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INSIDER-TALK
Wir werden gemeinsam mit der Hotellerie kämpfen!
Michaela Reitterer im Gespräch mit Peter Bosek, Vorstandsvorsitzender der Erste Bank, über die aktuelle Finanzierungslage der Hotellerie in der Corona-Krise, was die beiden Branchen verbindet und Hürden bei Krediten und Förderungen.
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Michaela Reitterer: Als wir zu Beginn der CoronaKrise eine Tourismus-Milliarde forderten, haben wir von manchen Seiten ungläubige Blicke geerntet, mit der Nachfrage, ob denn das nicht etwas over the top sei. Mittlerweile halten wir bei einem 38 MilliardenHilfspaket für die Wirtschaft, Kurzarbeitstöpfe, die regelmäßig weiter aufgestockt werden und einem Versprechen des Bundeskanzlers, die Wirtschaft zu retten „koste es, was es wolle“. Auf den ersten Blick hat man da schon einiges auf den Tisch gepackt. Leider scheint es so, dass die versprochene „schnelle und unbürokratische“ Abwicklung an der Realität
scheitert, auch bei den Banken. Wo sehen Sie da das sprichwörtliche Nadelöhr, durch das das Kamel einfach nicht durchzupassen scheint bzw. was hätten Sie sich von der Regierung gewünscht, damit die Abwicklung glatter ablaufen kann?
Peter Bosek: Um den 10. März 2020 begann die Regierung schrittweise, die harten Maßnahmen gegen das Virus einzuleiten und am 14. März 2020 präsentierte die Regierung die ersten wirtschaftlichen Hilfsmaßnahmen für Unternehmen. Jetzt haben wir Mitte April – es ist also insgesamt nur sehr wenig Zeit vergangen, um ein 38 Milliarden-Hilfspaket für die Wirtschaft zu schnüren und das auch mit entsprechenden Maßnahmen zu hinterlegen. Natürlich hat nicht alles reibungslos funktioniert, denn die Institutionen, die Verwaltung, die Wirtschaftskammer, das Arbeitsmarktservice und auch die Banken waren auf einen solchen Fall überhaupt nicht vorbereitet und trotzdem ist es gelungen, die ersten Maßnahmen schnell und unbürokratisch auf den Weg zu bringen. An der einen oder anderen Stelle hakt es noch und hier gilt es in den nächsten Tagen und Wochen nachzujustieren und das für die Unternehmen zu optimieren, aber insgesamt wurde hier schon ein guter Job gemacht. Man darf bitte nicht vergessen: Wir sind in einer Situation, die keiner von uns je erlebt hat. Die Wirtschaft ist weltweit paralysiert.
Michaela Reitterer: Kaum ein anderer Wirtschaftszweig ist so hart von der Krise getroffen worden wie der Tourismus und wird dabei auch so lange mit den Folgen zu kämpfen haben. Gleichzeitig sind Hotels stark in den Regionen vernetzt und so wirtschaftliche Motoren für vor- und nachgelagerte Branchen, also quasi vom Elektriker über den Bäcker bis zum Wanderguide in den Bergen. Als Vorstandsvorsitzender
der Erste Bank haben Sie da sicherlich viel Einblick in diese Bereiche – wie schätzen Sie die aktuelle Lage dort ein?
Peter Bosek: Den Tourismus und auch die vor- und nachgelagerten Branchen hat es bereits hart getroffen und die Branche wird auch in den nächsten Monaten, wenn nicht sogar Jahren, hart zu kämpfen haben. Das lässt sich einfach nicht schönreden. Konnten die Lebensmittelhändler den Ausfall im Tourismus mit einer verstärkten direkten Nachfrage etwas dämpfen, so lässt sich heute nicht absehen, wie es zum Beispiel mit den Grenzöffnungen weitergehen wird. Es kommt nun wirklich darauf an, wann wir eine Impfung oder ein Medikament haben werden, mit dem wir Corona in den Griff bekommen. Erste Silberstreifen am Horizont gibt es bereits, etwa Medikamente, die in den ersten Tests Hoffnung geben.
Michaela Reitterer: Schon allein aufgrund der Investitionsintensivität der Hotellerie gibt es wenige Branchen, die enger mit Banken verwoben sind als wir. D.h. prinzipiell wären wir ja schon ein starker Block, wenn wir uns für Veränderung, die allen Beteiligten was nutzt, gemeinsam stark machen. Wo haben wir da gemeinsamen Veränderungsbedarf?
Peter Bosek: Wir sind gemeinsam ein starker Block und ich bin davon überzeugt, dass wir es gemeinsam schaffen werden, die Krise zu bewältigen. Jetzt gilt es im ersten Schritt jene Hilfen auszuschöpfen, die die Bundesregierung zur Verfügung stellt, und sollte das nicht reichen, werden wir gemeinsam mit der Hotellerie kämpfen. Aber ich bin davon überzeugt, dass wir in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten Lösungen finden werden, die den in Österreich sehr wichtigen Tourismus retten werden.
Michaela Reitterer: Weil wir vorher ja auch schon Kredite angesprochen haben: Bei uns melden sich immer wieder Betreiber von Hotels, die sich beschweren, dass sie trotz guter Bonität keinen Kredit bekommen, weil sie keine Immobilie als Sicherheit bieten können. Wie maßgeblich sind neben der Bonität sowie staatlichen Garantien von 80 % und darüber trotzdem noch die Sicherheiten, die ein Hotel bieten kann, und sind Betreiber hier grundsätzlich benachteiligt?
Peter Bosek: Wir als Erste Bank sind bemüht, unseren Kunden mit guter Bonität möglichst schnell und unbürokratisch zu helfen. Unsere Mitarbeiter arbeiten hier in den letzten Wochen wirklich am Limit und führen täglich tausend Gespräche. Aber gerne sehen wir uns kritische Fälle noch einmal an. Grundsätz
© Erste Bank / Sebastian Reich
lich muss aber klar sein, dass es eine Prüfung der jeweiligen Anträge braucht, denn es handelt sich hier um Steuergeld und wir sind jetzt nicht nur die Treuhänder unserer Kunden und Aktionäre, sondern auch der Republik.
Michaela Reitterer: Die Laufzeiten für die Fördermodelle, die Tourismusbetriebe über Hausbank und ÖHT ansprechen können, liegen zwischen 3 und 5 Jahren. Reichen diese Laufzeiten angesichts der wirtschaftlichen Szenarien für die nächsten Jahre? Wir hören immer wieder, dass das problematisch sein könnte.
Peter Bosek: Die Fördermodelle wurden in einem ersten Schritt auf diese Zeiträume ausgelegt. Nun bleibt abzuwarten, wie sich die Lage entwickelt. Ich bin davon überzeugt, wenn das nicht ausreicht, dann wird es auch in den nächsten Monaten und Jahren Anpassungen bei diesen Modellen geben. Die Bundesregierung hat schon in den letzten Wochen ein hohes Maß an Flexibilität bewiesen und zum Beispiel beim Härtefallfonds sehr schnell nachjustiert, als klar wurde, dass große Gruppen davon nicht erfasst sind. Viele der Modelle, die in den letzten Wochen verabschiedet wurden, konnten nicht lange vorbereitet werden, sondern mussten in einer unglaublichen Geschwindigkeit umgesetzt werden. Jetzt wird es sicher noch zu einigen Optimierungen kommen.