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Nibelungen-Festspiele S
Hildensaga, Court of Worms
„hildensaga. ein königinnendrama“
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Die Nibelungen-Festspiele wurden 2002 mit der Vision eröffnet, eines der bedeutendsten Werke mittelalterlicher Epik einem breiteren Publikum wieder ins Bewusstsein zu rufen und damit auch den Originalschauplatz der Nibelungensage bekannter zu machen: die Stadt Worms – einst wichtiges Zentrum für geistiges, kulturelles und politisches Wirken in Europa. Auf den Stufen vor dem imposanten Wormser Kaiserdom, auf denen einst Kriemhild und Brünhild ihren legendären Königinnenstreit ausgetragen haben sollen, stehen jährlich die bekanntesten Schauspieler aus Theater, Film und Fernsehen und zeigen die Vielfalt, die der Nibelungenstoff in sich trägt.
2022 wird in Worms eine Uraufführung bei den Nibelungen-Festspielen unter der Intendanz von Nico Hofmann zu sehen sein. Ferdinand Schmalz, Nestroypreisträger und Shootingstar der österreichischen Dramatik, erzählt die Geschichte für die kommenden Nibelungen-Festspiele aus einer neuen Perspektive: Aus der Sicht der Frauen. In seinem Stück „hildensaga. ein königinnendrama“ stehen die Frauen, vor allem Brünhild und Kriemhild, im Zentrum, sie sind die treibende Kraft der Geschichte. Regie führt Roger Vontobel, dessen Inszenierung „Siegfrieds Erben“ und deren technische Effekte, wie das D-Mapping mit den projizierten Gesichtern an den Dommauern, 2018 viele Besucher überzeugte. Gemeinsam mit dem Bühnenbildner Palle Steen Christensen verwandelt er die Bühne vor dem Dom in eine riesige Wasserlandschaft, die ein spektakuläres und überraschendes Spiel ermöglicht.
Ferdinand Schmalz spinnt in „hildensaga“ gemeinsam mit den Nornen, den aus der Ursage der Edda stammenden Schicksalsfrauen, die Fäden der Geschichte neu. Und so sind es vor allem Brünhild und Kriemhild, die das Heft des Handelns in die Hand nehmen und dem Treiben der Männer Einhalt gebieten. Die aufbegehren gegen Raub und Betrug, Verrat und Vergewaltigung. Zwei Frauen, die sich weigern, Opfer einer außer Rand und Band geratenen Männerwelt zu sein und die sich auf das besinnen, was sie sind: Zwei Königinnen.
Dass Brünhild und Kriemhild sich verbünden, statt sich gegeneinander ausspielen zu lassen, verändert nicht nur die Beziehung der beiden Frauen, sondern auch den Ausgang der bekannten Nibelungengeschichte. Schmalz zeigt dabei exemplarisch, was alles möglich ist, wenn wir unser Schicksal selbst in die Hand nehmen – aber auch, dass es keinen dauerhaften Frieden geben kann, solange es uns nicht gelingt, die Kriegslogik von Gewalt und Gegengewalt zu durchbrechen. Seine „hildensaga“ wird so nicht nur zu einer modernen Nibelungenüberschreibung, sondern auch zu einem hochaktuellen Gegenwartskommentar.
Neben der Hauptinszenierung haben die Nibelungen-Festspiele auch in diesem Jahr schöne Highlights in den Nebenreihen zu bieten. Von den Theaterbegegnungen mit dem Festspielautor Ferdinand Schmalz und der Schriftstellerin Felicitas Hoppe, über die Uraufführung des Siegerbeitrages vom Autorenwettbewerb bis hin zu einem Konzert mit der Schauspielerin und Sängerin Jasmin Tabatabai gibt es ein ambitioniertes Angebot. Familien können sich wieder auf das Kinderfest freuen.
Die Nibelungen-Festspiele finden vom 15. Juli bis 31. Juli 2022 auf der Nordseite des Wormser Doms statt.
Alle Infos und Tickets unter: www.nibelungenfestspiele.de.
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Geschichten aus 100 Worten, was für eine wunderbare Idee! Bärbel Maiberger erzählt in ihrem aktuellen Buch 55 kleine kompakte Geschichten aus dem Leben. Mit den Augen der jungen Frau
Der junge Mann am Check-in-Schalter schaute auf. „Pass und Flugticket bitte.“ Er lächelte freundlich; sie starrte ihn an. Diese Augen … Nur einmal hatte sie so betörend schöne braune Augen gesehen – vor ungefähr vierzig Jahren. Eine leidenschaftliche Affäre war die Folge. Konnte das sein? Konnte das sein Sohn, vielleicht sogar sein Enkel sein? Kurz irritiert, dann amüsiert schauend, wiederholte er freundlich seine Aufforderung. „Ja, natürlich, Entschuldigung“, stotternd reichte sie ihm die Dokumente. Von Erinnerung überwältigt, die ungewohnt starken Gefühle genießend, sah sie unterwegs zum Gate die Männer mit den Augen der jungen Frau von einst an. Sich ertappt fühlend, errötete sie.
Das Erstaunliche: es fehlt uns nichts; jede Geschichte ist in ihrer Kürze zu Ende erzählt. Manchmal möchten wir eine weitere Geschichte mit genau diesen Akteuren lesen, manchmal gibt es nicht mehr über die Person(en) zu berichten, aber alle Geschichten sind fertig erzählt! Die Autorin bedient sich eines interessanten Genres; kurz, knapp und doch spannend und fesselnd erführt sie uns mit ihrer Erzählweise in die Leben ihrer Figuren.
Wir werden Zeugen eines wichtigen Details ihrer Figuren, dass vielleicht aus der Vergangenheit in die Zukunft reicht, oder dass sie für das Leben geprägt hat; oder das gerade jetzt aktuell ist. Immer aber lässt Bärbel Maiberger mit ihrer Sprache Menschen entstehen, die wir unmittelbar vor uns sehen, fast so, als würden wir gerade selbst zusehen – und das mit nur 100 Worten! Wunderbar!
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Bärbel Maiberger, geboren 1954 in Mühlacker/Enzkreis, lebt mit ihrer Familie in Bietigheim-Bissingen. Sprache und Literatur sind ihr Metier. Sie arbeitet als Trainerin für Deutsch als Fremdsprache. Als Autorin veröffentlichte sie Gedichtbände, Haiku und Aphorismen sowie besprochene CDs.