El Aviso Mallorca August 2020

Page 8

GESELLSCHAFT

EL AVISO | 08/2020

8

Interview

Zeit des Aufbruchs Der TV- und Rundfunkmoderator Peter Illmann wurde in den 80er-Jahren durch seine Musiksendungen „Formel Eins“, „P.I.T. – Peter Illmann Treff“ und „Peters Pop-Show“ einem breiten Fernsehpublikum bekannt. Heute moderiert der 61-jährige Wahl-Brüsseler im Radio und bei Galas, engagiert sich als Botschafter der Kinderhilfsorganisation „Kinderlachen e.V.“, arbeitet an einem Buch zu den 80er-Jahren und ist regelmäßig auf Mallorca zu Gast.

EA: Stichwort Massentourismus: Die Lokale am Ballermann wegen mangelnder Rücksicht auf die Corona-Maßnahmen für zwei Monate zu schließen ist eine harte Strafe. Aus Ihrer Sicht berechtigt? PI: Ich verstehe beide Seiten. Natürlich wollen die Menschen auch einfach mal wieder feiern, das hat seine Berechtigung. Aber feiern mit Maske und Abstandsregeln geht eben nicht, und Abstand ist zurzeit das Wichtigste. Durch die aktuell rigorosen Maßnahmen gehen natürlich auch viele Geschäfte kaputt. Vielleicht muss man in dieser Situation einfach genauer schauen, wer auf die Insel kommt und nur auf Corona getestete Besucher zulassen. Ich habe aber auch keine ideale Lösung. EA: Zurück zu Ihnen: Die Kultsendung „Formel Eins“ hatte nacheinander mehrere Moderatoren: Sie zu Anfang, es folgten Ingolf Lück, Stefanie Tücking und Kai Böcking. Alle sind bis heute in der Erinnerung immer noch präsent. Woran liegt das? PI: Die Sendung war damals sehr innovativ als erste wöchentliche Musiksendung im deutschen Fernsehen, die fast jeder gesehen hat, der sich für Musik interessiert hat. EA: Sie sind nicht nur Moderator, sondern verstehen auch etwas von Musik. Wie kamen Sie vom Psychologie- und JuraStudium zur Musik? PI: Wie die Jungfrau zum Kinde, wie man

so schön sagt. Ich hatte zunächst kein riesiges Fachwissen, sondern habe mich einfach mal beworben beim Bayerischen Rundfunk. Ich habe gefragt: Könnte ich da mal was machen? Dort sagte man mir, meine Stimme klingt ganz angenehm, ich habe es versucht und das andere hat sich dann sukzessive ergeben. Musik hat mich interessiert und ich habe immer mehr gelernt. Vom Hobby zum Beruf sozusagen. EA: Bei „Pop nach Acht“ (Bayerischen Rundfunk) waren Sie Nachfolger von Thomas Gottschalk. Inwieweit hat Sie das geprägt, von der Moderation bis zur Frisur? PI: Also, die Frisur hatte ich vorher, in der Moderation schon. Gottschalk war ja in den 80er-Jahren schon eine Art RadioGott in Bayern, weil er einer der ersten war, der ganz locker und frei Schnauze moderiert hat und das fanden ich und

Foto: harrystahlfotografie.com

EL AVISO: Sie essen gern und besonders gern auf Mallorca? Peter Illmann: Das ist richtig, ich mag beispielsweise den kleinen Ort Sant Llorenç des Cardassar und das Restaurant Es Pati. Ich habe auf Mallorca viele Freunde und Bekannte, die auf Mallorca leben oder ab und zu dort sind. Die Insel ist nicht nur wunderschön, sondern eben auch sehr vielfältig: es gibt Massentourismus, aber auch einsame Bergdörfer. Das habe ich so auf der Welt noch nicht gesehen. Gerade in Palma gibt es sehr schöne Stadthotels, zum Beispiel das Gloria de Sant Jaume, ein altes Stadtpalais, toll renoviert. Das ist die Art von Hotels, die ich in der Stadt liebe. Auf dem Lande bevorzuge ich die Agrotourismus-Angebote. Das Cas Cabo Nou bei Manacor gefällt mir gut. Ich überlege sogar, ob ich nicht nz nach Mallorca ziehe.

Peter Illmann

Peter Illmann

für mich heute einfach eine Entspannung. Ansonsten hat sich mein Musikgeschmack wenig geändert. Schlager finde ich auch heute größtenteils noch furchtbar, aber ich toleriere sie eher als früher. Das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass ich viele Schlagersänger kennengelernt habe und Leute wie Mary Roos und Roland Kaiser sind nun mal absolute Profis, sehr sympathisch und nehmen ihre Musik sehr ernst.

„Heute denke ich aber auch an die etwaigen Chancen, Talk etwa hätte mich auch sehr interessiert.“

Peter Illmann zu Gast im Bens d‘Avall bei Deià

andere gut. Ich habe von Anfang an auch so moderiert, wie ich normal spreche. Und er hat mich bestätigt, dass ich so bleiben sollte wie ich bin. EA: Apropos prägend…ist der Eindruck richtig, dass in den 80er-Jahren mehr Musik ohne Haltbarkeitsdatum entstanden ist? PI: Der Eindruck entsteht immer leicht. Ich glaube, das hängt tatsächlich mit dem Alter zusammen, und der Eindruck entsteht immer leicht, weil die Zeit der 80er

heute als relativ unbeschwert erscheint, obwohl sie es gar nicht war. Es war eine Zeit des Aufbruchs und damit verbindet man ein positives Lebensgefühl und das spiegelt sich in der Musik wider. Ich glaube nicht, dass die Musik besser war. EA: Hat sich ihr persönlicher Musikgeschmack seit den 80er-Jahren verändert? Welche Musik hören Sie heute? Ist man über 50 offener, zum Beispiel für Klassik? PI: Das trifft tatsächlich zu: Klassik habe ich früher weniger gehört. Klassik ist

EA: Nach ARD und ZDF haben Sie mit Kabel 1 und RTL Nitro sehr spät die privaten Fernsehsender entdeckt. Woran lag das, denn verdienen konnte man da mehr…? PI: Das stimmt und das frage ich mich heute auch. Ich habe mich ehrlich gesagt auch nie so richtig drum gekümmert, weil ich gerne bei den Öffentlich-Rechtlichen war und die Privaten logischerweise schon damals sehr auf Kommerz aus waren. In die Richtung wollte ich mich nicht bewegen. Heute denke ich aber auch an die etwaigen Chancen, Talk etwa hätte mich auch sehr interessiert und da wären sicherlich auch Möglichkeiten gewesen, die ich nicht genutzt habe.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.