INNOVATOR by The Red Bulletin CD 2020 #1

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INNOVATOR BY THE RED BULLETIN 01/2020

Die besten Outdoor-Gadgets Strom aus Holz, Helm aus Luft und ein Velo fürs Wasser

Wir sind die Zukunft Sieben Schweizer Ideen, die unseren Alltag lebenswerter machen

Virtuell Urlaub machen Der grosse Test: Verreisen mit der VR-Brille

01/20

AUSGABE SCHWEIZ CHF 7

JAN WURZBACHER GRÜNDETE 2009 MIT PARTNER CHRISTOPH GEBALD DIE SCHWEIZER FIRMA CLIMEWORKS

DER C0²ZAUBERER SEINE MASCHINE SAUGT KOHLENDIOXID AUS DER LUFT UND VERWANDELT ES IN TREIBSTOFF IDEAS FOR A BETTER FUTURE

DIE AUTOINDUSTRIE IST MIT AN BORD UND BILL GATES IST SEIN LIEBLINGS-KONKURRENT BETTER FUTURE EDITION


Payment without borders. Radically international.


EDITORIAL CONTRIBUTORS

Franck Gazzola Der französische Fotograf arbei­tet gerne unter Extrembedin­gungen. Sein jüngstes Projekt, die OzeanExpedition «Under The Pole», dokumentierte er vorwiegend am Meeresgrund – in einer mobilen Tauchstation. Die grandiosen Bilder: AB SEITE 20

Tobias Moorstedt

GIAN PAUL LOZZA (COVER)

Dunkle Tage, Regenwetter: Urlaub konnte der Hamburger Autor (u. a. «SZ», «Wired») gut gebrauchen, als wir ihn anfragten. Zehn Tage testete er für uns Reise-Apps für die VR-Brille. Eine der Erkennt­ nisse: Nach Ostrumänien möchte er jetzt auch in echt. AB SEITE 74

I N N O V AT O R

Ideen für morgen In diesem Heft tauchen wir ab in die Tiefen der Ozeane, reisen virtuell um die Welt, testen ge­niale Outdoor-Gadgets, lernen, richtig zu verhandeln (im Berufs- wie im Privatleben), und schauen modernen Verbrechensaufklärern über die Schulter. Auf den ersten Blick gänzlich unterschiedliche Themen, aber mit einem gemein­samen Nenner: Innovation – zuwege gebracht von Menschen, die den Mut hatten, ihre Ideen nicht bloss zu denken, sondern auch zu realisieren. Und das mit Erfolg. Wie etwa Jan Wurzbacher, CEO des Schweizer Unternehmens Climeworks, der mit seinem Partner Christoph Gebald vor Jahren den Einfall hatte, Kohlen­dioxid aus der Luft zu filtern und kommerziell zu verwerten. Warum das mittlerweile internationale Unternehmen unser Klima – laut Experten – retten könnte, lesen Sie in unserer Coverstory ab Seite 66. Viel Spass bei der Lektüre! Die Redaktion

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INHALT

BULLEVARD 8 16 17 10 12 18 14 Future-Camper

Tschüss, Jetlag!

Lust, die Stadt hinter dir zu lassen? Hier kommt ein revolutio­näres ­Campingmobil.

Eine deutsches Start-up erspart dir den Jetlag – nur mit Licht.

Kristallkugel 4.0

Voll-Tank

Eine künstliche Intelligenz namens Pythia weiss, was du morgen kaufen willst.

Wie ein Schweizer Forscher mit Wasserstoff eine Verkehrs­revolution auslösen könnte.

Essens-Retter

Grill-Mix

Eine Dänin kämpft mit einer App gegen Lebensmittelverschwendung.

Mehlwurm-Snack und Heuschrecken-Curry: ­Insekten sind das Superfood von morgen.

Space-Müllabfuhr

Wie Schweizer Start-ups das Weltall von SatellitenSchrott befreien.

GUIDE

88 92 94 4

SAVE THE DATE

Top-Events Die wichtigsten Termine der kommenden Wochen.

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BERU FSTIPPS

Nie wieder allein Die besten Schweizer Coworking Spaces. RED BU LL FUTU R /IO

Tele-Visionäre Energie durch Emotionen und mehr: So könnte unsere Welt 2030 aussehen.

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KOLU MNE

Mediale Ski-Inspiration Was Medien-Innovator Andreas Gall im Ski-­ Urlaub inspiriert hat. TECH - HIGHLIGHT

Mars-Roboter Dieser humanoide Roboter soll Mars­ missionen unterstützen.

20 COVERSTORY

Leben in der Tiefe Ein französisches Ehepaar widmet sein Leben der Erforschung der Weltmeere – in einer selbst gebauten, innovativen Tauchkapsel.

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I N N O V AT O R

FEATURES

FRANCK GAZZOLA/UTP/ZEPPELIN

32 38 44 46 58 64 66 74 80 INNOVATOR

GE AR GUIDE

Outdoor-Gadgets So erhöhst du Sicherheit und Actionfaktor bei deinen Abenteuern. PORTR ÄT

Gesicherte Würde Monique Morrow verhilft Flüchtlingen zu einer digitalen Identität. START- UP-MOMENT

You Got Talent! Das Start-up «WeWent» macht Teambuilding zum wahren Erlebnis. REPORTAGE

Die Stimme der Toten Der Zürcher Michael Thali revolu­ tioniert die Verbrechensaufklärung. K ARRIERE-TIPPS

So verhandelst du richtig Im Beruf wie im Privatleben: ein Leitfaden in elf Schritten. SERVICE

Hört, hört! Warum Podcasts die Lerntools der Zukunft sind. COVERSTORY

Die Klima-Retter Das Zürcher Unternehmen Climeworks saugt CO² aus der Luft und ­verwandelt es in Treibstoff. SELBST VERSUCH

Weltreise auf dem Sofa Können Travel-Apps für VR-Brillen den Urlaub ersetzen? Ja, sie können. START- UP-SECTION

Die Schweizer Macher Wir präsentieren die heissesten heimischen Jung-Unternehmen.

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ALPHATAURI.COM


BULLEVARD

I N N O V AT O R

JOHANNES LANG

IDEEN FÜR EINE BESSERE WELT

INNOVATOR

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B U L L E VA R D

M O B I L I TÄT

REISEN MIT ZUKUNFT

Selbstaufblasendes Dach, Elemente aus dem 3D-Drucker und eine ausklappbare Sonnen­terrasse: Hymer hat ein innovatives ­Reisemobil für das Jahr 2025 entworfen.

Mit «VisionVenture» hat der Wohnmobilhersteller Hymer ein Konzeptfahrzeug entwor­ fen, das zeigt, wie Camping 2025 aussehen könnte. «Wir wollten kein grosses, mäch­ tiges Wohnmobil bauen, son­ dern ein cleveres, kompaktes Fahrzeug mit einem Maximum an Wohnraum», sagt Dominik Hepe, Leiter des Produkt­ managements. Als Erstes fallen die Waben des pneumatischen Schlaf­ dachs auf. Sie blasen sich in weniger als einer Minute selbst auf, bei kalten Temperaturen sogar mit beheizter Luft, so­ dass im Bett auch im Winter niemand frieren muss. Um das Maximum aus dem gelände­ gängigen Fahrzeug herauszu­ holen, hat sich Hymer bei der Entwicklung mit dem Chemie­ riesen BASF zusammengetan. Gemeinsam entwickelten bei­ der Forschungsabteilungen 3D-Druckverfahren für Teile wie Radlaufverkleidungen, Karosserieteile und Griffe – was individuelle Gestaltung erlaubt. Nie wieder weiss: Hightech-Lack reduziert das Aufheizen des W ­ agens und erlaubt eine grosse Farbauswahl.

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MERLIN GRÖBER

Apropos Nachhaltigkeit: Zwei Hochleistungsdämmstoffe von BASF kommen in Türfül­ lungen, Unterböden sowie zur Wärmedämmung für Motor­ raum und Ofen zum Einsatz und ermöglichen eine effizi­ ente Energienutzung. Neue Leichtbauteile im Inneren ­sehen chic aus und reduzieren den Verbrauch. Dass dabei Schiefer zum Einsatz kommt, ist kein Widerspruch. Mit ­einem neuen Verfahren lässt sich der Naturstein in einer Stärke von nur einem Milli­ meter auf das Leichtbau­ material auf­tragen. Nur fliegen kann auch dieser Camper – bis auf weiteres – noch nicht. hymer.de

HYMER

Während wir noch auf selbststeuernde Flug­ taxis warten, erfährt eine andere Art der Fortbewegung ungeahnten Aufschwung: Campingmobile sind einer der grössten Reisetrends un­ serer Zeit. Nah an der Natur, maximal flexibel und dazu kom­for­tabel, passen sie per­ fekt zum Lebensgefühl der jungen Generation. Und wie es so ihre Art ist, regt diese junge Generation auch die Campingbranche zum Umdenken an. Hersteller fragen sich: Wie können wir unsere Wohnmobile so bauen, dass sie einem zeitgemässen Anspruch bei Innova­tion und Nachhaltigkeit ge­nügen?

JOHANNES LANG

LEICHTBAU M I T N AT U R S T E I N

INNOVATOR


I N N O V AT O R

«WIR WOLLTEN KEIN GROSSES, MÄCHTIGES WOHNMOBIL BAUEN, SONDERN EIN CLEVERES.»

Schöner Campen: hinten eine ausklapp­ bare Terrasse, innen ­Naturmaterialien für einen modernen Look

INNOVATOR

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I N N O V AT O R

B U L L E VA R D Am Anfang stand ein ­A fter-Shave für den Intim­bereich von Frauen und Männern. Der damalige BWLStudent Peter Hart vermisste ein entsprechendes Produkt, gründete 2013 die Marke Dr. Severin und sicherte sich 2015 im TV-Format «Höhle der Löwen» die Unterstützung von Investorin Judith Williams. Dank Millionen Zuschauern setzte Dr. Severin bald Millionen um, und Hart fragte sich, was er noch anbieten könnte. Es war die ­Geburtsstunde von Pythia. Beim Studium von Trenddaten auf Google kam Hart die Idee, dass eine künstliche Intelligenz Muster in Daten erkennen könnte, die auf ­zukünftige Entwicklungen schliessen lassen. Sofort entwickelte er mit Programmierern eine entsprechende KI: Pythia, benannt nach jener

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ

DAS ORAKEL VON PYTHIA

Was willst du morgen kaufen oder erleben? Pythia heisst eine Technologie, die genau das voraussagt. Für uns hat sie die Fitnesstrends für 2021 prognostiziert.

APNOETAUCHEN

BOULDERN

Figur, durch die das Orakel von Delphi sprach. «Die KI wertet Suchanfragen der letzten fünf Jahre aus und berechnet Trendstärken für die kommenden 18 Monate», sagt Hart. Und weil die KI permanent trainiert und aus Fehlern lernt, wird sie rasant besser. RAD-ERGO DER ZUKUNFT

Auf Pythias Vorschlag nahm Dr. Severin ein Vitamin-C-­ Hyaluron-Serum gegen Falten ins Programm und freute sich über den prompt folgenden Ansturm. Heute verkauft Hart mit KI-Hilfe auch Socken und berät Firmen wie die Drogeriekette Rossmann. Sogar die Wahl der aktuellen SPD-Vorsitzenden sagte Pythia voraus – inklusive richtigen Verhältnisses. Für innovator by the red bulletin wertete die KI Fitnesstrends aus. Der grösste Trend, «Zwift», bezeichnet ein Start-up, mit dessen ­Digital-Trainings du dich auf Fahrrad-Ergo oder Laufband in einer virtuellen Welt mit anderen Sportlern messen kannst. Kannst du dir nicht vorstellen? Wir sprechen uns in 18 Monaten noch einmal. pythia-ai.com

YIN YOGA ICE CLIMBING

ZWIFT MEDITATION

SPINNING

HYROX

DAVID MAYER

FITNESSTRENDS 2021 Pythia berechnet Trendstärken. Bei +3 vermutet die KI etwa, dass sich die Nachfrage verdrei­fachen wird. TRENDSTÄRKEN:

10

+2

+3

+4

JOHANNES LANG, MLADEN PENEV

DIRT JUMP (BIKE)

+6

ONLINE WORKOUT INNOVATOR


RED BULL FLUGTAG 2020. ÃœBERFLIEGER GESUCHT.

ANMEL SCHLU DES 8. JUN S I

13. SEPTEMBER, LAUSANNE Alle Infos zur Teilnahme via QR-Code oder unter redbull.ch/flugtag


B U L L E VA R D

Das Start-up «Too Good To Go» aus Dänemark hat die Lebensmittelverschwendung gehörig satt und deshalb eine App entwickelt, mit der sich noch geniessbares Essen retten lässt.

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EINE ESSENSPORTION PRO MINUTE GERETTET

Seit die App 2018 gestartet ist, nutzen sie 2.300 Betriebe. 330.000 Mahlzeiten können so in einem Jahr vorm Komposthaufen gerettet werden. Georg Strasser, Country-­ Manager für Österreich von «Too Good To Go», dazu: ­«Viele suchen nach einer einfachen Lösung, wie wir sie bieten, um selbst zum Umweltschutz beizutragen.» Die Partnerbetriebe haben nicht nur weniger Abfall, ­sondern gewinnen auch neue Kunden, die Umsatz bringen. Eine klassische Win-win-Situation. Kein Wunder, dass das Unternehmen beständig wächst. Und wer weiss, vielleicht ist die Sache mit der Lebensmittelverschwendung ja bald wirklich gegessen. toogoodtogo.com

JOHANNES LANG

EINMAHLIGES KONZEPT

«Too Good To Go» ist das Produkt einer Wegwerfgesellschaft, die sich damit einer ihrer brennendsten Fragen stellt. «Die Ver­schwen­dung von Lebensmitteln ist ein ­rie­­siges globales Problem, das einen enormen Einfluss auf den Klima­wandel hat», sagt CEO Mette Lykke, die die App mit aufgebaut hat. Acht Prozent aller Treibhausgase werden von unserem lieblosen Umgang mit Lebensmitteln verursacht. Wer sie vergeudet, verschwendet Ressourcen wie Wasser, Boden und Arbeitskraft. Damit treffen Lykke und ihr Team einen Nerv.

SABRINA LUTTENBERGER

N A C H H A LT I G K E I T

«VIELE SUCHEN NACH EINER LÖSUNG WIE UNSERER, UM ZUM UMWELTSCHUTZ BEIZUTRAGEN.»

LES KANER

Ein Drittel aller noch geniessbaren Lebensmittel weltweit ist für die Tonne. ­Allein in der Schweiz landen pro Person und Jahr etwa 60 Kilogramm Lebensmittel im Müll. Was für ein Mist, dachte sich eine Gruppe junger Dänen und gründete 2016 das Start-up «Too Good To Go» zur Lebensmittel­rettung. Dessen Nutzer können mit ­einer App täglich überschüssiges Essen in teil­nehmenden Restaurants, Bäckereien oder Supermärkten finden und zum reduzierten Preis mit nach Hause nehmen. Frisches Brot, indisches Curry, belegte Brötchen – was genau das Angebot von «Too Good To Go» umfasst, ist, na ja, eine Überraschung. Schliesslich – und das ist die Ironie an der Sache – wissen ja nicht einmal die Betriebe selbst, was am Ende des Tages übrigbleiben wird. Nur dass es keine Zeit zu vergeuden gibt, ist allen klar. Deshalb sind im digitalen Stadtplan Abholorte und -zeiten für die User vermerkt.

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I N N O V AT O R

Mette Lykke, CEO  von «Too Good To Go», will keine Gedanken mehr an Lebensmittel­ verschwendung verschwenden müssen.

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B U L L E VA R D

S PA C E

MÜLLMÄNNER IM ALL Gemeinsam mit der ESA starten Schweizer Start-ups zu einer heiklen Mission: im All treibenden Schrott einfangen und in der ­Atmosphäre entsorgen.

Orbitaler Abschlepp­dienst: In Zukunft könnte man alte Satelli­ ten mit Netzen entsorgen.

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I N N O V AT O R die uns Menschen bald auf der Erde gefangen halten könnten – in einem Käfig aus Space-Müll. MIT NETZ UND HARPUNE

GÜNTER KAST

JOHANNES LANG

Da wäre selbst ein «Star Wars»-Commander mit den Ausweichmanövern überfordert: Wenn Schrottteile von ausgedienten Satelliten und abgebrannten Raketenstufen mit 40.000 Sachen – mehr als zehnmal so schnell wie Gewehrkugeln – durch das All rasen, hilft nur noch Kopfeinziehen. Klingt wie aus einem Science-Fiction-Movie, ist aber ein sehr reales Pro­ blem – und ein sehr ernstes. Denn Teile aus dem All können auf die Erde stürzen oder zu Kollisionen im Weltraum führen. Laut NASA umkreisen uns derzeit über 100 Millionen Schrottteile (Gesamt­ gewicht: über 8.000 Tonnen),

Um das zu verhindern, plant die ESA die erste Mission zur Beseitigung ebendieses Schrotts. Am weitesten scheint hier derzeit das Schweizer Start-up Clear Space zu sein. Das Spin-off aus Lausanne will schon 2025 eine Sonde in den erdnahen Orbit schicken. Diese versucht dann, in 800 Kilometer Höhe eine dort vagabundierende, 100 Kilo schwere ESA-Rakete mit vier Roboterarmen einzufangen. Sonde und Rakete sollen dann in die Atmosphäre absinken und verglühen. Kosten für die Mission: 120 Millionen Franken. Jede neue «Putzete» wäre ähnlich teuer. Auch an der 2018 gestarteten kommerziellen Mission «RemoveDebris», bei der man künftig ausgediente Satelliten mit einem Fangnetz entsorgen will (Bild), ist die Schweiz beteiligt: Im Forschungs- und Entwicklungszentrum CSEM hat Ingenieur Alexandre Pollini einen Satelliten-Sensor gebaut, der Objekte erfasst und ihre Position bestimmt. Damit kann ein anderer Satellit das Schrottteil – mit Netz und Harpune – einfangen und zum Verglühen bringen. Erste Tests verliefen positiv. «Wir müssen das All schnell sauber kriegen», sagt Pollini, «sonst fällt uns das Problem auf den Kopf.» Buchstäblich. csem.ch

ESA/DAVID DUCROS

Gotcha! Gewichte an den Netzrändern sorgen dafür, dass sich das Fangnetz um den All-Schrott ausfaltet.

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B U L L E VA R D

Achim Leder (li.) und Felix Brügge­ mann nutzen die biologische Wirkung von Licht.

Heute Oslo, morgen ­Dallas, danach Singapur: Nach seinem BWL-Abschluss führte Felix Brüggemann ein typisches Beraterdasein. Eine Zeitlang genoss er dieses ­Leben. Nur der Jetlag nagte an ihm. ­Ernährungstricks (z. B. kein Abendessen vor dem Abflug) halfen. Lösen konnten sie das Problem nicht. Entsprechend begeistert war er, als ihm Achim Leder von seiner Idee erzählte. Leder hatte zu dem Thema promoviert. Sein Ansatz: Lichtsteuerung im Inneren von Flug­ zeugen sollte die mühsamen 16

OPTIMIERTE LICHTZEIT

jetlite setzt auf ein chrono­ biologisches Prinzip: Warmweisses Licht wie bei einem Sonnenuntergang entspannt uns, kaltweisses Licht wie zu Tagesbeginn aktiviert uns. «Mit LED-Licht bereiten wir die Passagiere während des Flugs auf die neue Zeitzone vor», erklärt Brüggemann. Beispiel Übernachtflug Amsterdam –Tokio: Bei der

DAVID MAYER

Mit seinem Lichtsystem reduziert ein Hamburger Start-up den Jetlag von Flugreisenden um bis zu drei Stunden. Als Nächstes sollen Autofahrer profitieren.

Landung ist es im Kopf der Reisenden 7 Uhr, in Tokio aber bereits 15 Uhr. Zur Vorbereitung hilft warmweisses Licht schnell einzuschlafen, kaltweisses Licht simuliert ­einen etwas früheren, zugleich schnelleren Sonnenaufgang. «15 Minuten vor der Landung aktiviert das Licht die Passagiere zusätzlich», sagt Brüggemann. Um drei Stunden lässt sich der Jetlag so reduzieren. Lufthansa nutzt das System bereits. Doch der Himmel ist nicht die Grenze: Aktuell ent­ wickelt ­jetlite Lichtsysteme für Innenräume von Autos. jetlite.de

Beispiel aus dem Flugzeug: Bläulich kaltweisses Licht vor der Landung wirkt aktivierend. INNOVATOR

BIRGIT KLEMT, JETLITE

TSCHÜSS, JETLAG!

Folgen der Zeit­zonensprünge mildern. Die beiden gründeten jetlite. Pilotin Tanja Becker und ­Model Toni Garrn schlossen sich dem Start-up mit Sitz in Hamburg an.

JOHANNES LANG

ANGENEHMER REISEN


I N N O V AT O R

B U L L E VA R D

GETTY IMAGES, PRIVAT

REINER KAPELLER

JOHANNES LANG

Wasserstoff-­Heim­ tank­stellen könnten schon bald die Mobilität revolutionieren.

M O B I L I TÄT

VIELEN TANK, WASSERSTOFF! Das Wasserstoffauto hat alles für die grüne Verkehrsrevolution. Ausser Tankstellen. Schweizer Forscher machen jetzt Haus­ besitzer zu Tank­warten.

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Wer mit einem Wasser­ stoffauto durch die Schweiz fährt, muss nicht lange überlegen, wo er den nächsten Tankstopp einlegt. Eine Wasserstofftankstelle steht in Hunzenschwil im Kanton Aargau, die andere in Dübendorf bei Zürich. Fahrlässig, wenn man be­ denkt, dass das energiereiche Gas die saubere Verkehrs­ revolution in Gang setzen kann. Bei der Verbrennung von Wasserstoff entsteht ledig­ lich Wasserdampf. Wird der für die Wasserstoffproduktion nötige Strom aus Sonnenoder Windenergie gewonnen, fährt man sogar klimaneutral. Bis heute ist der Erfolg des Wasserstoffautos aber mehr eine Preis- als eine Klima­ frage. Wasserstoffautos sind teuer – der Hyundai Nexo ­beginnt bei CHF 86.900. Für höhere Stückzahlen fehlt laut Herstellern die Nachfrage, was wiederum am fehlenden Tankstellennetz liegt. Wissenschaftler der ETH Lausanne (EPFL) haben jetzt die Lösung für das Wasser­ stoff­tank­stellendilemma ge­ funden. Das Team von Profes­ sor Andreas Züttel entwickel­ te mit dem Spin-off GRZ

Technologies den Prototyp ­einer Mini-Tankstelle für zu Hause. «Unser System hat die Grösse eines Kühlschranks. Privatpersonen können damit Wasserstoff nicht nur spei­ chern, sondern auch selbst produzieren, wenn sie über eine Photovoltaikanlage ver­ fügen», so Züttel. TA N K V O R G A N G O H N E STROMVERBR AUCH

P R O F.   D R . ANDREAS ZÜTTEL E T H L AU S A N N E

«Die Nachfrage nach Wasserstoff als Energieträger wird in den nächsten Jahren ansteigen.»

Im Zentrum der Erfindung steht der neu entwickelte Metallhydrid-­Kompressor. Für Nicht-Chemiker: Metall­ hydride sind intermetalli­ sche Verbindungen, die ­Wasserstoffatome auf ihren Zwischen­­gitter-­Plätzen ein­ lagern und so den Wasserstoff wie ein Schwamm aufsaugen. Wird Wärme hinzugefügt, gibt das Metallhydrid den Wasserstoff wieder ab. Das ist Voraussetzung für den Tank­ vorgang, denn der gasförmige Wasserstoff lässt sich nur ­unter hohem Druck ins Fahr­ zeug füllen. Züttel: «Für das bisher energieintensive Spei­ chern und Verdichten des Wasserstoffs benötigt unser System keinen Strom.» Bis die ersten Heim-Tank­ warte ihre Zapfsäulen auf­ stellen können, dauert es nicht mehr lange. 2021 soll die Wasserstofftankstelle für zu Hause Realität werden. grz-technologies.com

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GRILLEN À LA CARTE

«In Asien und Afrika sind wir immer wieder essbaren Insekten begegnet. Das hat uns auf den Geschmack gebracht.»

ÜBERRASCHEND POSITIVES FEEDBACK

Den Anfang der Supermarkt­Serie machte eine Burger-­ Alternative aus ­Mehlwürmern. Christian Bärtsch: «Das selbst für uns überraschend positive Feedback motivierte uns, wei­ tere Produkte zu entwickeln.» Es folgten der Insect Bar, ein Fruchtriegel mit Grillen­ mehl und ein Snack-Mix aus gewürzten Grillen, Heu­ schrecken und Mehlwürmern. Die Essento-Produkte sind in der Schweiz inzwischen in mehr als 70 Geschäften – unter a ­ nderem in ausgesuch­ ten Coop-Supermärkten – er­ hältlich. Auch in Deutschland will man bald Fuss fassen. Die Vorzeichen dafür ste­ hen übrigens gut: Auf einer der führenden Fachmessen, der Kölner Anuga, wurde das Start-up kürzlich mit dem Top Innovation Award aus­ gezeichnet. essento.ch

ESSENTO, GETTY IMAGES

CHRISTIAN KORNHERR

Das Schweizer Start-up Essento will mit essbaren Insekten einen Beitrag zu einer ökologischeren Weltordnung leisten.

CHRISTIAN BÄRTSCH GRÜNDER VO N  E S S E N T O

zu anderen tierischen Pro­ tein­quellen. Dazu ist der Ver­ brauch an Wasser und Futter­ mittel um den Faktor 10 ­geringer.» Der Proteingehalt von Insekten ist mit Fisch oder Fleisch vergleichbar, ­zudem liefern sie gesunde ­un­gesättigte Fettsäuren, wich­ tige Mineralstoffe und die ­Vitamine A, B und B12. Und: «Man ist überrascht, wie gut sie schmecken: Mehlwürmer erinnern an Haselnüsse, Heu­ schrecken an Geflügel und Grillen an Popcorn.»

JOHANNES LANG

ERNÄHRUNG

Können zwei Milliarden Menschen inklusive An­ gelina Jolie irren? Wohl kaum. Denn weltweit und bei vielen Hollywoodstars tauchen Heu­ schrecken, Mehlwürmer oder Ameisen bereits regelmässig auf dem Speiseplan auf. Der Zürcher Christian Bärtsch will mit seinem Startup Essento der Insekten­ nahrung nun zum Durch­ bruch auf breiter Front ­verhelfen: Er hat Fertig­ produkte für Supermärkte ent­wickelt. Angefangen hat Bärtsch 2016 mit einem Insekten-­ Kochbuch, danach wurde es kompliziert. «Wir mussten zu­ nächst Politiker überzeugen, Insekten in der Schweiz als Nahrungsmittel zuzulassen», erinnert er sich an die schwie­ rige Anfangszeit. Die Vorzüge der neuartigen Nahrungsmittel lägen auf der Hand, meint der Essento-­ Gründer: «Mehlwürmer pro­ duzieren weitaus weniger Treibhausgase im Vergleich

Insekten als Nahrung: alles nur eine Frage der Gewöhnung

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INNOVATOR


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FOTOS

Fr a n c k G a z z o l a / U T P/ Z E P P E L I N TEXT

Fe l i x D i e w a l d

ALLES AUF EINE KARTE

Ghislain und ­E mmanuelle ­B ardout – hier in der Tauchkapsel am Meeresgrund – verkauften ­i hren gesamten Besitz, um auf Expeditionsreisen von Pol zu Pol ­g ehen zu können.

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Wir wissen mehr über die Ober­ fläche von Mond, Mars oder Saturn als über den Meeres­g rund der Erde. Ein franzö­ sisches Forscher­ paar will das ­ä ndern. Mit Hilfe einer revolutionä­ ren Unter­w asser-­ Kapsel, die tiefe Einblicke in das komplexe Öko­ system der Ozeane ermöglicht.

MISSION FÜR DIE MEERE INNOVATOR

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LEBEN WIE DIE FISCHE

In 20 Meter Tiefe hat das Forscherteam in Französisch-­ Polynesien zwei Monate lang ein Korallenriff studiert und dabei Langzeit-Beobachtungen gemacht, die mit konventionellen Tauchgängen nicht möglich gewesen wären.

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DAS ZIEL DER E X PEDITION Den Ozean und seine Rolle für das globale Klima besser zu verstehen ist eine der grossen Herausforderungen dieses Jahrhunderts. Die Forscher an Bord des Segelschiffes «WHY» nehmen sie an.

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SELBST GEBAUTES INNOVATIVES TAUCHGERÄT: Mit der Kapsel

sind erstmals mehrtägige mobile Unterwassereinsätze in küstenfernen Gewässern möglich. Bild: Wartung des Tauchgeräts am Festland von Französisch-Polynesien

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W Wenn das Korallenriff in Französisch-­ Polynesien in der Südsee zwischen vier und fünf Uhr früh erwacht, sieht das nach Chaos aus. Wie der Morgen in einer Grossstadt, vom Dach eines Hochhauses betrachtet. Abertausende Fische und anderes Meeresgetier sind unterwegs. Ungeordnetes Ge­wusel, so weit das Auge reicht – zumindest für den ungeschulten Beobachter. Ghislain und Emmanuelle Bardout hingegen sehen das System dahinter. Sie kennen das Riff in- und auswendig: Schliesslich haben sie ganze zwei Monate dort verbracht – und dank des selbst gebauten Prototyps einer Unterwasserkapsel mehr davon gesehen und begriffen als je ein Taucher zuvor. «Mit der Kapsel können wir nega­ tive Folgen des Klimawandels für die Meeresfauna genau beobachten und dokumentieren. Unsere Studien sollen wachrütteln – Freunde, Mitmenschen und Politiker», sagt Ghislain. Die Kapsel-Mission des Ehepaars Bardout ist der vorläufige Höhepunkt einer einzigartigen Abenteuer­ geschichte, die vor knapp 15 Jahren begonnen hat – und die Geschichte

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zweier Menschen, die sich zusammen­ getan haben, um ihr Leben der Er­ forschung der Ozeane zu widmen. Mitte der Nullerjahre lernt Ghislain Bardout, Ingenieur und Tiefseetaucher, seine spätere Frau Emmanuelle Périé, Skipperin und Polarexpertin, kennen. Schon bald erkennen die beiden, dass sie nicht nur die Leidenschaft für die Ozeane verbindet, sondern auch die Leidenschaft am Entdecken. 2010 entscheiden sie sich, ihr konventionelles Leben mit Haus und Job in Frankreich zurückzulassen, ein Schiff zu kaufen und zu einer ­Expedition ins Polarmeer aufzubrechen. Das Schiff, ein 20 Meter langer Zweimastschoner, hat den bezeichnenden Namen «WHY». Warum? «Weil das sein Name war, als wir es gekauft haben», erklären Ghislain und Emmanuelle schmunzelnd.

NACHHALTIG UND MOBIL

Die Kapsel ist nur 90 Kilo schwer, leicht zu transportieren und hinterlässt keine Spuren in der Natur. Dahinter: der 20 Meter lange Schoner «WHY».

SÄTTIGUNGS­ TAUCHEN

Während herkömmliche Taucher immer die Uhr im Blick ­h aben, können die Forscher in der Kapsel die Zeit vergessen.

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RE VOLUTION Ä RE UNTERWAS SERFORS CHUNG Diese Kapsel erlaubt dem Team, drei Tage am Stück unter Wasser zu bleiben, und ermöglicht so einzig­ artige Beobachtungen des Lebens unter Wasser. Die Forscher können die Kapsel – etwa um Proben zu sammeln – mit Atemgeräten verlassen, ansons­ ten in ihrem Inneren arbeiten, essen und schlafen.

1 VIER KUBIKMETER

misst die Kapsel, sie ist 3,2 Meter lang, 1,5 Meter hoch und bietet drei Tauchern Platz – im Sitzen oder im Liegen.

2 SICHTFENSTER

Sie geben einen Rundumblick auf das Riff aus drei Meter Höhe – ­a usreichend, um den Überblick zu behalten, und nah genug für Details.

4 ATMEN

Eine Maschine sorgt für das rich­ tige Gasgemisch in der Kapsel. Alle paar Minuten wird – zwecks späterer Dekompression – ein Mix aus Sauer­ stoff, Helium und Stickstoff hinein­ gepumpt.

3 AUS- UND EINSTIEG

erfolgt über eine Luke im Boden. Obwohl diese offen ist, dringt kein Wasser hin­ ein. Das verhin­ dert der Luftdruck in der Kapsel: als würde eine Tasse verkehrt herum in einen Kübel Wasser getaucht.

5 FIXIERUNGSTANKS

Die leichte Kapsel ist nicht direkt am Boden fixiert, bei Strömung bewegt sie sich bis zu einem Meter hin und her.

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AUF TAUCHSTATION

Für das behutsame Herablassen der Kapsel bis zum Meeresgrund sind mehrere Taucher notwendig.

SPRECHVERBINDUNG ZUM SCHIFF

Wegen der Bei­m ischung von Helium zur Atemluft hat man in der ­K apsel eine hohe, Micky-­ Maus-artige Stimme.

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DAS PROJEKT «UNDER THE POLE»

Mit einem kleinen Segelschiff drei Jahre lang um die Welt. Nach der Erforschung des Nordpols waren in den vergangenen Monaten Pazifik und Antarktis dran. Nun geht’s über den Atlantik nach Hause.

Juli bis August 2017 April 2018 bis September 2019 Oktober 2019 bis Februar 2020 März bis Mai 2020

ARKTIS

sieben Monate ­Aufenthalt – von September 2017 bis März 2018

Concarneau, Frankreich

PA Z I F I K französisch-­ polynesische Inseln

AT L A N T I K

A N TA R K T I S

«Klar haben wir überlegt, ihn zu ändern, aber wir haben keinen besseren gefunden. Also sagten wir uns: warum nicht?» Und das klingt aus dem Mund der beiden Abenteurer nicht zufällig wie ein Lebensmotto. Das Forschungsprojekt «Under the Pole» ging also auf Jungfernfahrt – und wie sich herausstellte, war diese erste 45-Tage-Expedition bloss der Appetizer einer langen Reise. Ghislain und Emmanuelle unterbrechen ihre Mission auch nicht, als es darum geht, eine Familie zu gründen. Ihre beiden Söhne Robin und Tom kommen während einer Expedition im Eis Grönlands zur Welt. Jetzt leben die vier gemeinsam mit Husky Kajak und dem bis zu acht Mann starken Team

ABENTEURER­ PAAR

Sind gemeinsam auf den Welt­ meeren unter­ wegs, um diese zu erforschen: Ghislain Bardout, Ingenieur und Tiefseetaucher, und seine Frau Emmanuelle ­P érié-Bardout, Skipperin und Polarexpertin.

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an Bord der «WHY». «Natürlich ist das sehr intensiv, wenn insgesamt zwölf Leute auf dem engen Raum des Schiffs zusammen leben und arbeiten – und das sieben Tage die Woche über ein ganzes Jahr. Aber anders wäre es nicht gegangen», sagt Ghislain, und Emmanuelle ergänzt: «Es hat sich ­immer richtig angefühlt – also nichts, worüber ich nachdenken musste. Die Unterwasserwelt ist unsere Berufung – eine Welt, die in dieser Form zu verschwinden droht. Und um sie besser zu schützen, sollten wir sie kennenlernen. Deshalb werden wir unser Know-how immer der Wissenschaft zur Verfügung stellen.»

U

nterstützt von namhaften Sponsoren wie Rolex und Azzaro, starten die Bardouts Mitte 2017 schliesslich unter dem Titel «Under the Pole III» ihre bisher längste, auf drei Jahre angelegte Forschungsfahrt, über Pa­zi­ fik und Atlantik, von Pol zu Pol. Mit dabei: eine in knapp drei Jahren selbst entwickelte und gebaute Tauchkapsel, die es den Forschern erlaubt, drei Tage unter Wasser zu verbringen, ohne aufzutauchen. In 20 Meter Tiefe observiert die Crew damit zwei Monate lang ein Korallenriff in der Südsee. «72 Stunden klingt nach e­ iner ziemlich langen Zeit, aber sie vergeht

LEBEN IN DER GLOCKE

Übrigens: Wer vorm Schlafen­g ehen noch aufs Klo muss, erledigt das – bis auf Taucher­ brille und Atemregler nackt – ausserhalb der Kapsel.

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TAGE SA BL AUF A M KOR A LLENRIFF Mit der Kapsel können die Forscher Routinen und Abläufe studieren. Was am ersten Tag eine zufällige Beobachtung ist, wird am zweiten und dritten zum Muster.

GEWÖHNUNGSEFFEKT

Bald erkennt die Crew einzelne Fische wieder, gibt ihnen Namen und macht Selfies mit ihnen.

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ENTDECKUNG

Bei ihrer Arbeit wurden die Forscher Zeugen von seltenen Vorgängen – etwa dem Laichen der Korallen.

NEUE ARTEN

Das Team führte eine der gröss­ ten Studien über Korallen durch und ent­d eckte dabei neue Spezies, die erst benannt werden müssen.

total schnell», meint Ghislain mit ei­ nem Achselzucken. «Hast du schon einmal in einem Zelt übernachtet? Ungefähr so fühlt sich das an – nur eben unter Wasser.» Mit der Kapsel lassen sich erstmals Abläufe beobachten, die Tauchern bis jetzt verborgen blieben. «Wir sprengen damit die bisherigen Grenzen, weil wir Tauchgänge nicht mehr in Stun­ den, sondern in Tagen zählen», er­ klärt Ghislain. «Nimm den Regenwald als Vergleich: Als Forscher wirst du dort nicht viel entdecken, wenn du nur für ein paar Stunden präsent bist, denn du fällst auf. Die Tiere müssen erst vergessen, dass du da bist. Genau da wollten wir auch hin.» Bardouts Forschungskapsel funk­ tioniert im Prinzip wie eine 1960er-­ Jahre-Taucherglocke. Nur hat sie – neben einer Fernsprechanlage zum Schiff – Wände aus Aluminium und Aussichtsfenster aus thermoplasti­ schem Kunststoff, was sie deutlich leichter und den Transport einfacher macht. «Sie hinterlässt auch keinen Fussabdruck am Meeresgrund», sagt Ghislain. Der wahre Clou ist aber das Gas­ gemisch aus Sauerstoff, Stickstoff und Helium, das eine spezielle Maschine in die Kapsel pumpt. So können die Forscher nicht nur tagelang in der Kapsel leben und arbeiten. Sie erspa­ ren sich dadurch auch die mühsamen Dekompressionsmassnahmen danach; denn während andere Berufstaucher nach langen Tauchgängen oft Tage in Druckkammern verbringen müssen, konnten die Bardouts durch den ­Einsatz dieses Sauerstoff-­Stickstoff-­ Helium-­Gemischs ihre eigene De­

kompressionszeit nach drei Tagen ­unter Wasser auf nur drei Stunden redu­zieren. «Somit können wir auch mehrere mehrtägige Tauchgänge hinter­einander machen», sagt Ghis­ lain. Die Nebenwirkung, dass die Stimmen dank des Heliums in der Kapsel stark nach Micky Maus klin­ gen, nimmt die Crew mit Humor. «Als gelernter Taucher hast du ­immer die Zeit im Blick», erklärt ­Ghislain den Unterschied zu her­ kömmlichen Tauchgängen. «Hier ist sie plötzlich egal – ein gross­artiges Gefühl! Bei den ersten erfolgreichen Tests habe ich vor Freude geweint. Wir können sehen, wann die Fische aufwachen, wer zuerst sein ‹Haus› ­reinigt und wer sich gleich in der Gruppe auf Nahrungssuche macht.» «Und nachts», fügt Emmanuelle be­ geistert hinzu, «vibriert die Kapsel von den Gesängen der Wale.»

D

ie wissenschaftliche Mission von Emmanuelle und Ghis­ lain Bardout ist noch lange nicht erfüllt. Tatsächlich ­liefern ihre Langzeitbeob­ achtungen vom Boden des Ozeans ganz neue Erkenntnisse für mehr als 190 internationale Forschungszent­ ren, mit denen das Paar zusammen­ arbeitet. Im Fachjargon nennt man das Biodiversität; gemeint ist damit nichts Geringeres als der Schlüssel zum Verständnis des ökologischen Systems der Erde – und die Basis da­ für, dass wir diesem System mit dem notwendigen Respekt begegnen. «Wir haben vor allem auf dem Polareis ge­ sehen, dass uns die Zeit davonläuft», sagt Emmanuelle. «Man kann dort dem Eispanzer beim Schmelzen zu­ sehen. Was den Klimawandel betrifft, müssen positive Veränderungen viel schneller herbeigeführt werden, als das derzeit der Fall ist. Unser Traum, nein, unser Ziel ist, dazu etwas beizu­ tragen und mit der Mission Menschen zu inspirieren, das Gleiche zu tun.» underthepole.com

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INNOVATOR GADGET GUIDE

RAUS MIT EUCH!

Acht OutdoorGadgets, die man auf der Strasse, im Wald oder unter Wasser dabeihaben sollte. TEXT Marc Baumann

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SPOTS AN!

Die Drohnen-­ Cam filmt in 4K-Auflösung, LED-Leuchten verbessern die Sicht unter Wasser.

P OW E RV I S I O N

POVERVISION.ME

UNTERWASSER ­ DROHNE

Wer als prächtiger Fisch der Unterwasserdrohne PowerRay begegnet, wird bestenfalls ein Fotomotiv und schlimmstenfalls ein Abendessen. Die Drohne kann nämlich b ­ eides: a) mit einem 70 Meter langen Kabel sanft durchs Wasser gleiten und die Schönheit der Unter­wasserwelt

­filmen und ­fotografieren. Oder b) mit der eingebauten (auch einzeln benutzbaren) Sonar-­Kugel kleine Fischgruppen orten und deren Verstecke aufs ­Handydisplay des Anglers verpetzen. Beim Kauf der Drohne gibt es zum stattlichen Transportkoffer auch noch eine VR-Brille, mit der man den Tauchgang im Trockenen live nachempfinden kann – besonders in Hai­ gewässern angenehm. PREIS: CA. 1050 CHF; POWERVISION.ME

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KABELLOSER LAUT ­ SPRECHER

Die Einwohner der D-A-CH-Länder gelten als korrekt, pünktlich – aber auch als tanzfaul und hüft­ steif. Warum eigentlich? Berlins Clubszene ist welt­ berühmt, in Zürich feiert man die Sommernächte durch, und Wien bringt zu­ verlässig grosse Musiker

hervor. Vielleicht gibt es bei uns nur zu wenig Boxen des Typs JBL Pulse 4, ­tragbare Speaker mit 360-Grad-Sound und Sur­ round-LED-Lichtshow. Da­ mit wird man überall und zu jeder Zeit zur 1-Mann-­ Disco. Und zwölf Stunden Wiedergabezeit reichen auch für die 1-Mann-After­ hour im Morgengrauen. Am schönsten leuchtet der 20 Zentimeter grosse Lautsprecher im Dunkeln, er darf auch mit in den Pool oder in den Schnee – das Gerät ist wasserdicht. PREIS: CA. 180 CHF, JBL.AT

CA M P S T OV E 2

HOLZOFEN MIT STROM ­ GENERATOR

Mehr als zwei Milliarden Menschen kochen im Jahr 2020 noch an offenen Feuern, oft in Hütten, wo der ungefilterte Rauch die Menschen krank macht. Darum entwickelte BioLite einen Ofen, der aus Holz­ scheiten effizient rauch­ lose Hitze produziert und zudem Strom herstellt, den sich arme Menschen oft nicht leisten können. Erfreulicher Nebeneffekt: Den CampStove 2 kann man auch als Wohlstands­ camper nutzen. Einen Liter Wasser erhitzt er in viereinhalb Minuten und lädt nebenbei dein Handy auf. Zusammengepackt ist er nur so gross wie eine Wasserflasche. Und jeder Camper finanziert mit dem Kaufpreis weitere BioLite-Projekte in Ent­ wicklungsländern. PREIS: CA. 260 CHF; BIOLITEENERGY.COM

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H ÖV D I N G

AIRBAG -­ KRAGEN Die Frage «Was wäre schlimmer: eine zerstörte Frisur oder eine zerstörte Schädeldecke?» würden nur sehr eitle Menschen mit «Die Frisur!» be­ antworten. Aber warum ­trugen 2018 in Europa nur zehn Prozent der 17- bis 30-Jährigen einen Radhelm? Umfragen in Schweden ergaben im Jahr 2005, dass Rad­ fahrer gerne einen Helm hätten, der nahezu unsicht­ bar ist und doch schützt. Klang unmöglich, Anna Haupt und Terese Alstin probierten es dennoch in ihrem Industriedesign­ studium in Lund. Ihre Lösung: ein Kragen, der beim Sturz einen ­Airbag auslöst und dann wie Omas Trockenhaube aussieht. Das Hövding ge­ nannte Gadget, das nach sieben Jahren Entwicklung in den Handel kam, schützt den Kopf zudem besser als Radhelme. Der jetzt er­ hältliche Hövding 3.0 kann zudem ein Notrufsignal senden – und wärmt im Winter fast wie ein Schal. PREIS: CA. 320 CHF; HOVDING.DE

Der Hövding wird über ein USB‑Kabel aufgeladen, die Akku-­ Laufzeit beträgt 16 Stunden.

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HARMANN INTERNATIONAL, BIOLITE, ALEXANDER CRISPIN

JBL PULSE 4


LUFT HELM

Laut Studien gewährt der Airbag-Helm einen achtfach besseren Schutz als herkÜmmliche Fahrradhelme.


KUFEN ­ GLEITER Bei diesem Bike ersetzen Tragflächen die Räder. Das Treten in die Pedale treibt den Propeller (hinten) an.

M A N TA 5

Wie oft hatten Sie eine Idee im Kopf, die ein anderer umgesetzt hat? Wollen Sie sich am Ende Ihres Lebens fragen, ob Ihr grosser Traum hätte Realität werden können? Diese Sätze hörte der Neuseeländer Guy Howard-­ Willis 2011 auf einer Unternehmerkonferenz. Und fühlte sich ertappt. Dann beschloss er, einen verrückten Einfall, der ihn schon lange umtrieb, ­endlich umzusetzen.

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Sechs Jahre dauerte es, bis er und der Designer Roland Alonzo mit ihrem Start-up Manta5 das ­Hydrofoil Bike markt­fertig hatten – ein E-Bike, das auf dem Wasser fährt. Der Trick dabei: Trag­flächen. Wenn man schnell genug tritt, gleitet das Rad über Seen, Flüsse und Meere – solange die Wellen maximal kniehoch bleiben.

MANTA 5, KATADYN GROUP, GARMIN, USWE-SPORTS.COM

DAS BIKE , DAS ÜBERS WASSER FÄHRT

PREIS: CA. 7000 CHF; EU.MANTA5.COM Mit einem Elektromotor unterstützt der Manta5 seinen Fahrer beim Gleiten übers Wasser.

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GARMIN K ATA DY N

DER MOBILE TRINKWASSER -­ FILTER

UHR FÜR ABENTEURER UND MULTI -­ SPORTLER

Sind Sie sportlich und abenteuerlustig genug für diese Multisport-­ Adventure-Smartwatch? Testen Sie es: Lesen Sie alle Stärken der Garmin Fenix 6 mit nur einem Atemzug vor. Luft holen, los! Karten für 2000 Ski­ orte und 41.000 Golf­ plätze; Aktivitätsprofile für Trailrunning, Schwimmen,

Es gibt sie tatsächlich noch, die echten Aben­ teuer. Man findet sie fern­ ab der eigenen Comfort Zone. Ob beim Camping und Trekking in der Wild­ nis oder auch im Gross­ stadtdschungel auf ande­ ren Kontinenten: Damit solche Reisen nicht nur wildromantisch klingen, sondern es auch sind, müssen ein paar Basics gesichert sein: sauberes Trinkwasser zum Beispiel. Der Katadyn-Wasserfilter passt mit 24 Zentimeter Länge und 550 Gramm Gewicht gut in einen Ruck­ sack. Er säubert einen ­Liter stark verschmutztes Wasser pro Minute und reicht damit für kleine ­Reisegruppen bis drei ­Personen. Die Technik da­ hinter: Die Poren der Filter­ keramik sind kleiner als die Mikroorganismen. PREIS: CA. 300 CHF; KATADYN.COM

SAUBER MACHER

Der Katadyn ­Pocket filtert Bakterien und andere Krank­ heitserreger auch aus stark verschmutztem Wasser.

Biken, Laufen, Wandern, Rudern, Navi-­ge­stützte Wegempfehlungen; Lauf­ tempo-Dosierung; Climb­ Pro-Steigungs­analyse; Überwachung der Blut­ sauerstoffsättigung; E-Mail- und SMS-Emp­ fang; Zahlen mit Garmin Pay; automatischer Not­ ruf bei Unfällen; Musik-­ Streaming; Herzfrequenz­ analyse (unter Wasser!); Kalorien- und Schritt­ zähler; Schlaf-Tracker … ­geschafft! Zur Belohnung ein Tipp: statt den Aufpreis fürs Saphir-Uhrenglas zu zahlen, lieber eine güns­ tige Schutzfolie kaufen. PREIS: AB CA. 600 CHF; GARMIN.COM

USWE

DER OUTLANDER ACTION - RUCKSACK

Schon Gletschermumie Ötzi hatte eine Kraxe auf dem Rücken, das Prinzip Rucksack ist so alt wie die Jungsteinzeit. Aber es hat erstaunliche 5300 Jahre gedauert, bis die Men­ schen das grösste Problem am Rucksack gelöst haben: dessen nerviges Hin-undher-Gerutsche. Alle Läufer ­kennen das Problem des «tanzenden Affen», wie es die Firma USWE nennt. Wie ein Babyaffe auf dem Rücken der Mama zappelt der Rucksack beim Laufen rum. Die Lösung: Anstelle von zwei von der Brust zur Hüfte parallel verlaufen­ den Riemen haben diese USWE-­Modelle vier Rie­ men, die sich vor der Brust wie bei einem grossen X als Schnalle treffen. Dar­ auf hätte man eigentlich vor tausenden Jahren schon kommen können. PREIS: CA. 100 CHF; USWE-SPORTS.COM

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Tex t Fotos Rein e r Kap elle r Dan Ce rmak

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DER MENSCHHEIT WÜRDE IST IN DIGITALE HAND

Eine Milliarde Menschen welt weit können nicht beweisen, wer sie sind. Sie sind verdammt zu einem Leben ohne Bankkonto, Sozialhilfe,

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Arztbesuch, Bildung, Wahlrecht und Heirat . Mit «The Humanized Internet» arbeitet Monique Morrow, EX- CTO von Cisco, an einer digitalen Lösung für dieses Problem.

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Stellen Sie sich eine ­r ichtig harte Nuss vor. Eine Aufgabe, die Sie nicht einen Tag, sondern zehn, vielleicht sogar fünfzehn Jahre beschäftigen wird. Überfordert? Für Monique Morrow ist eine Aufgabe dieser Grössenordnung gerade recht.

Die gebürtige US-Amerikanerin Monique Morrow begann als Netzwerk-Technikerin beim Chip-Entwickler AMD. Dabei war sie so gut wie immer die einzige Frau im Büro. Bei Cisco wurde sie erster weiblicher CTO. Sie hält über zehn Patente («Es kommen laufend neue dazu»), wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Global Citizen Award und dem Business Worldwide Magazine Award; «Forbes» zählt sie zu den wichtigsten 50 Frauen in Tech. L ­ etzten Sommer hat sie neben ihrem Job und ihrer vielfältigen Beratertätigkeit ihren dritten Master abgeschlossen, diesmal im Fach Digitale Währungen. Sie sagt: «Ich weiss einfach gern, was ich nicht weiss.» Als Präsidentin der Schweizer Non-­ Profit-Organisation «The Humanized Inter­net» stellt sie sich ihrer bisher grössten Herausforderung. M onique M orrow : m e hr fach ausgezeichn ete IT- E xp e r tin , gefrag te U nte rn ehmensb eraterin , Sp eakerin – sowie engagier te So cial Entrep re n e urin

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Das Problem: Eine Milliarde Menschen weltweit können nicht beweisen, wer sie sind. Sie besitzen weder Pass noch Personalausweis, viele von ihnen wurden bei der Geburt nicht einmal registriert. Ihr Alltag? So wie unserer, nur ohne Handy-Vertrag, Bankkonto und Städteflug, ohne Sozialhilfe, Arztbesuch und Bildungszugang, ohne die Möglichkeit, wählen zu gehen, zu heiraten oder ein Geschäft zu eröffnen. Eine Milliarde Menschen, unsichtbar und ungehört, gefangen in einer Parallelwelt und ausgeschlossen von der Chance auf sozialen Aufstieg. Wir fragen uns: Wo soll man da beginnen? Monique Morrow hat mit einer Vision begonnen: Sie möchte mit «The Humanized Internet» die Grundlage für eine sichere und dauerhafte Identität schaffen. Eine Identität, die unzerstörbar ist, die einen an jeden Ort der Welt begleitet und niemandem genommen werden kann. Wir treffen Monique Morrow in ihrem Büro im Züricher Trust Square Hub. Hier arbeiten über 200 Mitarbeiter und bis zu 40 Unternehmen an Anwendungen für Zukunftstechnologien wie der Blockchain. Und von hier aus pusht ­Monique Morrow ihre Vorstellung von der digitalen Identität. innovator: Frau Morrow, was ist die Vision von «The Humanized Internet»? monique morrow: Wir möchten dafür sorgen, dass jeder Mensch einen sicheren digitalen Speicherort für seine Dokumente hat. Stellen Sie sich einen digitalen Safe vor, der Sie überall hinbegleitet und für den nur Sie und vielleicht Ihre engsten Familienmitglieder die Schlüssel besitzen. Wenn Sie jemand nach Ihrem Ausweis fragt, dann öffnen Sie via Smartphone Ihren Safe und bestätigen beispielsweise, dass Sie wählen dürfen. Die Vorstellung eines digitalen Safes ist ein schönes Bild, aber wie funktioniert das von technischer Seite? Es gibt viele Konzepte, an denen geforscht wird. Am bekanntesten ist die Blockchain, die man bisher vor allem mit der Währungsalternative Bitcoin verbindet, aber noch viel grösseres Potenzial besitzt. Grob vereinfacht ist

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«IN ZUKUNF T SOLLTE JEDER SEINEN DIGITA LEN DATENSA FE H A BEN, DER IHN IMMER BEGLEITET.»

die Blockchain ein Netzwerk mit einer kontinuierlich erweiterbaren Liste von Datensätzen, kurz Blocks. Anders als in der Cloud werden Informationen nicht auf einem zentralen Server gespeichert, sondern dezentral auf allen Rechnern im Netzwerk. Das macht die Blockchain auch so sicher. Um Informationen zu verfälschen, müsste man nicht einen Server hacken, sondern jeden in der Blockchain. Also haben wir schon heute eine technologische Lösung für das Eine-­ Milliarde-Menschen-Problem? Die Blockchain ist für viele Bereiche bereits eine grossartige, funktionierende Lösung. Damit wir sie aber auch für wirklich sensible Daten nutzen können, müssen wir sie weiterentwickeln. In ihrer Reinform bietet sie nämlich keine Privatsphäre, denn die Daten auf der Blockchain sind für alle einsehbar. Sie haben bestimmt eine Idee, wie man dieses Problem lösen könnte … Es gibt einen neuen, radikalen Ansatz: Dahinter steckt die Idee, dass man ­sensible Daten auf dem Smartphone

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speichert und sie dort so gut verschlüsselt, dass sie nur in Kombination mit der entsprechenden Blockchain lesbar werden. Organisationen wie die Sovrin Foundation, ein Open-Source-Projekt aus Staaten und Unternehmen, machen da gerade riesige Fortschritte. Wann wussten Sie, dass die Blockchain auch abseits von Kryptowährungen wie Bitcoin relevant werden könnte? Die Blockchain hat mich schon bei Cisco begleitet. Aber erst im Zuge der europäischen Flüchtlingskrise wurde für mich daraus auch ein persönliches Anliegen. Ich war 2016 in Berlin (Cisco unterstützte die ReDi School of Digital Integration, die geflüchtete Menschen in den Programmiersprachen Python, Java und CSS ausbildet, Anm.) und traf auf einen jungen Mann namens Akram Alfawakheeri, der mir seine Geschichte erzählte. Er hatte seine Papiere verloren und wäre beinahe in seine Heimat Syrien zurückgeschickt worden. Sein sicherer Tod. Es gab ein Happy End? Akram studierte zu der Zeit in Griechenland und verlor seinen Pass auf dem Weg zum Meeting. Am Flughafen konnte er sich nicht ausweisen und auch keinen Notpass beantragen, weil es in Athen keine syrische Botschaft gibt. Dass er seine Reisedokumente in der Cloud gespeichert hatte, interessierte niemanden. Also musste er flüchten. Die Geschichte von Akram steht stellvertretend für so viele Menschen. Nach dem Gespräch mit ihm sagte ich mir: Okay, wir müssen dieses Problem lösen. Heute ist Akram Co-­ Founder von «The Humanized Internet». Wie wäre der Tag für Akram verlaufen, hätte er bereits eine digitale Identität besessen, wie sie sich «The Humanized Internet» vorstellt? Er hätte sein Smartphone gezeigt und ­locker den Flug erwischt. Und dann ­hätte er auch gleich zur nächsten Uni-Anmeldestelle gehen können. Wie meinen Sie das? Das Beispiel ist nur eines von vielen, wie sich der Alltag für uns alle verbessern kann. Etwa wenn es um die Anerken-

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Z AHLEN UND FAKTEN «THE HUMANIZED INTERNET» In Jordanien sitzen tausende ausgebildete Pflegekräfte in Flüchtlingslagern und dürfen nicht arbeiten. Ihnen erleichtert «The Humanized Internet» mit Partnern den Weg zurück in den Arbeitsmarkt, indem es Berufsdokumente international zertifiziert. 2018 wurde das Pilotprojekt bei der Solve  Challenge des MIT vorgestellt. In Zukunft könnte es weltweit zum Einsatz kommen.

1 2 , 9 Mio

W ELT W EITER PFLEGEKR Ä F TEM A NGEL 3 SCHRIT TE ZUM DIGITA LEN ZERTIFIK AT 1.  E VA LUIERUNG

7, 2 Mio

Be ruflich e un d ausbildungs­r elevante D okumente werden an alysier t un d forensisch ge p rüf t .

2.  ZERTIFIZIERUNG We r die Evaluie rung b e s te ht , e rh ält ein inte rn ation al an e rkannte s Ze r tifikat .

3. SPEICHERUNG Das Ze r tifikat wird lokal auf ein e r Ap p am Smar tp h on e ge sp eich e r t , die auf die Blo ckch ain zugreifen kann . 201 8

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PILOTPROJEK T IN JORDA NIEN

1 2 3000 1

JA HR KONZEP­T IONSPH ASE

MITA RBEITER

P OTENZIELLE RE ZERTIFIZIERUNGSK A NDIDATEN

nung von arbeitsrelevanten Dokumenten geht, wie ein Studienabschluss oder Zeug­nisse. Wir gewannen bei der Solve ­Challenge des MIT einen Award, indem wir mit einem Blockchain-Projekt zeigten, wie Flüchtlinge, die in ihrem Heimatland Pflegekräfte waren, ihr Zertifikat nachweisen können. Ein Durchbruch, wenn man bedenkt, dass es weltweit an 7,2 Millionen Pflegekräften mangelt. Können Sie garantieren, dass meine Daten sicher sind? Nur wenn wir weg von zentralen Speicherorten kommen und dafür sorgen, dass nur die Teilnehmer Kontrolle über ihre Daten haben. Und ja, natürlich wird es nie zu 100 Prozent Sicherheit geben, aber verglichen mit dem heutigen Standard ist das um ein Vielfaches besser. Andersherum gefragt: Wie kann man garantieren, dass ein System dieser Grössenordnung nicht missbraucht wird? Das Sozialkredit-System in

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­ hina etwa: Es wurde geschaffen, C um Korruption zu bekämpfen. Heute bestraft es Individuen, die Bier statt Wasser trinken. Diese Gefahr wird immer bestehen; gerade darum ist es so wichtig, dass wir eine ethische Debatte führen, was Technologie kann und darf. Wir müssen von Beginn an Entwickler in die Pflicht nehmen, wir müssen Technologie so konzipieren, dass Privatsphäre ein Kern­ element ist, und wir dürfen bei alldem auch die User nicht vergessen. Sie glauben, dass noch viel Auf­ klärungsarbeit notwendig ist? Es fehlt nach wie vor ein Grundverständnis dafür, dass unsere Daten etwas wert sind. Man kann es nur immer wieder wiederholen: Bei Facebook und Co sind wir das Produkt und nicht der Nutzer.

Muss man undiplomatisch sein, wenn man sich als einzige Frau unter Männern durchsetzen will? Sie werden lachen, ich wollte eigentlich Diplomatin werden. Darum habe ich an der Sorbonne und an der San José State University Französisch, Geografie und Europäische Geschichte studiert. Aber dann habe ich bemerkt, was für ein Aufschwung durch das Silicon Valley geht, und ich dachte mir nur: Oh mein Gott, da muss ich dabei sein. Sie sind nur durch Zufall bei Ihrem ­ersten Arbeitgeber AMD gelandet? Ja. Können Sie sich das vorstellen? Eine Frau in den 80ern als Netzwerk-Technikerin in einem richtig konservativen Umfeld. Aber ich habe dort gelernt, wie wichtig Netzwerke sind, im Team und global. Und ich habe gelernt, für meine Interessen und Ansichten einzustehen und grosse Entscheidungen zu treffen. Als ich alles auf die Karte Cisco setzte, habe ich bei AMD meinen Kopf riskiert. Es war die richtige Entscheidung. Warum haben Sie dann vor drei Jahren bei Cisco gekündigt? Ich hatte eine tolle Karriere und fast 17 grossartige Jahre bei Cisco. Aber gegen Ende wurde es mir dort zu gemütlich. Gemütlich? Frau Morrow, Sie waren in einer Schlüsselposition in einem Unternehmen mit 50 Milliarden Umsatz. Natürlich war da auch mehr: Schon vor dem Treffen mit Akram war ich zu Gast bei ID 2020 in New York, einer Konferenz von Unternehmen, NGOs, Wissenschaftlern und der UNO. Ich sah dort eine Doku über das achtjährige indische Mädchen Meena, das von seinem Onkel an ein Bordell verkauft wurde. Sie war zur Prostitution verdammt, und ihr Schicksal hätte auch noch ihre Kinder getroffen, wenn sie eine NGO nicht befreit hätte. Der Bordell-­ Besitzer behauptete einfach, es wären seine Kinder. Eine aufrüttelnde wahre Geschichte, die zeigt, dass sich Leid über Generationen ziehen kann. moniquemorrow.com

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chon die Überschriften der von WeWent angebotenen Team-Services klingen anders als das Übliche: Da gibt es etwa ein «Basic Survival Training», eine Kochklasse oder einen Hackathon – in dem eine Gruppe kreative Lösungen für ein fiktives Problem erarbeitet. Damit will Bilge Apak Satos Start-up-Unternehmen helfen, die Talente ihrer Mitarbeiter weiterzuentwickeln. Die 2015 gegründete Plattform arbeitet inzwischen schon mit über 200 Partnern in der Schweiz, Deutschland und Grossbritannien. innovator: Woher kam die Idee, sich auf Team-Services zu spezialisieren? bilge apak: Meine Partnerin und Mitgründerin Aleksandra Potrykus-Majewska und ich haben damals in globalen Teams gearbeitet. Wir haben dabei festgestellt, dass Teams ihr volles Potenzial erst entfalten, wenn auch jedes Mitglied sein Talent auslebt.

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­ aher haben wir unser ProD jekt gestartet, weil wir so Unternehmen helfen wollten, ihre Performance zu steigern. Was macht WeWent, was andere nicht tun? Unternehmen finden auf unserem Online-Marktplatz über 250 Workshops zu «Future Skills», also zu künftig wichtigen beruflichen Fähigkeiten. Etwa im Bereich Leadership oder Verhandlungsführung. Wir befragen vorab die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, ob ihre Ziele mit jenen des Teams zusammenpassen, und analysieren die Teamdynamik.

Zur Person Geboren in der Türkei, hat Bilge bereits zehn Jahre Berufserfahrung in Business und E-Commerce gesammelt.

Wie entstand aus dieser Idee euer Unternehmen? Die ersten zwei Jahre nach der WeWent.com-Gründung hatten wir noch feste Jobs. Die wichtigste Regel damals: Verdiene so viel Geld wie möglich, bevor du loslegst. Wir mussten erst die Online-Plattform entwickeln, und im Marketing etwa verstecken sich hohe Kosten. Aber wir brauchten anfangs keinen Investor, weil wir ­unser eigenes Kapital hatten. Welche Hürden waren ­anfangs die grössten? Wir mussten von Beginn an zwei Seiten zufriedenstellen: die Anbieter von Workshops und die Unternehmen, die sie buchen. Du musst also sehr viel mit deinen potenziellen Kunden reden. Deswegen haben wir den Papierkram früh ausgelagert und arbeiteten mit Start-up-Organisationen wie Impact Hub, um die richtigen Ressourcen zu finden.

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FLORIAN WÖRGÖTTER

Du findest, Teambuilding-Events sind öde? Ein Zürcher Start-up macht sie zu einem Erlebnis, bei dem du deine Talente und Führungs­ eignung entdecken kannst. Die Erfolgsstory von WeWent, erzählt von CEO Bilge Apak Sato.

… oder wie man VR-Games spielt und gemeinsam Probleme im Mini-Hackathon löst. Aber: Was bringt das? Du erkennst die Stärken und Schwächen deiner Kollegen und wie sie ausserhalb ihrer Komfortzone reagieren. Am Beispiel der beliebten Kochklassen: Unsere Köchin geleitet das Team nicht bloss durch das selbst gekochte Gourmet-­ Dinner, sondern analysiert auch die Rollen im Team. Zeigt jemand etwa viel Ehrgeiz und übernimmt die Führung, wird also zum Alphatier, legt sie seine Motive offen und erklärt, was sich daraus für die künftige Teamarbeit lernen lässt. Und vor allem: wie das Team davon profitieren könnte.

NADINE JAYARAJ

«ENTDECK DAS ALPHATIER IN DIR»

Dann bieten wir Workshops wie einen «Failure Slam», bei dem Chefs Mitarbeitern vom eigenen Scheitern erzählen. Oder wie man lernt, mit den Händen zu denken, indem man sein Ziel mit Legosteinen baut.


«Wir sollte n wissen , dass wir die Zukunf t de r Arb eit ge m eins am ­b e s timm en . »

Job, Privatleben, WeWent: Wie koordiniert man das? Wir waren zwei Frauen, die um die 30 ein Unternehmen gründeten. Und wir hatten beide Familie. Das hat die Entwicklung von WeWent.com verzögert, aber gemeinsam haben wir es gepackt. Daher lautet unsere zweite Goldregel: Du brauchst einen Partner, der dir aufhilft, wenn du fällst. Geschäftlich und privat. Was empfiehlst du Gründern in Sachen Teamspirit? Öffne dich deinem Team – ob als Führungskraft oder Kollege. Wenn du Schwäche zeigst, können sich die Menschen mit dir identifizieren und dein Verhalten nachempfinden. Und: Schenke deinen Leuten Vertrauen, indem du sie entscheiden lässt, wann und wie sie arbeiten wollen.

Vom ersten Gedanken bis zum er folgreichen Unternehmen: 2017 Gründung WeWent geht online. Sowohl Bilge wie auch Aleksandra behalten vorerst zu 100 Prozent ihre alten Jobs.

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201 8 Wachstum Internationale ­Expansion: WeWent bietet erstmals Workshops in Großbritannien und bald schon weltweit an.

2019 200 Provider WeWent hat ein Netzwerk von 200 Workshop-­ Providern (mit über 2000 Kunden) aufgebaut.

2020 Unconference «Shake up the Workplace!», das Event zur Zukunft der Arbeit, wird für Herbst 2020 in Zürich angesetzt.

Euer nächstes geplantes Event heisst «Unconference – Shake up the Workplace». Worum geht’s dabei? Wir wollen gemeinsam die Arbeitswelt wachrütteln. Deshalb bringen wir Start-ups, Politiker und Unternehmer zusammen – und diskutieren, wie man das Berufsleben besser machen kann. Wir wollen, dass die Besucher in Workshops voneinander lernen – und das Event mit einem konkreten Action-Plan ver­ lassen. Dabei geht es neben beruflichen Themen etwa auch um achtsames Arbeiten. Wir wollen zeigen, dass wir gemeinsam die Zukunft unserer Arbeit bestimmen können. shakeuptheworkplace.com

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AUTOPSIE 2 .0 Am Zürcher Institut für Rechtsmedizin scannt und vermisst der Virtobot (links) mutmassliche Mordopfer (rechts). Ihm entgeht keine noch so kleine Verletzung.

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DIE STIMME DER TOTEN TE XT

FOTOS

Alex Lisetz

Mat tia Bals amini

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Vir tuelle Obduktionen per Roboter, 3D -Digital­ modelle von Tator ten: wie der Zürcher Rechtsmediziner MICHAEL THALI Mordopfern ihre Geheimnisse entlockt und damit die Verbrechens­ aufklärung revolutionier t .

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SPUREN­ LESER

M Michael Thali will man eher nicht ­begegnen. Zumindest nicht als Betroffener. «Stranguliert, Schädelbruch nach Hammerschlägen, tödlicher Stromunfall», sagt er und deutet auf die Gipsmodelle in der Vitrine am Flur. Professor Michael Thali ­leitet das Institut für Rechtsmedizin (IRM) in Zürich. «Auf meinem Untersuchungstisch landet, wer auf unklare Weise, unerwartet oder der Gewalt verdächtig stirbt», sagt er. Pro Jahr sind das 1200 Personen aus dem ­Kanton Zürich und seinen Nachbarkantonen. Der Grossteil verlor sein ­Leben durch eine unentdeckte Krankheit, einen Unfall oder Suizid. Doch jeder Zehnte starb durch fremde Hand, als Opfer eines Mord- oder Tötungsdeliktes. Noch ein paar Schritte, eine Tür mit Security-Code, dann ist Thali an seinem Arbeitsplatz. Ein Pult voller Bildschirme, eine CT-Röhre, am ­Seziertisch ein zugedeckter Körper. «Wir sind der Filter», sagt Thali, «damit kein Mord unentdeckt bleibt.»

abgespeichert werden – innen wie aussen millimetergenau dem Original entsprechend, ein Beweisstück ohne Ablaufdatum. «In zehn Jahren», sagt Thali, «wird jeder so arbeiten.» Heute tun das nur die Züricher so. Präziser: Ihr streng abgerichteter ­Industrieroboter «Virtobot». Michael Thalis Kollege Till Siebert zeigt, wie. Ein Knopfdruck, dann ­bewegt sich der Metallarm des Virtobot über eine Schiene an der Decke quer durch den Raum. Er greift nach einer Kamera und schiesst zunächst 25 hochauflösende Fotos von dem Körper auf dem Seziertisch. Mit ­diesen Fotos können zum Beispiel Schürfwunden und Hämatome dokumentiert werden. Als Nächstes kommt der Oberflächenscanner zum Einsatz. Er erfasst die Leiche milli­metergenau anhand sogenannter Triangulationspunkte, die der Laser zu einem dreidimensionalen Reliefbild des Körpers zusammensetzt. Quasi nebenbei ­erkennt und vermisst er auch oberflächliche Verletzungen wie Stich-

Um Mordopfer zu obduzieren, benötigt der Forensiker Michael Thali kein Skalpell. Seine VirtopsyMethode erfasst und dokumentiert die ­Beweise digital.

«W IR SIND DER FILTER, DA MIT KEIN MORD UNENTDECK T BLEIB T.»

M Ö RD ER JAG D 2 .0

Geht es nach Michael Thali und seinem Team, ist das perfekte Verbrechen in der Schweiz bald ein Relikt aus der schlechten alten Zeit. Denn in Zürich – und nur hier – kommt bei der Jagd nach Bösewichten die «Virtopsy»-Technologie zum Einsatz. Der revolutionäre Ansatz: Mordopfer werden obduziert, ohne deren Haut auch nur anzuritzen. Stattdessen werden Fotos, Laser-Scans, Computertomografie-Bilder und Magnetresonanz-Aufnahmen der Leiche erstellt, die als digitales 3D-Modell

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GRUSELKABINETT Im Flur vor dem Untersuchungsraum zeigt ein Schaukasten spektakuläre Schweizer Mordfälle. Vor Virtopsy wurden Ver­ letzungen mit Gipsmodellen dokumentiert.

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REAL, DIGITAL UND WIEDER RETOUR Aus den digi­ talen 3D-Daten fer tigen die Ermit tler per 3D-Drucker lebensechte Modelle an. 1 SCHUSSKANAL Schädelmodell aus dem 3D-Printer: Damit konnte der Staatsanwalt den Geschworenen die Bahn des Projektils genau veranschaulichen. 2 B O DY PA C K E R Mit dem MR entdecken die Forensiker nicht nur innere Verletzungen – sondern auch verschluckte KokainPäckchen. 3 D I G I TA L M O D E L L Die Schussverletzung von Bild 1 als drei­ dimensionales Digitalbild. Ein Klick fügt Haut und Muskeln wieder hinzu – oder zoomt weiter ins Gehirn.

VIRTOPSY RESEARCH GROUP

4 STICHWUNDE 3D-Print der Hand eines Mordopfers mit Abwehrverletzungen. Das ausgesparte Element gibt den Blick auf durchtrennte Sehnen frei.

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wunden, die man später mit mög­ lichen Tatwerkzeugen abgleichen kann. Das nächste Gerät blickt eine Schicht tiefer: Ein Computer­ tomografie-Scanner dokumentiert Schicht für Schicht das Innere des Körpers. So können Fremdkörper entdeckt sowie innere Verletzungen wie Rippenbrüche beurteilt werden. Bei Bedarf vervollständigt ein (noch genauer arbeitendes) Magnetresonanzgerät das Bild – es erkennt auch Weichteilverletzungen und innere Blutungen. Fast alle diese Schritte erledigt der Virtobot selbständig. «Wir könnten währenddessen Kaffee trinken gehen», sagt Siebert, «wenn der Roboter nicht so verdammt schnell mit der Arbeit fertig wäre.»

CL E A NER , S CH NELLER , P R Ä ZIS ER

Der Zeitgewinn ist nur einer von ­vielen Vorteilen der Virtopsy-Techno­ logie, die auch schon Krimiserien von «C.S.I.» bis «Tatort» inspirierte. Ein anderer ist die Objektivität. «Ein ­Pathologe findet, was er sucht. Der Computer erfasst alle Daten – auch die, die wir im Moment vielleicht gar nicht so interessant finden», sagt ­Michael Thali. Weiteres Plus der digitalen 3D-Kopie: Jeder Arbeitsschritt kann beliebig oft wiederholt werden, jeder Körper von allen Seiten gedreht, geöffnet, scheibchenweise filetiert und danach wieder unversehrt zusammengesetzt werden. «Und wenn wir möchten», sagt Siebert, «können wir das digitale Bild mit einem 3D-Drucker auch wieder in ein reales Objekt verwandeln.» Er demonstriert es am Beispiel eines Mordopfers, das mit einem Genickschuss hingerichtet wurde. Zuerst ruft er am Bildschirm das 3D-Oberflächenbild der Leiche auf. Das Gesicht des Opfers ist poren­ genau dargestellt, die Verletzung deutlich zu erkennen. Mit einer Handbewegung klickt er Haut, Muskeln und Weichteile weg und gibt den Blick auf den Schädel frei. Das Projektil,

das im Gehirn steckt, zeichnet sich deutlich ab. «Und das hier», sagt er, «­haben wir mit Hilfe der Daten im 3D-Printer gedruckt.» Er stellt ein ­lebensechtes Schädelmodell auf den Tisch, zwei rote Linien stellen im ­Inneren den Schusskanal dar: Die Kugel drang von hinten in den Kopf ein, prallte innen an der Stirnseite des Schädelknochens ab und kam mitten im Gehirn zum Stillstand. Ein makaberes Anschauungsobjekt – und zugleich ein aussagekräftiges Beweisstück, mit dem die Staatsanwaltschaft den Geschworenen bei der Gerichtsverhandlung das Verbrechen veranschaulichen konnte.

IN T ERD IS ZIP L IN Ä RE CL E V ERN E S S

Als Michael Thali vor 20 Jahren von seinem Vorgänger Richard Dirnberger einen Nachtschlüssel und die Erlaubnis bekam, ausserhalb der Bürozeiten Leichen zu scannen, glaubte noch keiner an seine Idee. «Bei unseren ersten Vorträgen über Virtopsy erklärten uns die Kollegen für verrückt», erinnert sich Thali. Sein Kollege Lars Ebert erlebt die Engstirnigkeit konservativer Pathologen noch heute: «Bei einem Expertentreffen in den USA wurde ich gefragt, wozu wir Leichen mit dem CT-Gerät untersuchten – die seien doch eh schon tot.» Dass man in Zürich abseits herkömmlicher Denkmuster forscht, ­beweist auch die Zusammensetzung des 180 Köpfe zählenden Instituts. Viele IRM-Mitarbeiter fanden nämlich auf reichlich verschlungenen Wegen zur Rechtsmedizin. Während der Chef noch eine klassische Medizinerkarriere durchlief («Ich wollte ursprünglich Orthopäde werden, aber dann bekam ich diesen wahn-

«BEI UNSEREN ERSTEN VORTR ÄGEN ERKL Ä RTEN UNS DIE KOLLEGEN FÜR V ERRÜCK T.»   51


«IN ZEHN JA HREN W IRD JEDER SO A RBEITEN WIE W IR HEUTE .»

STUMME ZEUGEN Im Unter­ suchungsraum fertigt Vir­topsyExperte Till Sieberth mit Kamera, Laser­ scanner, CT und MR ein digitales 3D-Bild der Leiche an.

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DER V IRTUELLE TATORT In Zürich ersetzt Virtual Reality reale Tatortbegehungen. Dafür ist es nötig, dass die Polizei den Tatort jedes Ver­ brechens mit dem 3D-Scanner doku­ mentiert. Die virtu­ elle Nachbildung des Tatorts kann nun beliebig oft «betreten» und ­untersucht werden. W E R WA R ’ S ? Bei einer virtuellen Tatortbegehung ­betritt der oder die Tatverdächtige mit einer VR-Brille die virtuelle Nach­ bildung des Tat­ orts. Nun kann er demonstrieren, was aus seiner Sicht ­geschehen ist (siehe Bild rechts). Zeugen, Anwälte und Ermitt­ ler verfolgen das Geschehen auf Bild­ schirmen. ABGLEICH Was Tatverdächtige und Zeugen im ­virtuellen Raum ­demonstrieren, wird von den ­Ermittlern mit realen Beweis­ mitteln (z. B. Blutoder Schmauch­ spuren) abgegli­ chen. Das ­Resultat: ein klareres Bild von  Tat­hergang und Schuldfrage.

ROLLENSPIEL Der Forensiker Lars Ebert stellt mit VR-Brille und VR-Handtracking ein Verbrechen in der virtuellen Tatort-Rekon­ struktion nach.

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P H O T O B OX Ein Muss für Tatverdächtige wie auch für überlebende Opfer: ein Ganz­ körperfoto – von 70 Kameras simultan auf­ genommen.

sinnig coolen Pathologieprofessor, meinen späteren Chef»), sind seine engsten Vertrauten gelernte Physiker, Informatiker oder Vermessungstechniker. Ein cleverer Ansatz. Denn so bereichern die Hintergründe fremder Disziplinen die Rechtsmedizin mit ihrem Know-how – so wie im Fall des 3D-Oberflächenscannings, das im Fahrzeugbau oder in der Vermessungstechnik schon lange an­ gewandt wird. «Wir haben mehr Ideen als Manpower», sagt Lars Ebert, «in jeder Kaffeepause eine neue.» Eine davon war folgende: «Wenn wir 3D-Modelle von Opfern machen, warum machen wir dann nicht auch gleich welche von Tätern, Tatorten

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und Tatwerkzeugen?» Und die nächste, gleich im Anschluss: «Sobald wir ein VR-Modell vom Tatort haben, könnte man sich eigentlich auch gleich mit einer VR-Brille darin umsehen.»

B IT T E L ÄCH ELN

«Bitte treten Sie in die Fussmarkierungen und halten Sie einen Moment still», sagt Lars Ebert. Zwei Kriminalpolizisten haben gerade einen Tatverdächtigen in den Vernehmungsraum im Hauptkommissariat der Kantonspolizei gebracht. Auf Eberts Anordnung tritt er mürrisch in eine zwei mal zwei Meter grosse, grell erleuchtete Kapsel, die sogenannte Photo-

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EXPERTENTA L K

box. Ein Klick, dann nehmen gleichzeitig 70 miteinander gekoppelte Canon-EOS-1200-Kameras Fotos von ihm auf. Diese Fotos werden dann mit einem Computerprogramm zu ­einem 3D-Bild zusammengesetzt. Die Photobox ist inzwischen etablierter Teil der sogenannten «Untersuchungsstrasse» – des routinemässigen Ablaufs einer Ermittlung, bei dem auch Fingerabdruck und DNA-Proben genommen werden. Jeder Tatverdäch­ tige und jedes Verbrechensopfer, das noch auf eigenen Beinen stehen kann, müssen hier hinein. Manchmal hat davon auch der Verdächtige etwas: wenn zum Beispiel sein 3D-Bild beweist, dass er aufgrund seiner Grösse, seiner Proportionen oder seines Körperbaus doch nicht der Gesuchte auf den Überwachungskameras sein kann. Die 3D-Scans sind aber nicht nur Tätern und Opfern vorbehalten. Die Züricher Kriminalpolizei fertigt damit inzwischen auch digitale Modelle von Tatorten und mutmasslichen ­Tatwerkzeugen an. Die Ermittlungsergebnisse von IRM und Polizei ergänzen einander perfekt: So können beispielsweise Messer mit Stichwunden, Schuhe mit Trittverletzungen und Zeugenaussagen mit Tatspuren abgeglichen werden.

A M V IR T U EL L EN TATORT

Im 3D-Zentrum des Forensischen Instituts gehen die Ermittler noch einen Schritt weiter. Zuerst wird das virtuelle Modell des Tatorts auf Bildschirmen eingespielt – so können Richter und Staatsanwälte, Zeugen und Beschuldigte das Geschehen verfolgen. Dann wird der Tatverdächtige mit einem VRHeadset in den Raum gebracht. Er sieht den virtuellen Tatort durch seine VR-Brille und hält zwei Controller in den Händen, die seine Handbewegungen aufzeichnen. Nun kann er seine Version der Tat nachspielen – für alle am Bildschirm nachvollziehbar, aber ohne den logistischen Auf-

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Während her­ kömmliche Autopsien das «Beweisstück» Leiche zer­ stören, kann das 3D-Modell unbegrenzt für Zweit­ meinungen herange­zogen werden.

wand, das Fluchtrisiko und das ­öffentliche Aufsehen einer realen Tatortbegehung. Manchmal führt dieses virtuelle Rollenspiel zur spektakulären Wende eines Falls. Till Sieberth erinnert sich an eine Schlägerei, die in VR nach­ gestellt wurde. «Dabei konnten wir nachweisen, dass das Opfer nur aufgrund einer Verkettung von Zufällen so glimpflich davongekommen war», sagt er. «Daraufhin wurde die Anklage von leichter Körperverletzung auf versuchten Totschlag ausgeweitet.» Michael Thali freut sich über jeden Fall, zu dessen Lösung sein Team beitragen kann. «Möglicherweise sind wir manchen anderen rechtsmedizinischen Einrichtungen um ein paar Jahre voraus» sagt er. Und lächelt dabei so monalisahaft, dass jeder weiss, dass «möglicherweise» eigentlich «definitiv» und «manchen» eigentlich «allen» heisst. Damit das so bleibt, forschen Kollegen wie der Physiker Niklaus Zölch schon an der nächsten Virtopsy-Generation: «Momentan nützen wir die MR-Scans, um Weichteilverletzungen zu erkennen, Herzinfarkte oder Hirnblutungen. Aber bald werden wir damit auch Alkohol, Medikamente und Drogen visualisieren können – ganz ohne zeitaufwendige Laboruntersuchungen.» Ob der Erbonkel vergiftet wurde, könnte dann auf einen Blick am virtuellen Modell erkennbar sein. Vielleicht kostet die Digitalisierung ja schon bald einen weiteren Berufszweig den Job.

ZUR PERSON Professor Dr. Michael Thali, 53, ist Direktor des Instituts für Rechts­ medizin (IRM) an der Universität ­Zürich. Hier unter­ stützen 180 Exper­ tinnen und Experten die Staatsanwalt­ schaft bei der Beweissicherung. VIELSEITIG Der gebürtige Lu­ zerner dissertierte als Orthopäde, machte dann aber eine Facharztausbil­ dung zum Rechts­ mediziner und habi­ litierte 2003 mit einer Arbeit über Virtopsy. ­Davor hat­ te er an mehreren ausländischen Rechtsinstituten Berufserfahrung gesammelt, u. a. in Washington, D. C. TEAMARBEIT Die VirtopsyMethode entwickel­ te Thali zusammen mit dem gebürtigen Österreicher Richard Dirnhofer. Von ihm übernahm er 2006 auch die Leitung des IRM.

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«B A LD W ERDEN W IR AUCH A LKOHOL UND DROGEN V ISUA­L ISIEREN .» INNOVATOR

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INN OVATOR WIS SEN

WIE MAN VERHANDELT WIE EIN PROFI TO P-ERG EBNIS SE      SCHRIT TEN

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Verhandlungsgeschick zählt nicht nur im Geschäfts­ leben. Ganz im Gegenteil, wir alle benötigen es tagein, tagaus, oft auch unbewusst. Kinder wollen vom Sinn gesunder Ernährung überzeugt werden. Arbeitskollegen von einer gerechteren Arbeits­ aufteilung. Mit dem Partner muss in allerlei Lebens­ fragen ein Konsens gefunden werden. Der Schweizer Führungstrainer Dr. Rolf Specht erklärt, wie man die besten Ergebnisse erzielt. Aufgezeichnet von: Christian Kornherr

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Was Sache ist

Was will ich wirklich? Wie so oft beginnt das Erfolgsgeheimnis für Verhandlungen bei einem selbst. Die Frage klingt selbstverständlich – und geht doch oft in den Zwängen des Alltags unter: Was will ich eigentlich wirklich? Geh also zuerst einmal in dich. Finde raus, was beim ­Verhandlungsthema deine tatsächlichen Wünsche und Bedürfnisse, aber auch deine Ängste sind. Diese Erkenntnisse werden später nicht nur die Antworten präziser machen, sondern es auch erleichtern, dich auf die Psyche des Gegenübers einzustellen.

Sei mutig! In jeder Neuordnung steckt auch die Gefahr des Scheiterns. Viele Menschen lassen sich davon abschrecken und leben lieber frustriert mit den unbefriedigenden Umständen. Aber Mut zahlt sich praktisch immer aus: Schlimmstenfalls geht man mit dem guten Gefühl «Ich hab es wenigstens probiert» aus einer fehlgeschlagenen Verhandlung und hat für das nächste Mal etwas dazugelernt.

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«Hier zählt ein aufrechter Blick und eine unaufgeregte Sprache: Bleib ernst in der Sache, aber locker im Auftritt.»

Schon im Vorfeld sollten die harten Ziele und Verhandlungsspielräume möglichst genau definiert werden. Was wäre die Ideallösung? Womit kann ich noch halbwegs leben? Wie sieht eine Notlösung aus? Ebenso hilfreich wird es sein, zu versuchen, auf die vorhersehbaren Gegenargumente schlüssige Antworten zu finden. All diese «Hausaufgaben» solltest du dir während des Gesprächs immer wieder in Erinnerung rufen. Nur allzu leicht gibt ein falsches Wort das andere, und schon biegt das Gespräch in eine verkehrte Richtung ab. Die Folge sind eine unnötige schlechte Atmosphäre oder gar verhärtete Fronten.

Du bist, wie du wirkst Klar, nicht jedem wurde das selbstsichere Auftreten eines Spitzenmanagers in die Wiege gelegt. Und doch lässt sich vieles von dem trainieren, was das selbstsichere Gesamtbild einer Person ausmacht: dynamischer Gang, aufrechte Körperhaltung, freier Blick und eine klare, in jeder Situation unaufgeregt bleibende Sprache. Bleib ernst in der Sache, aber locker im Auftritt. Und natürlich zählt auch der äussere Schein – deshalb sollte die Kleidung dem Gegenüber an­gepasst sein: Wer in labbrigen Jeans einem Anzugträger gegenüber sitzt, setzt sich selbst herab.

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Alles Leben ist Chemie

Vom richtigen Zeitpunkt So manche Schlacht der Welt­ geschichte wurde durch eine ­kluge Wahl des Zeitpunkts ent­ schieden – und nichts anderes gilt für Verhandlungen. Am schlimmsten ist eine Situation, die aus Terminnot und/oder operativer Hektik entstanden ist. Es gilt: Der Fisch muss auf den Tisch, und zwar frisch. Wer aus Bequemlichkeit oder Angst ein gärendes Problem zu lange hinauszögert, riskiert, dass sich ein Konflikt weiter steigert und die Lösung immer schwieriger wird. Es sollte aber trotzdem immer genügend Zeit für die Vorbereitung bleiben. Bei sehr wichtigen Entscheidungen würde es helfen, zuerst andere Konflikt­ herde im Leben zu bereinigen oder wenigstens aus dem Kopf zu bekommen. Aus einem dringlich vor­geschla­genen Termin lässt sich ableiten, dass das Thema dem Verhand­lungs­partner wich­ tig ist und er dementsprechend kooperativ sein könnte. Steht eine besonders s­ chwerwiegende Entscheidung an, darfst du dich nicht über­rumpeln lassen. Eine Nacht über ein Thema zu schlafen hat schon so man­ chen Blickwinkel verändert.

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«Zuhören ist so wichtig wie reden. Richtig erfolgreich wird eine Ver­ handlung nur, wenn du es schaffst, einen guten Draht aufzubauen.»

Wenn du nicht gerade der US-Präsident bist, wird es in ­einer entspannten Atmosphäre und mit wohldosierter Freund­ lichkeit weitaus leichter sein, ­deine Ziele zu erreichen. Versuch also, d ­ einem Gegenüber Respekt und Wertschätzung auszudrü­ cken, und vergiss dabei nie: ­Zuhören ist genauso wichtig wie reden. Richtig geschmeidig wird eine Verhandlung dann ver­ laufen, wenn du es schaffst, einen guten Draht aufzubauen – der ge­ meinsame Glaube an die Sache, prinzipielles Einverständnis über die Ziele, Vertrauen in die gegen­ seitige Kompromissbereitschaft. Empfängst du skeptische Signale von der anderen Seite, versuche, diese mit Argumenten und Ent­ gegenkommen zu entkräften. In persönlichem Misstrauen steckt der Keim jedes Scheiterns.

Die einzig richtige Strategie … … gibt es nicht! Weil jede Ver­ handlung von Dutzenden Fak­ toren abhängig ist. Deshalb: Verfolge nie stur dein hart er­ arbeitetes Konzept. Wer im Vor­ feld seine Bedürfnisse in Musts und Wishes eingeteilt hat, dem wird es leichterfallen, beweglich zu bleiben. Plane auch Wahl­ möglichkeiten ein, mit denen du auf die Interessen deines Gegenübers eingehen kannst.

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Tiefer ins Thema: weiterführende Literatur, die dein Verhandlungs­ geschick verfeinern wird.

«Verhandeln» Daniel Shapiro, ehemaliger USBotschafter und Direktor des Harvard International Negotiation Program, stellt Verhandlungsmethoden für alle Lebenslagen vor.

«Verhandeln. Das Buch» Es gibt keinen allgemeingültigen Weg zum besten Verhandlungsergebnis. Deshalb beschreibt Steve Gates verschiedenste Situationen und wie man am besten darauf reagiert.

Sag Ja zum Nein Bist du ein Mensch, dem Harmonie über alles geht? Dann hast du unser Mitgefühl, weil du stets mit einem schweren Handicap in jede Art von Verhandlung gehst. Wer nicht ständig als Verlierer vom Platz gehen will, muss lernen, möglichst klar und ohne Umschweife zu kommunizieren, wenn absolute Grenzen erreicht sind. Und dann gilt: Dein Nein heisst Nein. Punkt. Sind dabei Sachzwänge im Spiel, gehören sie ebenso deutlich ausgesprochen, damit dein Gegenüber Verständnis für deine Position bekommt. Beispielsweise wird niemand fürs gleiche Geld weiterarbeiten, wenn er ein attraktiveres Angebot in der Tasche hat. Und in einer Nichtraucher-Familie wird selbst das Rauchen im eigenen Zimmer ein No-Go bleiben.

«Wenn deine Grenzen er­ reicht sind, ist für Har­ monie kein Platz mehr. Behalte sie also immer fix im Auge. Und ab dann gilt: Nein heisst Nein!»

Vorsicht, Falle!

«Souverän verhandeln» Der Autor Thomas Fritsche vermittelt in 20 Übungen psycho­ logische Strategien und Methoden, die von der Körpersprache bis zu unterschiedlichen Ver­handlungs­ konzepten reichen.

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Wenn es mit den Argumenten eng wird, wenden Verhandlungsprofis gerne miese Tricks an, um wieder die Oberhand zu erlangen. Das reicht von unnötig aufgebautem Zeitdruck bis zu Zwischenfragen, die dich aus dem Konzept bringen sollen, wie «Was genau meinen Sie damit?». In solchen Fällen gilt: nicht provozieren oder zu unbedachten Äusserungen hinreissen lassen. Stattdessen: Eigne dir selbst rhetorische Tricks an und antworte auf die Frage höflich mit «Was genau verstehen Sie denn nicht an meiner Aussage?». Das wirkt.

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DR. ROLF SPECHT Rhetorikcoach

Germanist, Literaturkritiker, Kirchengeschichtler, Theaterwissenschaftler, Lehrer, Rhetoriktrainer. Dr. Rolf Specht sammelte auf zahlreichen Gebieten Erfahrungen, bevor er zu einem der renommier­ tes­ten Führungstrainer avancierte. Seit 2009 ist der Schweizer geschäftsführender Partner der CO3 AG Corporate Coaching & Consulting, zudem sitzt er in der Geschäftsleitung der Zürich School of Management.

Alle können gewinnen

Wege aus der Sackgasse Wer nur auf die harte Tour ver­ handelt, läuft Gefahr, dass er sein Gegenüber verärgert und ohne Ergebnis abziehen muss. Sei also ruhig hart in der Sache und bleibe dabei stets zuvorkom­ mend dem Menschen gegenüber. Ein guter Trick ­dabei ist, immer wieder Fragen zu stellen, um den Konsens bei Zwischen­ergebnissen festzuhalten … Aber okay: Wenn die Standpunkte doch zu ver­ schieden sind, kann es leicht pas­ sieren, dass das Gespräch an ei­ nem Punkt anlangt, an dem beide Seiten nur mehr ihre Argumente gebetsmühlenhaft wiederholen. Wenn gar nichts mehr geht, solltest du auch den Mut fassen können, das Gespräch abzubre­ chen – und einen Mediator einzu­ beziehen. Das ist keine Schande, sondern konstruktives Vorgehen.

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«Kontrolliere die Situation. Versuche stets, dass alle Be­ teiligten mit einem guten Gefühl vom Tisch gehen.»

Verhandeln kann per se nie das hundertprozentige Durchsetzen des eigenen Standpunktes sein, sonst hat man ja nur etwas be­ fohlen bzw. durchgesetzt. Und egal, ob es um Geld, Liebe, Macht­ausübung oder Wohl­ verhalten geht: In Verhandlungen sollten alle Beteiligten einen ge­ wissen Spielraum darin haben, was sie erreichen bzw. akzeptie­ ren wollen. Die besten Verhand­ lungsergebnisse sind jene, bei denen alle Beteiligten mit e­ inem guten Gefühl vom Tisch gehen. Deshalb sollte man stets eine Win-win-Situation anstreben, die auch die Wünsche und Bedürf­ nisse des anderen berücksichtigt. Denn erst wenn sich am Ende niemand als Verlierer sieht, darf man von einem gelungenen und nachhaltigen Ergebnis sprechen.

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«INNOVATOR SESSIONS» Ab jetzt jeden Montag überall, wo es Podcasts gibt

Z W E I N E U E S T I M M E N F Ü R D E N I N N O V A T O R   Grün der Flemming Pinck un d J ournalistin L aura Lewan dowski b efragen die Gäste im Po dc ast meist gemeins am .

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LERNEN VON PIONIEREN

In unserem neuen Podcast «INNOVATOR Sessions» ­e rklären inspirierende Persönlichkeiten ihr Erfolgsrezept und geben konkrete Tipps.

Warum Podcasts als Lern-Tool durchstarten Weil sie sehr ­p ersönlich sind Kein Medium stellt eine vergleichbare Nähe her. Die Stimmen der Moderatoren und Gäste gehen direkt ins Ohr, du fühlst dich, als würdest du mit ihnen am Tisch sitzen. Du vergisst die Welt um dich herum und konzentrierst dich ganz auf die Inhalte.

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Weil sie fast jedes Thema behandeln Du willst lernen, besser zu präsentieren? Oder endlich Design Thinking verstehen? Kein Problem: Heute findest du zu jeder Frage die richtige Sendung – und das fast immer kostenlos.

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LUKAS WENTZKE

DAVID MAYER

Facebook-Chefin Sheryl Sandberg fördert Talente mit grossem Einfühlungsvermögen, AmazonBoss Jeff Bezos verfolgt seine Ziele mit einzigartiger Beharrlichkeit: Menschen, die unsere Welt neu erfinden, haben Stärken entwickelt, von denen jeder ­lernen kann – wenn man sie nur richtig danach fragt. Genau das haben wir uns mit unserem neuen Podcast INNOVATOR Sessions vorgenommen. Darin sprechen wir mit Gründern, ­­Forschern, Athleten, Musikern über die Rezepte hinter ihrem Erfolg und entlocken ihnen drei Tipps für deinen Alltag. Dazu nennen sie ihre wichtigsten Tools und Inspirationsquellen.

DER MODERATOR

Flemming Pinck, Gründer und Designer des Modelables Inferno Ragazzi, liebt es, Dinge anders zu machen, und bringt dieses Quer­ denken auch in die Gespräche im Podcast ein. DIE MODERATORIN

Laura Lewandowski, Unternehmerin und ­Autorin, wurde unter die «Top 30 unter 30»Journalist(inn)en gewählt und spielt im Podcast ihre grosse Interview-Kompetenz aus. INNOVATOR

Weil sie perfekt in deinen Tag passen Ob zehn Minuten in der U-Bahn zur Arbeit oder 45 Minu­ ten auf dem Sofa: Es gibt für jedes Zeitbudget den richtigen Podcast. Aktuell kommen etwa viele Kurzformate zwischen fünf und zehn Minuten auf den Markt.

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FOL GE 1 : S O GE W INNS T DU MENS CHEN Gib dir Mühe bei deinen Absagen! So lautet ­einer der Tipps, die Philipp Westermeyer in der ersten Folge der INNOVATOR Sessions gibt. Darin erklärt der Gründer von OMR, dem «Festival für das digitale Universum» (Seite 91), wie es ihm gelingt, ­internationale Stars zu gewinnen – und was du in Sachen Netzwerken von ihm lernen kannst. In den nächsten Folgen erläutert Seriengründer Peter Hart (Seite 10), wie du langfristige Ziele erreichst, und ­Triathlet Sebastian Kienle verrät, wie du mit Technologie deine Ausdauer steigerst.

Weil sie wirklich jede Könnerstufe abdecken Egal ob du Narkosearzt bist und alles über die Nebenwirkungen eines neuen Betäubungsmedikaments wissen möchtest oder ein paar Einsteigertipps fürs Verhandeln suchst: Es gibt eine PodcastFolge für dich (erst recht, wenn du auch auf Englisch hörst).

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Weil sie NebenbeiLernen ermöglichen Beim Bügeln, bei der Gartenarbeit, beim Autofahren: Für Podcasts musst du dir keine Zeit freischaufeln, du kannst sie hören, während du notwendige, aber langweilige Dinge erledigst.

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25 Kilometer vor Reykjavík filtert Climeworks – mit der isländischen Firma CarbFix – CO² aus der Luft und deponiert es in 700 Meter Tiefe.

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ON POWER/ARNI SAEBERG

HIER WIRD DIE WELT GERETTET INNOVATOR


Die Uhr tickt. Um die Klimakatastrophe zu stoppen, müssen wir aufhören, CO² in die Luft zu blasen. Jan Wurzbacher und Christoph Gebald von der Direct-Air-CaptureFirma Climeworks versuchen es andersrum: Sie filtern das CO² aus der Luft. Ist ihre Methode zu einfach, um die Lösung zu sein? TEXT

INNOVATOR

Alex Lisetz

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Christoph Gebald (li.) und Jan Wurzbacher vor der Direct-Air-CaptureAnlage von Climeworks: Hier wird die Umgebungsluft gefiltert.

D Die erste Regel eines Maschinenbau­ ingenieurs lautet: Es gibt für alles eine Lösung. Die zweite Regel eines Maschinen­ bauingenieurs lautet: Meist ist die einfachste Lösung zugleich die beste. Jan Wurzbacher, 36, Wahlzürcher, ist studierter Maschinenbauinge­ nieur. Er hat an der ETH in Zürich ­gelernt, wie man sich von einem ­grossen Problem nicht einschüchtern lässt. Wie man die Denkrichtung ­ändert, wenn man in einer intellek­ tuellen Sackgasse steckt. Und warum man sich von einer komplizierten Frage nicht dazu verleiten lassen darf, selber eine komplizierte Ant­ wort zu geben. In der ersten Studienwoche lernte er Christoph Gebald kennen, wie er gebürtiger Deutscher, heute sein bes­ ter Freund. Am Ende des Studiums dachten sie darüber nach, wie ein Maschinenbauer das drängendste Problem unserer Zeit lösen würde. Den Klimawandel. «Wir wollten keine App entwickeln, keine Plattform gründen. Sondern eine handfeste Maschine bauen, die das Problem löst. Wir wollten das Wissen an­ wenden, das wir uns im Studium ­angeeignet haben.» Jan Wurzbacher und Christoph Gebald sind stille Wasser, im persön­ lichen Umgang bescheiden bis zur Unauffälligkeit. Doch die Firma, die ihnen vorschwebte, war alles andere als bescheiden. Sie sollte die Welt ­retten. Nicht mehr und nicht weniger. Warum der Hut brennt, ist in­ zwischen allgemein bekannt: Der Mensch blies im letzten Jahrhundert so viel CO² in die Luft, dass unser 68

«Wir wollten keine App entwickeln, keine Plattform gründen. Sondern eine handfeste Maschine bauen, die das Problem löst.» INNOVATOR


­ lima infolge des Treibhauseffekts K zu kippen droht. Zwar verpflichteten sich 2015 im Klimaabkommen von Paris 197 Staaten zu Massnahmen, die die Erwärmung deutlich unter zwei Grad halten sollen. Und 2019 beteuerten 77 Staaten bei der New Yorker Klimakonferenz, bis 2050 ­klimaneutral werden zu wollen. Doch: Im Moment halten sich weltweit nur 16 Staaten an die Pariser ­Klimaziele (die Schweiz ist nicht darunter). Und: Die Reduktion unserer CO²-Emissionen wird nicht reichen, um den Klimawandel zu stoppen. Ein unlösbares Problem? Nicht, wenn man wie ein Maschinenbautechniker denkt. «Wenn zu viel CO² in der Luft ist», sagt Jan Wurzbacher, «dann muss man es aus der Luft herausholen.»

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CLIMEWORKS/JULIA DUNLOP

Climeworks, die Schweizer Direct-­ Air-Capture-Firma, die Wurzbacher und Gebald 2009 gegründet haben, beweist seit drei Jahren, dass diese scheinbar naive Idee auch tatsächlich umsetzbar ist. Das zugrunde liegende technische Prinzip nennt sich «Zyk­ lischer Adsorptions-DesorptionsProzess». In einem «CO²-Kollektor» von der Grösse eines Smart-Autos wird zuerst die Umgebungsluft mit einem Ventilator angesaugt. Ein Filtermaterial – seine genaue Zusammensetzung ist Betriebsgeheimnis – siebt das Kohlendioxid aus der Luft, bis es wie ein Schwamm mit CO²-Molekülen vollgesogen ist. Nun ist die Adsorptionsphase abgeschlossen. Zeit für Phase zwei, die Desorption: Der gesamte Kollektor wird mittels erneuerbarer Energien auf 100 Grad erhitzt. Nun lösen sich die CO²-Moleküle vom ­Filtermaterial und werden mit Hilfe von Unterdruck aus dem Kollektor gesaugt. Derzeit dauert ein solcher Zyklus drei bis vier Stunden, Tendenz: sinkend. Und derzeit kann ­jeder Kollektor im Jahr 50 Tonnen CO² filtern – so viel wie 2000 Bäume, Tendenz: steigend.

Basis-Station: Die Anlage in Hinwil filtert seit 2017 jährlich so viel CO² wie 36.000 Bäume. INNOVATOR

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Unmittelbare Verwertung: Das in Hinwil gewonnene CO² wird direkt vor Ort in Gewächshäuser (im Bildvordergrund) geleitet.

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Wie das funktioniert, demonstriert Climeworks an vierzehn Standorten, europaweit. In Hinwil filtern seit Mai 2017 achtzehn Kollektoren CO² aus dem Himmel über dem Kanton ­Zürich. Und im Süden Islands macht eine weitere Anlage seit Oktober 2017 die Umgebungsluft CO²-frei – vollautomatisch, gesteuert von der Firmenzentrale in Zürich-Oerlikon. «Wir haben die Maschinen bewusst so einfach konstruiert», sagt Wurz­ bacher, «dass sie im Prinzip nur einen Ein- und einen Ausknopf brauchen.»

D Doch was tun mit dem gewonnenen CO²? Wir erinnern uns: Meist ist die einfachste Lösung die beste. Wir müssen uns also zuerst die Frage stellen, woher das meiste CO² stammt, das wir seit 100 Jahren bedenkenlos in die Atmosphäre blasen. Antwort: Es wurde über Jahrmillionen von Pflanzen gespeichert und lagerte sicher ver­ siegelt in Form von Erdöl oder Erdgas unter der Oberfläche. Was wäre also ein logischer Platz zum Deponieren von überschüssigem Kohlendioxid? Genau, ein sicher versiegeltes End­ lager unter der Erde. Weil wir aber nur ungern auf einer unterirdischen Gaswolke sitzen möchten, die beim kleinsten Erdbeben mit unabsehbaren Folgen in die Atmosphäre entweichen könnte, machen sich die Climeworks-­ Ingenieure zusammen mit der isländischen Firma CarbFix eine chemische Eigenheit von CO² zunutze: Es reagiert mit Mineralen. Sobald das Kohlendioxid in 700 Meter Tiefe in Kon-

CLIMEWORKS/JULIA DUNLP

AUS DER LUF T IN DEN B ODEN Die derzeit effektivste Methode: CO² wird mit Hilfe von Erdwärme aus der Luft gefiltert, erhitzt, konzentriert und unterirdisch gelagert. Hier mineralisiert es zu fester Form.

CO² -HALTIGE

CO² -FREIE CLIMEWORKS

KONZENTRIERTES CO²

WASSER

GEOTHERMALES

PORÖSES UNTERIRDISCHES BASALTGESTEIN AUS CO ² WIRD

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Die Climeworks-Module lassen sich wie Legosteine kombinieren und unbegrenzt erweitern – und sie arbeiten vollautomatisch.

takt mit den dort befindlichen porösen Basaltgesteinen kommt, bildet es so­ genannte Carbonate. Verständlicher ausgedrückt: Es versteinert. Es wäre schön, wenn die Ge­ schichte hier zu Ende wäre. Denn nach allem, was wir jetzt erfahren haben, könnte es offenbar doch noch ein Happy End für unser Klima und für den manchmal haarsträubend ­unvernünftigen, aber doch irgendwie liebenswerten Homo sapiens geben. Doch es ist wie in jedem Katastrophen­ film. Als das Problem schon fast ge­ löst scheint, hebt das Monster noch einmal seine Klaue. Was ist der Haken, Herr Wurz­ bacher? «Es ist fünf nach zwölf», sagt Wurzbacher, «wir haben jetzt richtig Stress.» Und dann erklärt er, was das bedeutet: «Um das Ruder noch herumzureissen, müssten wir einer­ seits unsere Emissionen reduzieren. Und andererseits innerhalb von zwan­ zig, dreissig Jahren eine völlig neue Industrie aufbauen. Diese Industrie müsste ‹Carbone Dioxide Removal› in grossem Stil betreiben. Und zwar in richtig grossem Stil. Die neue wird vielleicht so viel Rohstoff, Kapital und Fläche benötigen wie die alte Indus­ trie, die mit fossilen Brennstoffen die Emissio­nen erzeugt hat.»

CLIMEWORKS O ² -ABGABE in die Atmosphäre 1 . ÖKOLOGISCHE ENERGIEGEWINNUNG H2

Mit mehreren Partnern stellt Climeworks aus CO² und Wasser klima-

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3. KONVERTIERUNG Aus H ² und CO² entsteht synthe­t isches Rohöl.

4. AUFBEREITUNG CLIMEWORKS/JULIA DUNLOP

TREIB S TOFF DER ZUKUNF T ?

2. ELEKTROLYSE Wasser wird in H ² und O² aufgespaltet.

KLIMANEUTRALER TREIBSTOFF

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arbeiter der Firma selbst – sind in ­ihrer Branche Marktführer. Doch um der guten Sache willen stehen sie auch in engem Kontakt mit ihrem schärfsten Konkurrenten: dem kana­ dischen Unternehmen Carbon Engi­ neering, zu dessen Investoren ein ­gewisser Bill Gates zählt. «Wir sehen uns als friendly competitors», sagt Wurzbacher, «uns geht es beiden ­darum, dass eine neue Industrie auf­ gebaut wird. Dazu braucht es mehr als eine Firma – und CO² gibt es schliesslich genug in der Luft.»

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Was wäre, wenn man aus Autos in Zukunft statt CO²-Schleudern CO²-Fresser ­m achen könnte?

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Climeworks aktuelle Direct-AirCapture-Anlagen wären dafür theore­ tisch geeignet: Als Module kann man sie be­liebig erweitern («wie Lego­ steine») und überall aufstellen, wo es Versorgung mit und Speicherstätten von erneuerbarer Energie gibt. «Unser Research & Development Depart­ ment arbeitet permanent daran, die Module effizienter zu machen, sodass sie weniger Material benötigen, weni­ ger Energie verbrauchen und mehr CO² in kürzerer Zeit filtern können», sagt er. Darum baut ein Teil der 85 Mitarbeiter bereits die nächste Generation für 2023, während ein weiteres Team schon das übernächste Modell für 2025 designt. Die Clime­ workers – so nennen sich die Mit­

Wovon es noch genug gibt, ist Arbeit: Die Zürcher müssen ihre Effizienz steigern und ihre Kosten senken, um die geniale Idee «Direct Air Capture» kommerziell zu verwerten. Im Mo­ ment wird das gefilterte CO² auch als Düngemittel für Treibhäuser ein­ gesetzt oder als Kohlensäure in Soft­ drinks gepumpt. Aber im Abfallprodukt CO² steckt vielleicht der Rohstoff der Zukunft. Man muss nur wie ein Maschinen­ bauer denken: Was wäre, wenn man aus Autos statt CO²-Schleudern CO²-Fresser machen könnte? Wenn der Verursacher von 18 Prozent der weltweiten CO²-Emissionen zum grössten Verbündeten der Klima­ schützer würde? Darum entwickelt Climeworks ­zusammen mit Audi synthetischen Treibstoff auf CO²-Basis. Dieser Wun­ der-Treibstoff hat Eigenschaften, die fast zu schön sind, um wahr zu sein: Er verbrennt nahezu klimaneutral, könnte überall auf der Welt mit vor Ort erhältlichen Rohstoffen erzeugt werden und würde uns von fossilen Brennstoffen unabhängig machen. Ach ja, und er würde Unternehmen wie Climeworks zur grössten Wachs­ tumsbranche der Zukunft pushen und damit den Klimaschutz zu einem gigantischen Wirtschaftsmotor machen. Steuert der Katastrophenfilm, in dem wir mitspielen, womöglich doch auf ein Happy End zu?   73


CO² -neutral, stress­frei und bezahlbar: Per Virtual Reality können wir um die Welt reisen, ohne unsere Wohnung zu verlassen. Aber können Pixel vor den Augen wirklich den Sand unter den Füssen ersetzen? Unser Autor hat es ausprobiert.

HERRLICHE AUSSICHTEN T E X T To b i a s

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M o o r s t e d t

F O T O S N o r m a n

Ko n r a d INNOVATOR


N E U E U F E R   VR-Apps

versprechen Erholung an vir tuellen Zielen . Per fek t für den urlaubsreifen Autor. Doch erst muss er lernen , wie man einen Fuss vor den an deren setzt .

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D Die Realität ist die düsterste aller Wirklichkeiten. Zumindest in Ham­ burg, an einem Wintertag, zirka 15 Uhr. Tief hängen die Wolken vor meinem Bürofenster, die Sonne, nichtsnutziger Tagedieb, hat sich längst verzogen. Der Computerbild­ schirm ist die einzige Lichtquelle im Raum. Auf Instagram scheint da­ gegen die Sonne, mein Fussballverein postet Bilder aus dem Trainingslager in Doha, ein Kollege scheint auf Dienstreise in Vietnam zu sein, die Hälfte der Insta-Nutzer hält sich dank Fotofilter eh permanent in Kali­ fornien auf. Wenn ich morgens um 8.30 Uhr im Büro ankomme, ist es fast noch dunkel, der Heimweg um 17.30 Uhr fühlt sich an wie tiefste Nacht. Nichts wie weg hier. Nur: wie? Der nächste Urlaub liegt in weiter Ferne. Und ein Kurztrip auf die Ka­ narischen Inseln verbietet sich aus klima­technischen Gründen. Eine ­Familienreise nach Teneriffa würde für den Ausstoss von mehr als 8 Ton­ nen CO² sorgen – dabei dürfen alle 80 Millionen Deutsche bis 2035 nur noch 7,3 Gigatonnen CO² ver­ ursachen, 90 Tonnen für jeden Bür­ ger. Und danach gar nichts mehr. Eine Flugreise ist nicht drin. Sorry. Seit Monaten verfolgen mich im Netz die Anzeigen des Virtual-Reality-­ Anbieters Oculus. «Step into the rift», heisst es da. Auf Deutsch: Mach dich auf den Ausweg. Ich will aber keine Monster besiegen oder Raumschiffe steuern, sondern ein Glas Wein auf einem Hügel in der Toskana trinken. Oder einfach mal am Strand einschla­ fen. Ist die Technologie weit genug? Für die Anschaffungskosten einer

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VR-Brille von 549 Euro kann man zwar fast eine Woche ins All-inclusive-­ Resort fahren, aber jetzt liegt die «Oculus Quest» vor mir, ein un­ scheinbarer schwarzer Quader mit zwei Controllern. Es ist 20 Uhr. Ich sitze in der Küche, die Kinder schla­ fen. Zeit, abzuhauen. Nach 30 Minu­ ten, in d ­ enen ich eine App herunter­ geladen habe, setze ich die VR-Brille auf, ­stelle das Bild scharf. Durch eine ­Kamera in der Brille sehe ich meine Um­gebung: Küchentisch und Sitz­ bank, Kräutertopf und Messerblock. Ich halte einen Knopf am Controller gedrückt und ziehe so eine «Guar­ dian-­Linie» auf dem Boden, die ver­ hindern soll, dass ich im Pixelrausch vom Balkon falle. Übertrete ich spä­ ter diese Grenze, erscheint ein rot leuchtendes Raster vor meinen Au­ gen, und das Spiel stoppt.

CHECK-IN Und Schnitt. Die Küche ist ver­ schwunden. Ich stehe allein in einer riesigen Glaskuppel. Es ist Nacht. In der Ferne sehe ich schwarze Berge. Über mir funkeln die Sterne, ein Nordlicht wabert. Ich verrenke mir den Hals, laufe ein paar Schritte. «Wow», sage ich in die leere Küche ­hinein. Die Kommandozentrale, der Home Screen der «Oculus Quest», sieht aus wie das Feriendomizil eines Silicon-Valley-Milliardärs. Einmalige Lage, Top-­Architektur, offener Kamin und ­schicke Mid-Century-Modern-­ Möbel. Ich fühle mich sofort wie zu Hause. Dann wende ich mich dem zwei Quadratmeter grossen Bildschirm zu, der im Raum schwebt. Mit Kopf­

bewegungen und einem Laserpointer, den ich mit dem Controller steuere, bediene ich das Menü – jeder Smart­ phone-Nutzer findet sich sofort zu­ recht zwischen Mediathek, Einstel­ lungen und Store. Erst mal mache ich ein allgemeines VR-Tutorial, um mich in der neuen Welt und ihren Natur­ gesetzen zu akklimatisieren. Das Ocu­ lus-Programm «First Steps» schmeisst mich in eine endlose Landschaft mit leuchtenden Linien und Glühwürm­ chen, ich lerne, wie ich Joystick, Trig­ ger- und Greiftaste des Controllers nutze, um zum Beispiel Bauklötze zu stapeln, Papierflieger fliegen zu lassen oder einen Ball auf einem Tischtennisschläger zu jonglieren.

A Aber ich bin nicht für Zirkusübungen hier, sondern zum Relaxen. Erst mal ab an den Strand. Im Store gibt es eine eigene Tourismus-Kategorie. Ich lade mir die Apps «Nature Treks VR» und «Wander» für 10 bis 20 Euro her­ unter. Sanftes Meeresrauschen tönt aus den 3D-Lautsprechern an der Brille und vermischt sich mit dem Ge­ räusch des Geschirrspülers. Palmen, weisser Sand. Eine menschenleere

Ich will keine Monster besiegen oder Raumschiffe steuern, sondern ein Glas Wein auf einem Hügel in der Toskana trinken. Oder einfach mal am Strand einschlafen. Ist die Technologie weit genug?

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N A , D A N N P R O S T !   Alles , was man braucht für den Stran d . Eine VR- Brille wie die Oculus Q uest , passen de Apps un d vielleicht ein kühles Getränk . Ab er stellt sich der erhof f te Ef fek t wirklich auch am Schreibtisch ein?

Sanftes Meeresrauschen dringt aus den Lautsprechern und vermischt sich mit dem Geräusch des Geschirrspülers.

I­ nsel. Ich mach mir ein reales Bier auf – kurzer Seitenblick aus der Brille heraus – und versuche, wie es so schön heisst, die Szenerie zu geniessen. Dann schreit ein Baby in der Ferne. Wer programmiert denn heulende Babys in eine Südsee-Experience?, frage ich mich für einen ziemlich ­langen Moment, bis mir auffällt, dass meine Tochter im Nebenraum auf­ gewacht ist und weint. Nur zögernd logge ich mich aus.

PAUSE Menschen suchen immer nach Orten, an denen sie noch nie gewesen sind – und wo der Neuanfang möglich scheint. 1965 dachte der Computerwissenschaftler Ivan Sutherland bereits über künstliche Umwelten nach, in denen die Abbildung an die Realität heranreicht. In den 1980er-Jahren entdeckten SciFi-Autoren virtuelle Realität als Schauplatz. «Cyberspace. Eine gemeinschaftliche Halluzination, täglich erlebt von Milliarden Teil­ nehmern, über alle Nationen hinweg», wie William Gibson in «Neuromancer» schrieb. In den 1990ern gab es in Videospielhallen bereits erste 3D-Maschinen. Wie aufgeregt ich war, als ich damals als Provinz-Teenager in Berlin eine Art Laufstall für Erwachsene ­betrat, ein Lichtschwert / einen Con­ troller bekam, die Brille aufsetzte und gegen Polygondrachen kämpfte, die so realistisch aussahen wie die Zeichnungen meiner dreijährigen Tochter. In den vergangenen Jahren haben Bewegungssensoren und Grafikchips jedoch starke Fortschritte

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­ emacht: 2011 stellte der damals g 19-jährige Palmer Luckey in seiner Garage einen Prototyp einer neuen VR-Brillen­generation her. 2014 kaufte Facebook ­Luckeys Firma Oculus für zwei Milliarden Dollar. VR könnte wirklich ein Massenmedium werden.

NEXT LEVEL Das Baby schläft jetzt ruhig. Zurück an den Strand mit «Nature Treks VR». Da die Grundfläche meiner Küche kleiner ist als meine virtuelle Karibik­ insel, kann ich nicht über den Pixel-­ Sand schreiten, sondern muss mit dem Controller springen. Ich setze mich in ein bereitstehendes Kanu und paddle los – durch das kristallklare Wasser sehe ich die Fische in der Tiefe. Nach zehn Minuten fühle ich mich so wohl auf der Insel, dass mir, äh, langweilig wird. Da ich hier kein Buch lesen kann, was ich sonst gerne am Strand mache, lade ich das nächste Szenario, «Winterberge»: Ein verschneites Tal, Schneehasen und Hirsche springen herum. Wow!

UM DIE WELT REISEN AUF GUT KLICK Sehenswürdig­ keiten abhaken, einfach mal nichts tun oder Sport treiben: Wie im echten Leben gibt es auch in der Virtual Reality verschiedene Arten des Rei­ sens. Diese Apps zeigen die ganze Bandbreite. 78

Und weiter: «Deep Blue», ich schwebe 20 Meter unter der Wasseroberfläche, Buckelwale, Korallenfische, eine versunkene Ruine. Wow! Herbstwald. Frühlingswiese. Weltall. Wow! Die Grafik ist gar nicht so aussergewöhnlich, die Tiere wirken bei näherem Hinsehen etwas steif und wie aus­ gestopft. Die Illusion, wirklich wo­ anders zu sein – «Präsenz» im Jargon der VR-Community –, ist trotzdem eindrucksvoll. Das ist der Grund, war­ um VR-Brillen bereits in der Psychotherapie eingesetzt werden – um posttraumatische Belastungsstörungen und Phobien zu heilen. Weil sich die Erlebnisse im 3D-Raum so real anfühlen, können sich Patienten unter Begleitung von Therapeuten ihren Ängsten und Erinnerungen stellen. Das heisst auch, dass die Erlebnisse «hier», an meinen virtuellen Urlaubsorten, so «real» sind, dass sie Spuren im Hirn hinterlassen können. Nach zwei Stunden ist der Akku leer. Ich nehme die Brille ab, bewege mich leicht orientierungslos durch die Wohnung. Vom Berggipfel und vom Meeresgrund ins Bett in fünf Minuten. Ich schlafe tief und traumlos. Zehn Tage lang mache ich jeden Abend Kurzurlaub im Cyberspace. Schon nach zwei Tagen wird es mir am Strand und in den Bergen zu langweilig – obwohl ich festgestellt habe, dass sich bei «Nature Treks VR»

Städte raten

Zum Gipfel kra xeln

Natur ­e rleben

«World Traveler VR» versetzt dich an ver­ schiedene Orte auf der Welt – und du musst erraten, wo du dich befindest. Das fällt vor der Golden Gate Bridge oder der Frei­ heitsstatue nicht sehr schwer. Der Schwierigkeits­ grad steigt mit jedem Level.

In «The Climb» kann der Spie­ ler in realisti­ schen Land­ schaften Berge erklimmen. Ob man in Ruhe nach der Ideal­ route sucht, um eine Best­ zeit klettert oder im ver­ einfachten Touristen­ modus die Land­ schaft geniesst, ist jedem selbst überlassen.

«Nature Treks VR» nimmt den Nutzer mit in idyllische Land­ schaften und andere Szena­ rien. Zu den in­ teraktiven Wel­ ten zählen eine einsame Insel, eine Savanne, eine Unterwas­ serwelt, aber auch der Welt­ raum. Immer wieder tauchen auch Tiere in der Umwelt auf.

Menschen suchen immer nach Orten, an denen sie noch nie gewesen sind – und wo der Neuanfang möglich scheint.

mit den Händen Wetter und Tageszeit kontrollieren sowie Schmetterlinge oder Fische herbeizaubern ­lassen – und im Weltraum kann ich Kometen und Schwarze Löcher erschaffen wie ein kleiner Gott. Aber das macht ja auch nicht für alle Ewigkeiten Spass. In der VR-App «Wander» bewegt man sich dagegen in einem Standbild der realen Welt – es ist eine Art Google Streetview auf Speed und ­arbeitet sogar mit denselben Daten. So kann man nicht nur Tourismus­attraktionen besuchen – zum Beispiel gotische Kathedralen, die extra für das Spiel aufbereitet wurden –, sondern sich auf einer Karte an jeden Ort der Welt beamen. Ein Klick. Ein Schnitt. Plötzlich stehe ich an der Ostküste Grönlands, eine Schotterpiste führt einen Hügel hinauf, es dämmert, in der Ferne namenlose Berge. Mühsam klicke bzw. gehe ich den Hügel empor. Fünf Minuten, zehn, «gehe» ich an Lkw-Wracks ­vorbei, kein Mensch weit und breit. Mein Puls beschleunigt, obwohl ich mich nicht bewege. Ich will wissen, was sich hinter dem Hügel verbirgt. Dann bin ich da, noch ein Klick, und: ein weiterer, etwas höherer Hügel. Eine Ahnung von Grönlands Weite. Meine Lieblingsfunktion von «Wander» ist die Random-Taste, die mich per Zufall an ­einen Ort irgendwo auf unserem Planeten versetzt. Ich ver­suche dann zu erraten, wo ich mich befinde. Ich ste-

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Settings mit einer Herausforderung verbinden. Macht doch viel mehr Spass, auf dem Gipfel zu stehen, wenn man selbst hochgeklettert ist. Ein­ drucks­voll auch die VR-App «National Geographic Explore», in der man als Fotograf in der Antarktis oder den Anden unterwegs ist – das Spiel gibt einen Pfad durch die liebevoll gestal­ tete Welt vor, die Fotomotive wählt man selbst. Als einmal plötzlich ein Pinguin aus dem eiskalten Pixel-Was­ ser springt und auf meinem Kanu lan­ det, zucke ich zusammen, behalte aber einen kühlen Kopf und drücke auf den Auslöser. Das Foto kann ich mir per E-Mail selbst schicken. Eine Post­ karte aus dem VR-Urlaub, sozusagen.

E  V O M V I R T U E L L E N L E B E N G E Z E I C H N E T   Zehn

Ab en de lang b egab sich unser Autor Tobias Moorste dt auf VR- Kurzurlaub e . Ein E xperiment , das Spuren hinterliess – innerlich wie äusserlich.

he neben einem Esel auf einem Kies­ weg, grüne, sanft geschwungene ­Hügel. Umbrien? Tos­kana? Falsch! Ostrumänien scheint eine Reise wert zu sein. Ich lande im Baltikum (kor­ rekt geraten), Albanien (falsch, glaubte an Südfrankreich), Vietnam (korrekt), in Ghana und dem Schwarzwald. Und überall blicke ich in den blauen Himmel. «Powered by Google» steht da immer geschrieben. Fast wie im echten Leben. Reisen, heisst es, hilft dabei, Vor­ urteile abzubauen. Und in meinem Fall und bei Ostrumänien stimmt das

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eindeutig. Ich bin viel unterwegs. An manchen Tagen schmerzt mein Hals, weil die VR-Brille doch ganz schön schwer ist. Sonnenbrand, Lebens­ mittelvergiftungen und Jetlag bleiben mir dagegen erspart.

ENDGEGNER Im echten Strandurlaub werde ich nach spätestens sechs Tagen unruhig. Im VR-Superkurzurlaub bemerke ich ein ähnliches Muster. Ich lade mir Apps wie «Real VR Fishing» oder «The Climb» herunter, die idyllische

Eignet sich die VR-Brille als Urlaubs­ ersatz? Das ist eine Definitionsfrage. Wenn man unter Urlaub das Sichselbst-Mästen im All-inclusive-Resort versteht, dann eher nicht. Und wer gern in Hostels im Zentralamazonas Freundschaften knüpft, wird auch nicht zufrieden sein. Auf jeden Fall fühle ich mich nach zwei Wochen VR-Superkurzurlauben erholt und habe mehr Energie. «In den ersten Minuten nach der Landung in einem fremden Land», schreibt Alain de Botton in «Kunst des Reisens», «sind die Schleusen unserer Wahrnehmung weit geöffnet.» Auch wenn man nicht wirklich verreist, kann man diesen Effekt simulieren, indem man nach einem Routine-Tag im Büro mal was Neues erlebt, statt vor Netflix wegzu­ dämmern. Ein «Wow!» tut uns eben ab und zu ganz gut. Dafür braucht man nicht unbedingt VR-Reise-Apps. Vielleicht hätte ich auch einen Näh­ kurs anfangen können. Um sich zu erholen, kann man natürlich auch mit der VR-Brille neue Welten er­ kunden, unbedingt aber sollte man ab und zu etwas Neues machen.

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Die Umami-Gründer Denis, Manu und Robin (v. li.) setzen bei ihrer Aquaponik-Anlage auf Vertical Gardening.

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Microgreens sind das neue Superfood der Spitzengastro‑ nomie. Die Jungkräuter und ‑pflanzen sind nährstoffreich, intensiv im Geschmack und als Topping ideal. Die viel‑ leicht besten der Schweiz wachsen aber nicht, wie man meinen würde, auf dem Land, sondern bei Umami im vier‑ ten Stock eines Büroblocks in Zürich-Altstetten. Gezüchtet werden die Vitaminbomben in einer Aquaponik-Anlage, die Exkremente aus der Bio-Fisch‑ zucht als Pflanzendünger nutzt. 50 Tierarten, 250 Pflan‑ zenarten, moderne LEDs und ein 60.000 Liter umfassender Wasserkreislauf gehören zum 600 Quadratmeter grossen Ökosystem. Co-Founder R ­ obin Ber­tschinger: «Die Natur ist unser Vorbild. Wir versuchen sie zu verstehen, kopieren und nutzen sie für unsere Micro­ greens.» Der Vorteil: Umami kann bei der Züchtung von Radiesli, Rettich, Rotklee und Co auf Dünger, Chemie oder Anti­biotika verzichten. eat-umami.ch 80

WIR SIND

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THOMAS EGLI, CLAUDIA LINK

UM A MI MICROGREENS AUS DER S TA DT


Wachstumstreiber: Microgreens kann man bereits nach sechs bis vierzehn Tagen pflücken.

ZUKUNFT

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WIR STELLEN VOR: SIEBEN SCHWEIZER UNTERNEHMEN, D I E U N S E R E N A L LTA G E I N F A C H E R UND LEBENSWERTER MACHEN. T E X T: R E I N E R K A P E L L E R

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S W IS S P ROS T HE T ICS KINDERH Ä NDE AUS DEM 3D-DRUCKER Bis heute kostet eine myo­ elektrische Handprothese, die Muskelsignale an einen Elektro­motor sendet und so Hand- und Fingerbewegungen er­möglicht, gut 30.000 Franken. Das macht sie für Familien mit bedürftigen K ­ indern nur schwer leistbar, zumal die Kleinen alle paar Jahre aus der Prothese herauswachsen. Der radikale Neuansatz von SwissProsthetics: eine erschwingliche mechanische Prothese aus dem 3D-Drucker mit tauschbaren Händen zum Skifahren, Schwimmen oder Velofahren. Marketing-Managerin Carina Linzer: «Kinder sind wild und machen Dinge kaputt. Unsere Prothese kostet ein Zehntel e­ iner myoelektrischen, ist ­robust, wasserfest und sieht cool aus.» Bis die SwissProsthetics-Erfindung den Weg vom Forschungs­ zentrum Wyss Zurich auf den Markt schafft, dauert es nicht mehr lange. 2021 soll die Markt­reife samt CE-Zerti­ fizierung folgen. Wenig ­später wird man sie bei ­aus­gewählten Ortho­pädie­ technikern probieren können. swissprosthetics.com

Leistbare Handprothesen für Kids: CEO Andreas Trojan hat die Vision, Carina Linzer die PR-Power.

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A NN A NOW LIEFERT IN EINER S T UNDE Das nächste grosse Ding in der Zustellung ist die Sofort­lieferung. Was Amazon in Berlin und München im Probebetrieb testet, schafft Annanow bereits schweizweit. Der Online-Vermittler aus Zug sorgt dafür, dass Lieferungen zur abgemachten Uhrzeit ankommen – auf Wunsch sogar binnen einer Stunde. COO Daniel Stutz: «Wir suchen den Kurier, kümmern uns um Bezahloptionen und versichern jedes Paket.» Von der All-in-one-Lösung profitieren vor allem lokale Geschäfte, die eine schnelle und sichere Versandoption anbieten möchten (aber Amazon scheuen). Sie hilft aber auch Fahrradboten und Taxifahrern, die via App zum Lieferanten werden und dank Annanow während der Auslieferung versichert sind. annanow.com

Annanow-COO Daniel Stutz verbindet Dienstleister und macht den Einzelhandel konkurrenzfähig.

WYSS ZURICH, BEAT HÜRLIMANN, GETTY IMAGES, ANNANOW, FLATEV

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Ein Schnürsystem sorgt bei der Handprothese (hier mit Velo-Aufsatz) für den perfekten Halt.


4 F L ATE V W ELT W EITE BROT KULTUR

Die Erde ist flach – zumindest in puncto Brotkonsum. Weltweit essen zwei Drittel der Menschen flache Brote, von Piadina in Italien über Naan in Indien bis hin zur ­Tortilla in Mexiko. Geht es nach dem Zürcher Start-up Flatev, kommt ein Stück internationale Brotkultur jetzt auch in die eigenen vier Schweizer Wände – und zwar mit einem innovativen Backsystem, das auf recycelbare Kapseln und

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sechzehn Teigmischungen setzt, darunter Chili-Mais, Zimt-Weizen sowie glutenfreie Varianten. Natürlich in Bio-Qualität, frei von Konservierungs- und Zusatzstoffen und damit um Welten besser als die Tortillas vom Supermarkt ums Eck. Flatev-­ Erfinder und CEO Carlos Ruiz denkt gross und möchte auch in die USA expandieren: ­«Unsere Vision: ofenfrische Brote für weniger als einen Dollar.» Sein Brotback-Knowhow bringt Flatev als eines von 50 Start-ups jetzt auch im Rahmen des mit 400 Millionen Euro dotierten EU-Projekts «EIT Food» ein. Das Ziel: Weltmarktführer beim Thema Food-Innovation werden. Flatev.com

Kriegt jeder ge­ backen: Teigkapsel ­einlegen, Knusprig­ keit einstellen, zwei Minuten warten. Fertig.

Flatev-CEO Carlos Ruiz (links) und sein Team bringen inter­ nationale Brotkultur in die Schweiz.

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PA DRONE EIN RING A L S COMP UTERM AUS Seit fast vierzig Jahren gehört die Maus zum Standard-­ Eingabe­gerät von Computern – eine gerade im Consumer-­ Bereich immens lange Zeit, die schon bald zu Ende gehen könnte. Das hofft zumindest das Tech-Start-up Padrone aus Zug. Deren eleganter Kunststoffring wird am rechten oder linken Zeigefinger getragen und trackt mittels integrierter Weitwinkelkamera die Fingerbewegungen der User. Neben Cursor-Bewegungen erkennt die Kamera auch Links- und Rechtsklick sowie Scrolling. Verbunden wird der stylische Ring – der neben PC, Mac und Windows-Tablets auch Android-Geräte dirigiert – über Bluetooth; eine Software ist nicht nötig. Auch bei der Oberfläche ist der in der Schweiz gefertigte Ring nicht wählerisch, solange sie hart genug ist. Ob sich der Ring durchsetzen wird, wissen wir im Sommer 2020 – beim Verkaufsstart. International hat er bereits für Furore gesorgt: Bei der CES, der grössten Elektronikmesse der Welt, war er unter den führenden zwölf Start-ups. padrone.design

Der Padrone-Ring wiegt nur acht Gramm und wird via Docking-Station geladen.

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Mausgezeichnet: die Padrone-Gründer Thomas Stauffer, Nicolas Ruchti und Marc Speck (v. li.)

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Jutta Jertrum, 50, möchte mit ihrem TwistOut-Abflussstab jetzt auch den US-Markt erobern.

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T W IS TOUT DER ÖKOLOGIS CHE A BFLUS S S TA B

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Essens-Tipp: Wer auf ein grünes Feld tippt, setzt das Produkt auf die Einkaufsliste.

PADRONE, BRING, TWISTOUT

BRING! DER V IR T UEL LE EINK AUF S ZE T TEL «Ich hab doch gesagt, du sollst Milch mitbringen!» Beim Einkauf für den Haushalt macht man die Rechnung nie ganz ohne Missverständnisse. Zumindest war das vor Bring! so. Mit der App aus Zürich lassen sich Einkaufslisten erstellen, auf die mehrere Personen zugreifen können – das macht sie ideal für Paare, WGs oder Büros. Eine Mitteilungsfunktion ermöglicht kurzfristige Änderungen, und wer möchte, kann kuratierte Rezepte in seine Liste übernehmen. Die App für iOS und Android gibt es auch als Web-Applikation sowie als Variante für Amazon Alexa und den Google Assistant. Und sie gewährt schon heute

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einen Blick auf den Einkauf der Zukunft: Nutzer in Berlin und München können ihre Liste ab sofort direkt bei Edeka-­Supermärkten in ­Auftrag geben und ersparen sich dank Lieferfunktion den Weg ins Geschäft. getbring.com

Über fünf Millionen User benutzen die App von CEO Marco Cerqui (oben) und CTO Sandro Strebel.

Manche Erfindungen sind derart simpel, dass man sich wundert, warum da bisher noch niemand drauf­ gekommen ist. Jutta Jertrums 40 Zentimeter langer Buchenholzstab TwistOut etwa, der die Abflussreinigung im Handumdrehen revolutioniert. Wie’s geht? TwistOut in den Abfluss stecken und mehrmals im Uhrzeigersinn drehen. Abflussrückstände (meist Haare) bleiben so auf der rauen, spiralförmigen Oberfläche hängen. «Ich arbeitete lange in der Hotellerie, der Korkenzieher hat mich inspiriert», so Jertrum. Die Abflussreinigung ohne Chemie, aufwendige Technik oder Klempner-Kenntnisse hat voll eingeschlagen. Über eine Million Stäbe sind im Umlauf, bis heute stemmt Jertrum das Business allein – und das mit gutem Gewissen. Verpackt und produziert wird in Deutschland und Tschechien, das Buchenholz für den mit dem German Innovation Award ausgezeichneten Stab wächst in Europa nach. twistout.ch   85


FLÜÜÜGEL FÜR IHREN SOMMER.

MIT DEM GESCHMACK VON WASSERMELONE.

NEU

BELEBT GEIST UND KÖRPER.


GUIDE

I N N O V AT O R

Insider-Infos und Events

Save the Date: Innovation-Highlights der nächsten Wochen // Tipp: Die besten Coworking Spaces der Schweiz // Inspiration: Wie sich Visionäre das Jahr 2030 vorstellen // Kolumne: Revolution in der Medienproduktion // Tech-Highlight: Ein menschen­ähnlicher ­Roboter auf MarsMission // INNOVATOR

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DO IT

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bis 28. Mai Good Brand Summit + Expo Höhepunkt des mehrmonatigen «GoodFestivals» in Lausanne. Hier bekommen jene eine Bühne, die die Welt besser machen: Start-ups, Künstler, Wissenschaftler, Investoren. Auf dem Programm: Networking-­Ses­ sions, Workshops, Key-Notes. Château d’Ouchy & Beau-­ Rivage Palace Lausanne, ­Lausanne; goodfestival.ch

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und 23. Juni International Future of Mobility Fahren 2020 die ersten autonomen Autos auf den Strassen? Wann heben fliegende Fahrzeuge wirklich ab? Diesen Fragen widmet sich diese Konferenz in Winterthur. An zwei Tagen nähern sich Experten und Redner dem Wandel der Auto- und Nahverkehrsbranche. Diskutierte Trends: E-Autos, Hyperloop und 5G-Netz. Technopark & ZHAW, Winterthur; mobility-future.ch

bis 18. Juni xplor Startup Competition

Laufparcours für Menschen mit Beinprothese

Die Schweizer Stromwirtschaft ­versammelt sich alle zwei Jahre bei den «Powertagen». Branchenführer treffen in Zürich auf Investoren, ­Behörden und Influencer. Einen Teil dieser Konferenz bildet die «xplor Start-up Competition», der grösste Wettbewerb der Schweizer Energiewirtschaft. Hier präsentieren die ­neuen Energie-Pioniere ihre grünen Ideen: smarte Netze, eine zukunfts­ sichere Energieversorgung, mehr Komfort im vernetzten Haus, die Sicher­heit von Daten und eine nachhaltige Mobilität. Möge die Energie fliessen. Messe Zürich, Zürich; powertage.ch/xplor

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und 3. Mai Cybathlon Die ETH Zürich veranstaltet erneut einen Geschicklichkeitsbewerb der Sonderklasse: Beim Cybathlon messen sich Menschen mit Behinderung und modernsten Hilfsmitteln. Unter den sechs bewährten Disziplinen: virtuelle Rennen mit Gedankensteuerung, ein Velo-Race mit Muskelstimulation und mehrere Parcours für Sportler mit Prothesen, Exo­ skelett und Rollstuhl. Piloten und Entwickler bilden gemeinsam ein Team. Bei freiem Eintritt erleben Besucher am ersten Tag die Qualifikation, am zweiten Tag die Finalrunden. Neugierige können spielerisch alle Disziplinen testen. SWISS Arena, Kloten bei Zürich; cybathlon.ethz.ch

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MESSE SCHWEIZ AG, ETH/JÜRGEN RÖSNER, FASHION INNOVATION WEEK

Powertage: Networking – im eigentlichen Wortsinn


S A V E T H E D AT E

Speaker auf der Fashion Innovation Week 2020: der Zürcher Oliver Brunschwiler, Head of Brand FREITAG

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März bis 3. April Fashion Innovation Week Die Fashion Innovation Week zieht die Modernisierer der Modewelt wieder ins Tessin. Der Haupt-Event «Innovation Meets Fashion» (30. März) steht im Zeichen der Zukunft. Fashion Labels, Tech-Companies, Investoren und Start-ups diskutieren die Frage, wie der Modemarkt die Digitalisierung meistern kann. Die entscheidenden Themen: Nachhaltigkeit, Predictive Analytics, digitale Handwerkskunst und der Kundenkontakt auf allen Kanälen. Unter den Speakern: Joachim Hensch (Hugo Boss) und Daniel Grieder (Tommy Hilfiger). LAC Center, Lugano; fashioninnovationweek.ch

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DO IT

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und 5. Juni Fifteen Seconds Festival Wenn der Digitalchef der Wiener Staatsoper auf den chinesischen CEO der Meme-Schleuder 9GAG trifft, ist wieder Fifteen Second Festival. Dieses Jahr soll es auch um Themen wie Stadtentwick­ lung, Mobilität und Nachhaltigkeit gehen. Zu den Speakern ge­ hören ­unter anderem Dennis Thom, Marketingchef von Borussia Dortmund, und John Paul Rollert, Politikexperte von der Harvard ­University. Erwartet werden 6000 Besucher. Stadthalle, Graz; fifteenseconds.co

Angreifen, um zu begreifen: Erkunder und Erfinder auf der Messe

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und 19. April Founder Summit Worauf muss ich achten, wenn ich mich selbständig mache? Wie finde ich am leichtesten Investoren? Wie vernetze ich mich mit anderen Entrepreneuren? Solche und ähnliche ­Fragen beantwortet der Founder Summit, das grösste Event für Gründer in Deutschland. Speaker wie Lena Jüngst, die die ungewöhnliche «Air up»-Trinkflasche erfunden hat, erzählen, was sie bei der Gründung ihres Start-ups gelernt h ­ aben. In der Expo Area stellen sich mehr als 200 Unter­ nehmen vor. Ungewöhnlich: In der «Pitch Arena» kämpfen Start-ups vor Publikum um einen echten Deal. RheinMain CongressCenter, Wiesbaden; foundersummit2020.de

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LUKAS BECK, KLAUS FÜHRER, CHRISTIAN A. WERNER/TECH OPEN AIR

2019 auf der FounderSummit-Stage: StarInvestor Frank Thelen

und 17. Mai Maker Faire Vienna Ein amerikanisches Konzept (die erste Maker Faire fand 2006 in Kalifornien statt) trifft auf lokalen ­Erfindergeist. Das Ergebnis ist eine einzigartige Messe, auf der Anfassen ausdrücklich erwünscht ist. Auf knapp 5000 Quadratmetern kommen Selbermacher, kreative Köpfe und Technikenthusiasten zusammen, um einer breiten Öffentlichkeit – pro Tag werden knapp 5000 Besucher erwartet – ihre aktuellen Pro­ jekte zu präsentieren. Einer der Schwerpunkte 2020: die Zukunft des Essens und die Nahrungsmittel­ versorgung in der Stadt. METAStadt, Wien; makerfairevienna.com

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S A V E T H E D AT E

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und 13. Mai OMR Es wird wie laut, wenn Deutschlands führendes Digital-Event durchstartet. Über 50.000 Besucher pilgern dann in die Hamburger Messehallen, um sich von den Grössen der Digitalszene inspirieren zu lassen. Zu den Speakern gehören Dawn Ostroff, CCO von Spotify, und John Foley, Gründer des Fitness-Start-ups Peloton. Nicht verpassen: die Secret-­ Music-Acts (zuletzt u. a. Casper). Hamburg Messe, Hamburg; omr.com

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DO IT

Coworking

HIER BIST DU NICHT ALLEIN

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as haben Instagram, Uber und Spotify gemeinsam? Alle drei Apps haben ­unseren Alltag verändert. Alle drei Namen zählen zu den wertvollsten Marken der Welt. Und: Jedes dieser Start-ups machte seine ersten Schritte in Coworking Spaces. Auch in der Schweiz haben sich gemeinsame Arbeitsplätze in den letzten zehn Jahren aus­ gebreitet. Schon knapp 200 Co-

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working Spaces im Land ver­ mieten ihre Schreibtische und Meetingräume. Zur Zielgruppe zählen Start-ups und Freelancer, Home Officers und digitale ­Nomaden. Manche von ihnen ­buchen ihren Arbeitsplatz tageweise, manche einen Monat, andere stellen gleich Familienfotos auf ihren Arbeitsplatz. Warum?

Arbeiten und Netzwerken

In einer Zeit, in der digitale Kommunikation die Menschen virtuell verbindet, gleichzeitig aber räumlich trennt, bieten Coworking Spaces den Zusammenhalt einer Wohngemeinschaft: Man lebt unter einem Dach. Der anhaltende Erfolg liegt aber nicht nur daran, dass zusammen arbei-

Baden OFFICE LAB TRAFO

Plug and work: Im Trafo, Badens altem Hochspannungslabor, fliesst jetzt die kreative Energie von Freigeistern. Shared Desk: ab CHF 45/Tag; CHF 499/Monat Fix Desk: ab CHF 699/Monat Adresse: Haselstrasse 16, Baden officelab.ch

INNOVATOR

OFFICELAB, SWITZERLAND INNOVATION PARK

Coworking Spaces bieten Schreibtisch, Kaffee und Kollegen, wann immer du sie brauchst. Hier sind fünf Empfehlungen für die Schweiz.

Beim Arbeiten kommen die Menschen zusammen: etwa hier im Office LAB Trafo in Baden


COWORKING

Ausgezeichnet: Das Team der Coworking Lounge Tessinerplatz feiert den Swiss Location Award – einen Publikumspreis für das freundlichste Gemeinschaftsbüro.

Zürich

COWORKING LOUNGE TESSINERPLATZ Im High-Technology-Space mit nachhaltigem Charakter bekommst du auch kostenlosen Kaffee, Bier und E-Bike-Touren.

In der schicken Coworking Lounge im Herzen von Zürich stehen vor allem die Community und das Networking im Zentrum.

Lausanne GOTHAM LAUSANNE GARE

Neben der Arbeit bleibt nahe dem Bahnhof auch Platz für das Vergnügen: Es gibt Pingpongtisch und Videospiele. Shared Desk: ab CHF 25/Tag; CHF 450/Monat

Shared Desk: ab CHF 40/Tag; CHF 130/Monat

Meetingraum: ab CHF 25/Stunde

Meetingraum: ab CHF 60/Stunde Adresse: Tessinerplatz 7, Zürich

Adresse: Avenue d’Ouchy 4, Lausanne auch in Lausanne-Flon, Bern, Martigny, Verbier

tessinerplatz.ch

gothamco.com

Zürich

Visp

Der Start-up-Hub bietet Blockchain-Experten nicht nur ein Büro an Zürichs Parade-Adresse, sondern auch ein Parade-Netzwerk.

Im Oberwallis warten zwölf klimatisierte Coworking-Plätze und drei Meetingräume auf kreative Ideen.

Shared Desk: ab CHF 349/Monat

Shared Desk: CHF 400/Monat

Fix Desk: ab CHF 859/Monat

Meetingraum: ab CHF 35 für 2 Stunden

Adresse: Poststrasse 5– 7, Zürich

Adresse: Seewjinenstrasse 6, Visp

trustsquare.ch

citycasa.ch

TRUST SQUARE

INNOVATOR

BÜRO VISP

ten motivierender ist, als allein daheim zu sitzen, sondern auch an den Netzwerkeffekten, wenn Kreative aus diversen Branchen ­einander inspirieren. Abgesehen davon, dass ein bisserl quatschen in der Kaffeepause entspannt. Im Idealfall befruchten Ideen einander und gehen sogar in gemeinschaftlichen Projekten auf.

Günstiger arbeiten

Engagierte Bürogemeinschaft-­ Hosts verstehen es, die richtigen Köpfe mit gleichartigen Zielen zu verkuppeln. Doch selbst wenn es keine Gleichgesinnten gibt: In ­einem Coworking-Space findet ­jeder seinen Platz, dem die Mietkosten für ein eigenes Büro zu hoch sind, der langes Pendeln vermeiden oder vor Kinderlärm zu Hause flüchten will.

Gute Stimmung steckt an

Der jüngste Trend: Immer mehr Unternehmen lagern Mitarbeiter in Coworking Spaces aus. Zum ­einen, weil es dort Konferenz­ räume gibt, die im normalen Büro fehlen. Zum anderen sollen sie von den dort vorherrschenden, erfrischenden Start-up-Vibes angesteckt werden. Denn wer weiss: Vielleicht entsteht gerade dort die Schweizer Antwort auf Insta­ gram, Uber und Spotify?

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DO IT

FUTUR/IO

Der Gewinner

ENERGIE DURCH EMOTIONEN

Red Bull Futur/io

Wie Visionäre unser Leben 2030 sehen und daran arbeiten, Science-Fiction Realität werden zu lassen.

D

u steigst aus der autonomen Taxidrohne und betrittst ein Lokal. Dort verkündet die bekannte TV-Moderatorin aus einem Hologramm in der Mitte des Raumes, dass es nun offiziell keine Ländergrenzen mehr gebe. Aus Freude darüber tippst du einmal kurz auf deinen Handwurzelknochen, rufst deine Freundin an und lachst herzlich, eingedenk so klobiger Geräte wie dieser Smartphones. Währenddessen lädt sich dein persön­licher Energiespeicher auf.

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Die Teilnehmer von Red Bull Futur/io in Lissabon

Willkommen im Jahr 2030. So sieht, grob zusammengefasst, die Zukunft nach Ansicht der Teilnehmer von Red Bull Futur/io aus. Über tausend Visionäre reichten einminütige Videos ihrer Zukunftsszenarien ein. Die 22 kreativsten Köpfe, darunter Sieger Cristian-­ Alexandru Ioan (s. re.), wurden im letzten Jahr zur Academy nach Lissabon eingeladen.

Gewonnen hat der Clip «Human Emotions as a New Renewable ­Energy Source» von Cristian-Alexandru Ioan. Der Rumäne zeigt darin eine Welt, in der wir unseren Energiespeicher durch Emotionen aufladen. «Das ist realisierbar», so Ioan. «Ich glaube an das Potenzial zwischenmenschlicher Interaktion.»

Science-Fiction wird real

Geleitet von einem Expertenteam aus Zukunftsforschern und Filmemachern, boten Workshops, Key­ notes und Diskussionen den idealen Rahmen, um die Videoclips zu verbessern und auf ihre Realitätstauglichkeit zu prüfen. Denn eines hat uns die Geschichte gelehrt: Was gestern in Filmen zu sehen war, ist heute oft Realität. Alle Clips und Infos: redbullfutur.io

Emotionen auch beim Sieger selbst: Cristian-Alexandru Ioans Vision gibt es in Kürze auf redbull.tv zu sehen.

INNOVATOR

HUGO SILVA/RED BULL CONTENT POOL

SO GESTALTEN WIR ZUKUNFT

Die 22 Finalisten stellten sich auch einer renommierten Jury. Diese wählte einen Sieger aus, dessen Vision vom Red Bull Media House professionell produziert wurde.


3 TIPPS VON JEDEM GAST FÜR DEINEN ALLTAG

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READ IT

Wenn ein Skiurlaub zur Inspiration für die Medienproduktion der Zukunft wird und uns eine Kamera noch nie dagewesene Freiheiten beschert.

M Andreas Gall 55, spürt als Chief Innovation Officer im Red Bull Media House Neuerungen auf, die die Zukunft der Medien und der Consumer ­Technology gestalten.

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anchmal kommt einem die beste Inspiration in den verrücktesten Augenblicken und an den ent­ legensten Orten – bei mir Anfang des Jahres in Blue River, British Columbia, Kanada, sechs Autostunden von Vancouver entfernt … beim Tiefschnee-Skifahren im Nirgendwo. Natürlich nimmt man zu solchen Anlässen seine ActionCam mit – und akzeptiert Lacher, weil man mit dem Teil auf dem Helm wie ein Alien aussieht. Nur um sich am Ende zu ärgern, weil nicht alles so vor die Linse gekommen ist, wie man sich das vorgestellt hatte. Diesmal wollte ich es anders machen, und zwar konsequent. Statt für eine ­Kamera mit nur einem Blickwinkel entschied ich mich für eine 360-Grad-Cam. Mein Gedankengang: Mit dieser Kamera kann ich aus einer Perspektive unendlich viele Blickwinkel abdecken, denn sie nimmt sozusagen eine Kugelperspektive («Sphere») auf. Die ersten Tests auf einer Skipiste in Österreich waren vielversprechend und ergaben folgende Vorgehens-

Fliegen durch die Aufnahmen

Gesagt, getan. Am ersten sonnigen Tag ging es los: Powdern im tief verschneiten Winterwunderland der kanadischen Rockies­. Den ganzen Tag befolgte ich den beschriebenen Workflow, bis die Speicherkarte voll war. Ungefähr 3000 verbrannte Kalorien später, frisch geduscht und super­neugierig, machte ich mich am Abend an das Sichten der Sphere-Aufzeichnungen, und zwar nicht am Com­ puter, sondern auf meinem Smartphone. Das muss man sich so vorstellen: Man überspielt den 360-Grad-Content von der Kamera auf sein Smartphone und kann ihn anschliessend mithilfe eines speziellen 360-Grad-Players proaktiv sichten. Man steht, hält das Smartphone-Display vor sich und «fliegt» durch die 360-Grad-­ Kugelaufnahmen, indem man sich aktiv mit dem Bildschirm in der aufgezeich­ neten Rundumwelt bewegt, sich dreht, auf und ab schaut etc. Soll heissen, die im Smartphone integrierten Sensoren ermöglichen mir perfekte virtuelle, selbstbestimmte Kamerafahrten in der drei­ dimensionalen Aufnahme. Ebendieser Sensoren wegen nutze ich das Smart­ phone als User-Interface und nicht die Computermaus.

Freude über die Freiheit

Ob du es glaubst oder nicht, ich war von dieser Freiheit, mir im Nachhinein be­liebig viele Blickwinkel anschauen zu können, so begeistert, dass ich die ganze Nacht damit zubrachte. Was hat mich daran so fasziniert? Diese «nachträglichen Kamera­ fahrten» konnte ich so oft wiederholen, wie ich wollte, und – das ist der Hammer – als 2D-Blickwinkel in HighdefinitionQualität auf meinem Smartphone aufzeichnen. Mein Smartphone-Display wurde zum virtuellen Kameramonitor, das Smartphone zur Kamerasteuerung in einer virtuellen 360-Grad-Realaufnahme. Ehrlich: Noch nie, wirklich noch nie konnte ich aus einer Aufnahmeperspek­ tive so viele Blickwinkel und individuelle Kamerafahrten generieren und beliebig oft wiederholen (bis alles perfekt war). Wie oft hatte ich mich in der Vergangen-

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MICHAEL PRESCHL

VÖLLIG NEUE PERSPEKTIVEN

weise: «Schaffe eine Kameraposition mit möglichst ungestörtem 360-Grad-Rundumblick. Halte die Kamera ruhig, und versuche einfach nur, so nah wie möglich an dein Motiv zu kommen. Du musst es nicht mit deiner Linse verfolgen.»


KOLUMNE

«ICH WAR SO BEGEISTERT, DASS ICH DIE GANZE NACHT DAMIT ZUBRACHTE.»

IMPRESSUM

INNOVATOR BY THE RED BULLETIN Schweiz, ISSN 2308-5886 Chefredakteur The Red Bulletin Alexander Macheck Chefredakteur Innovator Arek Piatek Art Director Kasimir Reimann Photo Director Eva Kerschbaum Chefin vom Dienst Marion Lukas-Wildmann Managing Editor Ulrich Corazza

heit darüber geärgert, dass ich den auf­ genommenen Blickwinkel nehmen muss, wie er eingefangen wurde; jetzt hatte ich plötzlich «die Freiheit der Wahl»!

Textchefs Jakob Hübner, Andreas Wollinger Grafik Miriam Bloching, Judith Heimhilcher, Martina de Carvalho-Hutter, Kevin Goll, Carita Najewitz Fotoredaktion Marion Batty, Ellen Haas Managing Director Stefan Ebner

Zukunft der Medienproduktion

Ich bin überzeugt davon, dass diese ­Technologie unsere zukünftigen Medien­ produktionen massiv beflügeln wird, denn erstens «entspanne» ich den Action­ Cam-Prozess, indem ich das Einfangen des Contents und das Aussuchen des Blickwinkels in zwei Arbeitsprozesse ­aufteile, und zweitens erhöhe ich die krea­tiven Möglichkeiten im Filmschnitt, wenn ich künftig auch das 360-GradAusgangsmaterial in unserem Content­ archiv ablege und damit dem Editor die Möglichkeit gebe, jederzeit seinen eige­ nen, spezifischen Blickwinkel zu wählen. Und nicht zuletzt bot das Smartphone als virtuelle Kamera einen abendfüllenden Spassfaktor an der Bar: Jeder hatte im 360-Grad-Tiefschneecontent buchstäblich noch einmal sein persönliches Abfahrts­ erlebnis und konnte es mit seinen Team­ kollegen auf dem Bildschirm an der Bar teilen. Übrigens: Keiner wollte die mit­ gebrachte VR-Brille aufsetzen, um den Content zu bestaunen – das Blickfenster zum Content via Smartphone war für alle Anwesenden mehr als ausreichend. Fazit: Es überrascht nicht, dass die ­An­fragen für ActionCam-Einsätze mit 360-­Grad-Kameras in unserem Haus ex­ plosionsartig zunehmen. Schliesslich wird der Zuschauer am meisten davon profi­ tieren. Die Aufnahmen werden an Perfek­ tion gewinnen, es wird neue perspekti­ vische Überraschungen und noch mehr ­Variationsmöglichkeiten geben. Und mein nächster Ski-Trip ist auch schon gebucht! Ein Video von Andreas Galls Ski-Abenteuer findest du hinter dem QR-Code. Einfach per Handy-Cam scannen und dem Link folgen.

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Länderredaktion Arek Piatek Country Project Management Melissa Stutz Media Sales Marcel Bannwart, marcel.bannwart@redbull.com Goldbach Publishing Marco Nicoli marco.nicoli@goldbach.com Abo- und Leserservice abo@ch.redbulletin.com Druck Quad/Graphics Europe Sp. z o.o., Pułtuska 120, 07-200 Wyszków, Polen

Head of Media Sales & Partnerships Lukas Scharmbacher Global Project Management Melissa Stutz Publishing Management Sara Varming (Ltg.), Ivona Glibusic, Bernhard Schmied, Melissa Stutz, Mia Wienerberger B2B-Marketing & -Kommunikation Katrin Sigl (Ltg.), Agnes Hager, Alexandra Ita, Teresa Kronreif, Stefan Portenkirchner Executive Creative Director Markus Kietreiber Commercial Design Peter Knehtl (Ltg.), Sasha Bunch, Simone Fischer, Martina Maier, Florian Solly Co- Publishing Susanne Degn-Pfleger (Ltg.), Elisabeth Staber (Ltg.), Mathias Blaha, Raffael Fritz, Thomas Hammerschmied, Marlene H ­ interleitner, Valentina Pierer, Mariella Reithoffer, Verena Schörkhuber, Sara Wonka, Julia Bianca Zmek, Edith Zöchling-Marchart Anzeigenservice Manuela Brandstätter, Monika Spitaler

INNOVATOR BY THE RED BULLETIN Deutschland, ISSN 2079-4258 Länderredaktion David Mayer Country Project Management Natascha Djodat Media Sales Matej Anusic, matej.anusic@redbull.com Thomas Keihl, thomas.keihl@redbull.com Martin Riedel, martin.riedel@redbull.com

Herstellung Veronika Felder

INNOVATOR BY THE RED BULLETIN Österreich, ISSN 1995-8838

Produktion Friedrich Indich, Walter O. Sádaba, Sabine Wessig

Länderredaktion Christian Eberle-Abasolo

Lektorat Hans Fleissner (Ltg.), Petra Hannert, Monika Hasleder, Billy Kirnbauer-Walek, ­ Belinda Mautner, Klaus Peham, Vera Pink

Publishing Management Bernhard Schmied

Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Claudia Heis, Sandra Maiko Krutz, Nenad Isailovic, Josef Mühlbacher MIT Christoph Kocsisek, Michael Thaler Operations Alexander Peham, Yvonne Tremmel Assistant to General Management Patricia Höreth Abo und Vertrieb Peter Schiffer (Ltg.), Klaus ­Pleninger (Vertrieb), Nicole Glaser ­( Vertrieb), ­Victoria Schwärzler, ­Yoldaş Yarar (Abo) Verlagsanschrift Heinrich-Collin-Strasse 1, A-1140 Wien Telefon +43 1 90221-0, Fax +43 1 90221-28809 Web redbulletin.com Medieninhaber, Verlag und Herausgeber Red Bull Media House GmbH, Oberst-Lepperdinger-Strasse 11–15, A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i, Landesgericht Salzburg, ATU63611700

Sales Management The Red Bulletin Alfred Vrej Minassian (Ltg.), Thomas Hutterer, Stefanie Krallinger Media Sales Franz Fellner, Christopher Miesbauer, Nicole Okasek-Lang, Britta Pucher, ­ Jennifer Sabejew, Johannes WahrmannSchär, Ellen Wittmann-Sochor, Sabine Zölss; Kristina Krizmanic (Team Assistant) anzeigen@at.redbulletin.com Sales Operations & Development Anna Schönauer (Ltg.), David Mühlbacher Offenlegung gemäss § 25 Mediengesetz Informationen zum Medieninhaber sind ständig und unmittelbar unter folgender Web-Adresse auffindbar: www.redbulletin.at/impressum Kontakt redaktion@at.redbulletin.com

Herausgeber & Geschäftsführer Andreas Kornhofer Geschäftsführer Dkfm. Dietrich Mateschitz, Gerrit Meier, Dietmar Otti, Christopher Reindl

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TECH-HIGHLIGHT

Val hat 28 Gelenke und kommt selbst auf sandweichem Untergrund voran – eine Voraussetzung für Mars-Expeditionen.

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Unser «Mann» für den Mars Er ist zwei Meter gross, 140 Kilo schwer, vollelektrisch – und er hat eine heikle Mission: Lebens­ räume auf dem Mars erforschen – bevor die ersten Astronauten kommen. «Valkyrie» (Spitzname: Val) ist ein für extraterrestrische Einsätze entworfener Roboter, der laut NASA bald die Reise zum Roten Planeten antreten könnte: Dabei soll Val, teils autonom, teils von der Erde ferngesteuert, zum Beispiel mögliche Bau­ plätze für künftige Marskolonien ausfindig machen. Kameras am ganzen Körper und 200 Infrarot­ sensoren helfen ihm dabei. nasa.gov

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NASA

GESTATTEN: «VAL». ICH ERKUNDE FREMDE PLANETEN


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Mit den eigenen Stärken zu neuen Höhenflügen: www.wingfinder.com

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Die einen künden an. Wir produzieren. Entdecken Sie unser progressives Line-up.

#NextAwaits Bei Hyundai schaffen wir Fortschritt. Deshalb können Sie unsere Fahrzeuge der nächsten Generation bereits heute fahren: den NEXO mit Wasserstoff-Technologie, den KONA electric und das IONIQ-Trio mit einer Auswahl an Elektro-, Plug-in-Hybrid- und Hybrid-Antrieben. Und damit sind wir mit unserer Nachhaltigkeitsoffensive noch lange nicht am Ende. #NextAwaits. hyundai.ch

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* Die europäische Hyundai 5-Jahres-Werksgarantie ohne Kilometerbeschränkung gilt nur für Fahrzeuge, welche ursprünglich vom Endkunden bei einem offiziellen Hyundai-Partner (in der Schweiz und dem Europäischen Wirtschaftsraum) erworben wurden, entsprechend den Bedingungen im Garantiedokument. – ** Nur Hochvoltbatterie. Gilt für 8 Jahre oder 160 000 km (KONA electric) bzw. 200 000 km (NEXO und IONIQ). – Mehr Infos auf hyundai.ch/garantie


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