pfeffer, Ausgabe 01_22

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Ausgabe 1/2022

pfeffer

Gewürz- und Kulinarikmagazin

Basilikum aus Ägypten

Sommer im Glas


Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser! Herausgeber des Gewürzmagazins pfeffer ist der Fachverband der Gewürzindustrie e. V. in Bonn. Der Verband vertritt 95 Unternehmen, die Gewürze verarbeiten und veredeln. Die deutsche Gewürzindustrie bedient private Haushalte ebenso wie Gastronomie und Handel. Gleichzeitig ist sie leistungsstarker Partner der Lebensmittelhersteller im handwerklichen und industriellen Bereich.

IMPRESSUM: pfeffer – das gewürzmagazin © Fachverband der Gewürzindustrie e. V., Bonn Ausgabe 1/2022, erschienen im Mai 2022 Herausgeber: Fachverband der Gewürzindustrie e. V. Reuterstraße 151 D-53113 Bonn Telefon: (02 28) 21 61 62 Fax: (02 28) 22 94 60 E-Mail: pfeffer@gewuerzindustrie.de www.gewuerzindustrie.de Text- und Bildredaktion: Kerstin Rubel www.handmade-books.de Gestaltung: Susanne Del Din www.deldindesign.de Druck: Druckerei Kliewer (Limberg-Druck GmbH) Bildnachweis: Fachverband der Gewürzindustrie, Christine Ferrari (Mohamed Saad), weber.com, Shutterstock (Daily Travel Photos, zi3000, Dionisvera, Rawpixel.com, BorisKotov, Kate Twohig, AmyLv, Ewa Studio, sirirat­ savett, Gv Image-1, Sentelia, Suthin_Saenontad, Alex Bascuas, Katarzyna Hurova, SapGreen Illustration, RasaBasa, Hihitetlin, 279photo Studio, Marie Sonmez Photography, Thanwan Singh Pannu, Pixel-Shot, SerPhoto, Drozd Irina, Jan Engel)

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ie Welt der Gewürze ist tropisch und exotisch. Sie ist bestimmt durch kleinbäuerliche Strukturen in meist fernen Anbauländern, verbunden mit langen globalen Lieferketten. Unter Nachhaltigkeitsge­ sichtspunkten liegt darin eine Herausforderung. Trotzdem wollen sich hiesige Unternehmen, die Gewürze und Kräuter importieren und veredeln, ihrer ökologischen und sozialen Verantwortung stellen. Wie das geht, lesen Sie ab Seite 12. Dass die Kräuterküche von jeher eine internationale ist, zeigt unsere Titelgeschichte: Das vermeintlich „mediterrane“ Basi­ likum kommt ursprünglich, so die Vermutung, aus Indien. Sein Name stammt ab vom altgriechischen „basileus“, es be­ deutet König, und auch in der Geschichte Ägyptens spielt der Basilikum eine Rolle. Dort liegen heute große Anbauge­ biete, zu ihnen reist pfeffer auf den Seiten 6 und 7. Und wo wir schon in Afrika sind, legen wir noch einen Ab­ stecher nach Marokko ein. Als Christine Ferrari vor Jahren durch die marokkanische Sahara reiste, verliebte sie sich Hals über Kopf in das Land. Die Schweizerin wanderte nach Marokko aus und schuf einen blühenden Gewürz- und Kräu­ tergarten (Seite 14 und 15). Ein kleines Paradies, in dem sie Besucher aus der ganzen Welt empfängt. Viel Freude bei der Lektüre und beste Grüße von

Dr. Markus Weck Hauptgeschäftsführer des Fachverbands der Gewürzindustrie e.V.


Inhalt

Gemüse auf dem heißen Rost

Schnelle Küche vom Grill Grill & Co. 4

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Gewürze der Welt Basileus, König der Kräuter Basilikum aus Ägypten

Lebensart & Geschmack

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Expertise

Nachhaltigkeit in der Gewürzindustrie Fachverband stellt sich ökologischen und sozialen Fragen

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Im Gespräch

Sommer, Sonne, Zitrus Bei den Berbern Küchenkräuter mit Zitrusgeschmack Eine Schweizerin schuf einen Safran- und Kräutergarten in Marokko

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Aus der Geschichte

Vom indischen Kari zum britischen Curry 16 Wie das Curry-Pulver entstand und nach Europa kam

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Klassisch & traditionell

Mit Bukett und Terroir Aromatische Gewürzöle und Kräuteressige

Kurz & knapp Aus dem Themenreich der Gewürze

Noch mehr pfeffer Das Online-Magazin findet sich unter www.pfeffer-magazin.de

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Grill & Co.

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Grill & Co.

Gemüse auf dem heißen Rost

Schnelle Küche vom Grill In den Monaten Mai und Juni treffen zwei kulinarische Ereignisse aufeinander: die Spargelzeit und die Grillsaison. Aus dieser Kombination lässt sich Köstliches zaubern. Und das in aller Schnelle. Ideen zum Nachmachen.

Zum Grillen eignet sich am besten grüner Spargel. Er profitiert von den feinen Röstaromen, die er leicht annimmt, außerdem ist er dünner als der weiße Art­ genosse, damit gart er schneller. Bis er auf dem Tisch steht, braucht es keine 15 Minuten: grünen Spar­ gel waschen, holzige Enden abschneiden. Jeweils fünf Stangen nebeneinanderlegen und mit einem Grillspieß mittig verbinden; so rutscht nichts durch den Rost und auch das Wenden fällt leichter. Spar­ gelpakete rund zehn Minuten grillen (ca. 180 Grad), zwischendurch wenden. Da das Gemüse leicht ver­ brennt, hält man es derweil im Auge. Auf dem Teller mit grobem Meersalz, Parmesan oder Pecorino be­ streuen. Fertig.

Wer es weniger puristisch mag, greift zur Grillplatte oder Grillschale, denn sobald der Spargel Gesell­ schaft bekommt, braucht er eine Unterlage. Darauf lässt er sich gemeinsam mit in Scheiben geschnitte­ nen Knoblauchzehen grillen und mit Salz, Chili oder Rosa Pfefferbeeren würzen. Wer lieber zur Marinade greift, der mischt ein hitzebeständiges Öl mit etwas Aceto Balsamico, Senf, Honig oder Ahornsirup. Je nach Geschmack kommen noch Kräuter und Gewürze hinzu: Estragon, Dill oder Kerbel, schwarzer oder wei­ ßer Pfeffer passen perfekt zu grünem Spargel. i

Während Brie, Feta oder Mozzarella auf dem Rost zerfließen und daher Pfanne oder Grillplatte benötigen, behält der Halloumi (links) auch in der Hitze seine feste Struktur. Der Grillkäse, der aus Zypern kommt, schmeckt etwas salzig, ist ansonsten aber so mild, dass er sich mit Chili, Paprika oder frischen Gartenkräutern bestens versteht. In stabile Spalten geschnitten und je auf einen Spieß gesteckt, lässt er sich leicht grillen, wenden und je nach Geschmack mit mediterranen Gemüsen kombinieren.

Auch eine gute Idee: Bevor der Spargel auf dem Grill landet, bekommt er einen Speckmantel.

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Gewürze der Welt

Basilikum aus Ägypten

Basileus, König der Kräuter Die Ägypter kennen Basilikum, das „Königskraut“, seit 3.000 Jahren, wie Grabfunde belegen. Zu Kränzen geflochten sollte es böse Dämonen fernhalten. Heute liegen in dem NilLand die weltweit größten Anbau­gebiete für Basilikum.

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Gewürze der Welt

Seit 3.000 Jahren wird Basilikum in Indien kultiviert und ist dort vermutlich auch zuhause. Erst im 12. Jahrhundert kam die aromatische Gewürz-, Heil- und Zierpflanze in unsere Breiten. Ihre weltweit größten Anbauge­biete liegen heute, neben dem Mittelmeerraum und Asien, in Ägypten. Auch dort ist die Geschichte des Basilikums eine alte: Das intensiv duftende „Königskraut“ diente einst als Grabbeigabe.

„Basilikum enthält einen Wirkstoff, der die Stimmung hebt. Das will die moderne Forschung herausgefunden haben, aber mal ehrlich, verwundert das? Haben wir nicht schon immer gewusst, dass eine knusprige Pizza Margherita, ein cremiges Pesto alla genovese oder ein unnachahmlich aromatisches Thai-Curry beste Laune machen? Die Geschichte des Basilikums ist eine internationale und eine überraschend alte. Als „Zauberkraut“ hinterließ es zahlreiche Spuren, die sich in ungewöhnlich vielen Kulturen, Sagen und Legenden finden. Sein Name übrigens stammt vom altgriechischen „basileus“ ab, es bedeutet König. Die Namen der rund 60 Basilikum-Arten, die weltweit existieren, verraten viel über Herkunft, Aussehen und Geschmack: Sie heißen Green Pepper, Zimt-Basilikum, African Blue, Thai-Basilikum, Fino verde, Sweet Dani, Mammut oder Lemon. Die buschige, kleinblättrige Sorte „Corfu“ stammt aus Griechenland und „Tulsi“, als heiliges Kraut dem Gott Vishnu geopfert, aus Indien. „Genoveser“ ist der unangefochtene Verkaufsschlager und das ägyptische Basilikum ein Allrounder, dessen mittelgroße, weiche Blätter eine mediterran-milde Ge-

schmacksnote besitzen. So vielfältig wie seine Arten sind, so vielgestaltig fällt auch der süßliche bis kräftige, gar pfeffrige Basilikumgeschmack aus: Je nach Sorte, Standort und Klima erinnert er an Zitronen, Minze, Arnis, Gewürznelken, Zimt oder Piment. Schaut man in die Heilkunde, soll Basilikum vitalisierend wirken, die Konzentration ebenso wie die Verdauung fördern und Entzündungen hemmen. Dafür verantwortlich sind zahlreiche Wirkstoffe, einer von ihnen ist Linalool, ein Stimmungsaufheller. „Ocimum basilicum“ ist eine einjährige Pflanze, die 20 bis 60 Zentimeter in die Höhe wächst und weiße bis rötliche Blüten ausbildet. Gestalt, Blattformen und -farben variieren dabei stark. Wie Thymian, Salbei oder Minze gehört sie zur Familie der Lippenblütler. Als Sonnenanbeterin, die keinen Frost verträgt, mag sie es in ihren Anbaugebieten ordentlich warm. Bei Küchenhitze ist allerdings Vorsicht geboten: Alle Basilikum-Sorten besitzen ein flüchtiges Aroma. Daher kommt das Kraut erst ganz zum Schluss in den Topf und auf den Teller. i

Rund 60 Basilikum-Sorten existieren weltweit, sie lassen sich in zwei Gruppen einteilen: europäisch-mediterrane Arten und asiatisch-indische.

Als „Schiffsbasilikum“, dessen Blätter an kleine Schiffe erinnern, kam das Kraut einst aus Indien nach Europa, gefolgt vom ägyptischen Basilikum, das durch seine purpurfarbenen Stiele auffällt.

Mit dem Siegeszug der Asia-Küche wurde bei uns auch das nach Anis schmeckende Thai-Basilikum populär. Grüne Currys und vietnamesische Sommerrollen kommen nicht ohne aus.

Getrocknet und gerebelt ist Basilikum lange haltbar, auch in Öl lässt es sich gut konservieren.

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Lebensart & Geschmack

Küchenkräuter mit Zitrusgeschmack Essbare Blüten und Blütenblätter

Sommer, Sonne, Zitrus Ob aus dem eigenen Garten, dem Gefrierfach oder dem Gewürzregal: Der Sommer wird zitronig-frisch. Küchenkräuter, die ein feines Zitrus­ aroma in sich tragen, wurden mit der leichten Küche Südostasiens bei uns populär. Manche sind aber auch echte Klassiker.

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Zitronenverbene In ein gut sortiertes Kräuterbeet gehört auch ein Strauch Zitronenverbene. Dessen Blätter schmecken traditionell als Tee, ein einzelner Stängel erfrischt aber auch einen Krug Wasser. Das Kraut taugt für Schmor­ gerichte oder als Kräuterfüllung im Fischbauch, zumal sich sein intensiv zitroniger Geschmack mit Minze, Basilikum, Ingwer, Chili und Knoblauch versteht. Ein paar klein zerschnittene Blätter gehören in ein som­ merliches Salatdressing, ein ganzer Stängel lässt sich in Gemüse- und Reisgerichten mitkochen. Neben den Blüten der Zitronenverbene besitzen auch ihre elegan­ ten, schmalen Blätter dekorativen Wert, etwa auf den Süßspeisen und Obstsalaten, die sie verfeinern.


Lebensart & Geschmack

Kaffirlimettenblätter Die sattgrünen, wie lackiert glänzenden Kaffirlimet­ tenblätter tragen das frische, sommerlich-leichte Aroma der südostasiatischen Küche in sich. Die Köche Thailands, Indonesiens oder Kambodschas wären ohne dies auf­geschmissen. Hierzulande lassen sich die frischen Blätter in asiatischen Supermärkten kaufen, daheim einfrieren und dann nach Bedarf entnehmen. Wie Lorbeerblätter kommen sie während des Garens einfach mit in den Topf und werden vor dem Servieren entfernt. Ihr pikantes Zitrusaroma passt wunderbar zu Currygerichten aller Art, es harmoniert mit Chili, Ingwer und auch Kokosmilch.

Zitronengras Auch das eigentlich in Asien beheimatete Zitro­ nengras wächst in unseren Gärten. Fünfzig Arten existieren weltweit, die bis zu einem Meter hoch werden können und in großen Horsten gedei­ hen. Ihre starren Halme kommen beispielsweise als hübsche Fleischspieße auf den Grill. In der Küche finden nur die unteren, hellen Stängel­ teile Verwendung, die vor dem Zerschneiden mit einem schweren Messerrücken „angeklopft“ werden. Das weckt ihr exotisches, tiefgründiges Aroma, das irgendwo zwischen Zitrone und Ingwer rangiert. Es versteht sich bestens mit Chili, Koriander und Ingwer. Zusammen peppen sie Geflügel, Fisch und Gemüse auf, aber auch Grillsaucen oder Suppen.

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Aus der Geschichte

Wie das Curry-Pulver entstand und nach Europa kam

Vom indischen Kari zum britischen Curry Als sich das British Empire einst Indien einverleibte, da trafen zwei Esskulturen aufeinander, die unterschiedlicher nicht hätten sein können: Auf der einen Seite standen die frischen, gemüseliebenden und intensiv gewürzten Gerichte Südasiens, auf der anderen gab es die fleischlastige und durch schwere Mehlschwitzen bestimmte Küche der Engländer. Ihr gemeinsames Produkt: das Curry-Pulver.

Die angelsächsische Curry-Begeisterung, die spätestens im 19. Jahrhundert um sich griff, mag auf die einsamen Wölfe zurückgehen, die im Auftrag der East India Company einst nach Indien kamen: Händler und Beamte, die sich ab dem 17. Jahrhundert über das riesige Land verstreuten. Auf sich allein gestellt, fern der britischen Kultur nahmen sich die „Indians“ rasch der Landessitten an. Sie heirateten einheimische Frauen, kleideten sich leger und aßen, im Zuge ihres „going nativ“, auch die lokalen, so völlig andersartigen Speisen. Das blieb nicht ohne Folgen: Bereits 1747 tauchten erste indische Rezepte, die im Gepäck pensionierter Angestellter der East India Company im Königreich anlandeten, in einem englischen Kochbuch auf. Es war der Adel, der sich zunächst für sie interessierte. Im Gefolge der East India Company und der britischen Kolonialherrschaft, 1877 wurde Königin Viktoria zur „Empress of India“, kamen immer mehr Angelsachsen nach Südasien. Es entstand die anglo-indische Küche, symbolisiert durch die legendäre Mulligatawny-Suppe: eine einheimische Brühe aus Pfeffer und Tamarinde, die der indische Koch des

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Hauses mit etwas Gemüse, Fleisch und weiteren Gewürzen ausbaute. Sie entstand aus der kolonialen Erwartung, dass eine Mahlzeit zwangsläufig mit einer Suppe zu beginnen habe. Ohne sie kommt übrigens auch der Sketch „Dinner for One“ nicht aus, die Mulligatawny-Suppe gehört zum alljährlichen Silvester-Menü. Alle Fleisch- oder Fischgerichte verallgemeinernd „Curry“ zu nennen, wie es die Briten taten, nur weil sie mit einer Sauce aus Zwiebeln, Tomaten und reichlich Gewürzen serviert wurden, darauf wäre kein Einheimischer gekommen. Sprach ein Inder von „kari“ oder „karil“, dann meinte er damit Saucen, die mit einer bestimmten Gewürzmischung zubereitet wurden. Ungeachtet dessen etablierte sich in der englischen Küche bereits im 19. Jahrhundert das „Curry Powder“. Die standardisierten, auf europäische Zungen abgestimmten und bald schon fertig abgepackten Gewürzmischungen entsprachen den Bedürfnissen der britischen Mittelschicht, die kein Küchenpersonal besaßen, um den täglichen Gewürzbedarf frisch zu mahlen und zuzubereiten. Spätestens damit wurde „das Curry“ fester Bestandteil der britischen Küche. i


Klassisch & traditionell

Aromatische Gewürzöle und Kräuteressige

Mit Bukett und Terroir Pflanzenöle und Essige lösen aufgrund ihrer chemischen Struktur nicht nur Aromen aus Gewürzen und Kräutern, sie binden sie auch in das eigene „Bukett“ ein, fügen ihre Duft- und Geschmacksnoten hinzu. Damit werden sie zum gekonnten i-Tüpfelchen auf Pasta und Salat, Grillfleisch und Kurzgebratenem. Dill und Estragon, Knoblauch oder Chilischote, Pfeffer, Zitronengras und Ingwer, dazu ein Hauch Vanille. Wer sich mit Gewürzölen und Kräuteressigen beschäftigt, der bekommt etwas geboten. Als variantenreiche Aromaträger eignen sie sich perfekt für Dressings und Marinaden aller Art, sie lassen sich als Finish über einen Teller Risotto oder gedünstetes Gemüse träufeln, genauso geben sie Suppen oder Saucen das gewisse Etwas. Ein mildes natives Olivenöl gibt Gewürzen und Kräutern die richtige Grundlage. „In ihm dominieren die grünen Duftstoffe: Es riecht fruchtig, grünlich bis nussig, je nach Olivensorte, Anbaugebiet und damit ‚Terroir‘“, erklärt der „Gastronaut“ Prof. Dr. Thomas A. Vilgis in seinem Standardwerk „Aroma – Die Kunst des Würzens“. Traditionell passen dazu alle mediterranen Kräuter wie Basilikum, Rosmarin, Thymian oder Salbei. Für Kräuter- und Gewürzessige eignen sich gute Weißwein- oder Rotweinessige. Beide bringen eine feine, subtile Aromenwelt mit. Während die dunklen Rotweinessige etwas kräftiger ausfallen, überzeugen die hellen Weißweinessige durch ihre milde Fruchtigkeit. In der Küche rät Vilgis zu folgender Faustformel: „Dort, wo der jeweilige Wein gepasst hätte, passt auch der Essig aus diesem Wein.“ Um einen Kräuteressig selbst herzustellen, genügt es, den Essig der Wahl einmal kurz aufzukochen und dann mit einem Kräuterzweig in ein gut verschließbares Glasgefäß zu geben. Nach ein paar Tagen ist er einsatzbereit. i

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Expertise

Fachverband stellt sich ökologischen und sozialen Fragen

Nachhaltigkeit in der Gewürzindustrie

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Expertise

Menschenrechte wahren, Treibhaus­gasemissionen vermindern, Rohstoff- und Qualitätssicherung gewährleisten – Nachhaltigkeit hat viele Gesichter. Gerade in der Gewürz­branche, die auf globale Lieferketten angewiesen ist, stellt sie eine Heraus­ forderung dar. Wolfgang Schulze, Präsident des Fachverbands, erklärt, warum:

„Nachhaltigkeit ist ein weiter Begriff mit vielen Facetten, die auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette ineinandergreifen. Für die Unternehmen, die Gewürze und Kräuter importieren, veredeln, mischen und vermarkten ist das eine besondere Herausforderung, denn die Rohstoffe benötigen überwiegend klimatische Bedingungen, die nicht vor der eigenen Haustür zu finden sind. Tatsächlich stammt der Großteil der in Deutschland verarbeiteten Gewürze aus tropischen Regionen, in denen verbreitet kleinbäuerliche Strukturen anzutreffen sind und Ware erst über mehrere Zwischenhändler zum Exporteur gelangt. Die Welt der Gewürze ist also von komplexen Lieferketten geprägt. Gleichzeitig machen Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Kaufentscheidung zunehmend davon abhängig, unter welchen Bedingungen Lebensmittel produziert werden und ob ethische, soziale und Umweltaspekte bei der Ernte und der Herstellung beachtet wurden. Die Gewürz­industrie bekennt sich zu ihrer Verantwortung für eine nachhaltige Erzeugung mit dem Ziel, soziale, ökologische und wirtschaftliche Aspekte dauerhaft in Einklang zu bringen. Viele Unternehmen begreifen Nachhaltigkeit als Teil ihrer gelebten Verantwortung und engagieren sich seit langem in unterschiedlichsten Nachhaltigkeitsprojekten.“ i

Partnerschaft für Nachhaltigkeit Gemeinsam mit dem Forschungsinstitut „ZNU – Zentrum für Nachhaltige Unternehmensführung“, Fakultät für Wirtschaft und Gesellschaft der Univer­sität Witten/Herdecke, beackert der Fachverband der Gewürzindustrie das Feld der Nachhal­ tigkeit. Neben der neuen Broschüre „Im Einklang mit der Natur“, die er für seine über 90 Mitglieder auflegte, startete er auch eine Online-Befragung unter seinen Mitgliedsunter­ nehmen. Ihre Ergebnisse zeigten, dass die Relevanz von Nachhaltigkeit besonders in den letzten Monaten und Jah­ ren stärker in den Fokus gerückt ist und aktuell bei der Hälfte der Unternehmen auf der Top-Managementebene verankert ist. Die Umsetzung von Nachhaltigkeit wird auf technischer Ebene am häufigsten durch die Investition in moderne Technik und Systeme (67,5 %) realisiert. Über die Hälfte der Befragten beziehen ihre Energie aus regenera­ tiven Quellen, bei knapp einem Drittel fließen Nachhaltig­ keitsaspekte bei Neu- oder Umbauten von Unternehmens­ standorten oder Produktionsgebäuden ein (Einsatz von Solarenergie, Wärmedämmung, begrünte Dächer etc.).

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Im Gespräch

Eine Schweizerin schuf einen Safran- und Kräutergarten in Marokko

Bei den Berbern Während einer Reise durch die Sahara verliebte sich Christine Ferrari in Marokko – und wanderte aus. Die Schweizerin begründete 2012 einen Safran- und Kräutergarten südlich von Marrakesch, arbeitete sich in die mündlich tradierte Pflanzenheilkunde der Berber ein und hielt ihre Erfahrungen in zwei Büchern fest.

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Im Gespräch

Sie bezeichnen Ihren marokkanischen Safranund Kräutergarten als ein Paradies. Was haben Sie dort angetroffen, als Sie es fanden? „Als ich 2012 ankam, war hier nichts. Nur trockene Erde und eine kleine Lehmhütte. Heute kultivieren wir Safran auf zwei Hektar, etwa zwei Kilo können wir hier pro Jahr ernten. Dazu gibt es einen botanischen Garten mit 200 unterschiedlichen Pflanzen. Neben Zitrus­ früchten, Papaya, Mango oder Passionsfrucht gedei­ hen bei uns viele Kräuter und Gewürzpflanzen: Salbei, Rosmarin, Beifuß, Thymian, Wermut, Schwarzkümmel, Duftgeranie oder Heiligenkraut. Außerdem halten wir Hühner, Pfauen, Esel, Schildkröten, es gibt einen Teich mit 200 Kois und natürlich meine vier Hunde, sie sind meine Wächter.“

Nur zur Beruhigung all jener, die keinen grünen Daumen besitzen: Gibt es in dieser ganzen Fülle auch Pflanzen, die in Ihrem Garten nicht gedeihen? „So sehr ich Kurkuma und Ingwer als Gewürzund Heilpflanzen schätze, so schlecht wachsen sie in meinem eigenen Garten – bislang. Manche Pflanzen gehen einfach nicht an. Dafür gedeihen andere, mit denen man gar nicht gerechnet hat, etwa ein Strauch mit Rosa Pfefferbeeren.“

Welche Rolle spielen Gewürze und Kräuter in Ihrem Alltag? „Meine Mitarbeiter und ich essen und trinken täglich Gewürze und Kräuter. Die Berber, eine in Marokko weit verbreitete Volksgruppe, zu der auch meine Mitarbeiter gehören, würzen ihr Brot mit Thy­ mian und Rosmarin, sie trinken Tee aus frischer Minze oder Duftgeranie und sie würzen großzügig ihre Ein­ töpfe, die sie in der Tajine, der klassisch-orientalischen Tonform, zubereiten. Ingwer, Kreuzkümmel, Pfeffer und Kurkuma sind eigentlich immer dabei. Die Berber wissen: ‚Gesundheit geht durch den Magen‘, während wir Europäer denken: ‚Liebe geht durch den Magen.‘ Die Kochkunst ist wichtiger Teil der orientalischen Pflanzenheilkunde und der Berber-Kultur.“ Die Gewürzexpertin beginnt ihren Tag mit einer Tasse „Goldener Milch“, die sie sich zubereitet: Dazu rührt sie je eine Messerspitze Safranpulver, Kardamom, Ing­ wer- und Kurkumapulver in etwas Wasser an und lässt die Mischung eine Minute ziehen. Dann gießt sie eine Tasse warmer Milch auf, die sie mit Honig süßt.

Sie haben sich mit den Jahren in die Pflanzenheilkunde und die Kultur der Berber hineingearbeitet. Wie erleben Sie die Menschen? „Als ein freies, edles Volk. Es sind eher scheue, ehrliche Leute, die selbst­ ständig und vorausschauend arbeiten. In der Heil­ kunde sind sie experimentierfreudig, sie haben für je­ des Zipperlein einen Tee, einen Umschlag oder ein Öl

parat. Wer Bauchschmerzen bekommt, der kocht sich einen Tee aus Thymian, Kreuzkümmel und Honig. Wer sich in der Küche in den Finger schneidet, der legt Saf­ ran darauf. Die Wunde heilt dann enorm schnell.“

Haben Sie die Gewürzheilkunde erst in Marokko entdeckt oder brachten Sie schon ein paar Kenntnisse mit? „Ich habe in der Schweiz zwar mit Heil­ pflanzenextrakten gehandelt, von den Pflanzen selbst wusste ich allerdings wenig. Zudem ist das traditio­ nelle Heilwissen der Berber und des Orients in unse­ rer westlichen Welt wenig bekannt, da die Rezepturen über Jahre hinweg meist nur mündlich weitergetragen wurden, vieles hat Tradition. So tragen Berberfrauen beispielsweise immer ein Säckchen Schwarzkümmel mit sich. Sie reiben es stark auf der Handfläche, das ätherische Öl tritt aus. Der Geruch hilft bei Schnupfen und Kopfschmerzen, er ist so stark, er pustet förmlich den Kopf frei.“ Auch gegen seelische Leiden, depressive Stimmung und Ängste ist ein Kraut gewachsen: Safran. Christine Ferrari rät, zehn Safranfäden zu mörsern und in hei­ ßes, nicht kochendes Wasser zu geben. Den Safran­ shot ein- bis zweimal täglich als Tee trinken. Für un­ terwegs, gibt die Gewürzexpertin einfach einige Safr­ anfäden in eine Flasche mit kaltem Wasser. Es nimmt nach einiger Zeit Farbe und Geschmack an.

Die letzte Frage muss Ihrem klangvollen Nach­ namen, Ferrari, gelten. Gibt es verwandtschaft­liche Beziehungen zur Automarke? „Nein, überhaupt nicht. Ich habe den Namen bei einer Heirat angenom­ men, er ist in der Schweiz weit verbreitet und ich bin stolz, diesen schönen Namen tragen zu dürfen.“ i

In ihrem botanischen Garten „Le Paradis du Safran“ (Fotos unter www.pfeffer-magazin.de), der rund 30 Kilometer südlich von Marrakesch liegt, begrüßt Christine Ferrari in guten Jahren bis zu 6.000 Besucher. Ihr Wissen zur Heil­ kunde der Berber als auch ihre Lebenserfah­ rungen teilt die gelernte Hotelfachfrau in ihren beiden Büchern: „Die Gewürz- Apotheke“ und „Die Safranfrau“, erschienen im Knaur Verlag.

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Kurz & knapp

Für Gewinner: Grill to go Sommerfeeling im Cocktailglas: Gin Basil Der Smokey Joe® Premium aus dem Hause Weber (www.weber.com) ist so etwas wie die Handtasche für den Grillfreund: Klein, schwarz und er darf über­ all mit hin. Seine kompakte Größe (Durchmesser: 37 Zentimeter) und sein fest verschließbarer Deckel machen ihn zum idea­ len Begleiter für einen entspannten Abend im Park, einen spontanen Wochenendausflug oder einen Urlaubs­ tag am Strand. Wer den Holzkohle-Grill (im Wert von 99,99 Euro) gewinnen möchte, der schickt bitte eine Mail mit kompletter Adresse und Telefonnummer an pfeffer@gewuerzindustrie.de (Ein­ sendeschluss: 1. Juli 2022). Stichwort: Grill. Teilnahme­ bedingungen finden sich unter: pfeffer-magazin.de/ gewinnspiele i In der letzten Ausgabe verloste pfeffer drei Bücher „Safran – Das rote Gold“ (AT-Verlag). Freuen können sich die Gewinner Holger Seidel, Wolfgang E. Rohr und Angela Meyhöfer. Herzlichen Glückwunsch!

Noch mehr pfeffer Das Online-Magazin findet sich unter www.pfeffer-magazin.de

Für einen Gin Basil Smash wird gewöhnliches grünes Basilikum (ca. 4 Stiele) mit 2 cl Zuckersirup zerstoßen. Anschließend mit 2 cl frisch gepresstem Zitronensaft und 6 cl Gin auffüllen, zusammen mit Eiswürfeln in einen Shaker geben und kräftig mixen. Danach abseihen – und genießen. i

Im neuen Gewand: Kleine Gewürzkunde Die „Kleine Gewürzkunde“ ist ein Klassiker, der im Koch­ buchregal vieler Gewürzliebhaber steht. Jetzt hat sie der Fachverband der Gewürzindustrie neu aufgelegt. Das kleine Handbuch bietet einen guten Überblick über die wichtigsten Gewürze, erzählt von ihrer Bedeutung für unsere Ernährung und gibt Informationen zur indust­ riellen Veredelung. Die „Kleine Gewürzkunde“ gibt es beim Fachverband: Yasmin Soldierer, soldierer@verbaendebuero.de i


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