3 minute read
ZIELGRUPPEN
Werte und Orientierung der Post-Corona-Gesellschaft
Wer sich rechtzeitig vorbereitet, ist auf der sicheren Seite
Advertisement
Die Zeit der Isolation, die Mitte März begann, hat zu einer physischen Abgrenzung („Social Distancing“) und zeitgleich zu einer Welle des Wir-Gefühls geführt. Der Tourismus kann hier als neue Begegnungszone eine verbindende Rolle einnehmen. Eine Betrachtung von Tourismusberater Marco Riederer.
Ein Ereignis, das gleichsam über Nacht radikal die gesamte Normalität verändert, wird mit Sicherheit auch die touristischen Angebote in der Hotellerie nachhaltig beeinflussen und mitunter sogar neu definieren. Das kollektive Trauma, das unter anderem soziale Verzichte, eine materielle Detox-Phase und eine verstärkte Solidarität zu den Mitmenschen mit sich bringt, wird einen noch nie da gewesenen Paradigmenwechsel einleiten.
Insbesondere müssen potenzielle Gäste in Zukunft noch gezielter im Marketing angesprochen werden. Eine neue Sicht auf Globalisierung sowie auf Zusammenhalt, Verantwortung, Gemeinschaft und Familie werden in Zukunft die touristischen Werbeaussagen prägen.
Als erste Reaktion in Krisenzeiten neigt man leicht dazu, alle Marketinginvestitionen zurückzuschrauben. Dies kann zwar kurzfristig Einsparungen bringen, wirkt sich langfristig aber negativ aus. Um im sich verändernden Markt auch künftig relevant zu bleiben, müssen alle Kanäle überprüft und optimiert werden.
Eine weitere Lehre aus der Corona-Krise: Künftig werden Mitarbeiter nicht für jedes Meeting ins Flugzeug steigen, sondern sich öfter über Video besprechen. Andererseits werden wir kaum unsere künftigen Privatreisen drosseln. Wir werden tendenziell zwar noch häufiger unterwegs sein, dafür aber oftmals wieder langsamer.
Die Frage ist, wie stark die jeweiligen Themen einzelne Zielgruppen beschäftigen. Auch wenn wir mit den Corona-Auswirkungen noch Monate hindurch konfrontiert sein werden, wird sich das Grundgerüst an Werten, Lebenseinstellungen etc. nicht verändern, sondern es werden sich bereits vorhandene Ausprägungen eher noch verstärken.
Personen, die schon bisher auf Nachhaltigkeit, Reduktion & Authentizität gesetzt haben, werden das noch mehr tun. Sie werden bei ihren Angeboten echten Klimaschutz, authentische Erlebnisse sowie soziale Gerechtigkeit gegenüber ihren Mitarbeitern in den Vordergrund rücken.
Zielgruppen, deren Werte sich rund um Individualismus, Freiheit und Multi-Optionalität drehen, werden im Urlaub verstärkt auf Erlebnisse (teils auch über Ländergrenzen hinaus) setzen und dabei intensiven Kontakt zu Menschen unterschiedlichster Kul
Für die Hotellerie stellt sich zudem die Frage, wie ein Betrieb nach dem Lockdown aus epidemiologischer Sicht bestmöglich zu organisieren ist:
• Wo und wie können Kontakte reduziert und das Zusammenströmen größerer Menschenmengen verhindert werden? • Welche Schutzmaßnahmen für Mitarbeiter und
Gäste können ergriffen werden? • Welche Materialien müssen beschafft, welche
Leistungen zugekauft oder welche innerbetrieblichen Schulungen durchgeführt werden?
Die größte Herausforderung im Hinblick auf die unsichere Sommersaison ist es, die richtige Strategie zu finden und anzuwenden, um bei wieder einsetzender Nachfrage das Optimum an Umsatz und Auslastung zu generieren.
turkreise suchen, um die Zeit der Isolation „wettzumachen“.
Andere wiederum, die auch bisher einem traditionellen Wertekanon gefolgt sind, werden durch die Isolation und die damit einhergehenden (Existenz-) Ängste mehr Zeit mit der Familie verbringen wollen und ein regionales und lokales Angebot präferieren. Wer für anspruchsvolle Zielgruppen attraktive Angebote machen will, muss sich in Zukunft vermehrt mit Slow-Travel Konzepten auseinandersetzen. Längst fordern und fördern lokale Initiativen einen qualitätsvolleren Umgang mit den touristischen Ressourcen.
Diese neue Grundhaltung wird mit Sicherheit stärker werden. Das Reiseleben „nach Corona“ wird neuen Prinzipien folgen:
• Tempo drosseln • vereinfachen • weniger und bewusster ausgeben • Fuß fassen • sich einfügen • auf Fremde und Locals vertrauen • Dankbarkeit zeigen • das Gewöhnliche wertschätzen Eine Verlagerung des Fokus von den täglichen Marketingaktivitäten hin zur gründlichen Vorbereitung ist entscheidend. Damit stellen Sie sicher, dass Ihr Betrieb zu Beginn des touristischen „ReStarts“ hohe Qualität bieten und dem Mitbewerb einen Schritt voraus sein kann.
Laufende Szenarien-Analyse als Hilfsmittel
Die ständig variierenden Rahmenbedingungen lassen die Entwicklungspotentiale von Ankünften, Nächtigungen und Auslastung und deren Einfluss auf Umsatz, Kosten und Liquidität nur schwer abschätzen. Ziel muss es sein, die betriebswirtschaftliche Planbarkeit bestmöglich zu gewährleisten. Dafür müssen die wirtschaftlichen Auswirkungen verschiedener Szenarien simuliert werden.
Entscheidend ist das Bewusstsein, dass diese Situation irgendwann enden wird. Die laufende Anpassung und Einstellung auf verschiedene Szenarien hilft dabei ungemein, die Zeit nach der Krise vorausplanen und die Kernprozesse rund um Marketing, Vertrieb, Controlling, Mitarbeitereinsatzplanung und Qualitätsstandards bestmöglich steuern zu können.
DER AUTOR: Marco Riederer, MA, Leiter Revenue Management & e-Commerce bei Prodinger Tourismusberatung