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Genuss-Journalist

DEBREZINER

EINE WURST MIT WUMMS

Schmeckt-Kolumnist Christian Seiler über eine würzige Köstlichkeit, die als Haupt- und Nebendarstellerin ihr Feuer versprüht

AM ANFANG STEHT DIE FRAGE nach der Wirkung der Wurst. Wir betrachten sie zärtlich und sortieren Erwartungen. Wie komplex ist ihr Duft? Wie straff ihre Oberfläche? Wie vielversprechend der Glanz ihrer Haut?

Dann kommt der Moment, in dem das Versprechen eingelöst wird. Er ist heikel, und er ist nicht eindeutig. Er scheidet die Wurstesserinnen und Wurstesser in zwei Fraktionen: jene, die ihre Wurst in die Hand nehmen und kraftvoll zubeißen – und jene, die dafür Messer und Gabel verwenden.

Solche Fraktionen kennen wir auch vom Biergenuss. Die einen schwören drauf, dass ihr Bier aus der Flasche besser schmeckt (wofür es übrigens sogar wissenschaftlich gestützte Argumente gibt), die anderen schenken sich ein hübsches Weinglas halb voll ein, um den Genuss zu veredeln.

Der kräftige Biss in die Wurst birgt natürlich, je nach Exemplar, ein gewisses Risiko. Während ein vorsichtiges Fixieren mit der Gabel das Austreten der Flüssigkeiten sanft und übersichtlich gestaltet, sorgt der Biss möglicherweise dafür, dass die Putzerei Beschäftigung bekommt. Dafür sind die Geschmacksexplosionen am Gaumen interessanter.

Womit wir bei den Debrezinern angelangt sind, diesen speziellen, druckvollen, feurigen Artefakten von großmitteleuropäischer Provenienz. Die Debreziner heißen ja, wenn man es genau nimmt, Debrecziner, weil sie nach der ost

Christian Seiler, Jahrgang 1961, lebt als Kolumnist und Autor in Wien. Sein jüngstes Buch „Alles Gute. Die Welt als Speisekarte“ ist im Verlag Echtzeit erschienen.

ungarischen Stadt Debrecen (auch Debreczin) benannt sind. Dort wurden sie zwar nicht erfunden, aber sie tragen, einer Laune des Erfinders folgend, den Namen der 200.000EinwohnerStadt nahe der rumänischen Grenze.

Der Name ist seit dem 17. Jahrhundert bekannt, als fahrende Händler die ungarische Wurst im Dresdner Raum populär machten. Aufgeschrieben wurde das Rezept für die „debreceni páros kolbász“ schließlich 1891: von Ágnes Zilahy im siebenbürgischen Kochbuch „Valódi magyar szakácskönyv“.

Ungarisch an den Debrezinern ist vor allem die Verwendung von edelsüßem Gewürzpaprika. Er ergänzt das etwas gröber als bei den Frankfurtern gekutterte Rind und Schweinefleisch. Mit einem durchaus soliden Räuchergeschmack geht er eine deftige Allianz ein, die in ihrer Summe das beliebte Debrezineraroma ausmacht. Im Gegensatz zu anderen Räucherwürsten bleiben Debreziner auch nach längerer Garzeit saftig und werden nicht hart.

Was aber ist denn nun die angemessene Art und Weise, eine Debreziner zu genießen?

Klar, wie immer hat die Würstelstandmethode etwas Verführerisches, dieses schnelle Zwischendurch oder das finale Nachher, wenn ein Abend eh schon weit fortgeschritten ist. Es gibt keinen besseren Kompagnon für die roten Würste als „einen aus dem Öl“, wie der scharfe Pfefferoni heißt, und vielleicht braucht man dann auch nicht viel mehr als zwei, drei Scheiben Schwarzbrot, um das Feuer am Gaumen zu mildern. Und etwas zu trinken, auf jeden Fall etwas zu trinken.

Vielleicht verwendet man die Debreziner aber gar nicht als Hauptdarsteller, sondern als eine Art avanciertes Würzmittel. So kommt etwa das Kartoffelgulasch in den Genuss eines gewissen Wumms – oder entwickelt die Bohnensuppe zusätzliche Hitze. Besonders gut vertragen sich die erdigen Geschmäcker von Hülsenfrüchten mit dem intensiven Aroma der Debreziner, und der klassische Linseneintopf bekommt mit ein paar untergemischten Debrezinern die Morgengabe von Rauch und Feuer.

Und ein Letscho ohne Debreziner ist ganz und gar undenkbar.

BOA-RINDERZUCHT

DRAUSSEN AUF DER WEIDE

Auf 300 Hektar züchten die Radatz Partner Daniela Wintereder und Fred Zehetner schottische Rinder. Ihr Lebensraum ist so riesig, dass selbst große Herden manchmal nur schwer zu finden sind

Fotos: Roland Unger

Blick nach vorn: Dani Wintereder auf der Weide – mit drei von rund 600 AberdeenAngus-Rindern

Schüttkasten, Kapelle, Wohnhaus – und rundherum riesige Weiden; Zuchtstier mit einem seiner Nachkommen; Gänse laufen frei herum; Fred Zehetner auf seinem Hof (im Uhrzeigersinn)

WIR RUMPELN IM PICK-UP über die Weide. Der Himmel ist blau, ein paar Wölkchen ziehen gemächlich vorüber, am Horizont steht dunkel ein Akazienwäldchen. Sonst ist da nichts. Wir stoppen, steigen aus. Das Gras ist an manchen Stellen fast so hoch wie Danis hellbraune Lederstiefel. Sie trägt Jeans, eine Bluse und einen breitkrempigen Hut – zum Schutz vor der Sonne: „Weiber!“, ruft sie, und noch einmal: „Weiber!“

Dani sucht ihre Rinder. Doch sie bleiben verschwunden. Wir steigen wieder in den Pick-up, schaukeln los. Dass wir die Tiere nicht finden, ist kein Anlass zur Sorge. Das Weideland, auf dem sie grasen, ist riesig: 300 Hektar, also drei Millionen Quadratmeter, sind für sie da, hier, direkt an der Grenze zu Tschechien.

Wir sind zu Besuch bei den langjährigen Radatz Partnern Daniela „Dani“ Wintereder, 41, und ihrem Lebenspartner Fred Zehetner, 59. Auf dem Mitterhof in Wildendürnbach züchten die beiden Aberdeen-Angus-Rinder. Es sind ganz besondere Tiere, die hier über die Weiden ziehen – sie leben gesund, artgerecht, geradezu glücklich.

Seit Jahren verbindet uns mit den beiden Bio-Pionieren eine Handschlag-Partnerschaft, auf die wir stolz sind. Weil wir unseren Kunden damit ganz besonderes Fleisch bieten können. „Best of Austria“, kurz: BOA – drei Buchstaben fassen die Bemühungen von Dani und Fred zusammen: „Das Glück der Tiere isst man mit.“

LEIDENSCHAFTLICHE ZÜCHTER Ein alter Schüttkasten, eine Kapelle als letztes Überbleibsel des unter Kaiser Joseph II. (1741–1790) aufgelassenen Klosters, eine lange moderne Glasfront. Hier leben Dani und Fred mit ihren drei Söhnen (neun bis sechzehn Jahre alt), sechshundert Aberdeen-Angus-Rindern, Pferden, Schweinen, Hunden, Gänsen, Pfauen und Hühnern.

Wir sitzen an einem langen Tisch. Dani erzählt vom Anfang. Von ihrer Leidenschaft für die Tiere. Wie sie die Kühe ihrer

Herde auf der Weide: Wenn den Tieren zu heiß ist, suchen sie Schutz unter Bäumen. Die Rinder leben das ganze Jahr über im Freien.

Nachbarn hütete. Wie sie ihren Fred kennenlernte, in dessen Familie die Männer schon seit Generationen als Metzger arbeiteten. Und wie sie gemeinsam beschlossen, das heimatliche Oberösterreich zu verlassen, um ihren Traum zu leben: „Wir haben lange große Flächen gesucht, um Rinder so zu züchten, wie wir uns das vorstellen.“

GLÜCKLICHES RINDERLEBEN Der Zufall führte sie nach Wildendürnbach: „2006 haben wir das Gelände gekauft, genau zum richtigen Zeitpunkt.“ Ihr Hof ist langsam gewachsen. Schritt für Schritt. Immer wenn wieder Geld da war. Heute ziehen mehrere Herden über die riesigen Weiden. „Die Tiere haben keinen Stress. Sie fressen, käuen wieder, schlafen.“ Sie wachsen langsam und gleichmäßig.

Wir sind noch immer im Pick-up unterwegs. Langsam nähern wir uns dem Akazienwäldchen. „Da sind sie!“, ruft Dani. Um die Rinder im Schatten der Bäume auszumachen, müssen sich die Augen erst an das Dunkel gewöhnen. Aber dann erkennen wir sie auch. Die Kühe raffen sich auf, trotten auf die Weide, rupfen Gras: „Diese Rinder sind wie dafür gemacht, Gras in Fleisch zu verwandeln“ – und zwar so, dass sich die natürlichen Geschmacksstoffe in die feine Marmorierung des Fleisches einlagern.

Die Aberdeen Angus kommen aus Schottland, sind die Unbillen der Witterung gewöhnt und verbringen das ganze Jahr im Freien – selbst ihre Stallungen sind offen. Und auch sie sind riesig, jedes Tier hat rund 50 Quadratmeter für sich.

Wir bleiben auf Distanz. Eine erwachsene Kuh wiegt immerhin 700 Kilo, Stiere bringen bis zu 1.200 Kilo auf die Waage. Gefahr droht ihnen im Freien nicht: „Wenn ein Fuchs in eine Herde geht, in der Jungtiere sind, kommt er sicher nicht lebend raus“, sagt Dani. Sie ist Expertin für Aberdeen-AngusRinder, weltweit mit Züchtern in Kontakt und bei großen Schauen als Jurorin dabei.

Für die Verarbeitung der Tiere ist Fred verantwortlich. Und er hat sich nicht nur über ihr Leben viele

Dani Wintereder am Zaun: Sie ist eine Spezialistin für die Zucht von AberdeenAngus-Rindern.

„Wir haben lange große Flächen gesucht, um Tiere so zu züchten, wie wir uns das vorstellen.“

Ein Zuchtstier macht Pause. Dieses beeindruckende Muskelpaket bringt 1.200 Kilo auf die Waage.

Gedanken gemacht, sondern auch über ihren Tod.

Im Kühlhaus hängen bei eineinhalb Grad zwei zerlegte Kühe: „Das Fett muss gelb sein“, erklärt Fred, „das kommt von den Gräsern, der Luzerne, dem Klee.“ Diese absolut gesunde Ernährung bedeutet, dass das Fleisch eine natürliche Würze erhalten hat. Fred sagt: „Wenn jemand zu mir kommt und sagt, er will das Fleisch marinieren, sag ich, du kriegst mein Fleisch nicht – du musst es kosten, bevor du es würzt.“

ZEIT FÜR PERFEKTE REIFE Bevor das Fleisch exklusiv an unsere Radatz Filialen geliefert wird, gibt Fred ihm reichlich Zeit. Zeit, die es braucht, um zu reifen. Nach 21 Tagen ist es bereit für unsere Kunden – die Nachfrage ist groß, eine Vorbestellung ist unbedingt empfehlenswert.

Bevor wir uns verabschieden, sagt Fred noch einen irritierenden Satz: „Wir entscheiden nicht, welches Tier stirbt.“ Die Geschichte, die Fred erzählt, handelt von den letzten Minuten eines Tieres, von der Achtung, mit der er ihm begegnet und dem Respekt im Abschied. Es ist, als ahnten die Tiere, dass ihre Zeit gekommen ist: „Ich nehme die, die ganz entspannt sind.“ Es ist das Ende einer langen Reise, die draußen auf der Weide begonnen hat.

beefcattle.at BOA-FLEISCH-FAKTEN

Top-Produkt

In Wien exklusiv bei Radatz

Was macht das BOARindfleisch so besonders? • langjährige Zuchtselektion der schottischen Fleischrasse

Aberdeen Angus • ganzjährige Freilandhaltung und biologische Fütterung mit Gras, Heu und Stroh • langsames und gleichmäßiges

Wachstum der Tiere • stressfreie Schlachtung • mindestens 21 Tage lang gereift • fein marmoriert, saftig, besonders schmackhaft, zart und feinfaserig • kurzum: BOA – Best of Austria

Wo gibt es das BOARindfleisch? BOA-Rindfleisch ist in Wien exklusiv bei uns in folgenden Fleischereien erhältlich (Vorbestellung wird empfohlen): • 1010 Schottengasse • 1020 Karmelitermarkt • 1030 Rochusmarkt • 1080 Josefstädter Straße • 1130 Ekazent Hietzing • 1180 Währinger Straße • 1190 Sonnbergmarkt • 1230 Erlaaer Straße • 2340 Mödling

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