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Theater Mannheim S
Der Countdown läuft: Die farbenfroh verhängte Front kündet vom Ende des in die Jahre gekommenen Theatergebäudes vor der Generalsanierung.
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Nationaltheater Mannheim – letzte Spielzeit am Goetheplatz vor der Generalsanierung
Der Countdown läuft -– die letzte Spielzeit des Nationaltheaters Mannheim am Goetheplatz auch. Die NTM-Oper verabschiedet sich aus dem maroden Bau in einer Koproduktion mit dem NTMSchauspiel und der Münchener Biennale: Komponistin Malin Bang und Hausautor Pat To Yan widmen sich der Freundschaft zweier Frauen in Zeiten der Repression: „The damned and the Saved“. Luk Perceval & Asli Erdogan blicken mozärtliche auf die „Entführung aus dem (inneren) Serail“ und gewinnen dem Singspiel- Dauerbrenner neue Seiten ab.
Aller Abschied fällt schwer. Die Tanzsparte zaubert nach Jeroen Verbruggens Uraufführung von „Amor & Psyche?“ den furiosen Doppelabend „Speed“ am 2. Juli) aus dem Hut. Der griechische Choreograf Andonis Foniadakis mit seinem rasend schnellen „Kosmos“ und Hausherr Stephan Thoss mit bewusst anderem Tempo werden „ins Rennen um das Ausreizen musikalisch-dynamischer Optionen gehen“. Dürfte spannend werden.
Mit Faust-Preisträger und Ballettdirektor Stephan Thoss (heute gefeierter Tanzintendant am NTM) war Johannes Grube zuvor in Leitungsposition am Hessischen Staatstheater Wiesbaden. NTM-Tanzdirektor Grube deutet Pläne für die neue Spielzeit ab 15. Dezember in der Oper am Luisenpark/Opal-Halle an. Schon im Oktober könnte es im NTM-Tanzhaus Käfertal mit einer Produktion von Tanzintendant Thoss und Gästen weitergehen.
Auch Shuttlebusse sind in Planung. In Wiesbaden hatte der belgische Ausnahmetänzer Jeroen Verbruggen 201 mit Les Ballets de Monte Carlo amüsierten Szenenapplaus kassiert: Im unvergesslichen
Lasst uns starten: Der . Mannheimer Sommer am NTM widmet sich als „Internationales Festival für Musik & Theater von Mozart bis heute“dem Kampf gegen den Klimawandel.
Das NTM leuchtet in blau-gelb und signalisiert auch mit einer großen Fotoschau vor dem Theatergebäude gelebte Solidarität mit der Ukraine.
Maifestspiel-Highlight „Le Songe“ nach Shakespeares „Sommernachtstraum“ kurvte Puck-Jeroen im Puckomobil - eine Segway-Blüte mit Rüssel- über die Bühne und sprühte Zaubernebel.
Jetzt stellte sich der ausdrucksstarke Tänzer als Faust-nominierter Choreograf („Dornröschen“ 2020) am NTM vor. Mit dem OrchesterTanzabend unter exzellenter musikalischer Leitung von Yura Yang schließt sich ein Kreis. Eingeweihte amüsiert ein Déja Vu-Effekt - Wasserpistolen als Cupidos Liebespfeile. Doch Psyches Regenmantel „schützt“ sie, Amors Liebe tropft (noch) von ihr ab. Psyches Entwicklung zur reifen Frau braucht Zeit und Raum.
Bei bekannten Stoffen findet es Jeroen Verbruggen „verlockend, die eigentliche Geschichte zu ändern“. Seine Version „blickt auf Psyche und wie sie die Liebe findet.“ Und ihre Seele auch. „Amor & Psyche?“ Nachts im Museum - nicht ohne meine Taschenlampe in diesem mystisch-geheimnisvollen Raum. Musik von Pop bis Metaphysik, griechischer Livesong über „die Rettung der Seele“. Fauré, Jimmy Lopez & Charles Ives „unanswered question“ zum Schluss. Der Rest ist schwebende Frage. Das Publikum ist angetan, spendet tüchtig Beifall.
Text und Fotos: Gesine Werner
Die Wiesbaden-Biennale 2022 bürstet Gewohntes und Erwartungen gegen den Strich: Kurator Kilian Engels holt hochkarätige internationale Kunstschaffende diverser Sparten an Kaisers Musentempel.
Ein spartenübergreifendes Fest der Künste
„Wiesbaden-Biennale 2022“ mischt den wilhelminischen Musentempel auf
Der Countdown läuft. „Ein Fest der Künste“ soll sie sein, „ein Ort des Erlebens, der Begegnung, des Austauschs und der Verhandlung von Realitäten“. Die 3. Edition der „Wiesbaden-Biennale“ wird „strikt multidisziplinär“.
Vom 1. bis zum 11. September 2022 tobt das neu konzipierte Festival auf allen Bühnen rund ums Staatstheater Wiesbaden. „Postnational, postkolonial, postdigital und postpandemisch“ sind die Leitplanken. Gut ein Dutzend eingeladene internationale Kunstschaffende offerieren Theater & Performance, Tanz & Bildende Kunst. Diversität ist Trumpf und Hochkarätiges. Der Hessenlöwe kriegt documentaBesuch und von der Sippe aus Venedig. Für die litauische Kunstinstallation „Sun & Sea (Marina)“ schütten die Goldene-Löwen-Gewinnerinnen (2019) Rugilé Barzdziukaité, Vaiva Grainyte & Lina Lapelyte in der Wartburg einen Strand auf. Den Eisbrecher gibt US-Choreograf Trajal Harrell (Tänzer des Jahres 2018) mit „The Köln Concert“ von Keith Jarrett & Klängen von Joni Mitchell: „Voguing meets Postmodern Dance und Butoh“.
Unverstellten Blick von außen und frischen Zugriff bringt Kilian Engels als neuer Kurator mit. „Europäisch ausgebildet“, bürstet der Master in europäischer Literatur (Uni Oxford) mögliche Erwartungen gegen den Strich.
Leerstehende Passagen gibt es zuhauf. Früher Chefdramaturg am Volkstheater München und langjähriger Kurator des Festivals „Radikal jung“, kennt der 1978 in Bonn geborene frühere Vizedirektor der Otto Falckenberg-Schule die Biennale seit den Anfängen. Die Theaterbiennale „Neue Stücke aus Europa“ wurde in Bonn gegründet von Autor Tankred Dorst und Intendant Dr. Manfred Beilharz, der sie nach Wiesbaden „importierte“. Uwe-Eric Laufenberg machte das Erfolgsmodell zur „Wiesbaden-Biennale“. 2022 liegt der Fokus auf aktueller Theater-Kunst aus Kenia, Südafrika, USA, Frankreich, Großbritannien, Schweiz. Die Historie des 1894 von Willem Zwo eröffneten Prunkbaus dient als Sprungbrett, konfrontiert postkoloniale Kontinuität mit neuer Deutung. „Leute, die der Kaiser nicht hätte sehen wollen“, sind willkommen ohne Hierarchie. Ur- und Erstaufführungen, Performances, Installationen, Choreografien und Filme preisgekrönter Kreativer laden spartenübergreifend ein. Aus Valparaiso/Chile kommt das weltberühmte Frauen-Kollektiv LASTESIS und erarbeitet mit 60 Wiesbadener:innen eine kollektive Protest-Performance im Stadtraum. „2020:OBSCENE“ bringt documenta 1/14-Teilnehmerin Alexandra Bachzetsis ins Große Haus. Spannend wird die Begegnung mit „The Nest Collective“, multidisziplinäres Ensemble aus Nairobi.
Die Produktion „The Feminine and the Foreign (F+F)“ geht weiter. Eine Party „für Frauen und nicht binäre Personen, unabhängig von Herkunft, Alter und Glauben“ ist geplant. Ziel ist, „wesentliche Diskurse über die Arbeit schwarzer Aktivist:innen in queeren, feministischen, ökologischen und migrantischen Räumen zu dokumentieren und zu ermöglichen.“
Text und Foto: Gesine Werner
„Wiesbaden hält inne“ mit einem touristischen Schmankerl: Die THermine fuhr als Silent Train zur Feldkapelle, die Raum zu Besinnung und innerer Einkehr bietet.
Innehalten und eine Meditation unterwegs
Fahrt im Schweigen mit der Stadtbahn THermine und Besuch der Feldkapelle „Versuche stets ein Stückchen Himmel über Deinem Leben freizuhalten“, empfahl Marcel Proust. Dieser Ratschlag diente als Leitmotiv für die dritte „Woche der Stille“ unter Schirmherrschaft von OB Gert-Uwe Mende von Evangelischer Kirche in Kooperation mit der Stadt Wiesbaden unter der Devise „Wiesbaden hält inne“. Zu „überraschenden Begegnungen“ wie der „New Silence im Alten Gericht“ oder „radikaler Selbstfürsorge“ als „feministische Perspektive“ wurde eingeladen.
Stadtkirchenpfarrerin Annette Majewski begrüßte als Organisatorin der „Woche der Stille“ die Interessierten am Markt. „Ein Gegenpol“ zum Alltag sollte gesetzt werden, das Fahren im Schweigen und „das zusammen unterwegs sein“ sollte zum Genuss werden. Die „Silent Train – Eine Fahrt im Schweigen“ mit der Wiesbadener Stadtbahn THermine, von Stadtbahn-Gründer Wagner ehrenamtlich kutschiert (!), begann mit dem zarten „Gong“ einer Klangschale, bevor die Türen der kleinen Stadtbahn (hörbar!) geschlossen wurden. Auch diese ungewöhnliche „Tour de Wiesbaden“ bot eine „Rundreise mit Flair“ über Parkstraße und Dietenmühle nach Sonnenberg hoch ins Eigenheim, wo an der Forststraße dann ein Fußmarsch von zehn Minuten in Richtung Feldkapelle führte. Higheels wären hier fehl am Platze gewesen. Nach kurzer Meditation und dem Ertönen der Klangschale mit der Aufforderung, bei geschlossenen Augen speziell den Riechsinn zu aktivieren, wurde Raum geboten. Innere Einkehr und Versenkung sowie die Erkundung der Feldkapelle mit ihrem skulpturalen „Innenleben“ wie dem Dornbusch und den Seraphinflügeln waren individuell erfahrbar. Die Schuhe des Moses draußen vor der Tür sind übrigens ein besonderes Element.
Auf der Rückfahrt über Tränkweg und Christian Spielmann-Weg wurde eine weitere Kirche passiert - die russisch-orthodoxe Kapelle auf dem Neroberg. Perfektes Timing: Mit dem Glockenschlag des Nassauer Landesdoms um 19 Uhr bog die THermine am Marktplatz ein.
www.thermine.de
Text und Foto: Gesine Werner
Der Musentempel engagiert sich für eine George Sand-Strasse in Saarbrücken. Sébastien Jacobis deutsche Erstaufführug von Gorge Sands „Gabriel*le“ ist ein umjubelter Geniestreich und kommt in der Saison 2022/2 wieder in die alte Feuerwache.
„Anders! In welcher Welt?
Saarländisches Staatstheater Saarbrücken blickt wach mit offenem Blick über Grenzen hinaus
Wenn George Sands „Gabriel*le“ auf Ute Lempers „Rendezvous mit Marlene“, auf den Dänenprinzen im Doppelpack und auf digital erzeugte Partitur trifft, ist „Bühne frei!“ Trumpf. „Anders! In welcher Welt?“ ist das Motto der attraktiven Spielzeit 2022/23 am Saarländischen Staatstheater in Saarbrücken.
Generalintendant Bodo Busse, in Wiesbaden aus seiner Zeit als beliebter Operndramaturg der Ära Beilharz prägnant in Erinnerung, betont im partiell zweisprachigen Spielzeitfahrplan: „Noch nie war Theater so wertvoll!“ Doch sein Haus lässt es nicht bei „großer Programmvielfalt und ganz Neuem, bisher unbekannten Klang- und Sprachwelten“ mit „wunderbarer Diversität und Menschen, Stimmen und Sprachen“ bewenden. „Für Frieden und Freiheit in Europa!“ Die Theaterfront leuchtet in blaugelb, signalisiert „Solidarität mit der Ukraine“. Geldspenden werden nach jeder Vorstellung gesammelt und gehen an „Help 4 Ukraine e.V.“.
Deutsche und französische Jugendliche üben „Onomatopoesie“.
Ballettdirektor Stijn Celis führt die „menschenverbindende und humanistische Rolle des Tanzes“ vor Augen: Der Chef choreografiert „The privacy of Things“ und „SubsTanz 21“ kommt von Ensemblemitgliedern. „Hamlet. Stimmenreich“ (Regie Bettina Bruinier) und „Hamlets Kinder. Die Zeit ist aus den Fugen“ zeigen, was „faul ist im Staate…“
Der international gefragte Generalmusikdirektor Sébastien Rouland, in Wiesbaden mit Erfolgen wie Cavallis „La Calisto“ in bester Erinnerung, holt Sarah Nemtsov als Composer in Focus, bietet ein breit gefächertes Konzertprogramm und schmiedet Wagners „Ring“. Am 18. September startet das „Rheingold“ unter femininer Leitung. Für Regie, Bühne & Kostüme stehen Alexandra Szemerédy & Magdolna Parditka, Dramaturgie Frederike Krüger.
Start am 11. September mit Theaterfest & Promenadenkonzert.
Text und Foto: Gesine Werner
Eindringliche Präsenz und besondere Intensität der leisen Szenen geht unter die Haut: Sebastian Kroll wird als „Exekutor 14“ zum verzweifelten Kämpfer wider Willen im syrischen Bürgerkrieg.
Wie der Hass entsteht
Klaus-Dieter Köhler und das KartenhausEnsemble mit Adel Hakims „EXekutor 14“in der Spielstätte Marleen
Theater spiegelt Realität. Doch diese erschreckende Aktualität war wirklich nicht geplant. Der Monolog „EXekutor 14“, von Adel Hakim vor dem Hintergrund des Libanon-Krieges geschrieben und 1990 in Paris uraufgeführt (DEA 1991 am TAT Frankfurt), zeigt die Entstehung von Hass. Sebastian Kroll zieht mit leiser Intensität besonders in den Bann. Gänsehaut pur.
Ein Tisch, ein Stuhl, Holzklotz und Axt, ein paar Dosen, ein Schlafsack und eine Knarre mit Zielfernrohr - mehr Ausstattung braucht es nicht. Tränen hat er keine mehr, Ruhe oder Schlaf findet er nicht mehr. Der junge Mann, ein träumerischer Beobachter der Machtkonflikte diverser Clans, wurde plötzlich zum Kriegsopfer, seine Freundin überlebt ihre Vergewaltigung nicht. Er mutiert verzweifelt zum Gewalt-Täter. „Und dann war ich auch so.“ Bomben fallen, das Zuhause wird Zuflucht und Versteck, es geht um´s nackte Überleben. Pistazien, Comics, Gewehr in Griffnähe. „Solange du Deinen ID hast, bist Du schuldig für Manche, verlierst Du ihn, bist du schuldig für Alle.“
Ja mach nur einen Plan. Im Sommer des vergangenen Jahres wollte Regisseur Klaus-Dieter Köhler das bedrückende Solostück des Libanesen Adel Hakim (UA 1990 Paris) - von ihm 199 am Regensburger Theater inszeniert - für das Kartenhaus-Ensemble herausbringen. Jemen, Syrien und den Donbass vor Augen wurde geprobt. Dann holte „die blutige Realität eines Angriffskrieges mitten in Europa“ das Ensemble ein. Um falschem Pathos vorzubeugen, setzt der Sohn des langjährigen Wiesbadener GMDs, schwedischen Hofkapellmeisters und wichtiger Zeitzeuge im oral historyProjekt des Stadtarchiv-Fördervereins, gezielt Kompositionen seines Vaters ein. Wirkt wie ein Filmsound und kurbelt das Kopfkino zusätzlich an.
Die Inszenierung (Dramaturgie Halvor Boller) ist eine runde Sache inklusive Flyer (Roni Merza) mit dem Emblem der „Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsgegner“. Anhaltender Applaus.
www.kartenhausensemble.de
Auch bei Go East 22 war der „Ost-Kiosk K 67“ wieder ein Treffpunkt in Wiesbaden. Der nostalgisch anmutende Kiosk des slowenischen Architekten Sasa Mächtig lud vor dem Landesmuseum ein.
Filmkunst als Spiegel der Realität in Zeiten des Krieges
Go East 2022: „eingeschränkter Boykott“ russischer Filme und Cinema Archipelago
„Der brutale Krieg gegen die Ukraine mit zahllosen auch zivilen Opfern, Einzelschicksalen wie die Ermordung des litauischen Regisseurs Kvedaravicius in Mariupol und die Verhaftung Oppositioneller in Russland gehen tief unter die Haut. Wir spüren, wie wir Kultur brauchen, um auf dem menschlichen Niveau zu bleiben, auf dem wir uns selber sehen wollen“, stellt Karin Wolff als Geschäftsführerin des Kulturfonds RheinMain klar. Nie war die Dringlichkeit eines Verbundes aller Bereiche des Alltags und des Miteinanders stärker.
In der 22. Ausgabe von „goEast, Festival des mittel- und osteuropäischen Films“ ermöglichte der Kulturfonds das aktuelle Rahmenprogramm „Cinema Archipelago“. Die „neuen Begegnungsformaten“ zielen ab auf „solidarisches Erleben, Verständnis und Rücksichtnahme“ und ersetzen das bisherige Paneuropäische Picknick“. Das „Senior Cinema“ bot den StaudteKlassiker „Der Untertan“ sowie „Meine Mutter, ein Krieg und ich“ und den pfiffig-dokumentarischen „Balkonfilm“ von Masterclass-Dozent Pawel Lozinski aus Polen. „Den Osten im Auge behalten“ und die „Yugoretten“ mit Frauen aus Ex-Jugoslawien sowie der „XR-Hackaton - Geschichten aus dem Badehaus“ waren dabei. Dem unter die Haut gehenden Dokufilm „Mariupolis“ von Mantas Kvedaravicius, 2016 auf der Berlinale gezeigt und am Go East-Finaltag im TV auf arte gesendet (!), war die Matinee gewidmet.
Die Goldene Lilie für den Besten Film „Vera träumt vom Meer“ ging an Kaltrina Krasniqi. Den Preis der LH Wiesbaden für „Sanft“ bekamen Anna Nemes & Laslo Csuja, der Dokupreis CEEOL und der FIPRESCI-Dokupreis für „Taubes Gestein“ gingen an Taras Tomenko, Laurynas Bareisa bekam für „Pilger“ den FIPRESCISpielfilmpreis, „Klondike“ von Marina Er Gorbach war der Sat-Ankauf. Hanis Bagashov („I don`t want“) bekam CurrentTimeAward und ein Recherche-Stipendium.
Text und Foto: Gesine Werner
Ein Iglu offeriert „midde ufff de Gass“ der Landeshauptstadt „Freiraum“. Als Performance-Duo geben Christoph Kohlbacher & Marje Hirvonen in ihrer „Oase der Freiheit“ Interview-Antworten und klingende Klassik auf die Ohren. Passantin Dörte Fardella ist angetan: „Die Gedanken sind frei“.
Ein Iglu im Herzen der Stadt als „Freiraum“
Christoph Kohlbacher & Marje Hirvonen führen mit dem interaktiven IMF-Projekt „Ans Licht“ „Was is denn hier los?“ fragen Neugierige beim Bummel in der City. Alle wundern sich über das durchsichtige Iglu. Ein Kind sitzt still auf einem Stuhl und lauscht mit geschlossenen Augen dem Sound aus Ohrhörern. Der Vater steht ergriffen und staunt, sein kleiner Filius sei „sonst nie so lange“ bei der Sache. Erwachsene nutzen auch die „Oase der Freiheit“.
Ein Iglu midde uf de Gass? Alles so schön hell hier. Nein, keine Sekte buhlt um Mitglieder, um Unterschriften geht´s auch nicht. Die Internationalen Maifestspiele Wiesbaden mäandern „ans Licht“ in die Stadt. „Am Ende des Tunnels nach Zeiten der Krise als Hoffnungsschimmer und Motivation“ lobten die IMF zum zweiten Mal mit dem Kulturamt Projektstipendien aus. „Freiraum“ nennen Schauspieler/Regisseur Christoph Kohlbacher und Tänzerin/Choreografin Marje Hirvonen ihre „installative Performance im öffentlichen Raum“. Und wer hat´s erfunden? Treffen sich eine Finnin und ein Österreicher auf einer Geburtstagsparty in Zürich, sind auf einer Wellenlänge und baldowern pfiffige Vorhaben aus. „Was bedeutet individuelle Freiheit? Wo fängt (m)ein Freiraum an, wo hört er auf?“ In der Stadt wurden Interviews geführt, sind samt Meditation und Natur-Geräuschen zu hören. Kleine Fluchten. Den „Kanon“ von Pachelbel gibt´s als Zugabe auf die Ohren. Christoph K. ist dem Publikum als ausdruckstarker Mime aus dem „zerbrochenen Krug“ und „The Minutes“, aus „Bunbury“ und „drei Schwestern“ bekannt. Als Autor & Regisseur (Choreografie Marje Hirvonen) trifft der Debütant mit seinem hintersinnig gewitzten Stück „Instame“ und der rasanten Inszenierung um drei spätpubertäre Möchtegern-Influencerinnen am Rande des Nervenzusammenbruchs genau den enervierenden Ton der Generation TikTok.Keine Ahnung, davon aber viel. Die Macho-Realität sticht brutal in die grellbunte Bubble. Hashtag OMG! Wie es ausgeht? Hingehen und den grellen Abend selbst erleben. It´s so nice!
Text und Foto: Gesine Werner
Von wegen „Saxophobie“: Bei Kaiserwetter mischten Undine Engel, Oliver Hart, Dagmar Heckmann & Dr. Martin Popp von der anderen Rheinseite klangvoll den Sonnenberger Burggarten auf.
Klangvolle Saisoneröffnung
Wiesbadener Burgfestspiele bieten genussvolle „Saxophobie“ GratulARTion! Da haben sich doch glatt vier musikalische Talente von der „ebsch Seit“ in Meenz und Rheinhessen über den Fluss getraut, konnten „unser“ Kaiserwetter erleben und kamen im Sonnenberger Burghof beim zahlreich erschienenen Publikum gut an. Gelungener Musik-Brückenschlag, vom Wiesbadener Jens Hunstein geleitet.
„Saxophobie“ nennen sich Undine Engel (Tenor), Dagmar Heckmann (Alt) und die Herren Oliver Hart (Sopran/Alt/Tenor) sowie Dr. Martin Popp (Bariton) und haben den ersten Auftritt nach Pandemie-Pause im zweiten Anlauf souverän absolviert. Rührig sind die Wiesbadener Burgfestspiele auch weiterhin. Die Sonne schien, als bekäme sie es bezahlt. Vereins-Chef Matthias Holtz begrüßte kurz und knackig. Ab ging´s in die Roaring Twenties. Der „Chinese Rag“ machte seinem Namen Ehre - per Sopransax. Das „Vaudeville Spectacular-Medley“ entführte klangvoll in die Varietés von Paris. Mit „Hello Dolly“ bekam Barbra Streisand die Showtreppe bereitet und „Anatevka“-Milchmann Tevje wollte „einmal reich“ sein. Auch Rocky war mit von der Partie: „Eye oft the tiger“ war das „Duell“ zweier Baritonsaxophone. Das Kopfkino war angekurbelt und „Jazz geht´s los“ schien die Devise. „A song for Japan“, von Steven Verhelst nach dem Tsunami komponiert, ging unter die Haut. Ohne Zugaben kamen die Vier mit ihrer sympathischen „Moderatorin“ Undine Engel, die einige Arrangements beisteuerte, nicht davon. Auch Wolfgang Kaeppel, technischer Leiter und äußerst bühnenversiert, war des Lobes voll.
www.saxophobie.de
Mit der mozärtlichen „Zauberflöte für Kinder“ geht es am 4. Juni (17 Uhr) und 5. Juni (11 Uhr) weiter. Der Rheingauer Kinder- und Jugendchor St. Martin / Oestrich kommt. Klangbrücke zwischen den Kulturen: Am 12. Juni wird unter interreligiöser Trägerschaft (Kirchen, Jüdische Gemeinde, Islamische Gemeinde der Bosniaken & Co.) mit dem interkulturellen Ensemble AVRAM ein Schmankerl geboten. Sängerin Schirin Partowi leitet das Konzert zwischen Jazz und Religionen.
www.avram.de
Bei der Kundgebung #WIstandwithukraine am Rathaus erhob auch die „Wiesbaden Allstarband“ mit La Diva Dunja Koppenhäfer (in blau) ihre Stimme.
Mit Herz für den Frieden in Europa
Kundgebung mit Klartext-Ansagen und Musik am Rathaus
„Slava Ukraini!“ („Es lebe die Ukraine!“) Die Landeshauptstadt Wiesbaden bezieht Position gegen den Krieg und zeigt Herz auf vielen Ebenen.
Unter dem Motto „#WIstandwithukraine“ hatten kurz nach dem russischen Einmarsch Schlachthof und Palast Promotion in Rekordzeit eine große Kundgebung auf die Beine gestellt mit über 40 Musikschaffenden, Kulturinitiativen und Redebeiträgen. Mehr als 000 Personen kamen auf das Dernsche Gelände.
Begleitet von 0 Staatsorchester-Mitgliedern sang die aus Dnipropetrovsk stammende Sopranistin Olga Zaitseva-Herz mit Bassbariton Petro-Pavlo Tkalenko die ukrainische Nationalhymne und rief: „Wir schaffen das!“ Evi & Mr. Leu, Absinto Orkestra, Dunja Koppenhöfer, die Wiesbaden-Allstar-Band, Rodgau-MonotonesFrontmann Osti, La Bolshe Vita und Ukraine-DJ Jannek legten sich tüchtig ins Zeug.
Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende bekannte „fassungslos“ Trauer und Wut, „aber es macht uns nicht stumm“. Er verurteilte Krieg und Völkerrechtsbruch „in aller Deutlichkeit. Wir stehen an der Seite der Opfer.“ Klartext kam von Stadtverordnetenvorsteher Dr. Gerhard Obermayr, dem es „bis jetzt zu still“ war. Putin müsse vor das UN-Kriegstribunal in Den Haag: „Er ist ein Verbrecher, das muss gesagt werden.“
Persönlich berührt zeigte sich Michael Gahler. Der EUAbgeordnete und Ukraine-Berichterstatter war kürzlich in Kiew und Mariupol. Er forderte ein komplettes Gas-, Öl- und Kohle-Embargo. „Zwei Grad weniger heizen sind zwölf Prozent Energieersparnis.“ Hessens EuropaStaatssekretär plädierte für offene Türen der EU, sieht in Georgien und Moldawien potentielle Ziele von Putin. Der ukrainische Generalkonsul Kostiuk Vadym will „stärkere Sanktionen.“
Auf dem Platz herrschte Blaugelb und die FriedensRune vor. Pappschilder riefen: „Stop War - Stop Putin“ oder „KaPuttin“. Kinder zeigten Friedenstauben.
Die Zehn-Prozent-Aktion sucht weiterhin Spendenwillige
Es kommt auf jede einzelne Münze an!
Zehn-Prozent-Aktion“ feiert Dankgottesdienst mit Broten als „Spendenschecks“ Es kommt auf jede Münze an! Die Engagierten der weltweit tätigen „Aktion Zehnprozent“, ökumenisches Erfolgsmodell aus Wiesbaden, freuen sich über den beeindruckenden Spendenwillen des letzten Jahres:.Der Aktion wurden von 481 Personen insgesamt 164.181 Euro gespendet. Die Riesensumme wurde durch die beiden anonymen „Mister Zehnprozent“ aufgestockt um 40.000 Euro. Es gingen mehr Spenden ein als erwartet. Für Direkthilfe in der Ukraine wurden deshalb schon 25.000 Euro an die Diakonie Katastrophenhilfe überwiesen. Die Wiesbadener „Tafel“ bekam 6.000 Euro.
Der Dank-Gottesdienst in der Wiesbadener Thomaskirche stand unter der Devise: „Teilen macht Freu(n)de“. Keine Schecks bekamen die Projektpartner „Brot für die Welt“ und „Misereor“ sowie „Missio“ und „Diakonisches Werk“ diesmal - die Bäckerei Abt hatte Brote mit dem Logo der Zehn-Prozent-Aktion angefertigt. Pfarrerin Bea Ackermann gestaltete mit Gemeindepädagoge Achim Hook und Organist Dr. Wolfgang Hildebrand die Dankfeier mit der biblischen Geschichte der wunderbaren Brotvermehrung. Kinder hatten 20 Sparschweine bunt gestaltet und mit kleinen Geldsummen „gefüttert“ und dieser „Altarschmuck“ wurde zum Schmankerl des Gottesdienstes. Aktionskreisleiterin Ackermann war von der kindlichen Freude am Teilen sehr berührt: „Es war für mich einer der fröhlichsten Dankgottesdienste“. Die aktuelle Spendenrunde läuft bis 1. März 202. In Guatemala sollen Gesundheitsberaterinnen für Mütter, Kinder und Jugendliche ausgebildet werden, im indischen Ananthapuramu werden Frauen in der traditionellen Weberei geschult, in der Mongolei bietet ein „Skill Training Center“ Chancen für ein selbstbestimmtes Leben. Das „Projekt vor der Haustür“ ist das Containerdorf des Diakonischen Werkes für Obdachlose.
Spendenkonto: Evangelische Bank eG Kassel, IBAN DE31 5206 0410 0004 0444 44. www.zehn-prozent-aktion.de
Text und Foto: Gesine Werner
Zum „Elevator Shaft Opening“ des Nassauischen Kunstvereins faszinieren die „Shooting stars“ von Städelabsolvent Alex Chalmers aus Neuseeland im frisch deinstallierten Aufzugschacht.
Kunst im Aufzug, Autobahn-Historie und Ukraine-Flagge im XXLFormat
Kurze Nacht der Galerien & Museen in Wiesbaden zelebriert verspätetes Jubiläum
Besser spät als nie. Die 20. KURZE NACHT der Galerien und Museen in Wiesbaden konnte sich zwo Jahre verspätet wieder „sehen“ lassen. Das so beliebte „Rollende Museum“ der Oldtimer möge 2023 wieder am Start sein, hofft das Publikum mit Organisator Erhard Witzel bei der Eröffnung im Frauenmuseum.
In der Wörthstrasse zeigte Justine Otto „New Traditionalists“ und in der sehenswerten Schau „Seiltänzerinnen zwischen Autonomie und Anpassung“ wurde die Frauenbewegung der 80er Jahre gewürdigt. „Ihren Platz in der Welt finden“ war die Präsentation über Else Niemöller betitelt, welche über die Frau im Schatten von Ehemann Martin als Ehrenpräsidentin der Westdeutschen Frauenfriedensbewegung umfangreich informierte. Richtig spannend wurde es natürlich beim Nassauischen Kunstverein, an dessen Front eine blaugelbe Flagge im XXL-Format von Solidarität mit der Ukraine kündet. Der NKV gewährte den Blick hinter seinen Bauzaun, nahm die surreale Behauptung: „ceci n´est pas une BAUSTELLE“ ernst und kündigte zugleich die „Geburtstagsparty“ am 16. Juli 2022 an. Denn: „Hier entsteht Kunst seit 175 JA!ren!“ Wie berichtet (Heft 1/2022), wird es „ein Jubiläum mit Aufzug“ im zukünftig barrierefreien Haus geben. Zur Kurzen Nacht zog eine „ortsspezifische Installation“ das Augenmerk auf sich: Städelabsolvent Alex Chalmers aus Neuseeland (Touch Release/NKV 2021) faszinierte mit seinen „Shooting Stars“, die im Videoloop als Hologramm auf einem Ventilator mit Winkelschleifern Funken sprühen. Im Bellevuesaal ging es zur Autobahn-Historie unter der Devise: „10 km/h“ mit hintersinnigen Installationen von Theresa Lawrence und Mathias Weinfurter, die mit dem (Reichs-)autobahnmaterial Beton arbeiten. Spaten stehen „einbetoniert“ Spalier. Seitenspiegel trifft Auspuffrohr. 94 Pflastersteine aus Beton bilden einen „no-brainer“ als Rechtsabbiegepfeil. „Durch-Einander“ von Young Wha Song &. Constanze Nowak endet am 19. Juni.
www.kunstverein-bellevue-saal.de
Text und Foto: Gesine Werner
Zuerst hieß es im vollbesetzten Studio „Opa will Action!“, nach dem lautstarken Applaus kamen die Mitwirkenden vom Theater Anders und Leiterin Priska Janssens (rechts) mit dem Publikum ins Gespräch.
„Opa will Action“ und Superman kommt zu Besuch
„Theater anders“ mischt die Schultheatertage 2022 im Studio auf Schultheatertage 2022 am Staatstheater Wiesbaden - und „Opa will Action!“ Von wegen gemütlicher TVAbend auf dem Sofa. In die Ferne sehen is nich – die Fern-Bedienung tritt in unbefristeten Streik und „dient“ nicht der Unterhaltung. „Rummel und Rabatz in Lunas Park“ war gestern, sprich 2017. Jetzt muss die bucklige Verwandtschaft ran und ein witziger Rundruf bringt sie alle auf Trab, denn wenn Opa bei Laune ist, kauft er morgen das ersehnte Flachbildschirm-Gerät.
Alle kommen und haben ihren Auf-Tritt, ob tänzelnd, winkend oder mit den Flügeln schlagend. Es klingt nach „The lion sleeps tonight“. Nix da, der König der Tiere trägt Krone und gibt den Löwen. Fun-Ta-Sie und Phantaduse ohne Grenzen. Jede Menge coole Socken sind auf Achse. Spiderman und Ross Antony mischen mit. Onkel Otto kriegt ne Quizshow und Superman Julius Müller wird zum Rapper. Tatütata is auch schon da. Helden, Musigg, Schlägerei. Was fehlt? Fassenacht! Wolle mer se roilosse? Und wie! Funkemariechen, Büttenreden, Dachdeckers „Heile heile Gäns`che“ – und das Studio schunkelt mit: „Helau!“ Lautstarker Applaus, dann kommen die Mitwirkenden vom Theater Anders mit Leiterin Priska Janssens und dem Publikum ins Gespräch. Der pädagogische Dauerbrenner „Schultheatertage“ war in Priska Janssens Konzeption gestartet und sorgt mit seiner eigenen Magie immer wieder für volles Haus.
Seit 2o Jahren (!) probt das inklusive Ensemble Theater Anders
Der rührige Verein Semiramis e.V. ist auch mit dem „Hotspot Theaterschule“ engagiert. Ende Mai tobte der workshop „Move!“ als Tanz und Theater für Alle ab 8 Jahren in der Spielstätte Marleen im Lili am Bahnhof über die Bühne. Neben Kulturpreisträgerin Priska Janssens war mit Ezra Rudakova eine faszinierende Profitänzerin mit an Bord. Ezra Rouben ist eine ausdruckstarke Persönlichkeit mit einzigartiger Bühnenpräsenz. Aus vielen Solo-Partien in Meisterchoreografien des Hessischen Staatsballetts ist die gefeierte Ausnahme-Tänzerin prägnant in Erinnerung.
Info über aktuelle Projekte und Angebote unter p.janssens@hotspot-theater.de
Stell Dir vor…Die Spielzeit-Pressekonferenz mit Intendant Karsten Wiegand und dem Leitungsteam wurde mit Kostproben aus „Homo Faber“ (Marielle Layher, Mathias Znidarec, Daniel Scholz) und „Lulu“ (Juliana Zara & Jan Croonenbroek) bereichert. In Wiesbaden personell Neues: Zur Spielzeit 2022/2 wird Chordirektor Albert Horne, für seine furiose IMF-Eröffnung mit „Babylon“ umjubelt, „Koordinierender Musikalischer Direktor“. International erfahren, bringt der neue Orchesterdirektor Ilia Jossifov frischen Wind ins Haus.
Die neuen Spielpläne am Staatstheater Wiesbaden & Staatstheater Darmstadt offerieren interessantes Bühnenerlebnis
Die beiden südhessischen Staatstheater lassen sich nicht lumpen und stellen attraktive Pläne für die Spielzeit 2022/2 vor. „Stell Dir vor!“ Der Darmstädter Musentempel wird als „Übungsraum“ genutzt und singt das Hohe Lied der Fantasie quer durch die Sparten. Und Wiesbaden hat die Nase vorn - Netflix kann warten. „Opera
first!“. Soren Nils Eichberg („Schönerland“ 2017) bringt die Auftrags-Oper „Oryx and Crake“ nach Margaret Atwoods dystopischem Roman über den Klammergriff einer globalen Seuche als Uraufführung ins Große Haus. Danach darf Netflix seine Serie machen. Eine Doppelpremiere wird Leo Janaceks „Die Sache Makropulos“ in Kombination mit seiner letzten Oper „Aus einem Totenhaus“ nach Dostojewski. Regie Nicolas Brieger. Drei Frauen: Daniela Kerck inszeniert mit Olesya Golovneva zusammen Anton Dvoraks Märchenoper „Rusalka“. Regisseurin Kerck („The Minutes“/ IMF-Start „Babylon“) stattet die Bühne aus, die Faust-nominierte Sopranistin Golovneva („Titus“/ „l trittico“) singt die Rusalka höchstselbst. Im Sprechtheater nimmt sich Schauspieler Tilo Nest - für die Regie von „Shockheaded Peter“ und „Tyll“ bejubelt -den „Sommernachtstraum“ von Sir William vor die Brust. Kann ja heiter werden. “Wallenstein“-Titelheld Tom Gerber bringt die rasante Komödie „The play that goes wrong“ heraus. Christoph Kohlbacher („Instame“) setzt Ulf Erdmann Zieglers „Digitales Feuer“ als Uraufführung in Szene. Iris Limbarths Junges Staatsmusical bringt das „Chicago“ der wilden Zwanziger und den Broadway-Hit „Sister Act“ nach dem Whoopi Goldberg-Film auf die Bretter.
Die Wiesbaden-Biennale vom 1. bis 11. September 2022, frisch kuratiert von Kilian Engels, startet die neue Saison. Personalia: Nach dem allseits bedauerten frühzeitigen Abgang von GMD Patrick Lange wird Chordirektor Albert Horne zusätzlich „Koordinierender Musikalischer Direktor“. Ilia Jossifov aus Tel Aviv bringt als neuer Orchesterdirektor frischen Wind ans Haus.
„Stell Dir vor ...“
Theater hat die Nase vorn
Darmstadt
Tanz! Tanz! Tanz! Vielfalt ist in der DNA der gefeierten Kompanie verankert. Das Tanzfestival RheinMain, Höhepunkt der Tanzplattform Rhein-Main als Kooperationsprojekt des Hessischen Staatsballetts mit dem internationalen Produktionshaus Mousonturm Frankfurt, findet vom 27. Oktober bis 1 November 2022 statt. Ballettdirektor Bruno Heynderickx kündigt fulminante Abende an: Der Doppelabend „V/ertigo“ konfrontiert mit Extremsituationen. Die Choreografie „Skid“ von Damien Jalet(Faust-nominiert) zeigt auf einer halsbrecherischen Schräge bislang Un-Gesehenes. „I´m afraid to forget your smile“: Die Geschwister Imre & Marne van Opstal/ Belgien widmen sich dem Loslassen. Felix Berner entwickelt in Kooperation mit JUST Wiesbaden das Stück „blau“. Als Auftrag entsteht der Doppelabend: „Boléro“ von Eyal Dadon/Israel und „Force Majeure“ von David Raymond & Tiffany Tregarthen/Kanada. Die Vorstellungskraft wird provoziert mit Romanadaptionen wie Frischs „Homo Faber“ und Erich Kästners „Fabian – oder Der Gang vor die Hunde“. Isabelle Redfern bringt „Drei Kameradinnen“ von Shida Bazyar auf die Bühne. Hausherr Karsten Wiegand setzt mit GMD Daniel Cohen als musikalischem Leiter Mozarts „Don Giovanni“ in Szene, „La Traviata“ folgt auch. Regisseurin Eva-Maria Höckmayr bringt Alban Bergs „Lulu“ mit Juliana Zara in der Titelpartie als Dreiakter heraus. GMD Cohen & Jan Croonenbroek leiten musikalisch. Komponistin Ethel Smyth wird von Regisseurin Franziska Angerer mit „The Prison“ zur Geltung gebracht. Zum Erfolg „Saturday Night Fever“ kommt „The Last five Years“, Neuversion von 2020. „Becoming Luise Büchner“ ist eine Hommage an die Frauenrechtlerin. „Shockheaded Peter“ kündigt sich als Revue mit Figuren an.
Vom 0. September bis 9. Oktober 2022 ist Festwoche: „Wir feiern 50 Jahre!“
Text und Fotos: Gesine Werner
„Aber schließlich ist es das Ziel der Kunst, Raum zu schaffen — Raum, der nicht durch Dekoration oder Illustration kompromittiert ist, Raum, in dem die Themen der Malerei leben können. Das ist es, worum es in der Malerei immer ging.“
Jawlensky hatte in seinem Spätwerk in Wiesbaden seine ersten Serien vollendet und serielles Arbeiten kennzeichnete auch von Anfang an das Schaffen Stellas. Darüber hinaus ist Stellas Werk überaus vielschichtig, voller literarischer Bezüge und dabei weder abstrakt noch gegenständlich im herkömmlichen Sinne. Bis heute erweitert er die Malerei in den Raum, aber auch konzeptionell. Frank Stella ist ein Künstler, der sein Werk nicht allein in der Gegenwart verortet. Stattdessen sucht er vielfältige Bezüge in die Vergangenheit. Er selbst studierte neben Malerei auch Kunstgeschichte. Hier beschäftigte er sich intensiv mit verschiedenen Epochen: von der Kunst der frühen Neuzeit, über den Barock, bis in die Moderne. Die „Problemstellungen“ der Malerei erschienen ihm dabei stets ähnlich, grundlegende Fragestellungen begleiteten alle Malerinnen und Maler durch die Jahrhunderte. So fand sich auch die Frage nach Abstraktion oder Gegenständlichkeit immer schon in der Diskussion um Abbild, Zeichen und Ornament, ebenso wie sich Fragen nach Fläche und Raum in der Renaissance, dem Barock aber auch der Klassischen Moderne immer wieder neu stellten. Und auch Stella selbst arbeitete intensiv am Thema des Ornaments, der — wenn man es so nennen möchte — „Abstraktion“ vergangener Jahrhunderte. Dabei werden auch Stellas revolutionäre Streifenbilder nicht fehlen: diese markierten für viele seiner Kolleginnen und Kollegen zu Beginn der 1960er Jahre einen Aufbruch in ein vollkommen verändertes Verständnis von Malerei. Auch hier bietet das Museum Wiesbaden mit seinem Schwerpunkt amerikanischer Kunst, im Besonderen der Kunst des Minimalismus, wie auch der selbstreferentiellen Malerei von Robert Mangold, David Novros und Joseph Marioni, einen Kontext für die frühen Werke Frank Stellas, in dem deren historische Verortung, aber auch deren Vorbildfunktion veranschaulicht werden können.
Frank Stella, Bene come il sale, 1987, Mischtechnik auf Aluminium, 238 x 227 x 157 cm, Sammlung Henkel
Frank Stella
Das Museum Wiesbaden zeigt ab 10. Juni Werke des Alexej von Jawlensky-Preisträgers 2022
Alles weitere unter: www.museum-wiesbaden.de
Worte, Wasser und Wein
Friedenslesung am 26. Mai 2022
Eine kleine illustre, aber lese- und wanderfreudige Gruppe hat sich am Donnerstag, den 26. Mai in Zell auf den Weg hoch zum Collisturm gemacht. 200 Höhenmeter waren zu überwinden! Unter fachkundiger Begleitung des Zeller Wein- und Kulturbotschafters Walter Hoff und seiner Frau fand die Gruppe, bestehend aus Autorinnen und Autoren sowie erwartungsvollen Zuhörerinnen und Zuhörern den Weg nach oben.
Walter Hoff teilte an ausgewählten Infoplätzen sein Wissen und informierte ebenso fachkundig wie spannend über Zell, seine Geschichte, den Weinbau und was es sonst noch Interessantes zu erzählen gab, und blieb keine Antwort auf die zahlreichen Fragen schuldig. Oben angekommen fanden alle Wanderer Platz und konnten den wunderschönen Ausblick hoch über Zell und seine Vororte genießen. Und welche Überraschung: der Zeller Bürgermeister Hans-Peter Döbgen war unter den Gästen, die auf eigenem Weg auf den Collis gefunden hatten. In einer kleinen Ansprache würdigte er die Aktion zugunsten der Ukraine-Hilfe der Stadt Zell und hieß alle Autorinnen und Autoren, und alle leseaffinen Gäste im Namen der Stadt Zell herzlich willkommen!
Sechs Autorinnen und Autoren gaben sich und uns die Ehre!
Darunter Matthias Kreck, der mit Cello den Weg nach oben gefunden hatte und uns zum Auftakt musikalisch auf die kommenden Lesungen einstimmte. Der erste Lesezyklus gehörte, anlässlich des Vatertags den Autoren. Den Auftakt machte Jürgen Heimbach, der aus seinem Buch „Vorboten“ las und uns in die Zeit des ersten Weltkrieges zurückversetzte – erschreckend aktuell, in Anbetracht des Ukrainekrieges. Mischa Martini schloss sich an, und auch er hatte – unabgesprochen – einen Text gewählt, der ebenfalls in der Zeit des ersten Weltkrieges angesiedelt war. Er las aus seinem Buch „Fischers Mathes“. Den Schluss der Männerrunde machte Matthias Kreck. Der Mathematiker und Cellospieler, der sich ebenfalls als Autor einen Namen gemacht hat, las einen eigens für den Anlass geschriebenen Text mit dem Titel „Putin“ vor, der uns wieder in die Gegenwart führte und uns heiter und beklemmend zugleich zurück lies. In der Pause durften wir erneut den Klängen seines Cellospiels lauschen. Die Auswahl der Stücke hatten alle auf ihre Art einen aktuellen Bezug auf den Anlass der Friedenslesung. Thomas Müllers, unser Mann an der Technik lies alle Autorinnen und Autoren, alle Rednerinnen und Redner und natürlich die musikalische Einlage in einwandfreien Klängen über die Zeller Höhen erklingen. Dann begannen die Damen. Hier machte Gina Greifenstein den Auf-
Petra Esser, Walter Hoff, im Hintergrund: Matthias Kreck, Foto: © Reinhard Berg
Verena Mahlow, Mischa Martini, Gina Greifenstein, Jürgen Heimbach, Anne Griesser, Matthias Kreck, Fotos: © Reinhard Berg
takt. Auch sie hatte einen aktuellen Text dabei, der in der Zukunft spielte und ein ebenso unterhaltsames, wie beklemmendes Szenario über den Untergang der Erde zeichnete. Anne Griesser schloss sich an und erfreute die Zuhörerinnen und Zuhörer mit einer heiteren Kurzgeschichte aus ihrem Buch „Grüne Soße mit Schuss“. Denn auch in diesen schwierigen Zeiten sollte uns das Lachen nicht vergehen. Den Abschluss bildete Verena Mahlow. Die in den USA lebende Autorin las aus ihrem aktuell noch entstehenden Buch „New York“ und entführte uns mit ihrem Text aus „Der jährliche Tod von Ronkonkoma“ in die Lebensgegenwart einer Frau, deren Lebensplan eine unerwartete Wendung nimmt. Wir danken nochmals auf diesem Weg allen Autorinnen und Autoren, die uns mit ihrer Anwesenheit und ihren Texten so sehr unterstützt haben und natürlich dem Wein- und Kulturbotschafter Walter Hoff für die wunderbar geführte Wanderung auf den Collis. Wir danken allen Zuhörerinnen und Zuhörern, die den Weg nach oben gefunden haben. Wir danken dem Heimatverein der Stadt Zell. Ganz besonders danken wir auch Thomas Müllers für die exzellente technische Umsetzung und Reinhard Berg, Fotograf und Fotokünstler aus Wiesbaden für seine wunderbaren Fotos. Und natürlich danken wir der Stadt Zell und hier vor allem dem Bürgermeister für seine Unterstützung.