pfeffer

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Ausgabe 1/2020

pfeffer

GewĂźrz- und Kulinarikmagazin

Petersilie aus Bayern

Evergreen in allen KĂźchen


Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser! Herausgeber des Gewürzmagazins pfeffer ist der Fachverband der Gewürzindustrie e. V. in Bonn. Der Verband vertritt rund 90 Unternehmen, die Gewürze verarbeiten und veredeln. Die deutsche Gewürzindustrie bedient private Haushalte ebenso wie Gastronomie und Handel. Gleichzeitig ist sie leistungsstarker Partner der Lebensmittelhersteller im handwerklichen und industriellen Bereich.

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etzt beginnt die sonnige Zeit der Balkone und Gärten, der Grillgerichte und Eisbecher. Der Sommer ist da! pfeffer hat ihm zu Ehren ein ganzes Heft gestaltet: So lässt uns die Münchnerin Lisana Hartl in ihr Lagerfeuer-Rezeptbuch schauen und lädt zum Brutzeln auf offener Flamme ein. Zusammen mit Pflanzenarzt René Wadas nutzen wir Küchenkräuter nicht nur für uns, sondern auch als blühendes Bienenfutter. Und was ist eigentlich bei der Eiscreme los? In den Verkaufstheken finden sich neue, kreative Sorten, in denen Gewürze und Kräuter gerne die Hauptrolle übernehmen. Ehrensache, dass auch hier pfeffer dabei ist. Wobei: Der Star dieser Ausgabe ist eigentlich die Petersilie. Ob kraus oder glatt, gerebelt oder frisch geschnitten, sie ist das mit Abstand beliebteste Küchenkraut. Und: Sie wächst in Deutschland, genauer im schönen Bayern. pfeffer hat sich auf die Reise gemacht. Besten Gruß und viel Freude wünscht

IMPRESSUM: pfeffer – das gewürzmagazin © Fachverband der Gewürzindustrie e. V., Bonn Ausgabe 1/2020, erschienen im Mai 2020 Herausgeber: Fachverband der Gewürzindustrie e. V. Reuterstraße 151 D-53113 Bonn Telefon: (02 28) 21 61 62 Fax: (02 28) 22 94 60 E-Mail: pfeffer@gewuerzindustrie.de www.gewuerzindustrie.de Redaktion/Gestaltung: Kerstin Rubel, Susanne Del Din Druck: Druckerei Kliewer (Limberg-Druck GmbH) Bildnachweis: Grillbuch „FeuerFest“ von Lisana Hartl/Hädecke Verlag, Raps, Shutterstock (Gaak, Natata, Peter Zijlstra, Kostiantyn Ablazov, optimarc, Tadeusz Wejkszo, SOMMAI, Brent Hofacker, Oxana Denezhkina, 13Smile, Fascinadora, Foxyliam, Hochzeiter, Kevin Standage, Scisetti Alfio, Mukkesh Photography, A_stockphoto, Manfred Ruckszio, Alexandra Anschiz, Imageman, Guta Timmen), Unsplash (Ankit Verma, Mark Tegethoff)

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Dr. Markus Weck Hauptgeschäftsführer des Fachverbands der Gewürzindustrie e.V.


Inhalt

Sprechstunde mit Pflanzenarzt René Wadas

Kräuterfutter für Wildbiene und Co. Im Gespräch

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Gewürze der Welt

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Einem Pfeffersack auf der Spur Der Augsburger Kaufmann Jakob Fugger

Evergreen aus Bayern Küchenklassiker aus heimischem Anbau: Petersilie

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Grill & Co.

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Klassisch & traditionell

Lebensart & Geschmack Ideen aus der Eistüte In schönster Bällchenform: Basilikum, Tonkabohne und Co.

Brutzeln am Lagerfeuer Mal eben gezaubert: Fladenbrot-Pizza und Feuerkäse

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Aus der Geschichte

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Kurz & knapp Aus dem Themenreich der Gewürze

Auf goldene Zeiten Kurkuma-Staubwolken für eine indische Gottheit

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Expertise Blitzeblank Rohstoffaufbereitung von Gewürzen und Kräutern

Noch mehr pfeffer Das Online-Magazin findet sich unter pfeffer-magazin.de.

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Im Gespräch

Sprechstunde mit Pflanzenarzt René Wadas

Essbare Blüten und Blütenblätter

Kräuterfutter für Wildbiene und Co. Einer für dich, einer für mich: Von einer „Bienenweide“, die aus aromatischen Gewürz- und Küchenkräutern besteht, profitieren zwei: die fleißige Insektenschar und die eigene Küche. pfeffer hat sich darüber mit René Wadas unterhalten. Der „Pflanzenarzt“ erklärt, wie leicht sich Balkonkästen und Kübel in schmackhaftes Insektenfutter verwandeln lassen.

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Im Gespräch

Weshalb eignen sich Küchen- und Gewürzkräuter als Insektenfutter? „Unsere Kräuter produzieren reichlich ätherische Öle, deshalb schmecken sie uns so gut. Und deshalb lockt ihr Duft Insekten an. Welche das im Einzelnen sind, hängt von der jeweiligen Blütenform ab. Doldenblütler wie Dill oder Fenchel können beispielsweise alle leicht anfliegen, selbst die breit gebaute Hummel. Sie sind so etwas wie ein Insektenlandeplatz, da ist richtig was los.“

Welche Kräuter können Sie außerdem empfehlen? „Rotes Basilikum ist bei Wildbienen ungeheuer beliebt, es entwickelt viele duftende Blüten, das Gleiche gilt aber auch für den ganz normalen Schnittlauch. Borretsch wächst wie verrückt, er lässt sich leicht im Kübel aussähen und blüht den ganzen Sommer über. Weniger bekannt ist Ysop, das Eisenkraut, es wird nicht umsonst Bienenkraut genannt. Es blüht, tiefblau, von Juli bis September. Sein Geschmack erinnert an Thymian, er ist ein naher Verwandter.“

Ich habe gelernt, dass Blüten von Küchenkräutern, wie etwa Schnittlauch oder Borretsch, abgeknipst werden müssen, damit die Blätter nicht ihre Würzkraft verlieren. Was ist da dran? „Wenn eine Pflanze geblüht und ihre Frucht angesetzt hat, wächst sie nicht mehr so stark, sie hat ihren Dienst getan. Deshalb ist es eine gute Idee, einen Teil regelmäßig abzuernten, also für mich zu nutzen, und einen anderen Teil der Natur zu überlassen.“

Wenn ich in meine Balkonkästen insektenfreundliche Kräuter setzen möchte. Was muss ich bedenken? „Alle mediterranen Kräuter wie Salbei, Basilikum oder Rosmarin gehören in die volle Sonne und brauchen einen mageren, durchlässigen Boden mit wenig Nährstoffen. Es gilt die Faustregel: weniger Stickstoff gleich mehr Aroma. Anders sieht das bei den heimischen Pflanzen aus, deshalb sollte man sie auch in einen anderen Kasten setzen als die mediterranen. Petersilie, Schnittlauch oder Majoran benötigen viel Dünger. Ich rate zum Naturdünger, der belebt den Boden, hat aber nicht zu viel Stickstoff und die angebauten Pflanzen lassen sich auch unbedenklich essen. Für alle Kräuter ist übrigens Staunässe Gift. Deshalb empfehle ich, beim Pflanzen Sand unter die Erde zu mischen, so bleibt sie durchlässig.“

Beim Stichwort „unbedenklich essen“ kommt mir das Thema Pflanzenschutz in den Sinn. Was tun, wenn die Schützlinge von Parasiten heimgesucht werden? „Blattläuse gehören, genau genommen, ja auch zu den Insekten, sie dienen dem Marienkäfer als Futter. Um meine Pflanzen zu schützen, muss ich also nicht alle ausrotten, sondern kann zu einer milden Lösung greifen, die auch für mich unbedenklich ist. Füllen Sie in eine Sprühflasche 20 Milliliter Raps- oder Sonnenblumenöl und einen Liter Wasser, das Sie vorher erwärmt haben – das ist wichtig, damit sich beides vermischt. Immer wieder kräftig schütteln und versprühen. Das hilft.“

Was gilt es, noch zu beachten? „Nichts weiter. Entscheiden Sie aus dem Bauch heraus, nehmen Sie die Kräuter, die Sie selbst auch gerne mögen. Sie müssen keinen Lehrgang machen, um Bienenfutter anzupflanzen. Wichtig ist nur, dass man es tut und dass es nicht beim Nachdenken bleibt.“ Welches Küchenkraut mögen Sie selbst am liebsten – also auf dem Teller? „Basilikum, da geht es mir wohl wie den meisten. Zusammen mit frischen Gartentomaten ist es einfach unschlagbar. Ich schätze in der Suppe aber auch Maggikraut. Es ist ein bisschen aus der Mode gekommen, ist aber immer noch lecker. Thymian gehört auch zu meinen Favoriten. Wir haben ihn an die Südseite unseres Hauses angepflanzt – als Bodendecker. Die Insekten lieben ihn da.“

Thymian als Bodendecker – das ist eine hübsche Idee. Haben Sie noch so eine? „Winter- oder Frühlingszwiebeln machen sich gut in einem großen Kübel, sie lassen sich ganz leicht aussähen. Wir ernten daheim die einzelnen Blätter und verarbeiten sie frisch in der Küche. Irgendwann lassen wir die Zwiebeln dann wachsen und sie bekommen prächtige weiße Blüten. Die große Holzbiene, eine dunkle, bläulich gefärbte Wildbiene, kommt jedes Jahr bei uns vorbei und schaut, wann es wieder so weit ist.“ i

René Wadas hat als „Pflanzenarzt“ mehrere Bücher geschrieben, mit denen er kränkelnden Blumen, Sträuchern und Bäumen – als auch ihren Besitzern – zur Seite steht. Der Gärtnermeister ist häufig in den Medien zu Gast und daher bundesweit bekannt.

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GewĂźrze der Welt

KĂźchenklassiker aus heimischem Anbau: Petersilie

Evergreen aus Bayern 6


Gewürze der Welt

Das Petersiliensträußchen ist ein Klassiker. Und in ihm steckt das mit Abstand beliebteste Küchenkraut. Neben Osteuropa, den Niederlanden und Frankreich gilt Deutschland, speziell Bayern, als wichtigstes Anbaugebiet. pfeffer hat vorbeigeschaut.

Nur ein bisschen Deko, nur ein wenig Garnitur? Wer das denkt, der verkennt die Petersilie. In ihr steckt eine Vitalstoff-Bombe, die ihresgleichen sucht: Vitamin A, B, C, E, Mineralstoffe wie Kalzium, Eisen und viele mehr. Wie wäre es also mal wieder mit einem grünen Smoothie? Natürlich mit drei, vier Stängel Petersilie. Dabei besteht die Wahl zwischen der glatten Variante, Petroselinum sativum, und der krausen, dunkelgrünen Züchtung, Petroselinum crispum. Da Letztere mit Kälte besser zurechtkommt, hält sie sich gut im heimischen Küchengarten. Beliebter, da intensiver im Geschmack, ist

allerdings die glatte Petersilie. Ihr Duft ist aromatisch, der Geschmack frisch-würzig mit einer leicht süßlichen Note. Die Petersilie ist überhaupt ein kultiviertes Küchenkraut, der Wildwuchs behagt ihr gar nicht. In ihrer Historie galt sie zunächst als reine Heilpflanze, aber schon die Römer nutzten das Kraut auch in ihrer Küche. Mit den römischen Feldzügen schaffte es das zarte Pflänzchen zu uns nach Mitteleuropa, wo es zunächst wieder nur bei den Arzneimitteln und im Klostergarten landete. Erst ab dem Mittelalter änderte sich das: Die Petersilie eroberte Töpfe und Teller. i

Die glatte Petersilie ist in Europas Küchen

Die krause Gartenpetersilie ist eine spezielle Züchtung, um eine

beliebter als die krause. Andersherum

Verwechselung mit der giftigen, wildwachsenden Hundspetersilie

verhält es sich in den USA oder China.

zu vermeiden. Deren Blätter ähneln denen der glatten Petersilie.

Die französische Küche schätzt das

Lecker zur Grillsaison:

Die gerebelte, luft- oder gefriergetrock-

„Bouquet garni“. Das Kräutersträußchen

Pesto aus Petersilie.

nete Petersilie ist der wortwörtliche

besteht aus Petersilie, Thymian und

Evergreen unserer Küche.

Lorbeer, es wird mitgegart.

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Grill & Co.

Mal eben gezaubert: Fladenbrot-Pizza und Feuerkäse

Brutzeln am Lagerfeuer Es knistert, flackert und wärmt so schön, dann, wenn Sommernächte etwas kühler werden: das Lagerfeuer. Auf ihm lässt sich Leckeres brutzeln. Mit viel Ideenreichtum zeigt das Lisana Hartl in ihrem Kochbuch „FeuerFest“. pfeffer hat darin geblättert und zwei Appetithappen mitgebracht.

Bei der Arbeit: Lisana Hartl. Für ihr Grillbuch „FeuerFest“ (Hädecke Verlag) erhielt sie den „World Gourmand Cookbook Award 2020“ in der Kategorie Fotografie. Die 33-Jährige wählte zunächst den Beruf der Illustratorin, folgte dann aber dem Ruf ihrer Familie und stieg in die Geschäftsleitung der Senfmanufaktur Münchner Kind’l ein. Diese feiert in diesem Jahr 100. Firmenjubiläum.

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Grill & Co.

Fladenbrot-Pizza „Lisana“ 2-4 Pizzen, 90 Minuten

Zutaten: Teig (zu Hause vorbereiten): 1 Messerspitz Trockenhefe 2 Tassen* Mehl (Weizenmehl Type 550 oder Dinkelmehl Type 630) 1 Tasse* lauwarmes Wasser 1 TL Salz *große Kaffeetasse, entspricht ca. 150–175 g Mehl und ca. 200–250 ml Wasser

Feuerkäse Zwei Portionen, 15 – 20 Minuten

Zutaten: 1 EL Butter 500 g würziger, runder Weichkäse am Stück, z.B. Brie oder Camembert Kräuter nach Belieben, z.B. Rosmarinspitzen, Thymianund Salbeiblättchen 2 Knoblauchzehen Salz & schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen ½ Chilischote, nach Belieben, in feine Würfel geschnitten 1 Baguette oder Bauernbrot Butter in einer gusseisernen Pfanne bei mittlerer Hitze schmelzen. Den Käse in die Pfanne geben und circa 5 Minuten leicht anbräunen. Dann den Käse umdrehen und wie beim Ofenkäse ein Kreuz in die obere Rinde schneiden und die Enden nach außen klappen. Knoblauch schälen und in feine Stifte schneiden. Zusammen mit den Kräutern den Käse damit spicken.

Trockenhefe in etwas Wasser auflösen, dann mit den übrigen Zutaten in eine Schüssel geben und am besten mit einem Holzlöffel zu einem glatten Teig verrühren. Wichtig ist, ihn nicht zu kneten, damit die Luftbläschen im Teig bleiben und er so schön luftig wird. Dann mindestens zwei Stunden bei Zimmertemperatur abgedeckt gehen lassen – je länger desto besser. Man kann ihn auch über Nacht an einem kühlen Ort gehen lassen.

Belag: 500 g Tomaten 1 Handvoll Basilikumblätter 1–2 Knoblauchzehen 100 ml Olivenöl 150 g Rucola, gewaschen und küchenfertig 40 g Parmesan, frisch gerieben Salz & schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen Teig vor dem Backen ganz kurz durcharbeiten. Auch hier gilt: So wenig wie möglich kneten. Die Tomaten waschen und in kleine Würfel schneiden, den Strunk jeweils entfernen. Basilikumblätter grob hacken und beides in eine Schüssel geben. Den Knoblauch schälen, durch die Presse drücken oder fein hacken und zu den Tomaten geben. Olivenöl zugießen, mit Salz und Pfeffer abschmecken. Aus dem Teig Fladenbrote formen. Es gibt zum Grillen zwei Möglichkeiten: Entweder legt man das Fladenbrot direkt auf den Grillrost oder auf eine gusseiserne Platte (oder einen Pizzastein). Die Platte dafür nur leicht einölen und die Pizzafladen darauf legen. Mit einem Kochpinsel jeden Fladen mit circa 1–2 EL Olivenöl bestreichen und etwas salzen. Das Pizzabrot fängt nach einer Weile an, Bläschen zu werfen, und wird unten schön knusprig. Wer es von beiden Seiten knusprig haben möchte, dreht den Fladen einfach um. Die fertigen Pizzabrote auf ein Brett geben, Tomaten und etwas Rucola darauf verteilen, Parmesan darüber geben und servieren.

Den Käse mit einem Topfdeckel abdecken und etwa 5 Minuten weiterschmelzen lassen. Wenn er innen ganz geschmolzen ist, mit Salz und Pfeffer abschmecken und eventuell noch Chiliwürfel darüber geben. Mit Brotwürfeln und Gabeln wie beim Fondue oder auf Brotscheiben servieren.

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Klassisch & traditionell

Kurkuma-Staubwolken fĂźr eine indische Gottheit

Auf goldene Zeiten

Neben gläubigen Hindus zieht es auch Touristen ins indische Jejuri. Dabei muss jedem klar sein: Wer sich in die Tempelstadt hineinwagt, wird kurkumagelb herauskommen.

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Klassisch & traditionell

Eine goldgelbe Nebelwolke liegt auf der indischen Stadt Jejuri, auf den Häusern und ihren Menschen. In gewaltigen Mengen verstreuen gläubige Inder Kurkuma und erweisen der hinduistischen Gottheit Khandoba ihre Ehre. Das strahlend gelbe „Goldpulver“ dient in Indien nicht nur als Gewürz, sondern auch als traditionelle Opfergabe.

Khandoba besitzt vier Arme und Hände, in einer trägt er eine Schale voller Kurkuma. Das Gewürz, das manch einer auch als Gelbwurz kennt, gilt in Indien auch als Heilmittel und so ist Khandoba ein Gott, der für Gesundheit und Fruchtbarkeit steht. Und er verspricht noch mehr: Einheimische nennen das goldgelbe Kurkumapulver „Bhandara“, es bedeutet Gold oder Reichtum.

Khandoba-Tempel. Jeden Tag fliegen hier die gelben Staubwolken, während die Pilger vor dem Heiligtum geduldig Schlange stehen. Gläubigen Hindus dient Kurkuma, das die Einwohner an jeder Straßenecke verkaufen, als Opfergabe. Wer es schafft, bis in das Innerste des Tempels vorzudringen, der bekommt eine Portion Goldpuder auf die Stirn gedrückt. i

In Jejuri, das im Bundesstaat Maharashtra und damit in Indiens geografischer Mitte liegt, steht ein wichtiger

Vor allem beim alljährlichen

Unmengen von pulverisiertem

Bhandara-Festival versinkt die

Kurkuma landen täglich auf der

ganze Stadt im „Goldpuder“.

Tempelanlage. Da hilft nur eins: regelmäßig abstauben.

Der Khandoba-Tempel ist nur zu Fuß erreichbar. Am Eingangstor liegt eine heilige Kuh aus Stein. Auch sie wartet darauf, mit dem gelben Gewürz überschüttet zu werden.

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Expertise

Rohstoffaufbereitung von Gewürzen und Kräutern

Blitzeblank Damit Gewürze, tadellos und lupenrein, beim Verbraucher ankommen, betreiben hiesige Gewürzunternehmen einen enormen Aufwand. Denn erst die hochtechnisierte Reinigung und Veredlung machen aus ursprünglichen Naturprodukten sichere Lebensmittel nach deutschem Qualitätsstandard. Ein Praxisbericht.

Die deutsche Gewürzindustrie hat sich der Rohstoffreinheit verschrieben. Hier eine gewaltige Rohstoffaufbereitungsanlage, die ganz unterschiedliche Gewürze und Kräuter reinigen kann.

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Expertise

Anno dazumal ist da, wo der Pfeffer wächst. Denn dort, wo sich exotische Spezereien wohlfühlen, scheint die Zeit stehengeblieben: Gewürze gedeihen zumeist in feuchtwarmen bis tropischen Klimazonen, hier dominieren kleinbäuerliche Strukturen. Die Lebensbedingungen sind einfach, Gewürzanbau ist Familiensache und geschieht vor allem in Handarbeit.

Bis Ingwerpulver derart rein ins Gewürzregal kommt, ist es ein weiter Weg.

Die Szenerie ändert sich, wenn die getrocknete Ernte auf Reisen geht – und europäische Lebensmittel-Sicherheitsgrenzen erreicht. Jetzt ist es an der Gewürzindustrie, die ursprünglichen Naturprodukte von allen nur erdenklichen Fremdkörpern zu befreien, so dass sie modernen Qualitätsnormen entsprechen. Das Wort der Stunde heißt: Verbraucherschutz. Denn schließlich wünscht sich der Käufer tadellose Gewürze, in denen ausschließlich das zu finden ist, was die Verpackungsaufschrift ankündigt. Verbraucherschutz beginnt, auch in Deutschland, mit solider Handarbeit: „Von jeder Gewürzlieferung zieht unser hauseigenes Labor Stichproben. Ausgebreitet auf einer großen, gut beleuchteten Fläche untersuchen unsere Mitarbeiter die Ware – per Pinzette“, berichtet Dr. Udo Martens, Unternehmensbereichsleiter Produktion, Technik und Logistik bei dem Gewürzveredler Raps in Kulmbach. Mögliche Steinchen aus dem Ackerboden, Glasscherben, winzige Kunststoffpartikel, Textilfetzen und Stofffäden, Stile oder Blätter anderer Pflanzen fallen nun, sprichwörtlich, ins Auge. Physikalische und chemische Lebensmittelanalysen ergänzen. Gibt die Wareneingangskontrolle grünes Licht, wandert die angelieferte Gewürzcharge weiter in die Produktion: In einer großen Halle trifft sie auf eine gewaltige Rohstoffaufbereitungsanlage, „25 Meter lang, 15 Meter breit und fünf Meter hoch“, zählt Martens auf. Ein geschlossenes und damit sicheres System. Die Anlage reinigt alle Gewürze und Küchenkräuter, die durch ihre 700 Meter langen Rohrleitungen wandern: Pfeffer, Nelken und Piment ebenso wie Fenchel- und Koriandersamen, getrocknete Ingwer-Flakes und Zwiebel-

Ob der Majoran aus Thüringen oder aus Ägypten stammt, ist für den Reinigungsprozess entscheidend. Im letzteren Falle

scheiben oder gerebelte Thymianblätter. Genau genommen steckt in dieser Vielfalt ein technologisches Kunststück. Denn heute kleine Steine von getrockneten Pfefferkörnern zu unterscheiden und morgen feine Majoranblättchen von zerfetzten Plastikteilchen bedeutet detailgenaue Feinstarbeit. „Unsere Lebensmitteltechniker können die Aufbereitungsanlage je nach Rohstoff und enthaltenen Fremdkörpern steuern und immer feiner nachjustieren. Über mehrere Reinigungsvorgänge finden sie so eine scharfe Trennungsgrenze zwischen Fremdbesatz und Gutmaterial“, erklärt Martens. Für ihn liegt das saubere Erfolgsrezept in der technologischen Flexibilität – und in dem Know-how seiner Mitarbeiter. Je nach Ausgangslage können sie einzelne Reinigungsschritte über Rohrkupplungen zu- oder abschalten. Viele der integrierten Systeme arbeiten mechanisch und nach physikalischen Parametern. Ihre Siebe- und Auslesemaschinen, Luftströme und Trenntische vibrieren, kreisen und schwingen so lange, bis alle Partikel, die in Größe, Schwere oder Dichte nicht dem Gewürz entsprechen, aussortiert sind. Magnetabscheider haben es zudem auf winzige Nadelköpfe, Drahtenden oder abgesplitterte Messerspitzen abgesehen, eben auf alles, was magnetisch ist. Metalldetektoren entdecken mittels eines elektromagnetischen Feldes, das sie aufbauen, auch nichtmagnetische Partikel, etwa solche aus Edelstahl. Selbst kleinste Fremdkörper, die in einem Produkt stecken, fallen auf diese Weise auf. Ist die Feinsortierung abgeschlossen und gibt der abschließende Laborbefund noch einmal grünes Licht, geht es in die weitere Veredlung: Vermahlung, Vermischung, Verpackung. i

sind deutlich mehr Fremdstoffe in der Rohware zu finden.

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Aus der Geschichte

Der Augsburger Kaufmann Jakob Fugger

Einem Pfeffersack auf der Spur Er war Kaufmann, Montan-Unternehmer, Bankier und ein Pfeffersack par excellence: Jakob Fugger (1459–1525). Das Finanzgenie aus Schwaben besaß einen schlichten und darin so aussagekräftigen Zweitnamen: der Reiche. 300 Milliarden Dollar wäre sein Vermögen heute wert, das sagen Schätzungen. Zum Vergleich: Das Vermögen von Bill Gates wird auf 110 Milliarden Dollar taxiert.

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Was – oder wer – ist eigentlich ein Pfeffersack? Ab dem 16. Jahrhundert wird der Begriff als abfällige Bezeichnung für einen reichen Kaufmann verwandt. Denn viele von ihnen gründeten ihren Besitz auf den Übersee-Handel mit Gewürzen, die im Mittelalter allumfassend mit „Pfeffer“ bezeichnet wurden. Auch im Deutschen Wörterbuch der Gebrüder Grimm findet sich der Pfeffersack als „verächtliche Bezeichnung eines reichen Kaufmannes, eines Krämers, auch eines Emporkömmlings, eines neubackenen Adeligen, besonders wenn er aus dem Kaufmannstande ist“. Trifft all das auf Jakob Fugger zu?

Auch im Gewürzhandel, einem finanziell verlockenden, aber auch risikoreichen Geschäft, mischten die Fugger mit: An der ersten und einzigen Handelsfahrt deutscher Kaufleute nach Indien (1505/06), die sich einer portugiesischen Flotte anschloss, beteiligten sie sich ebenso wie 1525 an einer frühen spanischen Expedition zu den Molukken, den sagenumwobenen Gewürzinseln des heutigen Indonesien. Diese allerdings scheiterte und da die Fugger den Löwenanteil an der verlorenen Investition schultern mussten, entschied das Familienoberhaupt kurzerhand, ÜberseeExperimente künftig bleiben zu lassen.

„Jakob Fugger von der Lilie“ entstammte einer Augsburger Handelsfamilie, deren Unternehmungen er in wenigen Jahrzehnten gewaltig ausbaute. Das Familienvermögen gründete auf Baumwollhandel mit Italien, Finanzgeschäften mit den Habsburgern und der Kurie, dazu die Montan-Wirtschaft: Silber, Kupfer, Quecksilber, Zinnober. Ein europaweit agierender Konzern, zuweilen mit Monopolstellung. Als mächtiger Strippenzieher und „Königsmacher“ beeinflusste Jakob Fugger die europäische Politik maßgeblich. Indem er eine Grafschaft und weitere „Herrschaften“ erwarb, stieg seine Familie 1511 selbst in den Adelsstand auf.

Dafür unterhielt sein Unternehmen bis weit ins 15. Jahrhundert hinein einen Handelsstützpunkt in Venedig. Die Lagunenstadt galt als gewinnträchtige Drehscheibe des internationalen Gewürzhandels. Von hier aus vertrieben die Fugger schwarzen Pfeffer aus Indien oder Zimtstangen aus Sri Lanka an all jene, die in Europa etwas auf sich hielten. Denn die kostbaren Gewürze schmeichelten nicht nur dem Gaumen, sie galten auch als Heilmittel und vor allem: als luxuriöses Prestigeobjekt. i


Lebensart & Geschmack

In schönster Bällchenform: Basilikum, Tonkabohne und Co.

Ideen aus der Eistüte Es gibt wohl niemanden, dem ein Tüte Eiscreme kein Lächeln ins Gesicht zaubern würde. Was wäre ein Sommer ohne Vanille, Schoko und Stracciatella? Womit drei der beliebtesten Sorten schon genannt wären. pfeffer hat sich umgeschaut, welche Sorten heute noch so in den Eisbecher kommen, und traf auf manch einen Gewürznamen. Wie wäre es mit einer Kugel zartbitterem Edel-Schokoladeneis, abgeschmeckt mit einem Hauch Chili? Oder einem Touch grünem Pfeffer? Die Vielfalt, mit der neue Eiskreationen entstehen, ist beeindruckend. Und die Experimentierfreude dahinter auch. Neben Früchten übernehmen Gewürze häufig die namengebende Hauptrolle in den Rezeptkreationen. Viele von ihnen harmonieren wie selbstverständlich mit Milch, Sahne und Zucker, den Hauptzutaten vieler Eiscremes. Der in Backwaren so beliebte Zimt etwa schmeckt auch im Sommer köstlich und versteht sich bestens mit echter Bourbon-Vanille, dem Eis-Klassiker schlechthin. Auch die Tonkabohne passt in diese geschmackvolle Reihe. Ihr Aroma rangiert zwischen Karamell-Bonbon und Marzipankartoffel. Wer es frischer mag, der greift ins Kräuterbeet: Minze oder Waldmeister passen wunderbar zu Zitrusfrüchten, aus denen sich kühle Sorbets zaubern lassen. Oder wie wäre es mit Basilikum-Eiscreme? Dazu einfach alle Blätter von einem Bund Basilikum abzupfen und in einen Mixer geben. 120 Milliliter Sahne und 200 Milliliter Milch hinzufügen, ebenso 50 Gramm Zucker, drei Eigelbe, eine kleine Prise Salz und Limettenabrieb nach Geschmack. Alle Zutaten fein pürieren und dann in einem Topf leicht erwärmen, so lange, bis sich der Zucker komplett aufgelöst hat. Die erkaltete Masse in die Eismaschine füllen – und abwarten. Derweil eine Handvoll Erdbeeren fein würfeln, zuckern und mit einem Schuss Limettensaft ziehen lassen. Das fertige, knallgrüne Basilikum-Eis mit den roten Früchten dekorieren – und vielleicht, ganz vorsichtig, mit wenigen Tropfen Balsamico-Crema beträufeln. i

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Kurz & knapp

Schneeflöckchen im weißen Röckchen 700 Gramm Erdbeeren, 300 Gramm Mascarpone, 100 Milliliter Milch, 200 Gramm Zucker, zwei Esslöffel Zitronensaft und dazu 30 bis 40 Minuten Zeit. Mehr braucht es nicht, um mit einer Eismaschine eine ansehnliche Portion Erdbeereis zu zaubern. Oder wie wäre es mit Vanille-, Zimt- oder Minzeis? pfeffer verlost den Eiscremebereiter „Schneeflöckchen“ von Klarstein (klarstein.de), mit dem sich nicht nur bis zu 700 Milliliter Speiseeis kinderleicht herstellen lassen, sondern auch Milchshakes, Smoothies oder Gelees. Wer die Maschine gewinnen möchte, der schickt bitte eine Mail mit kompletter Adresse und Telefonnummer an pfeffer@gewuerzindustrie.de (Einsendeschluss: 1. Juli 2020). Stichwort: Schneeflöckchen. Teilnahmebedingungen unter: pfeffermagazin.de/gewinnspiele. i

Rezepte fürs Studium: College Curries Viele indische Familien besitzen ein wohlgehütetes Rezept für ihre eigene Currymischung. Die „Masalas“ werden von Generation zu Generation weitergegeben, von Hausfrau zu Hausfrau. Renuka und Jancy sind zwei von ihnen. Um ihre Kinder zur Uni schicken zu können, haben sie ihre Familienrezepte geteilt. Eine Charge ist produziert worden und nun unter collegecurries.de in Deutschland erhältlich. Ein Teil des Erlöses wird zum Studiengeld. Hinter der Idee stecken Surya Ormeloh und Nils Lalleike, sie haben die Gewürzmischungen nach Deutschland gebracht. Dass die indischen Frauen mit ihren Rezepten einen reellen Gegenwert erbringen, also keine eigentlichen Spendengelder erhalten, ist ihnen wichtig. i

Klein, aber fein Asant

In der letzten Ausgabe verloste pfeffer drei Exemplare des Guide Michelin. Freuen können sich die Gewinner Lilli Szrama, Michael Helbig und Udo Ohmen. Herzlichen Glückwunsch!

Herstellung: zu Harz getrockneter Saft der Staudenpflanze „Asa foetida“, deren stark stinkende Pfahlwurzel zur Gewinnung immer wieder angeritzt wird Aroma: Knoblauch- oder Zwiebelersatz, schwefelig und stark, verändert sich beim Kochen Klassiker: Bestandteil der legendären englischen Worcestershire-Sauce

Noch mehr pfeffer Das Online-Magazin findet sich unter pfeffer-magazin.de.

Beliebtheit: vom alten Rom bis zum heutigen Indien, gewöhnungsbedürftig für Mitteleuropäer Historie: „Teufelsdreck“ galt einst als populäre Zutat in deutschen Blut- und Leberwürsten (19. Jahrhundert).


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