gelang Gerber nicht mehr, das Flugzeug rechtzeitig aufzurichten. Es zerschellte am Boden, mitten unter den Zuschauern. Die grobe Fahrlässigkeit forderte drei Tote und dreissig Verletzte, unter ihnen der Pilot.» Die Eltern Josef Maria Waldis stammte aus einer Bergbauernfamilie auf der Rigi. Er wurde am 1. September 1880 in Hüttenberg oberhalb Hinterbergen geboren. Seine Eltern, Xaver und Martina Waldis-Steiner, hatten 13 Kinder, von denen drei schon sehr früh starben. Josef Maria war das viertälteste Kind. Von seinen vier Brüdern und fünf Schwestern wanderten zwei nach Amerika aus, Josef, Eusebi genannt und ledig, sowie Appolina, die in der Umgebung von New York Conrad Joos heiratete. Der älteste Bruder, Karl, war wie der Vater Steuermann und wohnte in Luzern. Einen Teil seiner Jugend verbrachte Josef Maria Waldis in Gersau, in Blatten bei Malters sowie in Ebnet im Entlebuch. 1904 wurde er Matrose bei der damaligen Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees und wohnte fortan in Luzern, wo er am 16. April 1910 Sophie Meier heiratete. 1923 wurde er zum Untersteuermann und 1924 zum Steuermann befördert. Diese Arbeit liebte er und er leistete immer vollen Einsatz. Nach seiner Pensionierung arbeitete er gelegentlich noch als Aushilfe. Am 15. September 1953 starb er zu Hause an

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Heirat von Alfreds Eltern, Josef Maria und Sophie Waldis-Meier, 1909

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den Folgen eines Herzversagens. Am 21. September 1953 würdigte die Zeitung Vaterland den Mann, der seit seinem 24. Lebensjahr im Dienst der Dampfschifffahrtsgesellschaft wirkte und bis zum Steuermann avancierte, mit den folgenden Worten: «Seine Qualitäten und Kenntnisse befähigten ihn, auch den Nachwuchs mit den Gesetzen der Schifffahrt vertraut zu machen und ihm die Liebe zu diesem nicht immer leichten Beruf einzupflanzen.» Sophie Waldis-Meier wurde am 13. Januar 1883 in Sempach als Kind von Bauern geboren, wuchs dort auf und arbeitete später in verschiedenen Haushalten. Alfred Waldis schreibt: «Leider weiss ich sehr wenig über ihr Leben; sie war eine stille und fleissige Frau und tief religiös. Sie stellte wenige Ansprüche, denn mein Vater hatte einen kleinen Lohn. Sie musste auf vieles verzichten. Aber sie hat nie geklagt. Sie steckte mir viel Gutes zu, gab mir viele Freiheiten und nahm mich vor dem manchmal strengen Vater in Schutz. Meine Mutter hatte zwei Brüder und zwei Schwestern. Die beiden Brüder arbeiteten als Knechte in Cham. Nina, die eine Schwester, blieb zeitlebens ledig, arbeitete als Schuhverkäuferin und wohnte stets bei uns. Später hatte sie an der Habsburgstrasse ein eigenes kleines Lebensmittelgeschäft. Marie, die andere Schwester, war Weissnäherin und Hebamme.» Sophie Waldis-Meier starb am 5. Februar 1934. Im Vaterland vom Folgetag ist zu lesen: «Ein tragischer Tod: Am Montagabend, 5. Februar 1934, war wie gewohnt in der St. Paulskirche die grosse Gemeinschaft der Betenden zur Gebetswache vereinigt, als im Nebenschiff Frau Sophie WaldisMeyer, Eichmattstrasse, plötzlich einem Herzschlag erlag. Ihr Mann, Herr Steuermann Josef Waldis, war noch im Dienste abwesend, als ihn die erschütternde Trauerbotschaft erreichte. An ihrer Bahre trauern neben dem Gatten drei Söhne, deren jüngster noch nicht 15 Jahre alt ist. Frau Sophie Waldis war eine herzensgute Gattin und Mutter, die nur für die Familie lebte. Sie erreichte ein Alter von 51 Jahren. In letzter Zeit etwas kränklich, suchte sie Trost und Hilfe im Gebet und so trat im Gotteshause der Tod an sie heran. Der Trauerfamilie unsere innige Teilnahme.»

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Erwachsen werden Für den jungen Alfred Waldis war der Tod seiner über alles geliebten Mutter das erste erschütternde Erlebnis: Er war 14 Jahre jung, als sie mit nur 51 Jahren unverhofft starb. In seinen Notizen steht: «Der Sigrist überbrachte uns – Tante Nina und mir – die Nachricht. Später kam der Vater von seinem Spätdienst nach Hause, und ich sehe noch heute, wie er weinend die Treppe heraufkam. Die Mutter wurde zuhause aufgebahrt. Verwandte und ­Bekannte kamen zum Kondolenzbesuch. Der plötzliche Tod meiner Mutter hatte mich sehr getroffen.» In der damaligen Zeit wurden Schicksalsschläge in Gottergebenheit verarbeitet: Man sprach nicht viel über das Geschehene. Schwieg. Erduldete. Die beiden älteren Brüder Josef und Hans kümmerten sich um den Jüngsten. Das Leben musste weitergehen. Alfred bestand die

Der Luzerner Hauptbahnhof in den 1930er-Jahren

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Von den Anfängen

Prüfung für die Sekundarschule und besuchte den Unterricht bei Paul Kopp, der für ihn noch eine wichtige Rolle spielen sollte. Der Vater und die drei Söhne zogen noch im selben Jahr an die Bleicherstrasse 6. Dort gab es ebenfalls einen grossen Hof, umgeben von Häuserblöcken. Für Alfred jedoch war die Unbeschwertheit vorbei. Er lernte intensiv für die Schule, die ihn stark beanspruchte. Und während der Cirkus Knie auf der Allmend gastierte, verdiente er sein erstes Taschengeld durch Tellerwaschen. An einem Abend gab es 50 Rappen Stundenlohn und manchmal zusätzlich etwas Trinkgeld. Verschiedene Haushälterinnen unterstützten den frauenlosen Haushalt. Ida Wider war eine davon. Sie hat später Josef Maria Waldis geheiratet. Die älteren Brüder verstanden sich nicht mit ihr, zogen aus und lebten fortan ihr eigenes Leben. Alfred blieb zu Hause. Er konnte sich gut ­beschäftigen, interessierte sich für Technik, Lokomotiven und vor allem für Flugzeuge und Schiffe. Tante Nina und der Firmpate Niklaus Portmann schenkten ihm einen «Meccano», einen Metallbaukasten. Solche Baukästen vermittelten zu jener Zeit erste Kenntnisse in der Mechanik und Montagetechnik mithilfe von Schrauben und Muttern. Alfred baute Flugzeuge, Schiffe, später auch Flugzeugmodelle mit Gummimotoren. Sein grosser Bubentraum: Er will Ingenieur werden. Pilot vor allem. Tante Nina schenkte dem Jungen im Frühling ein Fahrrad und hoffte, dass er damit die Trauer über den Verlust seiner Mutter besser verarbeiten könne. Da begann er mit Velotouren. Im folgenden Sommer radelte er ins Val-de-Travers. Bei Familie Weber half er beim Heuen oder in der Destilliere, wo Pfefferminze zu Sirup und Likör verarbeitet wurde. Vom Absinth hat Waldis in seinen Erinnerungen nichts geschrieben. Im selben Sommer lud ihn Niklaus Portmann nach Basel ein, und zwar zu einem «Segelflugbetrieb» (Segelflug-Anlass) mit einem Grunau Baby, einem der damals meistgebauten Segelflugzeuge. Bei Oberwil machte der Pilot eine Bruchlandung. Alfred zeigte sich geschockt, war sprachlos, blieb jedoch weiterhin flugbegeistert. Im Herbst 1934 meldete er sich bei der Zentralschweizerischen Verkehrs- und Handelsschule in Luzern (Z.V.L.) an. Am 4. April 1935 erhielt Vater Waldis per Brief den Bescheid, dass sein Sohn die Aufnah-

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Die 1930er-Jahre Die Weltwirtschaftskrise begann mit dem New Yorker Börsencrash im Oktober 1929. 1930 spürte man auch in der Schweiz erste Aus­ wirkungen. Die Exporte sanken im Herbst 1931 – nach der Abwertung des britischen Pfund bis Mitte 1932 – auf einen Tiefpunkt, das heisst rund 55 Prozent unter den Wert von 1929. Daher stiegen die Ar­beits­ losenzahlen in der Exportindustrie 1933 auf rund 68 000, 1936 auf 94 000. Ebenso heftig getroffen wurde die Landwirtschaft. Der Reinertrag pro Hektare sank zwischen 1928 und 1934 von 228 auf 81 Franken. Der Durchschnittslohn für einen Arbeitstag von 5.10 Franken auf 90 Rappen. meprüfung bestanden habe und zu Schulbeginn – am Dienstag, 7. Mai 1935, morgens um 8 Uhr – vor Ort sein solle. Freude über die bestandene Prüfung erfüllte nicht nur den Vater, sondern auch Alfred. Ein neuer Lebensabschnitt begann! Nun wurde der Bursche selbstständig und freute sich über das Neue: «Ich lernte verhältnismässig leicht, und in verschiedenen Fächern, namentlich im Rechnen, war ich bereits in der Primarschule der Beste. Ich hatte ein gutes Verhältnis mit dem Rektor, aber auch mit den Lehrern verstand ich mich. Einer von diesen war Dr. Eduard Schütz, der Handelsfächer und Wirtschaft unterrichtete. Ab und zu konnte ich für ihn Schreibarbeiten erledigen.» Im Sommer radelte Alfred erneut ins Val-de-Travers und schreibt später: «Ich war wieder bei den Webers und verbrachte dort eine schöne, abwechslungsreiche Zeit. Die Familie hatte mehrere Kinder. Der älteste Sohn, Lehrer in Ägypten, kam während der Ferien in die Schweiz und erzählte mir von der grossen, weiten Welt.» Diese Welt weckte in Alfred die Sehnsucht, zu reisen. Zu entdecken auch. Dann – mit 16 Jahren – erlebte der Aviatik-Begeisterte auf einer Comte AC-4 seinen ersten Flug. Dazu verholfen hat ihm der bekannte Segelflugpionier und spätere Berufspilot Willi Farner, auch als Gründer der Willi Farner Flugzeugbau in Grenchen bekannt. Die Comte AC-4 ist ein einmotoriges Flugzeug des Schweizer Herstellers Alfred Comte.

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Sie wurde zwischen 1928 und 1930 gebaut. Alfred Waldis war über­ glücklich und wusste sogleich, dass ihn das Thema «Fliegen» nie mehr loslassen würde: Doch es sollte noch dauern. Im Herbst besuchte er zusammen mit seinem Vater die Luftschiff­ hallen in Friedrichshafen, wo ihn das Luftschiff Graf Zeppelin faszinierte. Beim Anblick wurde er ganz «kribbelig»; so jedenfalls beschreibt er in seinen Notizen das Gefühl, das ihn vor Begeisterung erbeben und erzittern liess. Ja, er wollte Pilot werden! Doch das ging nicht. Damals verlangte die junge Swissair noch ein Ingenieurstudium. Aber der Lohn des Vaters reichte für ein solches Vorhaben nicht aus. Und so hat ihm dieser empfohlen, beim Staat zu arbeiten, denn dort habe er eine gute Pension und eine sichere Stelle. Alfred Waldis konnte und wollte nicht hadern: Im Abschlusszeugnis der Verkehrsschule vom 20. März 1937 brillierte er mit Bestnoten. «Und dann absolvierte ich die Prüfungen sowohl für die PTT als auch für die SBB. Nach Aussagen des Rektors schloss ich am besten ab; und entschied mich folgend für die SBB.»

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Stationslehrling Aus dem von der SBB zusätzlich angeforderten Gesundheitsattest ist zu entnehmen, dass Alfred Waldis in seiner Kindheit zweimal eine Lungenentzündung hatte, jeweils rund drei Wochen krank, ansonsten jedoch kräftig, gut proportioniert und gesund war. In einer Voranzeige vom 22. März 1937 schrieb der Betriebschef der Betriebsabteilung Kreisdirektion II an Alfred Waldis, der noch immer an der Bleicherstrasse 6 in Luzern wohnte: «Wir bringen Ihnen zur Kenntnis, dass Ihre pädagogische und psychotechnische Prüfung wie auch die bahnärztliche Untersuchung ein für die Anstellung als Stationslehrling der SBB günstiges Resultat ergeben hat. Ihre Diensteinstellung bei den SBB ist auf den 1. Mai 1937 in Aussicht genommen.» Und im Schreiben vom 1. April 1937 ist zu lesen: «Wir beehren uns, Ihnen mitzuteilen, dass wir Sie mit Wirkung ab 1. Mai 1937 als Stationslehrling angestellt und dass wir Ihr Taggeld für die ersten 6 Monate auf 2 Franken und 50 Rappen festgesetzt haben. Als Dienstort haben wir Ihnen Ebikon angewiesen. Für Ihr Dienstverhältnis ist im Übrigen das beiliegende Reglement No. 102 massgebend. Die Aspiranten Zeit ist von 12 auf 20 Monate ausgedehnt worden. Allfällige weitere Änderungen ihres Dienstverhältnisses bleiben vorbehalten. Den Empfang dieses Schreibens sowie der Beilagen wollen Sie uns schriftlich bestätigen; desgleichen ersuchen wir Sie, die beiliegende Verpflichtung unterzeichnet an uns zurückzusenden.» An jenem bedeutenden Morgen, am 1. Mai 1937, der Alfred Waldis definitiv ins Berufsleben beförderte, erwartete ihn der Stationsvorstand Emil Hauri, ein kurliger Mann, der aber stets bestrebt war, seinen Lehrlingen das Beste zu geben. «Nach seiner Auffassung war Ebikon die wichtigste Station weit und breit. Wir hatten drei Barrieren von Hand zu bedienen. Im Büro gab es noch ein Stehpult. Ich hatte alles zu

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erledigen; angefangen vom Abwägen und Verladen der Kälber bis zur Billet-Abgabe und später zur Zugsabfertigung, die einem das Hochgefühl von Macht und Wichtigkeit gab», ist in Waldis’ Notizen zu lesen. «Gleich zu Beginn der Lehre kaufte ich eine Schreibmaschine, die Patria. Sie kostete 150 Franken. Tante Nina lieh mir das Geld und ich musste ihr jeden Monat fünf Franken ab«Ich hatte alles zu erledigen; zahlen. Ich schrieb immer alles auf, soangefangen vom Abwägen dass ich zuletzt hunderte von Seiten hatund Verladen der Kälber bis te. Im Winter 1937–1938 war ich für einige Wochen in Luzern, denn zur Lehre gezur Billet-Abgabe und später zur Zugsabfertigung.» hörte auch die Ausbildung im Telegrafenbüro. Kamen zum Beispiel Extrazüge zum Einsatz, mussten diese per Telegraf den betroffenen Stationen – inklusive Zeitangabe und späterer Bestätigung – mitgeteilt werden. Gegen Jahresende arbeitete ich einige Zeit aushilfsweise in der Verwaltung in Luzern (Zugskontrolle), danach wieder in Ebikon. Im Frühling 1939 nahm ich am Schlusskurs teil, der ausnahmsweise in ­Zürich stattfand. Es beteiligten sich sämtliche Lehrlinge der drei Kreise (Luzern, Zürich und Lausanne), denn es wurden damals lediglich 15 aus der Deutschschweiz ausgebildet, so klein war der Bedarf während der Krisenjahre. Ich schloss angeblich mit der besten Prüfung ab und kam folgend als Aspirant nach Rotkreuz, einer vielseitigen Station, trafen doch dort vier Einspur-Strecken zusammen. 1938 belebte ein reger Güterzugverkehr nach Süden die Route, denn die Achse Berlin–Rom wurde voll ausgenützt. Das Mittagessen nahm ich jeweils im Restaurant Bauernhof in Rotkreuz ein und bezahlte dafür einen Franken und 50 Rappen. Jeden Abend kehrte ich – wie schon während der Lehre – nach Luzern zurück.» Da er die Abschlussprüfung bereits hinter sich hatte, wurde ihm die Zeit in Rotkreuz als Weiterbildung angerechnet. Im Befähigungszeugnis ist zu lesen: «Der Aspirant Waldis Alfred in Rotkreuz, hat am 8. Mai 1939 über die Bedienung der Sicherungs-Apparate (Freigabewerk und Wärter­ stellwerk, Streckenblockwerke), der dortigen Stationsposten und über das Verhalten in Störungsfällen die Prüfung bestanden und ist zur Bedienung dieser Apparate als befähigt befunden worden.»

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Alles bestanden. Gut bestanden! Und ab sofort verdiente Alfred Waldis 200 Franken pro Monat, fast so viel wie sein Vater als Steuermann auf dem Dampfschiff. Nun blühte er auf. Im Sommer 1939 bezog er Ferien und reiste erstmals mit einer Freikarte der SBB ins Ausland. Sein Ziel: Frankreich. Begeistert von Paris und noch viel mehr von Le Havre schrieb er: «Dieser grosse Hafen beeindruckte mich sehr. So lag im Hafenbecken das verbrannte Passagierschiff Paris, ein bekannter Dampfer. Zudem konnte ich der Ausfahrt der ‹Normandie› beiwohnen, das damals grösste Passagierschiff der Welt. Es war eine der letzten Transatlantikfahrten dieses luxuriösesten aller Schiffe, denn einige Wochen später brach der Zweite Weltkrieg aus, und die ‹Normandie› fiel im Hafen von New York – während des Umbaus zu einem Lazarettschiff – einem Brand zum Opfer. Einen weiteren Ausflug ins Ausland unternahm ich ins Elsass, wo ich in Mulhouse eine Kleidung kaufte, die ich dann aber verzollen musste, was mich noch lange ärgerte (…)»

Rekrutenschule Das Aufgebot zum Militärdienst erhielt Alfred Waldis per Post. Im Dienstbefehl ist zu lesen, dass sich der noch nicht 20-Jährige am 30. Mai 1938, um 7.45 Uhr in Luzern, Kaserne Allmend, «zum Zwecke der Bestehung der Rekrutie­rung» in Zivilkleidung zu stellen habe. Am 17. Juli 1939 musste Alfred Wal­ dis in Luzern einrücken. Er wurde der In­ fanterie zugeteilt und gehörte den Leich­­ te-Maschinen-Gewehr-Schützen (LMG) an. Zum ersten Mal dauerte die Rekru­­ tenschule vier Monate, ein Beschluss, der schon vor Jahren gefällt worden war. Alfred Waldis als Rekrut

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Waldis war nicht begeistert, klagte über Mühe beim Springen, weil er über 80 Kilos wog. Gusti Zehnder, ein ehemaliger Schulkamerad, ­sowie Otti Wagner aus Stans halfen mehrmals, indem sie Waldis beim Springen das Gewehr abnahmen und auch anderweitig behilf­ lich waren. Mit der Zeit diente Waldis vermehrt im Schulbüro. Der Schulkommandant, Oberst Willimann, war der Vater eines ehemaligen Schulkollegen. Anfang September wurde das Ausbildungsprogramm wegen der inzwischen erfolgten Mobilmachung geändert und die Rekruten wurden ins Eigenthal versetzt, wo sie den Taktschritt übten. Für Waldis war «diese Angelegenheit furchtbar» und er war für die Verlegung nach Rickenbach und Beromünster dankbar. Er schreibt später: «Ich war ein miserabler Schütze, so ziemlich der schlechteste, wobei ich bei den Übungen so wenig als möglich schoss, um den Gewehrlauf nicht zu stark zu verschmutzen, um ihn so weniger reinigen zu müssen. Am 9. November wurden wir entlassen und da ich beim Betriebsdienst der SBB tätig war, konnte ich – nach Artikel 13 der Militärorganisation – bereits am 11. November 1939 meine Militärausrüstung im Zeughaus zurückgeben und wurde dienstfrei.»

Stationsbeamter bei der SBB Wieder im Arbeitsleben angekommen, folgten Einsätze an verschiedensten Orten; manchmal für wenige Tage oder Wochen. Ab November 1939 arbeitete Alfred Waldis für kurze Zeit in Malters, später v ­ ersetzte man ihn nach Beromünster, Baar und Zug. Abends reiste er zurück nach Luzern, wo er nach wie vor an der «Damals, bei der SBB, da war Bleicherstrasse wohnte. Von Baar aus man noch ‹der King mit der zeichnete er auch für die Ablösungen roten Kelle› und konnte selber in Horgen Oberdorf und in Oberrieeingreifen, wenn ein Zug den Dorf verantwortlich. umgeleitet werden musste.» Während dieser Einsätze genoss er es – abgesehen von Zugsabfertigungen im Sonntagsdienst –, dass er nicht mit allzu viel Arbeit ausgefüllt war. Er überbrückte die Lücken mit Lesen und verschlang Bücher über Astronomie und die Fliegerei.

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Alfred Waldis als Stationsbeamter in Brunnen

Im Februar 1940 wurde er als Stationsbeamter nach Brunnen versetzt. Dort wohnte Alfred Waldis bei Mathilde Schaller in Untermiete. Ihr 1938 verstorbener Mann war der frühere Bahnhofvorstand von Flüelen gewesen, ihr Sohn (1908–1985) der spätere Basler Natio­nal­ ­rat Dr. Alfred Schaller. 1940 begann die Invasion Hollands und Belgiens, was bedeutete, dass viele Nordländer nach Basel flüchteten. Freunde von Mathilde Schaller aus Basel wollten ihrerseits in die Innerschweiz und suchten eine sichere Unterkunft. So musste Alfred eine neue Bleibe suchen und fand diese gleich gegenüber dem Bahnhof bei Familie Burkhart.

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«Der einzige Nachteil war, dass das Zimmer über dem Bierdepot der Brauerei lag, und dort begann man meistens morgens um 6 Uhr mit dem Verladen der Harassen, sodass ich, wenn ich nach 5 Uhr in der Frühe vom Nachtdienst nach Hause kam, überhaupt nicht schlafen konnte. Brunnen war eine interessante Station: auf der einen Seite Doppelspur, auf der anderen – nach Sisikon-Flüelen – hingegen einspuriger Verkehr. Zur selben Zeit begann man jedoch auch mit dem Bau der zweiten Spur. Ich hatte drei Dienstschichten zu leisten, einmal Früh- dann Mittel- oder wieder Nachtdienst, eine Tätigkeit, die mir zusagte», ist in Waldis’ Aufzeichnungen zu lesen. In einem Interview mit der Neuen Luzerner Zeitung vom 17. März 2005 sagte er: «Damals, bei der SBB, da war man noch ‹der King mit der roten Kelle› und konnte selber eingreifen, wenn ein Zug umgeleitet werden musste. 1941 feierte die ­Schweiz ‹650 Jahre Eidgenossen«Die Betrachtung des nächtlichen Sternenhimmels war und schaft›. Da gab es einen grossen Betrieb, vor allem mit Schulkindern, bleibt für mich stets ein tiefes Klassenausflügen und GesellschafErlebnis und vermittelt mir ein Gefühl für Raum und Zeit.» ten, die auf das Rütli wollten. Aber während der Nachtdienste fand ich immer wieder Zeit für die Astronomie: die Betrachtung des nächtlichen Sternenhimmels war und bleibt für mich stets ein tiefes Erlebnis und vermittelt mir ein Gefühl für Raum und Zeit. Zudem spüre ich eine ­grosse Ruhe und Befriedigung.»

Der Zweite Weltkrieg Am 1. September 1939 begann – mit dem Überfall auf Polen – der Zweite Weltkrieg, der bis zum 8. Mai 1945 dauern sollte. Alfred Waldis war bei Kriegsausbruch knapp 20 Jahre alt. In einem späteren undatierten Interview, möglicherweise Ende der 1990er-Jahre, sagte er: «Man hat wenig gewusst und lediglich Nachrichten gehört, Zeitung gelesen und mit Kollegen gesprochen. Aber ich war viel zu jung, um mir eine eigene Meinung zu bilden. Ich glaube, wir Jungen haben damals – anfänglich auf jeden Fall – den Ernst der Lage nicht realisiert.» Erst viel später sei man informierter gewesen und habe – bruchstückhaft – auch mehr gewusst.

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In dem Interview verwies er jedoch auf die Erschiessung der Landesverräter vom 11. November 1942 und berichtete: «In einem Waldstück am Fusse des Pilatus, nahe der Hergiswaldbrücke oberhalb Kriens, hat man Landesverräter erschossen. Das war in den lokalen Medien ein grosses Thema und die Tat ‹quasi vor der Haustür›.» Waldis ergänzte, dass er einen der Erschossenen gekannt und dass ihn diese Begebenheit damals stark belastet habe. Als Bähnler war Waldis vor allem als Bahnhofvorstand in Brunnen mit dem Thema «Zweiter Weltkrieg» konfrontiert. In jener Zeit erlebte er auch den ersten Fliegeralarm. «Nach Mitternacht, genau um 1 Uhr, ertönte die Sirene. Der Gotthard-Schnellzug befand sich eben zwischen Goldau und Brunnen. Ich erhielt einen Anruf aus Goldau mit dem Auftrag, den Zug aufzuhalten, diesen in den nahe gelegenen Oelbergtunnel einfahren zu lassen und dann den Strom auszuschalten. ­Sobald der End-Alarm erfolgte, musste ich den Strom wieder einschalten, und der Zugführer erhielt den Auftrag, seine Fahrt fortzusetzen. Damals transportierten wir zwischen Deutschland und Italien und umgekehrt sehr viel Material im Güterverkehr.» Der Transitverkehr durch die Schweiz gewann in jenen Jahren an Bedeutung. Für die SBB war der Güterverkehr eine wichtige Einnahmequelle. An einer Konferenz in München wurde im April 1941 vereinbart, dass täglich 27 Kohlezüge die Schweiz nach Italien und zurück durchqueren sollten. Das dadurch erzeugte «Wohlwollen» der Achsenmächte sah man 1943 mitunter als Grund, «dass unser Land bis heute noch nicht angegriffen wurde» und die Versorgung der Schweiz mit Rohstoffen gewährleistet blieb. 1944 geriet die Schweiz vonseiten der Alliierten jedoch unter Druck und die Kapazitäten mussten stark reduziert werden. Bei den Verhandlungen in London ging die schweizerische Delegation weitgehend auf die Vorschläge ein: «Wir werden uns immer an jede neue Situation anpassen», hat es geheissen. Während der Freizeit leistete sich Waldis nun öfter Bahnfahrten, wie zum Beispiel nach Chiasso. Immer mit dabei: Bücher über Astronomie und Aviatik. «Die Zugfahrten wurden dadurch nie langweilig, aber es galt ja auch immer, die Landschaften zu geniessen.» Über weitere Ausflüge ist in seinen Erinnerungen zu lesen: «Ein­ mal fuhr ich mit der Bahn auf die Furka und nahm mein Velo mit.

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­ päter konnte ich das ganze Reusstal hinunterradeln. Zu jener Zeit traf S ich oft auch meinen Vater am Schifflandesteg von Brunnen, vor allem dann, wenn er den Spätkurs nach Flüelen steuerte. Mehrmals durfte ich mit ihm im Steuerhaus mitfahren. Zu den besonderen Ereignissen gehörten die Föhnstürme, die ich bei diesen Fahrten erlebte und die ich nie vergessen werde, spritzte die Gischt doch bis ins Steuerhaus hinauf. Etliche Male konnten wir deswegen in Bauen nicht anlegen.» Obwohl ihm der Stationsdienst in Brunnen gefiel, wollte er wieder zurück nach Luzern. Tante Nina besorgte ihm an der Hirschmatt­strasse 33 ein Zimmer. Da sie nur wenige Hausnummern entfernt wohnte, konnte Alfred am Abend bei ihr essen. Im Gegenzug erledigte er für ihr kleines Lebensmittelgeschäft die Buchhaltung und die Abrechnungen sowie die Zusammenstellung der Rationierungsmarken.

Kreisdirektion II in Luzern Am 30. April 1942 bekam Alfred Waldis einen Brief von der SBB: «Wir teilen Ihnen mit, dass Sie mit Wirkung ab 1. Mai 1942 zum Verwaltungsgehilfen (20. Besoldungsklasse) ernannt worden sind, unter Erhöhung Ihrer Besoldung von 3580 auf 3860 Franken pro Jahr. Dienstort ist ­Luzern und zwar das Fahrplanbüro.» Zuerst kam der junge SBB-Verwaltungsgehilfe ins Büro für den Jahresfahrplan. Später fragte man ihn an, ob er bereit wäre, ausserhalb der Arbeitszeit eine Studie über den Fahrplan zu schreiben, was er – trotz des vollen Pensums – gerne tat. Zusammen mit seinem Cousin, Josef Eigensatz, bewältigte er die Aufgabe. Die beiden lernten viel dabei und gewannen zudem das Vertrauen des Vorgesetzten, Emil Meister. «Die Arbeit im Fahrplanbüro war anspruchsvoll, sowohl das Erstellen der Fahrpläne als auch das Zeichnen der grafischen Fahrpläne. 1943 wechselte ich ins Büro für Extrazüge und war dort für deren Fahrordnung – namentlich für die Militärtransporte – zuständig.» In einem Interview erzählte er über diese Transporte und dass er Tabellen habe erstellen müssen, um allen Wünschen gerecht zu werden. «Bei Mobilmachungsübungen wurden – neben unglaublich vielem Material – Kompanien, Bataillone und Regimente (die Männer wohnten im Hotel National in Luzern) transportiert. Zur Sicherheit

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brachte man damals nach der Lokomotive immer einen leeren Wagen, ein Gepäck- oder Postwagen an, um die Leute im ersten Personen­ wagen zu schützen.» In einem anderen Interview berichtete er, dass es in diesem ­Zusammenhang einmal derart viel Arbeit gegeben habe, dass er – zusammen mit Arbeitskollegen – drei Tage und zwei Nächte habe durcharbeiten müssen. Immerhin: Für die Verpflegung sei das Hotel Rebstock zuständig gewesen. Und er erzählte die Geschichte vom Transport des Regimentes 37 von Innertkirchen nach Faido über den Brünig nach Luzern: «Das war eine Übung! Der Dampfbetrieb über den Brünig verlangte, dass auf der Passhöhe die Lokomotive gekehrt wurde. Später in Luzern musste alles Material von der Brünigbahn (Schmalspurbahn) auf die SBB (Normalspur) umgeladen werden. Aber das ganze Regiment – samt Material – traf pünktlich in Faido ein. Bei Teilmobilmachungsübungen wurden immer wieder neue Fahrpläne erstellt.»

Ehrgeizig, tüchtig und nicht zu bremsen Waldis war im Element: ein Wissenshungriger! Ein an vielem Interes­ sierter! Einige sagen, er sei ein Streber gewesen. Er nahm an Kursen, Vorträgen und Abendveranstaltungen teil, zum Beispiel über Elektri­ zität, Körper und Seele, alte und neue Kunst, belegte eine Ein­führung in das Obligationenrecht, Sachrecht und Betriebsbuchhaltung. Am Konservatorium lernte er «Die Kunst, Musik zu hören», er büffelte Englisch und Italienisch und informierte sich bei Professor Lorenz Fischer über «Licht-Welt in Strahlen». Die Winterferien 1942/43 verbrachte er im Eisenbahnerheim von Brenscino und machte Bekanntschaft mit den zwei Bähnlern Ruedi Hänggi und Walter Hirt. Letzterer brachte ihm später das Skifahren bei. Mit ihm unternahm er über längere Zeit auch grössere Reisen. Immer aber ging es Waldis ums Lernen und Perfektionieren: Daher vertiefte er im Sommer 1943 an der Scuola Magistrale Cantonale in Locarno ­seine Italienischkenntnisse. Schliesslich begann er auch mit journalistischen Arbeiten: Versamm­lungsberichte am Anfang, später – vorwiegend für die damaligen

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Luzerner Neueste Nachrichten – Reportagen über die Eisenbahn, über Reisen in fremde Länder, denn – das schien bereits damals klar – das Unterwegssein, das Kennenlernen fremder Kulturen, würde für ihn immer ein Teil seines Lebens sein. Reisen setzte er jedoch immer mit Bildung und nicht mit Freizeitspass gleich. Er studierte jeweils Land und Leute, verbreitete seine Kenntnisse und Erfahrungen später schweizweit in ausgiebigen und allseits beliebten Vorträgen. Zu diesen gehören Themen wie «Griechenland», «Land der Mitternachtssonne», «Portugal», «Vom Nordkap zum Kap der Guten Hoffnung», «Von den Pyrenäen zu den Pyramiden», um nur einige zu nennen. Beruflich verlief seine Laufbahn bei der SBB abwechslungsreich und stets einen weiteren Schritt nach oben. Waldis arbeitete bei der Zugskontrolle, beim Güterdienst, im Vertrags- und Rechnungsbüro. Immer wieder meldete er sich bei seinen Vorgesetzten, schrieb Bewerbungen um eine Beförderung und war dabei erfolgreich: Er wurde Verwaltungsbeamter in der SUVA-Abteilung der SBB, dann zum Sekretär und später zum Bürochef befördert und erhielt mehr Lohn. 1945 fing er die Ausbildung zum Schulreferenten an. Er, der an allem, was die Technik betraf, interessiert war und alles las, was es an Publikationen über die Eisenbahn und den Verkehr gab, war damit am richtigen Ort. Nach dem Abschluss begann er nebenberuflich das, was ihn ein Leben lang begleiten sollte und was mit seinen Reisereporta­ gen und Vorträgen bereits seinen Anfang genommen hatte: «Ich gab Vorträge an Schulen über den Bahndienst und leitete fortan eisenbahntechnische Studienfahrten mit dem ‹Roten Pfeil› auf der Gotthardstrecke.» Als Schulreferent baute er den Schulreferentendienst der SBB auf. Einer, der bei solchen Studienfahrten im Führerstand dabei war, ist der heute 89-jährige Franz Peyer, jüngster Bruder von Lily Peyer, der künftigen Frau von Alfred Waldis. Der damals 13-jährige Junge erzählt im hohen Alter immer noch begeistert von diesen Reisen mit Alfred auf der Gotthardstrecke. «Er war unglaublich belesen, wusste Bescheid über die Entstehung der Transportwege von allen Anfängen an, kannte jede Brücke mit der dazugehörigen Geschichte, erzählte über die Meisterleistungen der Kehrtunnels und wie sie gebaut wurden, wusste aber auch haargenau Bescheid über die Steigungen von Erstfeld bis Göschenen.»

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1947 wechselte Alfred Waldis zum Rechtsdienst der SBB im Gotthardgebäude. Dank seiner Interessen an allem, was er anpackte, wurde er zum Kanzleivorstand befördert. Seine Arbeit umfasste Haftpflichtfälle, Personen- und Transportschäden, Verstösse gegen die Bahnpolizei sowie Abklärungen für den Abteilungschef. Als NichtJurist konnte er diese Arbeit bis zur Prozessführung begleiten. Er sei ein Einzelgänger gewesen. Mit seinem Wissensdurst und dem steten Drang, mehr zu leisten als alle anderen, sei er bei Kollegen angeeckt, sagt einer, der namenlos bleiben will.

Heirat und Familiengründung Tante Nina hatte in ihrem kleinen Lebensmittelgeschäft an der Hirschmattstrasse 41 soeben eine neue Mitarbeiterin eingestellt. Eine hübsche junge Frau, die 45 Jahre später – anlässlich des 70. Geburtstags von Alfred Waldis – geschrieben hat: «Damals, am 16. August 1944, stand ich voll Erwartung, als ungelernte Ladentochter im kleinen Lebensmittelgeschäft deiner Tante Nina, an der Hirschmattstrasse. Am Ende dieses ersten Tages, kurz vor Feierabend, öffnete sich nochmals die Ladentür. Du kamst herein, schautest mich verwundert an und bliebst wie angewurzelt stehen. Ich sah in ein junges, freundliches Gesicht mit braunen Augen und vollem schwarzen Haar. Ich vermutete einen Italiener und fragte Dich nach Deinen Wünschen. Dann erfuhr ich, dass Du jeweils am Abend zu deiner Tante Nina zum Nachtessen kommst und ihr auch die Buchhaltung besorgst. Bald zeigte sich, dass es Liebe auf den ersten Blick war. Mein Vorsatz, noch einige Jahre im Berufsleben tätig zu sein, fiel bald ins Wasser, denn nach anderthalb Jahren haben wir geheiratet.» Auch Alfred Waldis machte zu diesem wichtigen Tag in seinem Leben einen Eintrag in sein Tagebuch: «Mitte August lernte ich Lily kennen. Ich erinnere mich noch gut an die erste Begegnung. Wie gewohnt ging ich bei Tante Nina ins Geschäft, erblickte hinter dem Ladentisch eine hübsche Tochter, und es war um mich geschehen. ‹Fräulein Peyer von der Villa Rosengut›, erklärte mir Tante Nina. Fortan trafen wir uns öfters und ich begleitete Lily ab und zu an den Grünring 4, wo sie bei ihrer Mutter wohnte. Am

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19. November 1944 – es war Elisabethen-Tag – reisten wir mit den Ski erstmals zusammen auf die Rigi und befuhren die Kaltbadmatte. Im März 1945 sprach ich bei ihrer Mutter, Josy Peyer-Bühler, vor und bat ganz offiziell um die Hand von Lily. Am 9. September des gleichen ­Jahres verlobten wir uns, am 18. April 1946 fand die zivilrechtliche Trauung statt und am 23. April heirateten wir in der Pauluskirche in ­Luzern. Eine ansehnliche Gästeschar genoss anschliessend im Hotel St. Niklausen das Hochzeitsfest. Die Hochzeitsreise führte nach Zermatt. Mit dabei waren die Ski. Wir unternahmen täglich Aufstiege zum und Abfahrten vom Gornergrat. Zum Abschluss dieser Hochzeitsferien reisten wir über Genf wieder nach Luzern zurück.» Es war Tante Nina, die Alfred Waldis im Herbst 1945 anregte, am Brambergrain 6 ein Dreifamilienhaus zu kaufen. «Das Haus kostete ­lediglich 78 000 Franken und verfügte neben den drei Vierzimmerwohnungen noch über zwei Mansarden. Wir bezogen das neue Heim nach unserer Hochzeit. Anfänglich wohnte Tante Nina bei uns in der Wohnung, und zwar im vorgesehenen Kinderzimmer, meine beiden Brüder Seppi (1911–1953) und Hans (1913–1977) bezogen die Mansardenzimmer. Die beiden anderen Wohnungen waren vermietet. Bis später Tante Nina und Bruder Seppi in die unterste Wohnung wechselten. Freude bereitete uns der Garten. Dort gab es Kirschbäume, zusammen mit Spalier von Aprikosen-, Pfirsich-, Äpfel-, Birnen-, Zwetschgen- und Quitten-Bäumen. Wir genossen im Frühling jeweils die prächtige Blütenpracht und im Sommer und Herbst die erspriessliche, genüssliche Ernte.» Im Bramberg – gegenüber der ausgedehnten Anlage der Stadtgärtnerei – war es damals sehr ruhig. «In kurzer Zeit erreichte man die Stadt und der Arbeitsweg ins Büro im Gotthardgebäude dauerte lediglich 10 Minuten.» Alfred Waldis arbeitete nach wie vor im Rechtsdienst. Neben der Arbeit begann für ihn und seine Frau eine Zeit der Unbeschwertheit. Sie unternahmen ausgedehnte Wanderungen und ebenso anspruchsvolle Skitouren, manchmal über mehrere Tage. Auch das Stadtleben und das Kulturangebot von Luzern gehörte zu ihrem damaligen Leben: Sie pflegten Freundschaften, besuchten Konzerte und Ausstellungen und empfingen oft Besuch. In jener Zeit begegneten die beiden Xaver Feer,

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23. April 1946: Alfred Waldis und Lily Waldis-Peyer an ihrem Hochzeitstag

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Lily auf einer gemeinsam Skitour im Oberalpgebiet, fotografiert von Alfred Waldis

der Alfred Waldis animierte, dem kurz zuvor gegründeten Montana Club, der späteren Gesellschaft zur Waage, beizutreten, was er auch tat. Dieser Institution sollte er sein ganzes Leben lang treu bleiben. Bald schon organisierte und begleitete Waldis nebenberuflich auch Alpenflüge nach Sion. «Anfänglich unterstützte mich, was die Organisation betraf, Walter Rüetschi von der Swissair, später realisierte ich diese und die Flugbegleitung im Alleingang. Die ersten Flüge wur-

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den noch mit einer DC-2, später mit der DC-3 durchgeführt. Damit verhalf ich vielen Menschen zu herrlichen Alpenflügen und einer grossen Zahl von Teilnehmenden zur Lufttaufe, das heisst zum Erstflug.» Als Sohn Rolf am 5. Juli 1949 auf die Welt kam, veränderte sich das Leben von Lily und Alfred: «Der Familienzuwachs brachte Umstellungen und für mich völlig neue Verhältnisse», ist in den Notizen von Waldis zu lesen. Trotz der veränderten Umstände begleitete er immer öfter Studienfahrten mit dem «Roten Pfeil». Inzwischen besass er nicht nur ein grosses Wissen über bahntechnische Themen, sondern auch über das Streckennetz der SBB. Vermehrt schrieb er journalistische Beiträge, bearbeitete ein Reisehandbuch und leistete Mithilfe bei der Publikation Kleine Wirtschaftskunde. Wann immer es die Zeit erlaubte, brach er auf und ging auf Reisen, die er aus dem kleinen Entgelt von Reportagen und Vorträgen finanzierte. Er blieb in jeder Hinsicht ein begeisterter Bähnler, der sich absolut und nimmermüde mit der SBB identifizierte. Immer wieder betonte er, dass er stolz sei, für die SBB zu arbeiten: «Sie Einer der ersten von Alfred Waldis organisierten Alpenrundflüge nach Sion

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fordert Disziplin, Zuverlässigkeit und Genauigkeit.» Und: «Ich habe gelernt speditiv zu arbeiten, nicht danach zu fragen, wie lange eine ­Arbeit dauert. Und vor allem habe ich gelernt zu dienen, Erfordernisse, die mir im weiteren Leben sehr geholfen haben», erklärte er in einem späteren Interview und ergänzte: «Die Mitarbeitenden sagten ‹unsere SBB› und meinten das auch. Wir waren so etwas wie eine grosse Familie. Übrigens war das auch bei der Post und der Swissair so. Heute aber leben wir in einer ganz anderen Arbeitswelt.» Immer wenn Alfred Waldis über die SBB erzählte, spürte man seine grosse Dankbarkeit für alles, was er lernen durfte. In diesem Zusammenhang war und blieb er auch den ehemaligen Vorgesetzten zutiefst verbunden. In seinen Notizen ist zu lesen: «Mitarbeit auf verschiedensten Gebieten und Tätigkeiten fügten sich zu einem Gesamtbild zusammen und trugen dazu bei, dass ich mich in zahlreichen Bereichen bewähren konnte.» Trotzdem: Er, der sich immer als glücklichen SBB-Beamten bezeichnet hatte, bewarb sich am 5. Dezember 1951 beim Präsidenten des Verwaltungsrats der Vitznau-Rigi-Bahn, Hans Pfyffer von Altishofen (1866–1953), als Betriebsdirektor. In diesem Brief ist unter anderem zu lesen: «In meiner 15-jährigen Praxis im Aussen- wie Verwaltungsdienst der SBB erhielt ich einen guten Einblick in das Verkehrswesen im ­Allgemeinen und den Eisenbahnbetrieb im Besonderen. Dieser wurde durch die Tätigkeit als Schulreferent und vor allem als Leiter der eisenbahntechnischen Studienfahrten noch vertieft. An diesen Be­ sichtigungsfahrten, von denen ich über 100 durchführte und die jeweils mit technisch oder wirtschaftlich interessierten Gruppen von 70–100 Teilnehmenden durchgeführt wurden, galt es nicht nur Fachreferate vorzubereiten, sondern ich musste auch in der Lage sein, Auskunft über die verschiedensten Gebiete des Bahnwesens zu geben. Dadurch habe ich mir im Laufe der Jahre umfassende Kenntnisse in kommerzieller, technischer, wirtschaftlicher, touristischer und ge­schicht­licher Hinsicht angeeignet, die sich mit diesem Posten vorteilhaft auswerten liessen. Seit jeher habe ich mich neben technischen Themen besonders auch für den schweizerischen wie internationalen Tourismus interessiert. Meine vielen Reisen in ganz Europa gestatteten mir, den Kontakt mit ver­

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schiedensten Reiseagenturen aufzunehmen und später meine Erfah­ rungen praktisch auszuwerten. Als weiterer Vorteil bei der touristischen Werbung kommt noch in Betracht, dass ich ohne weiteres in der Lage bin, in deutscher, englischer, fran­zö­ sischer und italienischer Sprache «Es war seit jeher mein Wunsch, Berichte zu verfassen und Vor­ einem Betrieb vor­stehen zu träge zu halten. Zudem nehme können, und es wird auch hier ich sämtliche Fotografien (farbige mein Bestreben sein, das Beste Diapositive wie andere) selber zu leisten und dem Unternehauf, womit bei einer kombinier­ men jeder­zeit uneingeschränkt ten Propaganda Wort und Bild zur Verfügung zu stehen.» aufeinander abgestimmt sind und dadurch der Erfolg erhöht wird. Ich bin mir bewusst, dass ich für einen solchen Posten dem Alter nach an der unteren Grenze sein werde. Dafür kann ich Ihnen versichern, mich mit umso grösserer Freude und Initiative für das Unternehmen einzusetzen. Es war seit jeher mein Wunsch, einem Betrieb vorstehen zu können, und es wird auch hier mein Bestreben sein, das Beste zu leisten und dem Unternehmen jederzeit uneingeschränkt zur Verfügung zu stehen. Zudem wäre es für mich noch eine ganz besondere Genugtuung, in der Heimatgemeinde meines Vaters tätig sein zu dürfen.» Besser als dieses Schreiben zeigt kein anderes Dokument, was ­Alfred Waldis mit 32 Jahren zu bieten hatte. Die ganze Palette seiner Kenntnisse und Erfahrungen brachte er hier zu Papier. Dies allerdings vermochte den Herrn Pfyffer von Altishofen nicht zu beeindrucken. Waldis bekam neun Monate später eine Absage. Das Bewerbungsschreiben zeugt jedoch auch davon, dass Waldis durchaus gewillt war, die SBB zu verlassen, um nach Höherem zu streben. Es sollte noch eine Weile dauern. Die Balance zwischen Arbeit und Privatleben zu finden, zeigte sich bereits zu jener Zeit als eines von Waldis’ Lebensthemen. Nach der Geburt des zweiten Kinds, Silvia, am 22. November 1952, brachte eine Kinderpflegerin die nötige Unterstützung. Bei Lily meldeten sich im Zusammenhang mit Schlafproblemen gesundheitliche Störungen. Zur Erholung reiste sie nach Bad Wörishofen zur Kur. Dort kam sie – wie auch später mehrmals – wieder zu Kräften.

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Familienferien in Lungern 1955

Als der Efficiency Club 1954 mit einer gecharterten DC-6 eine Reise in die USA organisierte, begleitete Waldis die Gruppe als Hilfs­ reiseleiter. Während die Leute in New York Ausflüge unternahmen, besuchte er Verwandte von Lilys Seite und aktivierte alte Beziehungen. Für ihn war es die erste Reise in die «Ferien mit der Familie gehörVereinigten Staaten, die auf dem ten zum Schönsten, was ich in Rück­ flug über Mexiko, Kuba, die meinem Leben erlebte.» Bermudas und die Azoren zurück in die Schweiz führte. Es war auch für Waldis die erste «richtig grosse Reise», wie er selber feststellte. In seinem langen Leben sollten noch viele weitere folgten: Doch davon wusste er damals noch nichts. Auch die junge Familie in Luzern verlangte nach Ferien, und so reiste man in die Berge, wo sich Eltern und Kinder jeweils wohlfühlten. Alfred Waldis sagte in einem späteren Interview: «Ferien mit der Familie gehörten zum Schönsten, was ich in meinem Leben erlebte.»

Reise nach Bern verändert das Leben Am 14. Dezember 1956 reiste Alfred Waldis für eine Gelbfieber-Impfung nach Zürich. Diese brauchte er für seine im Februar 1957 geplante Afrikareise zum Thema «Auf den Spuren von Walter Mittelholzer»,

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dem Schweizer Flug- und Luftfahrtpionier. In Zürich begegnete er Hamlet Schiavini, einem Luzerner, der ihn zum Abendessen einladen wollte. Waldis lehnte mit der Begründung ab, dass er am folgenden Morgen mit dem Frühzug nach Bern reisen müsse und daher gerne zeitig zu Hause sei. Schiavini erklärte, dass er mit demselben Zug nach Bern fahre. «Ich schlug ihm vor, sich im Erstklasswagen am Schluss des Zuges zu treffen, weil ich – aus meiner Erfahrung vom Rechtsdienst her – den hinteren Zugteil bevorzugte. Schiavini beharrte aber, im vordersten Erstklasswagen zu reisen, da er dies gewohnt sei. Ich erklärte mich einverstanden.» Waldis war zu jener Zeit Sekretär des Oltener Verbands, einer beruflichen Organisation von SBB-Chefbeamten, und musste zu einer Vorstandssitzung nach Bern. Eigentlich hätte die Sitzung schon früher stattfinden sollen, wurde aber auf eben diesen 15. Dezember verschoben. «Nun, am anderen Morgen verpasst Schiavini den Zug. Ich war im vordersten Erstklasswagen und traf dort Paul Kopp, meinen ehemaligen Lehrer und damaligen Stadtpräsidenten von Luzern. Dieser war allein und lud mich ein, neben ihn zu sitzen. Während der Fahrt kamen wir ins Gespräch. Er erkundigte sich nach meinem Grund der Reise. Kurz vor Bern sagte Paul Kopp, er müsse an einer Sitzung für das geplante Verkehrshaus teilnehmen, diese hätte bereits im November stattfinden sollen und sei nun auf den 15. Dezember verschoben worden. Man möchte jetzt vorwärts machen und suche einen Leiter, weil man das Projekt verwirklichen wolle. Ich war über das Vorhaben nicht orientiert und liess es mir von Paul Kopp erklären. Beim Aussteigen sagte ich beiläufig, dass mich diese Aufgabe eigentlich interessiere. Am Abend fuhren wir zufällig wieder mit demselben Zug nach Luzern zurück. Da eröffnete mir Paul Kopp folgendes: Er habe mein Interesse an der Sitzung des Leitenden Ausschusses vorgebracht und der Präsident, Dr. Raphael Cottier, sei sofort einverstanden gewesen. Auch sei er vom Generalsekretär der SBB, Dr. Max Strauss, unterstützt worden, der gesagt habe, dass er mich von Studienfahrten und Fach­ reportagen her kenne: ich sei schon der richtige Mann. Die SBB würden mich ab Januar 1957 beurlauben und ich könne gleich mit der Tätigkeit für das Verkehrshaus beginnen. Der Lohn werde vorläufig von der SBB

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bezahlt, ebenso könne ich mein Büro für diesen Zweck behalten. So einfach war das. Dass es aber so weit kam, bedurfte das Zusammentreffen mehrerer Zufälle wie der von langer Hand geplante Mittelholzerflug und die dafür notwendige Impfung am Vortag, die Vereinbarung der Wagen­ benützung mit Schiavini im vordersten Erstklasswagen, sein Verpassen des Zuges, die Verschiebung der Sitzung von Paul Kopp, betreffend Verkehrshaus sowie auch die Verschiebung des Oltener Verbandes auf dieses Datum. Hätte nur eine dieser Begebenheiten nicht stattgefunden, wäre ich nie zum Verkehrshaus gekommen und mein Lebensweg hätte wohl einen anderen Verlauf genommen.» Das alles klingt fast wie ein Märchen. Alfred Waldis musste keine Bewerbungsunterlagen einreichen. Es gab keine persönliche Vorstellung. Es brauchte kein Gesundheitsattest und auch keine Referenzen: Alfred Waldis, dieser Name war bereits bekannt! Waldis verfügte über einen einwandfreien Ruf, galt als initiativ, facherfahren, kreativ, und obendrauf war er bereits damals ein genialer Netzwerker und Kommunikator, sozusagen ein Profi, der sich in mehreren Sprachen mündlich und schriftlich bestens ausdrücken konnte. Waldis selbst war überrascht. Am Abend kam er mit einem absolut neuen Lebensplan nach Hause. Er hatte keinerlei Fachwissen über Museen, verfügte weder über einen Managementabschluss noch war er Akademiker, sondern ein Selfmademan, einer, der sich durch unermüdlichen Einsatz nach oben gearbeitet hatte. Doch genau das hatte das Gremium überzeugt: Dank seiner gewinnenden Persönlichkeit, dank seines bisherigen umfassenden Wirkens in verschiedensten Sparten des Verkehrswesens setzte man auf ihn.

Vom Eisenbahnmuseum zum Verkehrshaus der Schweiz Mit der zunehmenden Bedeutung der Eisenbahn als Transportmittel wuchs in der Schweiz das Bedürfnis, die Entwicklung des Schienenverkehrs darzustellen. So regte bereits 1883, im Anschluss an die erste Landesausstellung in Zürich, der Technische Inspektor des damaligen Eisenbahndepartements, Ernest Dapples, die Gründung eines Eisen-

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bahnmuseums an. Dieser Gedanke wurde 1897, aus Anlass des 50-jährigen Bestehens der Schweizer Bahnen, von Dr. ing. Friedrich Wrubel, einem Mitarbeiter von Adolf Guyer-Zeller, Initiant und Direktor der Jungfraubahn, erneut in die Öffentlichkeit getragen. Doch erst die Landesausstellung von 1914 in Bern bot die Gelegenheit, einige Fahrzeuge aus der Frühgeschichte der Eisenbahn zu zeigen. Ein Jahr später griff der Obermaschineningenieur der 1902 gegründeten SBB, Alfred Keller, die Idee eines Eisenbahnmuseums auf, und kurz danach stellte die Generaldirektion der SBB in den Räumen der Güterverwaltung im Güterbahnhof Zürich einige Lokale zur Verfügung. Hier bauten die SBB eine bescheidene Sammlung von Modellen und Archivalien aus der Eisenbahngeschichte auf. Diese Lokale wurden zur Heimstätte des 1918 eröffneten Eisenbahnmuseums. Eine gros­se Zahl weiterer interessanter Objekte konnte hingegen aus Platzgründen nicht ausgestellt werden. Diese wurden an verschiedenen Orten in der Schweiz eingelagert. Im Zusammenhang mit den Vorbereitungen für die Landesausstellung 1939, die «Landi», in Zürich, regte Dr. Raphael Cottier, Direktor des Kreises III der SBB, 1937 die Errichtung eines eigentlichen Verkehrsmuseums an, in dem neben der Eisenbahn auch die übrigen Transportmittel ausgestellt werden sollten. 1939 schliesslich richtete die Kreisdirektion III der SBB einen Brief an den Bundesrat. In diesem wird erstmals auf Ingenieur Eugène Fontanellaz hingewiesen, der von den SBB mit der Erstellung der Pläne für die Rekonstruktion der ersten Dampflok, der Spanisch-Brötli-Bahn, beauftragt worden war, selbst eine wertvolle Sammlung von Eisenbahnobjekten besass und für eine spätere Leitung eines Verkehrshauses der Schweiz sehr geeignet schien. Fontanellaz, ehemals im Lokomotivbau und -export tätig, war zu diesem Zeitpunkt infolge der Weltwirtschaftskrise beim Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit in Bern tätig. Dank der Unterstützung der Eidgenössischen Zentralstelle für Arbeitsbeschaffung konnte er die für ein künftiges Verkehrsmuseum notwendigen wissenschaft­ lichen und konzeptuellen Grundlagen erarbeiten. Für eine schnelle Konkretisierung fehlten jedoch die Voraussetzungen, obwohl von den verschiedenen Organen der Landesausstellung die Errichtung eines Verkehrsmuseums begrüsst wurde.

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1940 wurden ein Initiativkomitee und eine Studienkommission gebildet, der die massgebenden Verkehrsträger angehörten. Der als Geschäftsführer eingesetzte Fontanellaz besorgte neben der Sicherung und dem Erwerb interessanter Museumsobjekte die laufenden Geschäfte. Zudem formulierte er Inhalt und Aussehen eines künftigen Verkehrsmuseums mit einer eigenen Baute für jeden Verkehrsträger (Pavillonsystem), verbunden mit gedeckten Korridoren und einem zentralen Eingang. Eine Liliput-Modelleisenbahn im Freien «zu Belehrungszwecken und mit elektrisch beheizten Dampflokomotiven …» sowie eine didaktische Eisenbahnmodellanlage im Inneren sollten das Angebot abrunden. Fontanellaz’ Vision wurde von Architekt Ernst Bangerter aus Bern in Zeichnungen umgesetzt. Aufgrund der säuberlich abgelegten Abschriften von Besuchsberichten (datiert 1942) muss davon ausgegangen werden, dass Fontanellaz von zwei Museen Kenntnis hatte, die auch das spätere Verkehrshaus beeinflussten: das Science & Industry Museum New York und das Kindermuseum im Londoner Science ­Museum in South Kensington. Am 26. Februar 1942 wurde in Zürich der Verein Verkehrshaus der Schweiz gegründet und der SBB-Direktor Raphael Cottier als Präsident gewählt. Während mehrerer Jahre versuchte man, das Museum in Zürich zu verwirklichen und suchte nach geeigneten Standorten. Aus ver­ schie­denen Gründen – wobei auch der Widerstand des damaligen Zürcher Stadtrats Edgar Woog das Seinige dazu beitrug – blieben ent­ sprechende Bemühungen in der Stadt Zürich, in Wollishofen und in Kloten erfolglos. 1946 vernahm der Luzerner Stadtpräsident, Dr. Max Wey, bei ­einer Vorstandssitzung der Schweizerischen Verkehrszentrale – deren Präsident der Luzerner Armin Meili, seinerzeitiger Direktor der «Landi», war – von den erfolglosen Bemühungen. Max Wey erkannte die Chance für Luzern. Am 16. Mai 1946 gelangte der Stadtrat von Luzern, auf Anregung von Verkehrsdirektor Dr. Eduard Schütz und Max Wey, an die Generaldirektion der SBB, mit dem Vorschlag, den Sitz des Vereins nach Luzern zu verlegen und dort auch das Verkehrshaus zu ­errichten.

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1950 gab der Stadtrat von Luzern seine Bereitschaft bekannt, das erforderliche Land zur Verfügung zu stellen. Im selben Jahr nahm der Verein das Angebot an und entschied sich von den verschiedenen verfügbaren Grundstücken – sowohl auf dem linken wie rechten Seeufer, im Schönbühl und Brüelmoos – für das etwa 20 000 Quadratmeter gros­se Areal im Brüelmoos. 1954 kam der Baurechtsvertrag zwischen der Einwohnergemeinde Luzern und dem Verein Verkehrshaus der Schweiz zustande, nachdem ein Jahr zuvor Paul Kopp die Nachfolge von Max Wey als Stadtpräsident angetreten hatte. Am 2. Juni 1954 und 17. Oktober 1955 genehmigte der grosse Stadtrat von Luzern die Baurechtsverträge, an deren Zustandekommen der Stadtpräsident und spätere Präsident des Verkehrshauses, Paul Kopp, sich bleibende Verdienste erworben hatte. Aber noch war die Finanzierung nicht geregelt. Schliesslich jedoch trugen die folgenden Entscheidungen zur Verwirklichung des Projekts bei: Der Verwaltungsrat der SBB beschloss, die 1952 aus Anlass des Jubiläums «50 Jahre SBB» geschaffene Rücklage für den Bau der Eisenbahnhallen im Verkehrshaus von 300 000 Franken auf eine Million Franken zu erhöhen. Der Betrag wurde für die geplanten Hallen Schienenverkehr reserviert. Und die PTT liessen 1954 die beiden für die Schweizerische Fremdenverkehrs- und Internationale Kochkunst-Ausstellung (HOSPES) in Bern vorgesehenen Hallen in Stahl konstruieren, sodass diese danach in Luzern wiederverwendet werden konnten. Bereits im Lauf des Jahrs 1956 wurde mit dem aufwendigen Her­ richten des Terrains begonnen. 1957 wurde mit dem Aufrichten der Hallen begonnen. Als 1958 auch seitens des Strassenverkehrs Mittel zugesichert wurden und die Eidgenossenschaft den Beitrag von einer Millionen Franken à fonds perdu und von 0,4 Millionen Franken als verzinsliches Darlehen gewährte, konnten die übrigen Gebäude gebaut werden.

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Eine Biografie über den visionären Autodidakten, Museumspionier, Familienmenschen, beispiellosen Netzwerker und genialen Kommuni­ kator: eine Schweizer Erfolgsgeschichte! «Egal wie mancher Direktor noch kommt: Alfred Waldis wird immer ‹Mr. Verkehrshaus› sein und bleiben.» LNN «Ohne Alfred Waldis hätten weder Luzern noch die Schweiz einen repräsentativen, einprägsamen Aushang über Verkehrsgeschichte und -entwicklung.» Adolf Ogi, alt Bundesrat, im September 1989 «Als Mitinitiant des Nationalen Gotthardmuseums (1982–1986) war und wurde Alfred Waldis auch einer der besten Gotthard-Spezialisten. In der Sicht auf die grossen Zusammenhänge, die er historisch, technisch, menschlich, als einmaliger Erzähler verstand, bleibt er mutmasslich unersetzlich.» Pirmin Meier «Der Pionier, dem wir das Verkehrshaus der Schweiz zu verdanken haben, dürfte sicherlich auch die jüngere Generation interessieren und begeistern, die zwar das Verkehrshaus kennt, jedoch nicht die Persön­ lichkeit von Alfred Waldis. Für mich ist das vorliegende Buch eine Wiederbegegnung mit einem unvergesslichen Freund, Mentor, Visionär und Macher.» Claude Nicollier

Alles was rollt, schwimmt und fliegt

Trudi von Fellenberg-Bitzi, geboren und aufgewachsen in Zug, ist Journalistin und Autorin. Sie war verant­ wortliche Redakteurin der Bordzeitschrift Crosstalk, Ressortleiterin Reportagen beim Frauenmagazin Annabelle und Chefredakteurin der SAirGroup-Konzern­ zeitung SAirGroup News. Sie hat verschiedene Biografien sowie Lyrik und Prosa publiziert und ist Trägerin von Förderpreisen des Kantons Zug und – für ihre Kinderstunden im Schweizer Radio DRS (heute SRF) – der früheren SRG Zentral­ schweiz (IRG). Seit 2018 ist sie Vizepräsidentin des Innerschweizer Schriftstellerinnen- und Schriftsteller­ vereins ISSV.

Als das Verkehrshaus der Schweiz 1959 eröffnet wurde, bezweifelten viele, dass es erfolgreich sein würde. Der erste Direktor Alfred Waldis (1919–2013) wollte partout einen mu­sealen Charakter vermeiden und realisierte ein interaktives Haus. Es wurde bereits im ersten Betriebsjahr zum meistbesuchten «Museum» der Schweiz. Waldis erweiterte «sein Verkehrshaus» schon kurze Zeit nach der Eröffnung. So entstand 1968 etwa das erste Planetarium der Schweiz, und vier Jahre später, 1972, eröffnete die Halle Luft- und Raumfahrt.

Alfred Waldis (1919–2013) war durch und durch Luzerner, fühlte sich auf der ganzen Welt zu Hause und ging bei der NASA ein und aus. Zufall nannte er es, dass man ihn, den SBB-Beamten, zum ersten Direktor des Verkehrshauses der Schweiz in Luzern gewählt hatte. Kontakte pflegen, vernetzen, Geld beschaffen: Alfred Waldis wurde schnell zu einer Museumspersönlichkeit, die international anerkannt und mit Auszeichnungen im In- und Ausland geehrt wurde.

Alles was rollt, schwimmt und fliegt

Diese Biografie erzählt nicht nur die Lebensgeschich­ te von Alfred Waldis, sondern ist auch ein faszinie­ rendes Stück Schweizer Verkehrsgeschichte.

Der Visionär Alfred Waldis und das Verkehrshaus der Schweiz

Trudi von Fellenberg-Bitzi

© Ursula Markus

Trudi von Fellenberg-Bitzi

ISBN 978-3-907291-65-8

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