The Red Bulletin AT 08/22

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ÖSTERREICH AUGUST 2022 € 3,50

ABSEITS DES ALLTÄGLICHEN

SPANNUNG BIS ZUR LETZTEN KURVE

MotoGP am Red Bull Ring

JETZT ABONNIEREN: GETREDBULLETIN.COM

Full Speed auf Seite 90

RED BULL CLIFF DIVING

GUTEN FLUG!

Augenblicke zwischen Adrenalin und Ästhetik

SIENNA MILLER / DIEGO MARADONA / KYLIE JENNER / GÜNTHER DOMENIG / THE BEACH BOYS



E D I TO R I A L

WILLKOMMEN

SPRING AB, TAUCH EIN!

DEAN TREML (COVER), JOERG MITTER/RED BULL CONTENT POOL, WOLFGANG ZAC

EIN JOB AN DER K(L)IPPE

Ein Mann, ein Auftrag: Hier putzt Klippenspringer Catalin Preda die Plattform. Mit Erfolg: Wir staunen über die sauberen Sprünge bei den Red Bull Cliff Diving World Series: ab Seite 20.

Ein richtig heißer Sommer muss auch – richtig kühl sein: Die schönste Inspiration, in die Welt von Red Bull Cliff Diving oder zumindest ins nächste Sportbecken abzutauchen, liefert Fotograf Dean Treml. „Hinter der Ästhetik die Anstrengung – auch das sollen meine Fotos zeigen“, sagt der Neuseeländer, der eigentlich Meeresbiologe werden wollte. Angestrengt sinnierte Anatol Vitouch im Red Bulletin-Selbstversuch: „Verdammt, wie komme ich da ohne Bahre raus?“ Unser Autor testete, ob Schachboxen wirklich der ultimative Mix aus Faust und Hirn ist. Drei Minuten Schach, drei Minuten Boxen – mehr zum intellektuellen Fight Club ab Seite 56. Ein Battle der anderen Art trug Schauspielerin Sienna Miller mit sich aus. Sie lernte mit 40, „in der Gegenwart zu leben“ und das Wörtchen „Nein“ für ihr Seelenwohl zu gebrauchen. Mehr zum lebensbejahenden Nein – ab Seite 36.

BRAD IS BACK

Brad Binder siegte bei der MotoGP am Red Bull Ring 2021. Wer heuer dabei sein will, scannt den QRCode auf Seite 90.

400 Meter lang ist der härteste Lauf der Welt. Die 75 Grad Steigung auf die Bergisel-Schanze sind oft nur auf allen vieren zu schaffen. Red Bull 400, ab Seite 88.

Enjoy The Red Bulletin! Die Redaktion

DIE SCHNURREN DES KATERS

Schrille Outfits, schräge Tattoos: Grammy-Gewinner Thundercat wirkt wie eine fröhliche Grinsekatze – meistens. Er hat aber auch eine andere Seite. Beide zeigt er uns: ab Seite 40. THE RED BULLETIN

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I N H A LT The Red Bulletin im August 2022

5-MINUTEN-COACH

54 RUHIG BLUT

Tänzer B-Boy Said verrät, wie man Lampenfieber bekämpft.

COVERSTORY

20 ROCK STARS

Sportfotograf Dean Treml zeigt die Hotshots der Red Bull Cliff Diving World Series: sein Job an der Klippe.

SCHACHBOXEN

56 PLATT STATT MATT

Drei Minuten Schach, drei Minuten Boxen: unser Autor zwischen Faust und Hirn

36 KEINE SCHEU Schauspielerin Sienna Miller lernte: So positiv kann ein „Nein!“ sein.

ARCHITEKTUR

Unser Beachvolleyball-Duo weiß, wie man zusammen stark wird – Tipps für jede Partnerschaft.

Eine Hommage an die Architektur-Legende Günther Domenig

GUIDE

FILM

36 SIENNA MILLER

Die Schauspielerin demonstriert für neue Gelassenheit – und gegen Fremdbestimmung.

METALLKUNST

38 MARTIN REHRL

Tipps für ein Leben abseits des Alltäglichen 73 REISEN. Färöer-Inseln: auf den Spuren der Wikinger 78 BIOHACKING. Wie uns richtige Atmung besser schlafen lässt

Der 24-jährige Maschinenbauer und sein künstlerischer Antrieb für eine bessere Welt

80 PLAYLIST. Beach Boy Mike Love und seine best Vibrations

MUSIK

82 LESESTOFF. Die neuen Götter: Kevin Hearnes Urban Fantasy

40 THUNDERCAT

Eine Brille und ein Album brachten dem GrammyGewinner das Glück zurück.

KEIN MIAU Wie der begnadete Musiker Thundercat zu Grammys und Glück fand.

88 EVENT-SPECIAL. Red Bull 400 ist der härteste Schanzen-Run der Welt. 90 KALENDER. Vom Frequency Festival bis zur Ennstal-Classic

Die beste Radrennfahrerin Afghanistans setzt sich in ihrer neuen Heimat für Frauen ein.

92 BOULEVARD DER HELDEN. Michael Köhlmeier über Ella Fitzgerald und Norman Granz

6 GALLERY 12 ZAHLEN, BITTE! 14 FUNDSTÜCK

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86 TIPPS & TRENDS. Richtig gutes Zeug für den Sommer

RAD-CHALLENGE

48 AFSANAS REISE

4

64 GESAMTKUNSTWERKER

16 DAS PHILOSOPHEN-INTERVIEW 18 MEIN ERSTES MAL

96 IMPRESSUM 98 CARTOON

56 KEINE GNADE Warum Autor Anatol (re.) seinen Boxgegner Josef anlächelt. Trotz allem …

THE RED BULLETIN

SHAYAN ASGHARNIA/AUGUST/PICTUREDESK, WOLFGANG ZAC, NORMAN KONRAD, JOERG MITTER/RED BULL CONTENT POOL

BEACHVOLLEYBALL

34 ERMACORA / PRISTAUZ


90 MOTO-MANIA Endlich! Der Motorrad Grand Prix von Österreich findet von 19. bis 21. 8. am Red Bull Ring am Spielberg statt.

THE RED BULLETIN

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ALMATY, KASACHSTAN

DrehArbeiten Nur eine Animation? Die Bewegung ist echt! So wie die kahle, lehmige Wüste: Es handelt sich um den Altyn-Emel-Nationalpark in Kasachstan. Und wer handelt? Der russische Mountainbiker Matvey Cheboksarov, 25, der hier eine 360-Grad-Drehung vollführt. Und der Fotograf Sergei Martynov, ebenfalls Russe, der den Dreh, nun ja, festhält. Und dafür bei Red Bull Illume, dem weltweit größten Bewerb für Adventure- und Actionsport-Fotografie, ins Halbfinale kommt. redbullillume.com


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SERGEI ALEKSANDROVICH MARTYNOV/RED BULL ILLUME

DAVYDD CHONG


TEAHUPOO, TAHITI

WellenBrecher Was passiert, wenn eine gewaltige Welle bricht? Noch nichts. Und was, wenn gleichzeitig ein Mensch genau diese Welle durchbricht? Dann kann alles passieren. Doch der Surfer, den der französische Fotograf Ben Thouard hier mit seinem Teleobjektiv verfolgt, hat Glück. Und Kraft: Die Wasserwand kracht herunter, er prallt dagegen – und kann sich dennoch aus dem Sog befreien. Ben Thouard, Halbfinalist beim Red Bull Illume-Fotocontest: „In diesem Moment befindest du dich zwischen zwei Welten.“ Der Surfer tauchte in der schöneren der beiden wieder auf. benthouard.com


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BEN THOUARD/RED BULL ILLUME DAVYDD CHONG


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GERT PERAUER/RED BULL ILLUME

DAVID PESENDORFER


SALZBURG, ÖSTERREICH

Bach-Mann Die Quiksilver Space Jam Session in Prag. Die Wakeboard Championships im schwedischen Fagersta. Die Red Bull Wake of Steel im Linzer Hafen. Und sechs österreichische Meisterschaften ganz nebenbei: Der Kärntner Dominik Hernler, 30, hat so ziemlich alles gewonnen, was es im Wakeboarden zu gewinnen gibt. Doch manchmal ist das Leben auch für ihn einfach ein langer, ruhiger Fluss. Oder ein friedlich dahinplätscherndes Bächlein. Dieses hier nennt sich schlicht Almkanal und verläuft im Süden Salzburgs unweit der Salzach. In Pose geworfen hat sich Hernler am frühen Morgen, abgedrückt hat dessen Kärntner Landsmann Gert Perauer. gertperauer.com


Z AHL EN, BI T T E!

KYLIE JENNER

Madam Instagram Egal was Kylie Jenner anfasst, die Welt klickt und wischt wie in Trance mit: Die jüngste Schwester aus dem Kardashian-Clan ist die populärste Frau auf Instagram. Am 10. August wird sie 25. Doch geschenkt braucht sie nichts – wie diese Zahlen zeigen.

61.600

Millionen Follower machen Kylie zur populärsten Frau auf Instagram. Nur die Profile von Instagram selbst und Ronaldo sind populärer.

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Schwester – Kendall – hat Kylie Jenner. Und dazu acht Halbgeschwister: Casey, Burt, Brandon und Brody Jenner sowie Kourtney, Kim, Khloé und Rob Kardashian.

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Folgen von „Keeping Up with the Kardashians“ geben Einblick in Kylies Leben.

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818-437-1448

Quadratmeter groß ist Kylies Haus in Holmby Hills, einem Nobelviertel von Los Angeles. Kaufpreis: 34,6 Millionen Euro.

war Kylies Telefonnummer, die sie 2017 als Marketing-Gag auf Shirts ihrer Mode-Kollektion drucken ließ. Man erreichte eine Mobilbox.

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HANNES KROPIK

Millionen Instagram-Likes bekam Kylies Foto zur Geburt ihres Söhnchens (anfangs mit Namen Wolf, künftig ...?).

PS hat Kylies Bugatti Chiron – einer von 15 Luxusschlitten in ihrer Sammlung.

wurde Kylies Vater Bruce Olympiasieger im Zehnkampf. 2015 outete er sich als Transfrau und heißt nun Caitlyn.

Millionen Euro verdiente sie mit 22 Jahren für den Verkauf von 51 Prozent ihres BeautyStart-ups „Kylie Cosmetics“.

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Euro – um diesen Preis verkauft Kylie eine von ihr getragene Hermès-Handtasche.

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CLAUDIA MEITERT

Millionen Dollar, umgerechnet 1,42 Millionen Euro, kassiert Kylie pro gebrandetem Instagram-Posting.

Privatjets vom Typ Bombardier Global 7500 mit einer Reichweite von 14.260 Kilometern gibt es weltweit. Auch Kylie besitzt einen. Er ist pink.

GETTY IMAGES (3)

1,5

100


DEIN SOMMER DEINE AUSZEIT

WO DEIN SPORT DIE NR. 1 IST

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F U ND ST Ü CK

Diego Armando Maradona (1960– 2020): Nach seinem Hands-Tor gegen England taufte man ihn „Hand Gottes“.

DIEGO MARADONA

Das G’wand Gottes Das (ungewaschene) Dress mit dem Coq-SportifLogo und dem Emblem des argentinischen Fußballverbandes wurde im Mai bei Sotheby’s versteigert – um 8,8 Millionen Euro. Diego Maradona hatte es am 22. Juni 1986 bei der WM in Mexiko getragen, als Argentinien England im Viertelfinale mit 2:1 besiegte: Das erste Tor erzielte der Fußballgott mit der Hand, das zweite nach einem Solo über den halben Platz.

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GETTY IMAGES

Trikot des argentinischen Fußball-Idols, getragen beim Jahrhundertspiel gegen England

Maradona bejubelt das 2:0.

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y z a r c s i e f i #l

@rauch_Eistee #lifeiscrazy


DAS F I K T IV E PH ILO S O PH EN-IN T ERV IE W

EPIKUR SAGT:

„Don’t worry, be happy“

So einfach ist das nicht. Man muss arbeiten, um sein Geld zu verdienen und Vorsorge fürs Alter zu   : Herr Epikur, Hand aufs Herz: treffen. Das Leben ist anstrengend, man kann nicht Haben Sie angesichts der vielen Unruhen zu dauernd nur tun, was einem Spaß macht. Ihren Lebzeiten niemals Angst gehabt? Nicht das Leben ist das Problem – sondern : Doch, mein Freund, solche das bist du. Das Leben ist einfach. Was Situationen gab es. Zum Beispiel, brauchst du wirklich? Gesunde Nahrung, ein Dach über dem Kopf und als meine Eltern aus ihrer Heimat gute Freunde; vielleicht gelegentlich vertrieben wurden – aber da hatte ein gutes Buch und gute Gespräche, ich mehr Angst um sie als um mich. und ein Herz voller Dankbarkeit Aber weißt du, da war ich noch dafür, bei diesem großen Lebensjung. Später habe ich begriffen, spiel mitspielen zu dürfen. Das alles dass es keinen Sinn hat, angstvoll zu bekommen ist nicht schwierig. in die Zukunft zu blicken. Alle Sorgen kommen daher, dass du lauter Dinge haben willst, die du in Und dennoch: Tod, Armut, Sklaverei, Wahrheit gar nicht brauchst. KonKrankheit, Schmerzen – die Welt, in zentriere dich aufs Wesentliche: der Sie lebten, hatte viel zu bieten, „Deine Sorgen Das ist der Schlüssel zum Glück. wovor man sich ängstigen konnte. kannst du vergessen: Um die Welt, in der du lebst, steht es Sie kommen von Aber manchen Menschen fehlt auch nicht besser. Dingen, die du nicht selbst das Wenige, von dem Sie sagen, dass es für ein gutes Leben Deshalb reden wir ja miteinander. brauchst.“ ausreicht. Wie kommen Sie darauf, dass man Es hängt alles an der Haltung: Als ich sich angesichts all dessen nicht krank darniederlag und unsägliche Schmerzen litt, ängstigen müsse? war mein Herz noch immer voller Dankbarkeit für all Eigentlich gibt es nur zwei Dinge, vor denen Menschen das Gute, was mir widerfahren ist: ein Sonnenstrahl, Angst haben: Tod und Schmerzen. Aber warum? Der ein Windhauch, das Lächeln eines Freundes, die HilfsTod geht uns nichts an. Solange wir leben, ist er nicht bereitschaft eines Menschen. Das Leben gibt uns alles, da. Und wenn er da ist, leben wir nicht mehr. Warum was wir brauchen. Darauf sollten wir vertrauen. Don’t also Angst vor ihm haben? Ah, ich weiß, was du jetzt worry, be happy! denkst: Weil es dann mit dir vorbei ist. Aber was ist daran so schlimm? Du lebst jetzt. Jetzt ist der Augenblick, an dem du dich des Lebens freuen solltest. Wenn EPIKUR (341 –271/270 v. Chr.) gilt von alters her als Philosoph du dich jetzt des Lebens freust, wirst du morgen in der Freude. Damit hat er sich nicht nur Freunde gemacht. Im Frieden sterben können. Gegenteil: Zu allen Zeiten war er die bevorzugte Hassfigur aller „Lebe im Augenblick.“ Ist das nicht ein bisschen wenig für einen Philosophen von Ihrem Kaliber? Gemach, mein Freund, gemach. Erst müssen wir klären, was das heißt. Es heißt „sein“ und nicht „wollen“. Wenn du einfach nur „bist“ und nichts weiter „willst“, kannst du mutig in die Zukunft blicken. Dann hängt dein Glück nicht daran, dass du irgendwann etwas bekommst, was du heute haben willst. Das Problem

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Moralprediger und Ideologen, die ihn als Ahnherrn eines zügellosen Hedonismus verdammten. Tatsächlich aber ging es Epikur nicht, wie spätere „Epikureer“ meinten, um ein Maximum an Spaß, sondern um eine souveräne Selbstgenügsamkeit, die das Leben so nimmt, wie es ist.

CHRISTOPH QUARCH, 57, ist deutscher Philosoph, Gründer der Neuen Platonischen Akademie (akademie-3.org) und Autor zahlreicher philosophischer Bücher, zuletzt: „Kann ich? Darf ich? Soll ich? Philosophische Antworten auf alltägliche Fragen“, legenda Q, 2021.

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YANNICK DE LA PÊCHE

von euch modernen Menschen ist, dass ihr euer Leben immer auf morgen vertagt und Angst davor habt, dass diese Zukunft ausbleibt. Deshalb empfehle ich: Begnüge dich mit wenigem und freue dich an dem, was da ist.

DR. CHRISTOPH QUARCH

Viele Menschen blicken ängstlich in die Zukunft: Werde ich gesund bleiben? Wird die Rente reichen? Welche Krisen müssen wir noch bewältigen? Solche Fragen sind nicht neu. Auch der antike Philosoph Epikur kannte sie. Sein erklärtes Ziel war es, die Menschen von ihren Ängsten zu heilen. Im fiktiven Interview mit dem Philosophen Christoph Quarch erklärt er, wie wir zu mehr Gelassenheit finden können.


Gemacht für die Zukunft QR-Code scannen und digitales Erlebnis starten

zukunft.unileoben.ac.at


M EIN ERST ES M A L

BABSI ZANGERL

„Aus Lebensgefahr wurde Liebe“

Von den Felsen Vorarlbergs bis in die Granitwände Kaund ohne Biwak-Ausrüstung. Also abseilen! Die Route liforniens: Es ist ein langer Weg, den Barbara Zangerl, hat unzählige Quergänge, die wir nun im Schein unsegenannt Babsi, zurückgelegt hat, und ein Gutteil verrer Stirnlampen zurückklettern mussten. Die Abseillief brutal vertikal. Wegen einer verletzten Bandscheipunkte bestanden aus wackeligen, teils verrosteten be wechselte die Vorarlbergerin Haken, fast jeden mussten wir noch 2009 vom Bouldern zum Sporteinmal zusätzlich sichern. klettern. In den folgenden vier Aber trotz allem war da nur Jahren absolvierte sie dann als noch dieses eine Ziel, das wir erste Frau die „Alpine Trilogie“, beide vor Augen hatten: es gemeinsam auf sicheren Boden zu drei ikonische Routen mit dem schaffen. Ich war so müde, dass Schwierigkeitsgrad 8b+. ich an einem Stand einschlief 2019 wurde die heute – und wachte erst auf, als ich 34-jährige Röntgenassistentin Jacopos Stimme von der anderen aus Bludenz vom „National Seite einer Kante hörte. Aber er Geographic“-Magazin zur Abenteurerin des Jahres gekürt. „Sie konnte damals noch nicht so gut ist so eine entspannte ErscheiDeutsch, und ich verstand seine nung, dabei ist sie die beste AllRufe nicht. War es Deutsch? War rounderin der Welt“, schwärmt es Italienisch? Was wollte er? Ich Steilwand-Star Alex Honnold. hatte keine Ahnung. Schließlich 0:00 –36:17 Und das tut auch noch ein andekapierte ich doch irgendwie, dass Babsi Zangerl rer: Mit dem Südtiroler Kletterer sich eines der Seile verhängt hatte Mein erstes Mal – der Podcast Jacopo Larcher, 32, verbindet und ich es befreien sollte. Und so sie eine berufliche und private hatten wir ein Problem nach dem Partnerschaft: Das war für Babsi anderen in dieser Nacht … nach dem ersten dramatischen Gipfel klar … Ich weiß nicht genau, wie – doch „Wir hatten nur um 7 Uhr früh erreichten wir noch ein Ziel: „Mein erstes gemeinsames schließlich den Fuß der Wand. Projekt mit Jacopo war die Fix und fertig, aber egal: Wir hatgemeinsam sicheren ten eine extreme Situation überRoute ‚Tempi Moderni‘ (7+) in Boden zu erreichen.“ lebt und dabei kein einziges Mal der Marmolata-Südwand in den gestritten. Beide hatten wir Ruhe Dolomiten – mit 850 Metern und Kletterin Babsi Zangerl, 34, über die und Humor bewahrt. Das war 30 Seillängen eine richtig hohe Bergnacht, die ihr Leben veränderte für mich ein Zeichen, dass wir und anspruchsvolle Wand. Jacopo und ich hatten uns bei einem auch in schwierigen Momenten Wettbewerb in Südtirol kennengelernt, und unser gut zusammenpassen. Ja, dieses Erlebnis brachte uns erstes Date sollte dieser Tour-Klassiker sein. Daraus noch enger zusammen. Und außerdem spricht Jacopo wurde auch gleich unser erster Stresstest als Paar. Wir mittlerweile richtig gut Deutsch.“ wählten diese relativ kurze Route, denn wir wollten innerhalb eines Tages zurück sein. Voll Optimismus starteten wir um 3 Uhr früh und planten, spätestens um 16 Uhr am Gipfel zu stehen: Das würde sich, dachten wir, dann noch für die letzte Talfahrt der Gondel ausgehen. Ja, würde. Denn vier Seillängen vor dem „MEIN ERSTES MAL“ IST DIE RED BULLETIN-PODCAST-SERIE, in der Ausstieg war uns mit einem Mal klar: Irgendwo da Heldinnen und Helden über ihre erste große Krise sprechen. Die Folge unten hatten wir uns in eine Sackgasse verstiegen. mit Babsi Zangerl, in der sie über ihren Wechsel vom Bouldern zum SportEs wurde schon kalt und dunkel. Die letzte Gondel klettern erzählt, gibt’s im Podcast-Kanal von The Red Bulletin – auf allen gängigen Plattformen wie Spotify und auf redbulletin.com/podcast war schon weg. Und wir nur noch mit wenig Proviant

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THE RED BULLETIN

FRANÇOIS LEBEAU

Babsi Zangerl, 34, gilt als beste Allroundkletterin der Welt. Hier erzählt sie vom ersten Date mit ihrem Partner Jacopo Larcher: Es mündete in einer Extremsituation, die sie erkennen ließ: „Dieser Ragazzo ist der Richtige!“


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P O RT FO L IO

Rock Stars

Er drückt ab, wenn sie abspringen: Der neuseeländische Sportfotograf Dean Treml begleitet seit 13 Jahren die Red Bull Cliff Diving World Series. Ein Job an der Klippe – hier sind seine besten Bilder. Protokoll DAVID PESENDORFER


Azorenhoch

Orlando Duque, Azoren, Portugal, 2012 Rechts die Steilküste, links ein Monolith. Und dazwischen, winzig klein, obwohl eigentlich der Größte: Orlando Duque, neunfacher Weltmeister im Klippenspringen.

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P O RT FO L IO

Das Amen des Adlers

Sergio Guzman, Dublin, Irland, 2019 Der 21-jährige Mexikaner steht hier auf einer 27 Meter hohen Plattform. Er hat Gänsehaut. Nicht nur wegen der Kälte. Vor dem Sturzflug noch ein Moment der Einkehr. „Ich wäre gerne ein Adler“, sagt Sergio.

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THE RED BULLETIN


Der Kniefall

Oleksiy Prygorov, Dublin, Irland, 2019 Nach dem Absprung: Der ukrainische Kunstspringer hat sich eingerollt, die Beine angewinkelt, bis zur Landung zeigt er noch zwei Figuren. Die Zuschauer sind klein wie Punkte – also noch genug Flugzeit. THE RED BULLETIN

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P O RT FO L IO

„Diese Brücke verbindet Muslime und Christen. Und Springer aus aller Welt.“ Dean Treml


Zeitensprünge

Andy Jones, Mostar, Bosnien und Herzegowina, 2021 Seit dem 16. Jahrhundert springen die Männer von Mostar in die Neretva. Bei der Red Bull Cliff Diving World Series steht zusätzlich noch ein 8 Meter hoher Holzturm auf der 19 Meter hohen Brücke. Hier in der Luft: US-Cliffdiver und Stuntman Andy Jones.

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P O RT FO L IO

Gummi, Gummi

Jonathan Paredes, Sisikon, Schweiz, 2018 Fotograf Dean Treml konnte gar nicht anders: „Die Gummiboot-Flotte schrie mich förmlich an: Wir sind dein Hintergrund!“ Im Vordergrund performt der Mexikaner Jonathan Paredes – biegsam wie Gummi.

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THE RED BULLETIN


„Ich liebe diese Momente, in denen die Athletinnen trotz höchster Spannung tief in sich ruhen.“ Dean Treml

Ziemlich spannend

Jacqueline Valente, Sisikon, Schweiz, 2018 Rechte Hand trifft linken Fuß und umgekehrt. Mehr Dehnen und Stretchen geht nicht – und dennoch ruht die 26-jährige Brasilianerin völlig in sich selbst. Spannung trifft Kontemplation. Und umgekehrt.

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P O RT FO L IO


Modern Art

Michal Navrátil, Boston (Mass.), USA, 2012

Viel Glas, viel Spaß. Und unten dann viel Nass. Der Tscheche Michal Navrátil segelt die Front des Institute of Contemporary Art entlang. Ein Bild wie ein Gesamtkunstwerk.

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P O RT FO L IO

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THE RED BULLETIN


„Hinter der Ästhetik die Anstrengung: Auch das sollen meine Fotos zeigen.“ Dean Treml

Im Blindflug

Gary Hunt, Mostar, Bosnien und Herzegowina, 2019 Der Name verrät’s: Gary Hunts Job ist die Rekordjagd. Bereits neunmal gewann der Brite mit dem französischen Pass bisher die Red Bull Cliff Diving World Series. Sogar mit geschlossenen Augen. THE RED BULLETIN

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P O RT FO L IO

DER FOTOGRAF

DEAN TREML Zuerst zog es den gebürtigen Neuseeländer Dean Treml, 56, tief hinunter: Meeresbiologe hatte er ursprünglich werden wollen. Mittlerweile lauert er meist ganz, ganz oben – dort, wo die besten Cliffdiver und Cliffdiverinnen abspringen, oder irgendwo am Rande ihrer Sturzflugroute, auf Felsvorsprüngen oder provisorischen Plattformen an den steilsten Locations der Welt. Dean war vierzehn, da machte es klick: Er beschlagnahmte Mamas alte Kamera und ergänzte sie, mit Geld vom Ferialjob, um ein neues 35-Millimeter-Objektiv. Lokale Sportevents. Klick, klick. Hochzeiten. Klick, klick, klick. Und – hoch sollte es bleiben! Seit 2009, seit deren Geburtsjahr, ist Dean Teil der Red Bull Cliff Diving World Series; die Athletinnen und Athleten vertrauen ihm und lassen ihn ganz nah heran. „Ich liebe diesen Mix aus Athletik und Ästhetik“, sagt er. Mittlerweile lebt Dean in der Schweiz, ist weltweit gebuchter Sportfotograf und veröffentlicht in „New York Times“, „National Geographic“, „Sports Illustrated“ und Red Bulletin. Der Mann hat den Sprung geschafft! Instagram: @deantreml

Unser Coverbild: Sergio Guzman, der 21-jährige Mexikaner, stürzt sich in Lago Ranco, Südchile, aus 27 Metern Höhe in die Tiefe. Es ist die letzte Station der Red Bull Cliff Diving World Series 2017. Für die Riñinahue-Wasserfälle, die an ihm in Gegenrichtung vorbeirauschen, hat er kein Auge.

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„Es war nur ein Trainingssprung – und doch dieser eine, perfekte Moment!“ Dean Treml

Parallelschwung

Rhiannan Iffland, Bilbao, Spanien, 2019 Es ist nur ein Trainingssprung. Und doch das Standbild des perfekten Moments – in dem die Australierin Rhinnan Iffland und das Geländer des Guggenheim-Museums Parallelen bilden.

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Beachvolleyball

Martin Ermacora & Moritz Pristauz holten Bronze bei der Beachvolleyball-EM. Beim Nations Cup in Wien sind sie die Local Heroes. Was sie noch sind? Ein Sport-Couple mit wertvollen Beziehungstipps. Text SILVIA JELINCIC

Foto PHILIPP HORAK

Warszawa? Ostrava? Wer wird denn da so kleinlich sein? Eigentlich hätten die beiden Beachvolleyballer ja eine Unterkunft in Warschau benötigt, aber statt Polen wurde es dann dank Moritz’ Buchung versehentlich die tschechische Grenzstadt. „Das ist ganz normal für Moritz. Wenn ich mich nach ihm richte, verpassen wir auch jeden Flieger“, sagt Martin. Dafür erreichen sie die meisten Bälle, die in ihre Sandkiste fliegen! Martin Ermacora, 28, aus Tirol und Moritz Pristauz, 26, aus der Steiermark gewannen 2019 bei der Beachvolleyball-EM in Moskau sensationell die Bronzemedaille. Nun sind sie beim Nations Cup in Wien (Start: am 2. August) erstmals die Local Heroes und Geheimfavoriten.

Kontrollierte Zuversicht

Aber sonst ist eigentlich alles wie immer: Während Martin vorsichtshalber alles dreifach checkt, ist Moritz laut Martin „tiefenentspannt und völlig sorglos“ für zwei: „Er denkt sich, dass es irgendwie ja dann doch immer passt, und hat damit am Ende des Tages auch recht.“ Aber nur, weil Martin da ist, um es wieder zu richten. Die Schwächen des einen sind die Stärken des anderen. Präzision mit Hang zur Kontrolle (Martin, der Blockspieler) trifft ansteckende Zuversicht (Moritz, den Verteidigungsspieler). Und das funktioniert schon seit acht Jahren so.

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Die meisten BeachvolleyballDoppel trennen sich nach wenigen Jahren. Wieso hält ausgerechnet diese Sportehe weit über die Phase der ersten Verliebtheit hinaus – und wird mit den Jahren sogar noch besser und besser? „Total offene Kommunikation“ sei die Basis, auch wenn das manchmal schwerfällt, sagt Moritz. „Während des Challenge-Turniers von Doha im Mai etwa, da hatte Martin eine private Sache zu klären. Also haben wir bis spät in die Nacht darüber geredet, obwohl wir früh aufstehen und spielen mussten. Das tut dann uns beiden gut. Wir reden über Privates genauso offen wie über Berufliches, und nur, weil wir alles direkt ansprechen, können wir die Probleme auch rasch lösen.“

Total am Sand

Empathie – das ist der zweite Beziehungstipp der beiden: die andere Hälfte des Winning Teams verstehen, sich in sie hineindenken, was nicht immer einfach ist. Denn dafür braucht es Toleranz und die Bereitschaft, sich selbst zurückzunehmen. Wie damals, Ende 2019, als Martin nach spielerischen Erfolgen in ein tiefes Loch gefallen war. Diagnose: Burnout. „Nichts ging mehr“, sagt er. „Allein beim Gedanken an Beachvolleyball bekam ich Angst. Ich hatte mir zu viel Druck gemacht, sah das große Ziel nicht und war planlos. Die Vision fehlte mir völlig!“ Und dann kam auch noch Corona.

Die Zwangspause setzte Martin so wie vielen anderen Sportlern zu. Es folgten Verletzungen und ein traumatisierender Autounfall. „Ich habe mich in Martin hineinversetzt und konnte total nachvollziehen, wie er sich fühlte. Ich gab ihm einfach Zeit. Zeit für sich und Zeit zum Zurückzukommen“, sagt Moritz. Martin nutzte sie, fuhr in die Tiroler Berge und holte sich Unterstützung bei seiner Familie und Sportpsychologen. Trotz alldem hatte Moritz niemals an einem Comeback des Duos gezweifelt.

Der große Traum

Das liegt vor allem daran, dass die beiden schon vor Jahren spürten, dass es, wie man so sagt, passt: Also haben sie eine klare Entscheidung füreinander getroffen, eine Partnerschaft, die seither nicht mehr in Frage gestellt werden muss – und soll. Das ist, wenn man so will, Beziehungstipp Nummer drei: Martin Ermacora und Moritz Pristauz gehen ihren sportlichen Weg bedingungslos gemeinsam. Punkt. Aus. „Es klappt nur gemeinsam oder gar nicht!“ Rechtzeitig vor dem großen „Heimspiel“ am Wiener Heumarkt läuft es für die beiden wieder richtig rund. Sie konnten in den vergangenen Monaten immer wieder bei internationalen Bewerben punkten. Ihr ganz großes Ziel: die Teilnahme an Olympia 2024. „Wir haben noch irre viel Potenzial! Gemeinsam können wir die Nummer eins der Welt werden“, sagt Martin. Und Moritz? Der wird im Spätsommer zum ersten Mal Vater. Ein Mann, zwei Sandkisten. Und eine späte Gewissheit: Ostrava ist nicht die Hauptstadt von Polen. Der BeachVolley Nations Cup findet von 2. bis 7. August am Wiener Heumarkt statt. Info: beachvolleyball.at. Pristauz und Ermacora auf Instagram: @bvtep

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„Erfolg klappt gemeinsam oder gar nicht.“ Die Beach-Profis Martin Ermacora (li.), 28, und Moritz Pristauz, 26, über Teamwork

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Film

war ein Partygirl, bestaunt, begehrt, aber fremdgesteuert. Nun führt die Schauspielerin in ihrem Leben nur noch selbst Regie. Ihre Kraftquelle? Das winzige Wörtchen „Nein“. Interview RÜDIGER STURM

Sienna Miller, das glamouröse Partygirl? Diese Zeiten sind vorbei. Längst ist die Britin dank Filmen wie „American Sniper“ oder „Die versunkene Stadt Z“ als ernstzunehmende Schauspielerin etabliert. Zuletzt stand sie im Zentrum des NetflixPolit-Thrillers „Anatomie eines Skandals“. Mit ihren 40 Jahren hat sich Miller nun von ihrem eigenen Klischee befreit – und ihre Persönlichkeit ganz bewusst weiterentwickelt. Im Gespräch erklärt sie, wie sie sich von überkommenen Denkmustern befreite. Und wie sie ihre neunjährige Tochter zu einer starken, unabhängigen Frau erzieht.   : Sie haben sich in der Filmbranche durchgesetzt – was man derzeit auch an der Hauptrolle im Netflix-Mehrteiler „Anatomie eines Skandals“ sehen kann. Was war für den Karrieresprung entscheidend?  : Ich habe mich nicht mehr auf bestimmte Rollen fixieren lassen und mir die richtigen Regisseure gesucht. Und es war auch ganz wichtig, dass ich niemandem mehr einem Gefallen tun wollte. Früher habe ich bestimmte Dinge, zum Beispiel ein geringeres Gehalt als Männer, noch akzeptiert, auch wenn es sich falsch anfühlte – nur weil ich dankbar war, einen Job zu bekommen. Und das tue ich nicht mehr. Ich will es niemandem mehr recht machen und sage auch einmal ganz einfach Nein.

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Was hat dafür den Ausschlag gegeben? Die Solidarität unter uns Frauen, die ich seit ein paar Jahren viel stärker spüre. Wenn ich mich gegen etwas auflehne, dann habe ich die Unterstützung einer ganzen Armee von Geschlechtsgenossinnen. Außerdem habe ich in meinem Alter ein besseres Verständnis dafür, wer ich wirklich bin. Ich bin ein neugieriger Mensch, ich will glücklich sein. Und dieses Wissen um meine Prioritäten gibt mir inneren Frieden und Stärke. Was waren die Hemmschwellen, die Sie auf dem Weg zu sich überwinden mussten? Ich komme noch aus einer Generation, in der Frauen viel mehr Ungerechtigkeiten oder anzügliches Verhalten von Männern hingenommen haben. Das war eben einfacher, als zu protestieren. Abgesehen davon ging ich auf eine konservative Schule, die kein progressives Denken zuließ. Man wurde da regelrecht zu einem reaktionären Menschen erzogen. Wie haben Sie das alles abgelegt? Das war ein langer Prozess. Aber ganz wichtig war es, dass ich diese Schulwelt verließ und in die Kulturbranche einstieg. Die Leute dort waren viel aufgeschlossener, was meinen Horizont stark erweitert hat. Ich begann auf einmal, die ganze Gesellschaft infrage zu stellen. Ich rebellierte, und mein Pendel schwang von der konservativen in die entgegengesetzte Richtung: Heute bin ich eine begeisterte Linke!

Nachdem Sie nun selbst dieses Bewusstsein erlangt haben – was tun Sie weiter für Ihre persönliche Entwicklung? Je älter ich werde, desto wichtiger ist es für mich, meinen Intellekt zu kultivieren. Ich interessiere mich sehr für Psychologie und Philosophie – zwei Fächer, die wir leider nicht an der Schule hatten. Deshalb habe ich schon Einführungskurse zu diesen Themen besucht. Wann immer ich eine Bildungslücke bei mir entdecke, versuche ich, sie zu schließen. Abgesehen davon möchte ich mich auch beruflich weiterentwickeln. Ich würde gerne Regie führen. Früher hatte ich noch Bedenken, das öffentlich einzugestehen. Grundsätzlich will ich mich stärker in die kreative Arbeit an Filmen einklinken – etwa auch in die Produktion. Doch streng genommen möchte ich keine langfristigen Pläne schmieden. Warum nicht? Weil ich in der Gegenwart lebe. Instagram: @siennathing, aktuell auf Netflix: „Anatomie eines Skandals“

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SHAYAN ASGHARNIA/AUGUST/PICTUREDESK.COM

Sienna Miller

Sie haben eine neunjährige Tochter namens Marlowe. Wie sorgen Sie dafür, dass sie nicht in dieselben Denkmuster verfällt wie Sie als Teenager? Die Voraussetzungen haben sich geändert, zum Glück gibt es in der Gesellschaft einen Paradigmenwechsel. Ich habe aber auch selbst dafür gesorgt, dass Marlowe progressives Denken lernt. Deshalb habe ich sie in eine Schule gesteckt, wo Fragen von Ethik und politischer Verantwortung diskutiert werden. Wir waren auch schon gemeinsam auf Demonstrationen für Frauenrechte. Daher hat sie ein ganz anderes Bewusstsein als ich in dem Alter, sie will es niemandem recht machen. Darauf bin ich stolz.


„Meine Tochter ist neun – gemeinsam demonstrieren wir für Frauenrechte.“ Sienna Miller, 40, über ihren Alltag als ganz normale Mutter

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Metallkunst

Martin Rehrl hat sich gegen alle Widerstände für die Kunst entschieden. Der 24-jährige Salzburger Maschinenbauer schweißt riesige Stahlskulpturen – um die Welt ein wenig besser zu machen. Text LARA RITTER

Foto PHILIPP HORAK

Martin Rehrl sitzt mit weißem Hemd und geordnetem Bürstenhaarschnitt in einem Glaskubus und grinst in die Computerkamera. Extrem stressig war es heute, sagt er – rechtzeitig vor den Bildschirm geschafft hat er es trotzdem. Er ist aus dem Salzburger Waldbad Anif herbeigeeilt, wo eine Skulptur für seine kommende Unterwasserausstellung „Aquaria“ probehalber versenkt wurde. Dabei blieb der Lkw, der die Figur in den Badesee befördern sollte, stecken. Die Bilanz – ein beschädigtes Fahrzeug und eine Skulptur auf dem Trockenen – hat Rehrl aber nicht seine gute Laune verdorben. Im Gegenteil: „Jeden interessiert das Schlechte. Aber wenn man positiv gestimmt durchs Leben geht, kann man mehr erreichen.“ Mit „man“ meint Martin wohl auch sich selbst, denn durch seinen Optimismus hat er schon viele Hürden überwunden.

Hirsch & Hirscher

Angefangen hat alles mit einer Hirschkopfskulptur für Marcel Hirscher. Mit neunzehn fertigte Martin die Metallskulptur, packte sie ins Auto und fuhr nach Annaberg. Die Idee: den Bürgermeister davon zu überzeugen, sie Hirscher zu dessen sechstem Sieg im Gesamtweltcup zu schenken. Der Plan ging auf, der Hirschkopf landete in den Händen von Österreichs bekanntestem Skisportler, und der Medienrummel bei der Geschenkübergabe zog erste

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Auftraggeber an. In der HTL konnte Martin mit seiner Kunst aber nicht überzeugen, denn die „im Hof kiffenden Mediendesign-Kollegen“ waren für seine Maschinenbau-Professoren der Beweis für die Zukunftslosigkeit des Künstlerberufs, so Martin. Auch seine Schulkollegen rieten ihm, keine Zeit zu verschwenden. Aber der Gedanke, Skulpturen für die Ewigkeit zu schaffen, bannte ihn. „Dass ich meine Gefühle in Form von Skulpturen darstellen kann, die es in tausend Jahren noch geben wird, fasziniert mich“, sagt er.

Rammstein & Mozart

„Es gibt mir viel, wenn meine Kunst Menschen bewegt und sie glücklicher macht.“ Dabei ist Kunst für Martin nicht nur das Endprodukt in Form einer Skulptur, sondern auch eine Linse, durch die er sein Leben anders betrachtet. „Jede Person, die ich kennenlerne, und jede Erfahrung, die ich sammle, fließt in meine Werke ein“, sagt er. „Der Alltag gehört zum Künstlerischen dazu.“ In der Werkstatt taucht Martin dann aus dem Alltag in eine Art „FlowZustand“ ab, begleitet von einem Soundtrack, der von Rammstein bis Mozart fast alles beinhaltet. Leiten lässt er sich nicht von einer fixen Idee, sondern von Impulsen, wobei er instinktiv in die Höhe ging und immer monumentalere Skulpturen gestaltete. Auch die Aufträge wurden größer, als er sich nach seinem Abschluss selbständig machte und die Arbeitsstätte vom Keller der Eltern in ein Atelier im Salzburger Golling verlagerte. Innerhalb von

zwei Monaten fertigte er dort für einen Kunden aus Oberösterreich einen lebensgroßen Stahllöwen an, heute arbeitet er unter anderem im Auftrag von Prominenz wie Motocross-Ass Matthias Walkner.

Hände & Hoffnung

Mitte Juni hat Martin mit seiner neun Meter riesigen Skulptur „Unitatis“ eine Reise nach Luxemburg angetreten, in den kommenden zehn Jahren soll sie jährlich in einer neuen Stadt gezeigt werden. Das Werk in Form zweier einander umfassender Hände gestaltete er anlässlich der Corona-Pandemie als Zeichen des Zusammenhalts. „Egal in welcher Krise, zusammen ist mehr möglich“, sagt er, „das wollte ich auf die einfachste Art und Weise darstellen.“ In den Bau steckte er monatelang unermüdlichen Arbeitseifer, machte sogar mit einer Augenverletzung weiter. „Da habe ich gemerkt, das ist meine Bestimmung“, sagt er. „Ich könnte mich sonst in nichts so reinhängen.“ Und das, obwohl ein Salzburger Kunstbeirat ihm empfahl, „die Skulptur wieder einzuschmelzen“, und verhinderte, dass sie in der Stadt aufgestellt werde. Aber dank dem engagierten Einsatz von Freunden, Bekannten und Unterstützern fand „Unitatis“ einen Platz vor dem Salzburger ORF-Zentrum. So wird Martins Botschaft nun doch verbreitet, durch den Zusammenhalt, den er selbst erlebt hat. „Freunde sagen mir, dass ich mich durch das Projekt extrem verändert habe. Ich schaue anders auf vieles und schätze andere Leute mehr als früher.“ Und so wurde der Positivist vom Dienst schon sehr bald belohnt: Schon beim zweiten Anlauf klappte die Versenkung seiner Skulptur im Badeteich von Anif. Instagram: rehrl_metallart Die Vernissage zu „Aquaria“ findet am 14. Juli um 18:30 Uhr im Waldbad Anif statt, die Ausstellung dauert bis Ende August.

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„Eine Skulptur kann Gefühle für tausend Jahre erhalten. Das fasziniert mich.“ Martin Rehrl, 24, über seinen Antrieb jenseits von Maschinenbau

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Musik

The Kater of Pop Sänger, Bassist, zweifacher Grammy-Gewinner, einflussreicher Musikproduzent: Stephen Lee Bruner, besser bekannt als THUNDERCAT, tourt aktuell durch Europa. Mit uns spricht er über seine Traumkarriere und über tiefe Trauer. Und verrät, wie ihm ein Album und eine Brille das Glück zurückbrachten. Text WILL LAVIN

Fotos WOLFGANG ZAC

Wild und edel: Thundercat, 37, ist berühmt für seinen exzentrischen Modegeschmack. Die Outfits für dieses Shooting hat er in seiner Garderobe gefunden. Hier trägt er eine Louis-Vuitton-Cyclone-Sonnenbrille von Virgil Abloh und einen Pullover von Pendleton. Hose und Schuhe sind von Adidas.

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Musik

„Lachen zu können ist eines der besten Gefühle überhaupt.“

N

ur wenn er lacht, dann schnurrt er: „Lachen zu können ist eines der besten Gefühle überhaupt – viel wichtiger noch als die Musik.“ Eine durchaus überraschende Gewichtung für einen Bass-Maestro, Funk-Virtuosen und stilprägenden Produzenten wie Stephen Lee Bruner, besser bekannt als Thundercat. Dieser Kater des Donners, der sich bereits zwei Grammys gekrallt hat, stammt ursprünglich aus Los Angeles. Sein Sound oszilliert zwischen Jazz Funk und Fusion, Electronic, Rhythm and Blues, Psychedelic und noch viel dunkleren Genres. Seine Persönlichkeit pendelt zwischen Kreativität und Chaos; Haute Couture etwa kombiniert er ganz zwanglos mit einem Pokémon-Rucksack. Einer wie er zeigt eben doch recht gerne, was er so hat. Und zwar alles: unvergessen seine einstündige Jamsession mit dem Indie-Rocker Mac DeMarco – komplett nackt. Auch im Interview lässt er bereitwillig die Hosen runter. „Ich habe eine mentale Achterbahnfahrt hinter mir. Ach, waren das Zeiten, als ich noch allein mit Austin Peralta herumdilettiert habe: Es gab nur uns, sein Keyboard und meinen Bass.“ So manches hat sich in Bruners Leben verändert, seit er mit seinem Freund, dem Jazzpianisten und Komponisten Austin Peralta, noch selbst die Instrumente zum Gig schleppte. Peralta starb 2012 an einer Lungenentzündung, Thundercats Album „Apocalypse“ aus dem Jahr 2013 ist ihm gewidmet. Doch irgendwie ist der Kater of Pop auch der Alte geblieben: Noch immer knotzt er lieber für einen 42

Trickfilm-Marathon auf der Couch, als auf Hollywoods schärfste Showbiz-Partys zu gehen. „Ich bin ein großer Anime-Nerd“, bekennt Bruner seine Leidenschaft für japanische Animationsfilmchen. „Das war schon immer so. Allerdings kann ich mir heute all die Dinge auch leisten, mit denen ich mich leidenschaftlich gerne beschäftige. Ich muss echt aufpassen, dass ich nicht mein ganzes Geld für Animes rausschmeiße.“ Der zurückhaltende Zugang zum Promi-Leben findet sich auch in Bruners Bedingungen für unseren Fototermin wieder: Weder verlangte er teuren Champagner noch farblich getrennte M&M’s, nur ein Schüsselchen Heidelbeeren. Ach, wären nur alle Rockstars so – rrrrrrrrrr.

Eine schrecklich musikalische Familie

Angesichts der schrillen Outfits, manchmal komplettiert durch Katzenohr-Stirnbänder, vergisst man leicht, dass man mit Bruner einen der gefragtesten Instrumentalmusiker und Produzenten vor sich hat. Nach seinen bisher vier Alben verfügt Thundercat über einen Kundenstock, der sich liest wie das Who’s who der Popmusik: Snoop Dogg, Ariana Grande, Childish Gambino, um nur eine Handvoll zu nennen. Bruner – und das ist nicht übertrieben – wurde geboren, um Musiker zu werden: Schon sein Vater Ronald senior spielte als Drummer mit Größen wie The Temptations, Gladys Knight oder Diana Ross & The Supremes, seine Mutter Pamela ist Flötistin und Perkussionistin. Der ältere Bruder Ronald junior ist ebenfalls Drummer geworden und gewann mit The Stanley Clarke Band im Jahre 2011 einen THE RED BULLETIN


Grüne Phase: Thundercat mit einer Haube von Bricks & Wood, besetzt mit Gucci-Broschen, Shades von Alpina – und dazu noch eine Mutsu-Jacke von Prospective Flow


„Ich muss echt aufpassen, dass ich nicht mein ganzes Geld für Animes ausgebe.“ Thundercat mit einem Dragon-Ball-ZT-Shirt, Shades von Christian Roth und Armbändern von IF & Co

Grammy für das beste zeitgenössische Jazz-Album. Einen jüngeren Bruder gibt es auch noch: Jameel spielte früher Keyboard und ist heute als Solokünstler unter dem Namen Kintaro tätig. Stephen Lee, damals noch verspieltes Schmusekätzchen, muss etwa vier gewesen sein, als er zum ersten Mal eine Bassgitarre in die Pfötchen bekam. Seine ersten Übungen: der Soundtrack zur Actionkomödie „Turtles II – Das Geheimnis des Ooze“, den er zupfend begleitete. Die Begeisterung für Cartoons und Animes sollte auch zu seinem Künstlernamen führen. Er verweist auf die „ThunderCats“, eine beliebte US-Zeichentrickserie aus den Achtzigern, mit kriegerischen Katzenmenschen als Protagonisten. Bereits Anfang der Nullerjahre tourte Bruner 44

mit der Multikulti-Popgruppe No Curfew um die Welt. 2002 trat er der Thrash-Metal-Band Suicidal Tendencies bei, deren Drummer damals sein Bruder Ronald junior war. Danach wurde Bruner freiberuflicher Bassist und wummerte sich durch die Szene von L. A. – gemeinsam mit seinem Kindheitsfreund, dem Jazztalent Kamasi Washington, der die beiden in seinem rostigen 82er-Ford-Mustang von einem Auftritt zum nächsten kutschierte. Bruner sagt über Washington: „Wenn wir zusammenkommen, werden wir noch heute zu großen Kindern.“ Eine Zufallsbegegnung mit dem Rapper und Produzenten Steven Ellison aus Los Angeles, besser bekannt als Flying Lotus, katapultierte Bruners Musik Ende der Nullerjahre auf die nächste Stufe. Ellison THE RED BULLETIN


Musik

nahm Thundercat für sein unabhängiges Plattenlabel Brainfeeder unter Vertrag. Hier ist seither jedes seiner Alben erschienen. Dabei ist Ellison für Bruner weit mehr als nur ein Label-Boss. Die zwei Produzenten bilden eine musikalische Symbiose. „Wir sind wie Batman und Robin“, erklärt Bruner. „Ich fliege durch die Gegend und sorge für den abgefahrenen Shit, er operiert im Schatten.“ Auch als er Bruner ermutigte, selbst mit dem Singen zu beginnen. „Er hat da etwas in mir gesehen, was ich nicht gesehen habe“, sagt der Kater und schnurrt wieder ein wenig.

Die Tragödie hinter dem Glam

Fame, Geld, Charity und eine lange Liste an Musikikonen als Freunde: Von außen wirkt es, als hätte sich Bruners Leben von Jahr zu Jahr nur verbessert. Dabei herrschte immer auch wieder bedrohliche Katerstimmung. Neben einem Album-Release mitten in der Pandemie und dem Ende einer langjährigen

Snoop Dogg, Childish Gambino, Ariana Grande: Alle wollen mit Thundercat arbeiten. Beziehung hatte Bruner den Verlust seines besten Freundes zu verkraften: Im September 2018 war Mac Miller, Produzent und Rapper aus Pittsburgh, an einer Überdosis an Medikamenten verstorben. Die beiden verband nicht nur eine unerschütterliche Freundschaft, sondern auch die Arbeit. Ihr denkwürdigster Doppelpack war ein Auftritt in der Serie „Tiny Desk Concerts“ des US National Public Radio, die nur einen Monat vor Millers Tod aufgezeichnet wurde. Die Geschichte rund um diese Session ist heute Legende: Bruner war gerade auf Europatournee, als er eine Nachricht von Miller mit der Bitte erhielt, doch mal rasch über den Atlantik zu sausen, um dort mit ihm aufzuspielen. So musste Bruner nicht nur mehrere Shows absagen, sondern auch aus Osteuropa nach Washington, D. C., fliegen, und das für einen 17-minütigen Auftritt. Irgendwie abgehoben – aber er tat es. „Mac wollte sich vor all den Leuten sicher fühlen“, erzählt Bruner. „Er brauchte mich an seiner Seite – das war ein besonderer Moment.“ Und dann: „Ich habe nie eine Chance ausgelassen, Miller zu sagen, dass ich ihn liebe. Weil es auch wirklich so war.“ So magisch der Auftritt auch war, so schwer fällt es Bruner, ihn nochmals anzuschauen. Dabei befällt ihn nämlich so eine Art dankbarer Melancholie: „Wenn ich Fotos oder Ausschnitte davon sehe, dann macht mich das glücklich. Ein Fan hat sich ein Tattoo stechen lassen, das Mac zeigt, wie er sagt: ‚Thundercat on the shaker!‘ So etwas bringt mich dann zum Schmunzeln. Das Konzert ist für mich wie mein ganz persönliches Fotoalbum. Es ist dieser eine gemeinsame Moment mit meinem Freund, den die ganze Welt sehen durfte.“

Ein Album wie ein Liebesbrief

Gut gepanzert: Rucksack und T-Shirt sind hier maßgefertigt, die Brille stammt von Christian Roth und die Uhr von Rolex, die Armbänder kommen von IF & Co. und die Broschen von Gucci. THE RED BULLETIN

In seinem Thundercat-Album „It Is What It Is“ konnte Bruner 2020 die Trauer über Mac Millers Tod künstlerisch verarbeiten. Die Space-Age-Fusion aus Jazz, Funk, Hiphop und Pop, produziert in Zusammenarbeit mit Flying Lotus, ist ein „Liebesbrief mit offenem Ende“ an seinen Freund. „Jedes Album ist eine intensive, schmerzhafte Erfahrung“, sagt Bruner. „Aber dieses hat mein Leben verändert.“ „Es ist, was es ist“: Der Titel des Albums drückt die Akzeptanz des Todes als unvermeidliche Realität aus. Nebenbei ist er eine Anspielung auf Miller selbst, der ebendiesen Satz in seiner Nummer „What’s the Use?“ 45


Zum Niederlegen: Thundercat trägt eine Louis-Vuitton-Cyclone-Sonnenbrille und einen Pullover von Pendleton. Das Biest auf dem grellblauen Samtpolster kümmert den Kater nicht.

„Flasche oder nicht Flasche, das war hier die Frage. Da drückte ich den Reset-Knopf.“ 46

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Musik

„Manchmal braucht es ein Drake-Album, um zu spüren, dass man nicht allein ist.“ verwendete. Auf dem Bass ist Bruner zu hören. Im Titelsong von „It Is What It Is“ singt Bruner: „Hey, Mac“, worauf zur Antwort Millers Stimme mit einem einsamen „Woah“ zu hören ist. „Mehr Text hatte er nicht“, erinnert sich Bruner. „Doch ich konnte den Song lange nicht hören, ohne danach am Ende zu sein. Aber es war eben, was es war, bis zur letzten Minute des Abschieds von Mac.“

Boxen als Überlebenskampf

Die Entwicklung des neuen Albums verlangte Bruner einiges ab. Er verfiel in eine Depression, konnte nicht essen und schlafen und ertränkte seinen Schmerz in Alkohol. Sich zum Trost der Musik zuzuwenden, jener Sache, die ihn mit Mac verband, fiel ihm nicht leicht. „Wie ich in dieser Phase Musik produzieren konnte? Keine Ahnung.“ Vor allem musste er sich eingestehen, dass seine eigene Lebensführung nicht ideal war. „Ich habe mich jahrelang mit Alkohol getröstet“, sagt er, „und alle Bedenken weggewischt – in einem Ausmaß, das die Leute erschreckt hat. Mehrere Freunde sind am Alkohol zugrunde gegangen, und das direkt vor meinen Augen, erst zuletzt Austin Peralta. Und auch ich hatte das Gefühl, ich würde sterben, wenn ich noch einmal darüber hinweggehe. Also musste ich das endlich ernst nehmen und den Reset-Knopf drücken.“ Nach dieser entscheidenden Erkenntnis konzentrierte sich Bruner auf den Neubeginn. Zunächst hörte er auf zu trinken. „Es gab nur zwei Möglichkeiten: Flasche oder nicht Flasche“, erzählt er. „Und irgendwie wirkte es, als wäre diese Entscheidung längst für mich getroffen worden.“ Außerdem begann er sich vegan zu ernähren und begab sich in Therapie. Als die ganze Welt schließlich von der Pandemie zum Rückzug gezwungen war, kamen Boxen und Kickboxen hinzu. „Ich habe mich früher nie groß sportlich betätigt. Das ist das erste Mal, dass ich etwas ernsthaft betreibe, abgesehen vom Zeichnen und Bassspielen.“ Noch etwas half: Bruner hörte intensiv das aktuelle Album von Drake, „Certified Lover Boy“. Als es im September 2021 herauskam, tweetete Bruner: „Manchmal braucht man ein Drake-Album, um sich wieder konzentrieren zu können.“ Der Star aus Toronto muss oft Kritik von Hip-Hop-Fans einstecken, denen sein emotionaler Selbstbeobachtungs-Rap „zu soft“ ist, Bruner erkennt eine Gemeinsamkeit THE RED BULLETIN

mit sich selbst – in der Verletzlichkeit. „Drake erinnert einen immer daran, dass man nicht allein ist“, sagt er. „Die meisten Typen bringen ein Album heraus, und man weiß, was man erwarten kann: PartyParty im Club. Drake dagegen legt Herz und Seele in seine Musik, und das hört man. Deshalb machen sich die Leute über ihn lustig.“ Jedenfalls erwies sich „Certified Lover Boy“ als die richtige Motivation für Bruner, um wieder Sinn im Leben zu finden. „Das Album hat mich aus meinem Dauertrauma befreit“, sagt er. Seit drei Jahren ist Bruner nun trocken. Wieder ganz Kater. Nur Milch, kein White Russian.

Die Shades der Erkenntnis

Wenige Tage vor dem Interview mit The Red Bulletin hat Silk Sonic, die Funk-Supergroup mit Bruno Mars und Anderson Paak, ihr Debütalbum „An Evening with Silk Sonic“ veröffentlicht, einschließlich einer Arbeit mit Thundercat. Dessen samtig-seidenen Bass-Licks und fast schnulzigen Vocals untermalen die liebestrunkene Ballade „After Last Night“. Mit Mars hat Bruner hier erstmals zusammengearbeitet, mit Paak hingegen schon öfter – ihn lernte er vor mehr als zehn Jahren kennen, als die beiden noch zusammen in der Begleitband des Progressive-NeoFunk-Trios The Sa-Ra Creative Partners spielten. „Ein Kreis hat sich geschlossen“, sagt Bruner über die Arbeit mit William „Bootsy“ Collins, den innovativen Silk-Sonic-Bassisten, der in den Siebzigern neben James Brown und George Clinton Berühmtheit erlangte. Bruner berichtet von einer Session mit Silk Sonic, bei der er Collins’ legendäre „Bootzilla“Brille in die Hand nehmen durfte. Das strassbesetzte Accessoire mit Sternenmuster ist auch auf dem Cover des Albums „Bootsy? Player of the Year“ von Bootsy’s Rubber Band zu sehen. „Die Shades sind nicht nur Kult, weil sie Bootsy gehören“, sagt Bruner, „sondern wegen ihres ganzen Ursprungs und ihrer künstlerischen Bedeutung. Dass ich das Original halten durfte, war richtig wohltuend. Es hat mich dazu inspiriert, mehr ich selbst zu sein und auch dazu zu stehen.“ Ein Kater hat sieben Leben, heißt es. Mit 37 hat Bruner genug erlebt, um diese Quote zu erfüllen, und mehr Seelenverwandte verloren, als die meisten Menschen je finden. Außerdem hat er beruflich mehr erreicht, als sich die meisten Künstler erträumen. Aber noch ist Thundercat nicht bereit, sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen oder sich der Arroganz der Superstars hinzugeben – nicht nach allem, was er in den letzten Jahren durchmachen musste. „Ich lerne immer wieder Neues über mich und befinde mich weiterhin auf dem Weg der Besserung“, sagt Thundercat. Und lächelt halblaut. Schwingt da wieder ein leises Schnurren mit? Mehr Infos: theamazingthundercat.com Instagram: @thundercatmusic

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Afsanas große Reise Sie ist die beste afghanische Radrennfahrerin, die es bisher gab. In ihrem Geburtsland wurde AFSANA NAWROZI, 18, bedroht, jetzt schöpft sie in den USA neue Kraft für die Frauen in ihrer Heimat. Text JAMES STOUT

Fotos JASON PERRY


Rad-Challenge

„Ich sage mir immer wieder: ‚Afsana, du bist stark‘“, so Nawrozi, die im Jänner in der Nähe von Sedona, Arizona, fotografiert wurde.

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Rad-Challenge

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Neue Welt: Afsana kennt die Trails in Sedona nach wenigen Monaten in- und auswendig.

edona liegt im US-Bundesstaat Arizona. Das muss man nicht wissen, aber man kann. Wenn man sich fürs Mountainbiken interessiert, dann weiß man das sogar ziemlich sicher: Das 10.000-EinwohnerNest am Fuß des Colorado-Plateaus, eine Autostunde nördlich von Flagstaff, ist für Mountainbiker so etwas wie der Arlberg für Skifahrer, man muss einmal hier gewesen sein und sich einmal über die Trails runtergeworfen haben. In der Regel haben einen die Trails dann nämlich auch mindestens einmal abgeworfen. Afsana Nawrozi kam im Oktober 2021 nach Sedona. Sie hat sich mehr blaue Flecken geholt als die meisten anderen, so viele, bis keine neuen mehr dazukamen, weil sie alle Trails so gut beherrschte, dass sie Berg und Pisten einfach nicht mehr abwerfen konnten. Und das ist gar nicht das Verwunderlichste an dieser Geschichte: Afsana Nawrozi ist erst 18 Jahre alt. Sie ist eigentlich Straßen-Radrennfahrerin. Und aus Afghanistan. Jetzt steht sie in den Red Rocks von Sedona, lehnt sich an ihr Mountainbike und sagt: „Zu Beginn bin ich dort ständig gestürzt. Jetzt verstehe ich gar nicht mehr, was ich so schwierig fand. Läuft doch ganz entspannt!“ Es ist gerade sehr viel entspannt im Leben von Afsana, dementsprechend locker führt sie uns über ihren HighschoolCampus in Sedona, und doch wird immer wieder klar, dass diese Lockerheit und die Entspannung hart erkämpft sind.

Sie erzählt von der Frauenfeindlichkeit, mit der sie in ihrem Geburtsland zu kämpfen hatte, von den Widerständen, die sie als weibliche Sportlerin zu überwinden hatte. Irgendwann deutet sie auf die Narbe auf ihrer Schulter. Sie stammt von einer Schlüsselbein-Operation, der sie sich nach einem Zusammenstoß mit einem Auto unterziehen musste, und sie sagt, dass sie keine Sekunde glaubt, dass das ein zufälliger Unfall war. Als Radfahrerin gehörten Belästigungen und Anfeindungen zu ihrem Alltag in Afghanistan, jede Ausfahrt fühlte sich wie eine Mutprobe an. Afsana erzählt, dass sie einmal in Bamyan an einem nationalen Rennen teilnehmen wollte. Nach einer Trainingseinheit lauerte ihr dort eine Gruppe Männer auf, die sie mit Steinen und Schlamm bewarfen. Bamyan ist nämlich nicht nur die Radsport-Hauptstadt Afghanistans, sondern eben auch eines der Zentren der Taliban, und in deren Köpfen ist die Vorstellung, dass Frauen auf Rädern um die Wette fahren dürfen, nicht so normal wie in der restlichen Welt. „Ich hatte furchtbare Angst und weinte“, sagt Afsana Nawrozi heute. „Aber am nächsten Tag nahm ich am Rennen teil. Ich sage mir einfach immer: ‚Afsana, du bist stark.‘“ Die Männer, die sie damals mit Steinen beworfen hatten, weil sie sich als Mädchen erdreistet hatte, Fahrrad zu fahren, waren Taliban. Die ultrakonservative politische Kraft kontrolliert Afghanistan seit dem Jahr 2021 wieder – ihr Heimatland, das sie sehr vermisst, in dem ihre

In Afghanistan bewarfen sie Männer mit Steinen, weil sie als Mädchen Fahrrad fuhr. 51


Rad-Challenge

Eltern, ihre sechs Geschwister und ihre Freunde leben, aber in das sie nicht zurückkann. Eine Rückkehr wäre zu gefährlich für sie. Und ihre Radkarriere wäre mit einem Schlag zu Ende. Und wohl nicht nur die, sondern jede Form von Zukunftsaussicht, die man als selbstbestimmte Frau haben kann.

Ihr Motor: Ehrgeiz und Idealismus

Nawrozi ist selbstbestimmt, ohne jeden Zweifel. Ingenieurin möchte sie einmal werden, sagt sie, „oder Fahrradprofi“. Beides ist möglich, und auch für Zweiteres hat sie alle Voraussetzungen: Seit 2016 trainiert sie sehr zielstrebig, und sie gilt schon seit ihren ersten Rennen als außerordentlich talentiert. Nur kurz nachdem sie begonnen hatte, den Radsport wirklich ernst zu nehmen, belegte sie bei ihrem ersten Rennen den vierten Platz. Mit fünfzehn wurde sie Mitglied des afghanischen Rad-Nationalteams. Sie trainierte allen Taliban-Widrigkeiten zum Trotz im Trainingszentrum rund um Bamyan und stellte dort jede Menge Streckenrekorde auf. In Afghanistan war sie also nicht irgendwer, darum ist es also nicht ganz von der Hand zu weisen, dass ihr Zusammenstoß mit dem Auto 2019 vielleicht wirklich mehr als bloßer Zufall war. Hatte wirklich irgendein ultraorthodoxer Talib ein Exempel an der Radfahrerin statuieren wollen? Falls es böse Absicht war: Um ein Haar wäre diese auch erfolgreich gewesen. Denn auch wenn Afsana körperlich sehr rasch wieder fit war, bei dem Unfall ging ihr Fahrrad zu Bruch. Ein neues Bike konnte sich aber weder sie noch ihre Familie leisten. Die Karriere schien deshalb zu Ende, bevor sie außerhalb von Afghanistan noch richtig begonnen hatte. Dass Afsana heute auf dem Bike sitzt, liegt an Ahmad Farid Noori, dem Gründer der Non-Profit-Organisation MTB Afghanistan: Er erkannte ihr Potenzial und organisierte ein neues Rad. In ihrer neuen Heimat Arizona gibt es jede Menge Rennen, bei denen sie sich beweisen kann, besonders interessiert sie der Trend zum Long-Distance-GravelRacing. „Ich fahre nicht, um zu gewinnen. Ich fahre, um Biking für Frauen in Afghanistan zu etwas ganz Normalem zu machen!“, sagt sie. Es ist eine Mischung aus sportlichem Ehrgeiz und aktivistischem 52

„In Afghanistan ist man zuallererst Aktivistin, dann Bikerin.“ Idealismus, die sie antreibt. „In Afghanistan ist man zuallererst Aktivistin und dann erst Bikerin. Man muss für seine Leidenschaft einstehen und kämpfen!“ Wie steinig und manchmal verschlungen Nawrozis Lebensweg verläuft, zeigt auch ihre Reise nach Sedona. Vergangenen Sommer erhielt sie die Nachricht, dass sie in Arizona einen Schulplatz an ihrer Traumschule bekommt. Sie machte den ersten Flug ihres Lebens in die pakistanische Hauptstadt Islamabad, um sich ihr Visa für die USA abzuholen. Nach ein

paar Tagen hätte es wieder nach Kabul zurückgehen sollen, um sich für das folgende Schuljahr und dann für die Uni vorbereiten zu können. Doch es kam anders. „Als ich losgeflogen bin, war noch alles normal“, erzählt sie heute. Doch kaum war sie in Pakistan angekommen, änderte sich die Lage dramatisch. Die ganze Welt war Zeuge, als im August 2021 die Taliban innerhalb weniger Tage das Land überrannten. Auch Afsana bekam das Drama vor dem TV-Gerät bei ihrer Gastfamilie in Pakistan mit. Sie hatte Angst um ihre Heimat, um ihre Zukunft. Und obwohl ihr alle Angehörigen ausdrücklich sagten, sie solle in der Ferne bleiben, wollte sie eigentlich zurück zu ihrer Familie. Doch es ging nicht mehr, die Taliban schlossen nämlich die Grenze zu Pakistan. Afsana saß also mit einem

Neue Wege in Arizona: Afsana Nawrozi will dieses Jahr in den USA Straßen-, Mountainbike- und Gravelrennen bestreiten. THE RED BULLETIN


Optimistischer Blick nach vorn: Afsana Nawrozi hat sich wunderbar in ihrer neuen Heimat in Arizona eingelebt.

ablaufenden Visa in einem anderen Land fest. Der Rückweg nach Hause war versperrt, der nächste Schritt in die USA nicht möglich: Die US-Einreisebehörden waren mit der Flut der Visa-Anträge von Flüchtenden aus Afghanistan heillos überfordert. Zu dieser Zeit traten wir in Kontakt, wir schickten einander E-Mails, während Afsana in Pakistan festhing. Es kann ihr damals nicht gut gegangen sein, zu viel war damals komplett unsicher. Ich lernte Afsana dennoch als grundpositives Mädchen kennen. Als Mädchen, das wirklich jede Nachricht mit einem Smiley beendete. 90 Tage blieb Nawrozi in Islamabad. Sie verbrachte viel Zeit bei ihrer Gastfamilie, aber hin und wieder schlich sie sich raus, um laufen zu gehen. Sie nahm sogar an zwei Marathons teil. Die meiste Zeit jedoch verbrachte sie mit Warten: auf eine Rückmeldung der amerikanischen Botschaft, wie es um ihren Pass und ihr Visum stünde, und natürlich auch auf Nachrichten von ihrer Familie. Im Oktober hielt sie endlich das ersehnte Visum in der Hand. Ein paar Tage später war sie unterwegs nach Chicago und dann weiter nach Arizona, nach Sedona. THE RED BULLETIN

Neue Kultur, neues Schulsystem

War es richtig, nach Sedona zu gehen, obwohl ihre Familie in Afghanistan bleiben musste? Afsana denkt sehr viel darüber nach. Sie wurde ein paar Jahre nach dem Sturz der ersten Taliban-Diktatur geboren. Was es heißt, unter dem Regime der ultraorthodoxen Hardliner zu leben, weiß sie also nur aus Erzählungen, Erfahrung mit Diskriminierung hat sie aber trotzdem. Afsana und ihre Familie sind nämlich Hazara, ihre Religion ist zwar ebenfalls der Islam, sie bilden aber eine ethnische Minderheit in Afghanistan.

„Ich fahre, um Biking für Frauen in Afghanistan zu etwas ganz Normalem zu machen.“

Ihre Familie hatte es in Afghanistan immer schwer. Das hat sie geprägt und ihren Kampfgeist geweckt. Und den braucht sie auch heute. Die neuen Herausforderungen in Afsanas Leben haben nichts mit Diskriminierung, Verfolgung und Gewalt zu tun, schwierig sind sie aber trotzdem: Sie muss den Übergang in ein anderes Schulsystem schaffen, in eine andere Kultur, und sie muss akademische und sportliche Karriere in Balance halten. Zum Glück hat sie dabei Unterstützung: Die ehemalige Profi-Bikerin Starla Teddergreen und ihr Ehemann Gino Zahnd besorgten Afsana neue Räder, achteten auf sie und unterstützten sie bei der Eingewöhnungsphase. Sie mieteten sogar ein Ferienhaus nahe Sedona, um auf den Trails gemeinsam mit ihrem Schützling zu biken. Mittlerweile bekommt Afsana mehr Support, als sie sich erträumt hätte. Sie hat sich wunderbar in ihrer neuen Heimat eingelebt. Manche Dinge findet sie dennoch gewöhnungsbedürftig. Sie hatte nie ein eigenes Zimmer, deshalb ist es für sie manchmal unangenehm, ohne ihre Schwestern im selben Raum zu schlafen. Welche Rennen sie momentan anpeilt? „Zu viele!“, sagt sie und lacht. Sie hat jetzt so viele Straßen-, Mountainbikeund Gravel-Events zur Auswahl, dass sie gar nicht alle in ihre Ferien passen. Diese Vielseitigkeit hat vielleicht mit ihrem Idol zu tun, dem dreifachen Weltmeister Peter Sagan. Der ist berühmt für seine Sprints, seine technischen Skills, aber auch dafür, wie er auf seinem Straßenrad Treppen auf und ab fährt. Er ist auch berühmt für sein „Why so serious?“Tattoo und seine Fähigkeit, Überlegenheit und Lockerheit zu kombinieren. Er nimmt keinen Rückschlag zu ernst und lässt sich auch nicht vom Erfolg verändern. Das bewundert Afsana an ihm. „Baraka buri“ war eine der ersten Phrasen, die Afsana mir in ihrer Muttersprache Dari beibrachte. Das bedeutet so viel wie „Los geht’s!“ und scheint eine Art Lebensphilosophie für sie zu sein, aber auch ein Aufruf an junge Frauen, ihr Leben so zu leben, wie sie das möchten – gegen alle Hindernisse. Wo Nawrozis Reise hingeht, weiß sie noch nicht, aber das ist auch okay für sie. Denn egal wohin dieser Weg hinführt: Ihr Bike wird sie begleiten. 53


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Nie mehr Lampenfieber! B-Boy SAID gehört zu den besten Tänzern im deutschsprachigen Raum. Hier verrät er, wie er bei großen Battles cool bleibt – und was ein Wüstentrip damit zu tun hat. 00:18

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Schmuck tragen Auch ein Talisman kann einem die Nervosität nehmen und Selbstvertrauen schenken. Das kann alles sein, ein Stein, ein Kleidungsstück oder ein Schmuckstück. Ganz egal. Ich habe zum Beispiel einen Ring, den ich immer extra vor einer Battle anstecke. Ich kaufte ihn in Marokko, als ich 2018 eine Reise durch die Wüste unternahm. Damals dachte ich sehr viel über mein Leben nach und darüber, wie viel Arbeit ich in den Breakdance stecken möchte – und zu welchen Opfern ich für meine Karriere bereit bin. Wenn ich heute während eines Wettkampfes auf meine Hand gucke und den Ring sehe, kommen diese Emotionen wieder in mir hoch. Das gibt mir einen Extraschub an Kraft.

Das Zwerchfell pflegen

Den Leuten in die Augen schauen

Vor meinen Auftritten mache ich immer folgende Atemübung: Ich nehme eine bequeme und aufrechte Position ein, damit das Zwerchfell genügend Platz hat, dann atme ich ein paarmal tief in den Bauch. Warum ich das mache? Eine bewusste und tiefe Atmung reguliert den Herzschlag und beruhigt dadurch die Nerven. Denn unser Herzschlag ist mit dem Gehirn verbunden. Eine flache Atmung und ein damit verbundener schnellerer Herzschlag signalisieren dem Gehirn: Stress! Leider sind wir gewohnt, flach in die Lunge zu atmen. Deshalb braucht es ein bisschen Übung. Meinen Tanzschülern sage ich immer, sie sollen eine Hand auf die Brust und die andere auf den Bauch legen und dann tief und langsam durch die Nase einatmen – so, dass sich zuerst die Hand auf der Brust hebt und anschließend die zweite Hand auf dem Bauch.

Man hört oft den Ratschlag, man solle sich die Zuschauer nackt vorstellen oder sie einfach gleich komplett ausblenden. Angeblich würde das gegen 03:07 Lampenfieber helfen, weil man den Zuschauern ihre Bedrohlichkeit nimmt. Tatsächlich mache ich aber genau das Gegenteil: Ich guck mir bei meinen Auftritten das Publikum ganz genau an. Das beruhigt mich, weil ich in den Gesichtern der Menschen sehe: Noch bevor ich die Bühne überhaupt Die wollen mir überhaupt nichts betrete, juble ich bereits. Zumindest Böses. Niemand ist hier, um mich zu im Stillen. Denn im Geiste male ich verurteilen. Sie wollen mich sehen mir aus, wie ich gewinnen werde. Wie und mit mir feiern. ich dann die Hand in die Höhe strecke Außerdem habe ich immer meine und mich dabei fühle. Das motiviert Crew dabei. Wenn ich weiß, dass mich und schenkt mir zusätzlich Freunde im Publikum sitzen oder Selbstvertrauen. dass meine Mutter den Livestream Der Film vor meinem inneren Auge anguckt, fühle ich mich nicht allein. geht aber noch weiter: Ich male mir Ich weiß: Diese Menschen werden auch aus, welche Moves ich machen mich immer supporten, ganz egal werde, wie die Zuschauer reagieren wie ich abschneide. Und das gibt mir und auf welche Gegner ich treffen ein sicheres Gefühl.

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01:58

THE RED BULLETIN

PHILIPP LEDÉNYI, ROMINA AMATO/RED BULL CONTENT POOL

Sich selber zujubeln


03:42 könnte. Indem ich verschiedene Situationen im Vorfeld visualisiere, sind sie für mich nicht mehr ganz neu, wenn sie dann tatsächlich eintreten. Ich bin vorbereitet und deshalb anschließend auf der Bühne relaxter. Hilfreich ist es auch, wenn man sich vorher im Netz Videos und Fotos von den Räumlichkeiten angucken kann.

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Ein Mantra aufsagen

Die Stärken von Serhat Perhat alias B-Boy Said, 25: ein kreativer Tanzstil und innere Ruhe. Mehr Infos zu B-Boy Said auf Instagram unter: @said.sankofa

„Die Zuschauer einfach ausblenden? Ich mache genau das Gegenteil!“ Sagte B-Boy Said

Red Bull BC One Cypher Germany 2021: B-Boy Said siegte mit seiner Show.

THE RED BULLETIN

Wenn man Lampenfieber hat, fühlt man sich unwohl, klar. Aber eigentlich will man ja in genau dieser Situation stecken. Man will dem Publikum seine Tanzkünste zeigen oder seinen Song singen, auf der Bühne einen Preis entgegennehmen oder einen Vortrag halten. Zumindest in den meisten Fällen. Sonst wäre man ja nicht hier. Das mache ich mir bewusst, indem ich mir für jeden Auftritt einen Satz ausdenke, ein Mantra, das ich mir immer wieder vorsage. Eine Art positives Selbstgespräch, das mich motivieren soll. Ein Beispiel: Im April habe ich an der deutschen Breakdance-Meisterschaft teilgenommen. Ich hatte kurz davor zum zweiten Mal Covid gehabt und war körperlich noch nicht topfit. Also habe ich mir immer wieder gesagt: „Versteif dich nicht auf deine Moves und das Ergebnis, sondern genieß einfach die Musik und den Moment.“

05:00

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Drei Minuten Schach, drei Minuten Boxen. Matt oder K. o. entscheidet über den Sieg. Ist Schachboxen der ultimative Mix von Faust und Hirn? Unser Autor ist Schachmeister, aber absoluter Laie im Boxen. In Berlin stellt er sich seinem ersten Kampf. Text ANATOL VITOUCH

Fotos NORMAN KONRAD

PLATT STATT 56

THE RED BULLETIN


Drei Minuten hat Anatol (li.), um seinen Gegner Josef am Schachbrett zu besiegen. Sonst muss er für eine weitere Runde in den Ring steigen.

D ER R ED B U L L E TIN SELBST- V ERS U C H

MATT THE RED BULLETIN

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B

erlin-Mitte, Franz-Mett-Sporthalle, Freitagabend, 19 Uhr. Zwei bandagierte Fäuste, in jeder ein Bauer, einer weiß, einer schwarz. Ich deute auf die rechte, mein Gegenüber öffnet sie: Weiß. Die Farbwahl habe ich schon mal gewonnen. Noch ein Handshake, dann ziehe ich: 1. c2–c4. Nach einem Dutzend Zügen ist aus einer Englischen Eröffnung eine Stellung mit Raumvorteil für mich entstanden. Mein Gegner spielt gar nicht schlecht. Er entwickelt seine Figuren auf zentrale Felder, macht keine unnötigen Bauernzüge und bringt seinen König in Sicherheit. Dennoch weiß ich schon nach zwei Minuten, dass seine Stellung früher oder später zusammenbrechen wird. Im Zentrum dränge ich ihn schrittweise zurück, stoße am Königsflügel aggressiv meine Bauern vor und beordere meine Dame auf einen aussichtsreichen Posten auf der anderen Brettseite. Bedenkzeit brauche ich fast keine, zu natürlich sind meine Züge. Trotzdem schellt bald die Glocke: Die erste Schachrunde ist vorbei, noch bevor ich zur Attacke übergehen kann. Zwei Assistenten heben Brett und Schachuhr aus dem Ring. Mit zittrigen Fingern schiebe ich mir den Mundschutz unter die obere Gebissreihe und lege meine Boxhandschuhe an. Dass ich noch schnell die Brille abnehmen muss, fällt mir erst ein, als mein Gegner mir zum Rundenbeginn schon die Fäuste zum Abklatschen entgegenstreckt. Wieder der Gong. Ich beiße auf meinen Mundschutz. Bobby Fischer, steh mir bei! Was bitte ist ein Schachboxkampf? Diese Frage hat mir jeder gestellt, dem ich den Anlass für meine Reise verraten habe. Die Antwort ist einfach: drei Minuten Schach, drei Minuten Boxen, immer 58

HERAUSFORDERER Autor und Schachmeister Anatol Vitouch, 37, boxt das erste Mal.

„ICH BEISSE AUF MEINEN MUNDSCHUTZ. BOBBY FISCHER, STEH MIR BEI!“

abwechselnd, maximal elf Runden. Schachmatt oder K. o. entscheidet über den Sieg – je nachdem, in welcher Disziplin der letzte Treffer zuerst gelingt. Als ich damit herausrücke, dass ich selbst in den Ring steigen werde, ernte ich unterschiedliche Reaktionen. Eine zart besaitete Freundin beginnt, leise um mich zu weinen. Ein Kumpel vom Typ sportlicher Draufgänger versucht, mich vor die Tür des Lokals zu zerren, in dem wir sitzen, um meine Box-Skills zu prüfen. Nur: Ich habe keine Box-Skills. Zwar interessiert mich Boxen schon mein Leben lang. Die Fernsehübertragungen von den Kämpfen der KlitschkoTHE RED BULLETIN


Schachboxen

Brüder, von Henry Maske oder Axel Schulz gehören zu meinen Kindheitserinnerungen. Mit 16 las ich Hemingways „Paris, ein Fest fürs Leben“ – und war fortan davon überzeugt, dass ich als angehender Schriftsteller unbedingt boxen können müsste. Aber über ein paar Wirtshausrempeleien und ein Gruppentraining bei einem Wiener Vorstadtverein bin ich faustkampfpraktisch nie hinausgekommen. Mit 37 befinde ich mich außerdem in einem Alter, in dem viele Männer ihren Lieblingssessel entdecken. Ganz so schlimm steht es um mich noch nicht. Aber wenn ich den Grad meiner Fitness beschreiben müsste, würde ich sagen: durchschnittlich. Für einen 37-Jährigen. In meinem ersten Schachboxkampf habe ich deshalb nur einen einzigen Trumpf: Ich bin Schachmeister, genauer gesagt FIDE-Meister. Diesen Titel vergibt der Weltschachbund für Spieler, die ein Rating von mindestens 2300 Elo-Punkten erreicht haben. Bessere Kaffeehausspieler liegen bei ungefähr 1700 Elo, Schachweltmeister Magnus Carlsen notiert konstant über 2800. Ergo: Ich verdiene mein Geld nicht mit Schach, und gegen Großmeister habe ich meistens das Nachsehen. Aber ich bin auch ein Eckhaus besser als die allermeisten Leute, die von sich glauben, gute Spieler zu sein. Die Frage lautet also: Habe ich eine Chance, genügend Boxrunden zu überstehen, um meinen Gegner mattzusetzen? Und wenn nicht: Wie, verdammt, komme ich ohne Bahre raus aus diesem Club?

„VERDAMMT, WIE KOMME ICH DA OHNE BAHRE RAUS?“

habe ich mir für diese zweite Runde überlegt. Im Angesicht der Schläge ist sie unbrauchbar. Es ist wie beim Schach: Man kann nur tun, was der Gegner zulässt. Josef lässt nichts zu. Nicht von mir. Mein Sekundant feuert mich aus der Ringecke an: „Sei frech, Anatol!“ Ich versuche eine Schlagkombination. Meine Linke blockt Josef locker ab. Ich will die Rechte nachschieben, aber bevor sie ihr Ziel erreicht, trifft er mich mit seiner Rechten das erste Mal voll auf die Nase. Ich taumle zwei, drei Schritte zurück, fange mich, reiße die Deckung hoch. Auch wenn Josef später sagen wird, dass er nicht annähernd Vollgas gegeben hat: So ein Treffer tut nicht nur weh, er kostet auch Luft. Und die ist kostbar. Der Mund-

Voll auf die Nase

Josef ist einen Kopf größer als ich, sein Körper sieht aus wie ein einziger elastischer Muskel. Früher hatte er den schwarzen Gurt im Aikidō. Erst als ihm das zu langweilig wurde, hat er auf Boxen, dann auf Schachboxen umgesattelt. Ein wenig habe ich darauf gehofft, dass er es langsam angehen wird: mich erst mal kommen lassen; mir Zeit geben, um in den Kampf zu finden. Das Gegenteil ist der Fall. Von der ersten Sekunde an deckt mich mein Gegner mit Treffern ein. Er schlägt vor allem Gerade, dazwischen rechte und linke Haken, die mich neben meiner Doppeldeckung an der Schläfe treffen. Das Stakkato der Hiebe lässt mich während der ersten halben Minute gar nicht daran denken, zurückzuschlagen. Mein Überlebensinstinkt sagt: decken, ducken, zusammenkrümmen, durch den Ring flüchten. Viel Strategie THE RED BULLETIN

DER GEGNER

Josef Galert, 49, ist 2. Vorsitzender des Chess Boxing Club Berlin (CBCB).

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Schachboxen

schutz stört mich beim Schnaufen, mir ist schwindlig. Als irgendjemand ruft, dass zwei Minuten vorbei sind, habe ich das Gefühl, dass mir gleich die Beine einknicken. Aber Josefs Schläge treiben mich weiter durch den Ring. Konter täusche ich jetzt nur noch an, um ihn wenigstens kurz auf Distanz zu halten. Für Offensive fehlt mir längst die Kraft. Ding, ding, ding. Die Ringglocke erlöst mich. Für drei Minuten.

Der intellektuelle Fight Club

Die Geschichte des Schachboxens ist schnell erzählt. An ihrer Wiege steht der niederländische Aktionskünstler Iepe Rubingh, der 2003 erster Weltmeister in dem Sport wurde, den er selbst erfunden hatte. In einem französischen Comic war Rubingh auf die Idee gestoßen. Und weil er für beide Sportarten ein Faible hatte, beschloss er, die Fiktion Wirklichkeit werden zu lassen. Statt einem ganzen Boxkampf eine ganze Schachpartie folgen zu lassen, hatte Rubingh den Einfall, beides miteinander zu verzahnen. Aus einer einmaligen Kunstaktion entstand bald der erste Schachboxclub der Welt in Rubinghs Wahlheimat Berlin. Auch wenn es inzwischen auf der halben Welt Schachboxvereine gibt – darunter in England, Russland, China, den USA und Indien –, gilt Berlin immer noch als das Mekka der Sportart. Hier, im ältesten Schachboxclub der Welt, dem Chess Boxing Club Berlin (CBCB), stelle ich mich meinem ersten Kampf. Aber Schach und Boxen: Passt das zusammen? Die Fans von Rubinghs Kreation schwärmen vom „intellectual fight club“, der ultimativen Verbindung von körperlichem und geistigem Sport. Dass man nach einem Wirkungstreffer im Boxen mitunter zu weich in der Birne ist, um noch vernünftig Schach zu spielen, wird von Enthusiasten nicht als Problem, sondern als Markenkern gesehen: Man muss beide Sportarten gleichermaßen trainieren und beherrschen. Wer beim Schach auf ein Schäfermatt (schnelles Matt in der Anfangsphase einer Partie; Anm.) hereinfällt, dem nützt auch der stärkste rechte Haken nichts. Weltmeisterschaften wurden bisher übrigens fast immer durch Schachmatt entschieden.

Die Dame dankt

Mundschutz raus, Handschuhe ausziehen. Mein Puls rast, ich triefe vor Schweiß. Wie schön, die Figuren statt Josefs Fäuste vor mir zu haben. Auf b7 60

„AM BODEN IST ES SCHÖN. NIEMAND SCHLÄGT MICH DORT, UND ICH MUSS MICH NICHT BEWEGEN.“

lässt er einen Bauern stehen, meine Dame dankt. Wie mein Schweiß, der auf das Plastikbrett tropft, fließen auch meine Figuren durch das einmal geschlagene Leck in Josefs Stellung. Mein schwarzfeldriger Läufer findet ein schönes Plätzchen auf d6 und fesselt von dort aus einen schwarzen Springer. Josefs Schwerfiguren lungern passiv auf der Grundreihe herum, die Partie ist klar gewonnen für mich. Nur heißt das leider nicht, dass das Matt schon in Sichtweite wäre. Denn Josefs schwarzer König ist immer noch in seiner Rochadestellung von einer Bauernphalanx geschützt. Die muss ich erst sprengen, bevor ich ihm an den Kragen gehen kann, und das wird dauern. Ding, ding, ding. Verdammt, jetzt schon? Brille runter, ein großer Schluck Wasser, Mundschutz rein, Handschuhe drauf. Runde vier, und ich bin immer noch fertig von der zweiten. Soll ich in die Offensive gehen? Josef weiß, dass es THE RED BULLETIN


mehr, ich denke nur ans Überleben. Josef reicht mir sportlich die behandschuhte Pranke, hilft mir auf. Es geht hier ja doch nicht um Leben und Tod und auch nicht um eine Weltmeisterschaft. Noch eine Minute muss ich durchhalten, bis die Runde vorbei ist. Die Angst ist zurück, aber sie ist jetzt anders: Es ist die Angst vor dem nächsten Niederschlag. Den will ich durch Beinarbeit vermeiden, aber Josef stellt mir nach. Warum ist der Ring so klein? Schon wieder bin ich in der Ecke. Josefs Körperhaken trifft mich links an der Rippe, ich weiche zur Seite aus, kassiere noch zwei Schläge, einmal Körper, einmal Stirn, aber noch kann ich die Deckung halten. Als die Glocke läutet, weiß ich, dass ich keine weitere Boxrunde mehr schaffen werde. Entweder ich setze ihn jetzt matt, oder ich bleibe in der nächsten Boxrunde liegen. Punkt.

Pfötchen geben beim Training

AUTSCH!

Anatol weiß zwar, was eine Deckung beim Schach ist – aber bei der Boxdeckung hat er Nachholbedarf.

beim Schach schlecht um ihn steht, mit drei großen Schritten ist er bei mir und schlägt zu. Ich buckle und decke wieder, versuche, den Oberkörper kreisen zu lassen, um kein unbewegliches Ziel zu sein. Er trifft mich, aber aus irgendeinem Grund fühle ich mich besser als in Runde zwei. Kann man sich an Prügel so schnell gewöhnen? Ich habe noch ein bisschen Luft, jetzt will ich auch boxen. Eine linke Gerade von Josef wehre ich im Ansatz mit meiner Linken ab, gehe nach vorn und schlage zu: rechts-links-rechts. Josefs kurze rechte Gerade trifft mich an der Stirn, es blitzt, ich liege auf den Brettern. Am Boden ist es schön. Niemand schlägt mich dort, und ich muss mich nicht bewegen. Außerdem war der Treffer gar nicht so schlimm, es ist mehr die Kondition, mit der es mit jedem von Josefs Hieben schneller zu Ende geht. An die nächste Schachrunde denke ich nicht THE RED BULLETIN

Am Vortag des Kampfes muss ich erst einmal trainieren. Im CBCB gibt es Boxtage und Schachboxtage. Donnerstag ist Boxtag. Deshalb ist Ole heute der Chef, ein schlaksiger Mittdreißiger, der seine Schüler beim Lauftraining im Berliner Dialekt antreibt. Als mir nach ein paar Runden das erste Mal die Puste ausgeht, frage ich Ole, wie es mit seinen Schachfertigkeiten aussieht. „Ick hab in meinem Leben noch keene janze Schachpartie jespielt“, sagt er. Nach dem Lauftraining

GEHIRNSPORT

Blöd für unseren Autor: Sein Gegner Josef kann nicht nur boxen, er spielt auch gar nicht so übel Schach.

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Schachboxen

gehen wir hinunter in den Keller, wo die Sandsäcke hängen und es nach kalt gewordenem Schweiß riecht. Ich streife mir ein Paar abgenutzte rote Handschuhe über und beginne, einen der Säcke im Rhythmus von Oles gebellten Kommandos zu traktieren: links-rechts, links-rechtslinks, links-rechts, links-rechts-links. Geht ganz gut, auch wenn es mit der Zeit schweineanstrengend wird. Bald tun mir Finger und Oberarme weh, weil ich zu hart zugeschlagen habe. Ich will mich hinsetzen, da ruft Ole mich zu sich nach vorn: Einzeltraining für den Neuen. Ole hat „Pfötchen“ an, das sind die runden, flächigen Handschuhe, mit denen Boxtrainer die Schläge ihrer Schüler steuern und auffangen. Er sagt mir die Kombinationen an, ich schlage sie: links-rechts-linker Haken. Links-rechtsAufwärtshaken. Links-rechts-linker Haken. Links-rechts-links-rechts, und noch einmal: links-rechts-links-rechts. Ein bisschen schneller muss das schon gehen, findet Ole. Ich finde gar nichts, weil ich mit Luftkriegen beschäftigt bin. Als ich die Arme kaum mehr heben kann, schlägt Ole lachend mit den Pfötchen auf meine Handschuhe. Dann hat er endlich Erbarmen und knöpft sich einen anderen Schüler vor. Ich klammere mich an meinen Sandsack und keuche wie ein Hund. Wie soll ich morgen den Kampf überstehen, wenn ich schon nach fünf Minuten Einzeltraining blau bin? Ich blicke mich im Trainingskeller um: ein Dutzend Schachboxer, zwei davon weiblich, die meisten um die zehn Jahre jünger, alle fitter als ich.

Das Opfer wird ihn nicht retten, aber es verschafft ihm ein paar Züge Galgenfrist. Dong, dong, dong. „Schach ist Krieg“: Dieser Satz stammt vom US-Amerikaner Bobby Fischer. In den 70er-Jahren durchbrach er die sowjetische Dominanz und wurde mitten im Kalten Krieg Schachweltmeister. In Interviews erzählte er gerne, dass es ihm am meisten Spaß mache, das Ego seines Gegners zu zerbrechen. Fischer wollte nicht einfach nur gewinnen, sondern seine Kontrahenten vernichten. Schachboxen hätte Bobby wahrscheinlich gefallen. Aber wer sind die Leute, die diesen Sport hier in Berlin lernen wollen? Einige sind Boxer, die Schach als intellektueller Ausgleich interessiert. Aber es gibt auch den umgekehrten Fall, vor allem, seit die Netflix-Serie „The Queen’s Gambit“ einen Schach-Boom ausgelöst hat. Schachgroßmeister sind allerdings nur schwer in den Ring zu bekommen: Sie lassen sich ungern auf den Kopf schlagen, weil der nun mal ihr Kapital ist. In der Umkleidekabine der FranzMett-Sporthalle, die der eines Schulturnsaals gleicht, zieht sich Mustafa, dunkler Teint, dunkle Haare, Ende zwanzig, nach dem Training die Socken an und erzählt mir, dass er in der Türkei ein erfolgreicher Jugendschachspieler war.

„MIR TUN FINGER UND OBERARME WEH, DA RUFT MICH DER COACH ZU SICH: EINZELTRAINING.“

Jetzt wackelt der König

Trotz meiner Erschöpfung ist das Schachbrett jetzt meine Oase. Solange ich noch sitzen kann, kann ich auch diese Partie gewinnen. In der letzten Boxrunde bin ich zu Boden gegangen, aber mein Kopf funktioniert noch einwandfrei. Oder sagen wir: Er funktioniert noch gut genug, um einem Spieler von Josefs Kaliber am Brett keine Chance zu lassen. Denn Josef macht jetzt Fehler, lässt Bauern stehen, während meine Figuren seinen König umkreisen. Wird das nicht jetzt schon Matt? Josef denkt. Es gibt nur einen einzigen Zug, mit dem er das Unvermeidliche noch hinauszögern kann. Er muss seinen Springer opfern. Shit, er hat es gesehen! Sein König rennt vor meiner Dame davon, ich schlage das schwarze Ross mit Schach. 62

Ein Lächeln, selig und doch leicht gequält: Einander im Ring wie am Brett sportlich fair zu bekämpfen kann – wie man hier bei Josef und Anatol sieht – auch zusammenschweißen. THE RED BULLETIN


Beim Frühstück in einem Studentencafé am Alexanderplatz lasse ich noch mal Revue passieren, was ich im Ring erlebt habe. Schach und Boxen passen zusammen, weil man in beiden Sportarten schweigen muss – so ähnlich hat Josef mir das gestern nach dem Kampf erklärt. Nach sechs Runden Schachboxen bin ich von der Wahlverwandtschaft der beiden Disziplinen nicht restlos überzeugt. Egal, wie ernst man es nimmt: Schach ist und bleibt ein Spiel, man braucht Muße dafür. Boxen ist etwas ganz anderes, ein Kampf ums Überleben, bei dem der Kopf zur Trefferfläche wird. Ich bin froh, diesen Kampf durchgestanden zu haben, aber ich muss ihn nicht unbedingt wiederholen. Ich packe mein Taschenschach aus und baue aus dem Gedächtnis, das zum Glück noch intakt ist, die gestrige Schlussposition auf. Verdammt. Nur vier Züge noch, dann hätte ich ihn mattgesetzt. Info: chessboxingberlin.de

DIE SCHACHPARTIE ZUM NACHSPIELEN Weiß: Anatol Vitouch Schwarz: Josef Galert 1. c4 e5 2. Sc3 Lc5 3. Sf3 d6 4. g3 Se7 5. Lg2 0–0 6. 0–0 c6 7. e3 Lg4 8. h3 Lh5 9. g4 Lg6 10. d4 e×d4 11. e×d4 Lb4 12. Lg5 f6 13. Lf4 L×c3 14. b×c3 d5 15. Db3. Ende Runde eins. 15. … Lf7 16. D×b7 Sd7 17. Ld6 Te8 18. Tfe1 Kf8 19. Sh4 g6 20. c×d5 c×d5 21. L×d5 L×d5. Ende Runde drei. 22. D×d5 Sb6 23. De6 Sc8 24. D×f6† Kg8 25. Le5 Sf5 26. Dh8† Kf7 27. D×h7† Ke6 28. g×f5†. Ende Runde fünf.

REGENERATION.

Nach dem Kampf heißt es durchatmen. Sechs Runden Schachboxen ermüden Beine und Gehirn.

Vor kurzem ist er nach Berlin gezogen und hat hier durch Zufall vom Schachboxen erfahren. Jetzt kommt er mehrmals in der Woche zum Training, denn er hat ein ehrgeiziges Ziel: In drei Jahren will er mit den Fäusten so kompetent sein, dass er seinen ersten echten Schachboxkampf bestreiten kann. Dass ich nach genau einer Stunde Boxtraining morgen selbst in den Ring steige, verrate ich ihm jetzt lieber nicht.

Nichts geht mehr

Im Schach kann man aufgeben, im Boxen auch? Ich weiß, dass Josef mich jetzt umhauen muss, und er auch. Mir fehlt die Kraft, um noch lange dagegenzuhalten. Vier, fünf Treffer in meine Doppeldeckung nehme ich noch, aber einmal muss es genug sein. Ein weiterer rechter Haken an meine Schläfe lässt mich zur Seite THE RED BULLETIN

stolpern. Als meine Beine nachgeben, empfinde ich Erleichterung. Josef will mir noch einmal aufhelfen. Ich schüttle den Kopf, spucke den Mundschutz aus, der mir die Luft nimmt: Nichts geht mehr. Technischer K. o. in Runde 6. Ich habe meinen ersten Schachboxkampf verloren. Als ich am nächsten Morgen in meinem Hotelzimmer aufwache, betaste ich erst einmal meinen Körper vor dem Badezimmerspiegel. Ein blauer Fleck an der Rippe, dort, wo Josefs Körperhaken mich getroffen hat, ist die einzige sichtbare Schramme. Ein bisschen durch die Mangel gedreht fühle ich mich schon. Aber das könnte auch an meiner nächtlichen Überlebensfeier in den Berliner Kneipen liegen. Wie es mir heute gehen würde, wenn mein Gegner mit voller Kampfhärte zugeschlagen hätte, will ich mir lieber nicht vorstellen.

8 7 6 5 4 3 2 1 A

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Die Schlussstellung, nachdem unser Autor im Boxen aufgab. Gerade hatte er als weißer Spieler das schwarze Rössel auf f5 verspeist, sein Bauer bietet Schach. Hier hätte Anatol in vier Zügen durch Schachmatt gewonnen.

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Architektur

DER GESAMTKUNSTWERKER

Entwurf von Star-Architekt Günther Domenig für den Red Bull Ring in Spielberg: Die Begeisterung für Geschwindigkeit ist spürbar.

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PETER RIGAUD/LAIF, DOWA

Dass es der Architekt GÜNTHER DOMENIG mit seinen Bauten irgendjemanden recht machen wollte, kann man nicht behaupten. Dafür waren die Werke des vor zehn Jahren verstorbenen Erbauers des Red Bull Ring begehbare Gedichte. Eine Hommage von Michael Köhlmeier


ZUR PERSON

Günther Domenig Geboren 1934 in Klagenfurt, übersiedelte er zum Studium an die TU nach Graz. Erstmals internationales Aufsehen erregte der Architekt mit seinen Entwürfen für die Olympischen Spiele 1972 in München. Zeit seines Lebens war Domenig für seine außergewöhnlichen, radikalen Bauwerke bekannt. 2012 starb Domenig im Alter von 77 Jahren.


Architektur

„Gute Architektur ist Widerstand, gute Literatur ist Widerstand.“ Michael Köhlmeier über die Gemeinsamkeiten zwischen Literatur und Domenigs Architektur

In mehreren Gesprächen hat Günther Domenig eine Beziehung zwischen der Literatur und der Architektur hergestellt. Er hat seine Bauten mit einem Roman verglichen. Umgekehrt hat Marcel Proust sein 3000 Seiten umfassendes Jahrhundertwerk „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ eine Kathedrale genannt. 66

Wenn Domenig das Erzählerische in der Literatur interessierte und diesen Aspekt in die Architektur einbringen wollte, dann lässt sich umgekehrt sagen, dass sowohl im alten Epos wie im modernen Roman, aber auch im alltäglichen mündlichen Erzählen immer die Dramaturgie darüber entscheidet, ob eine Geschichte Interesse zu erwecken vermag oder schlicht langweilig ist. Dramaturgie aber meint nichts anderes als Architektur. Das Steinhaus in Steindorf in Kärnten war für Günther Domenig der Roman seines Lebens. Das Haus ist das architektonische Manifest eines Künstlers, mehr: ein Selbstporträt. Der Mann, der es erschaffen hat, war und ist ein Affront in den Augen nicht nur vieler seiner Kollegen. Denn wer so laut „ich“ sagt, will womöglich wehtun. In einer Zeit, in der sich dieses Wörtchen in sein semantisches Gegenteil verkehrt, weil es mit Egoismus gleichgesetzt wird, wirkt die Selbstbehauptung eines Künstlers wie eine Herausforderung an alle, ob er das beabsichtigt hat oder nicht. Gute Architektur ist Widerstand, gute Literatur ist Widerstand – weil jede gute Kunst Widerstand ist. Günther Domenig ist nicht müde geworden, dies immer wieder zu betonen. Bis heute wird das Haus in der Tourismusgemeinde am Ossiacher See als Skandal empfunden, als Peinlichkeit, von der man lieber ablenken möchte. In den Fremdenverkehrsbroschüren wird darüber geschwiegen, die Architekturenthusiasten aus aller Welt – Bewohner

PROJEKT SPIELBERG

Zuversicht und Optimismus von links nach rechts im Uhrzeigersinn Erhebt sich ein Bau von links nach rechts wie unsere Schreibschrift, dann zeigt das Dynamik, Geschwindigkeit Zukunft, Zuversicht. Wenn in einem Hollywoodfilm zu Beginn ein Flugzeug startet, dann muss es von links unten nach rechts oben sein. Die Menschen sollen sich freuen, sie sollen Hoffnung haben. Die Zukunft beginnt links unten und weist nach rechts oben, im Uhrzeigersinn. Prinzipien, die sich auch am von Günther Domenig geplanten Red Bull Ring in Spielberg wiederfinden: reine, kindliche Begeisterung für Geschwindigkeit, eine vom Heckflügel eines Rennwagens inspirierte Boxengasse. Und selbstverständlich wird im Uhrzeigersinn gefahren. THE RED BULLETIN

ARMIN WALCHER, GETTY IMAGES, DOWA

A

ls es 2002 bezogen wurde, war das T-Mobile-Gebäude im Stadtteil Sankt Marx im 3. Wiener Gemeindebezirk das größte private Bürogebäude Österreichs. Es ist 300 Meter lang, 50 Meter breit, an seiner höchsten Stelle 60 Meter hoch und bietet 71.000 Quadratmeter Nutzfläche für maximal 2500 Beschäftigte – eine kleine Stadt. Die Bauzeit betrug nur drei Jahre. Günther Domenig hat das Gebäude „eine Liegende“ genannt – ein Begriff, der nicht aus der Architektur, sondern aus der Bildhauerei stammt. Dies wurde – wieder einmal – als Provokation begriffen: Ich, der Architekt, mache Kunst! Das T-Center sieht, von der einen Breitseite betrachtet, wie ein umgestürzter Wolkenkratzer aus – der Titan Atlas, der sich von nun an weigert, den Himmel zu tragen. Auf der anderen Seite erhebt sich der Bau in Richtung unserer Schreibschrift, von links nach rechts – das zeigt Dynamik, Geschwindigkeit, Zukunft, Zuversicht. Wenn in Hollywoodfilmen zu Beginn ein Flugzeug startet, dann muss es von links unten nach rechts oben sein. Die Menschen sollen sich freuen, sie sollen Hoffnung haben. Freude und Hoffnung aber deuten auf die Zukunft, und die Zukunft beginnt links unten und weist nach rechts oben, im Uhrzeigersinn.


Der Red Bull Ring ist ein Spielplatz für Motorsport, sowohl für Formel 1 (8. – 10. 7.) als auch MotoGP (19. – 21. 8.): Architekt Günther Domenig verlieh all dem einen würdigen Rahmen.

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DOKUMENTATIONSZENTRUM REICHSPARTEITAGSGELÄNDE NÜRNBERG

Der härteste Schlag des Boxers Wenn es stimmt, was Architekten-Kollege Wolf D. Prix von Coop Himmelb(l)au über Günther Domenig sagte, nämlich dass er baut, wie andere boxen, dann ist dieses Bauwerk der härteste Schlag von allen: Schließlich ging es darum, einen strengen Nazi-Bau mit einer architektonischen Fußnote zu versehen. Domenig löste die Aufgabe mit einem brutalen Schlag quer durch den Bau, einem Schmerzensschrei aus Beton, Glas und Stahl. Das Reichsparteigelände in Nürnberg strahlt schon aus der Ferne militanten Machtanspruch aus. So etwas lässt sich nur brechen, indem man es verletzt.

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THE RED BULLETIN


Architektur ZENTRALSPARKASSE WIEN-FAVORITEN

Da kommt endlich Leben in die Bank! Günther Domenig sah das in den Siebzigern errichtete Gebäude aus Stahlbeton als „organhaften Körper mit Knochen, Sehnen, Häuten, Schuppen, Röhren und Adern“. Die Öffentlichkeit begriff den Bau als Zumutung, als Grenzüberschreitung eines egozentrischen Architekten, der die soziale Komponente missachtete: Das müssen schließlich Menschen benützen! Seit 2005 steht der Bau unter Denkmalschutz. Kühne Formen: Heute beherbergt das Haus einen Verlag.

STEINHAUS

GERALD ZUGMANN(3), MAK, DOWA

Ein Haus wie ein Selbstporträt

Das Innenleben des Hauses in Steindorf am Ossiacher See. Domenig sah in dem Bau „work in progress“: Es werde fertig sein, wenn er tot ist. Domenig starb vor zehn Jahren.

THE RED BULLETIN

Das Steinhaus, gelegen in der Kärntner Tourismusgemeinde Steindorf am Ossiacher See, ist so etwas wie das architektonische Manifest Günther Domenigs, eine Art begehbarer Roman: Arbeitsraum, Begegnungsort, Wohnhaus. Fans aus aller Welt reisen an, um es zu bewundern. In der Gemeinde selbst gilt das fantasievolle Haus bis heute als Skandal, als Peinlichkeit, von der man lieber ablenken möchte.

der „Domeniganischen Republik“ –, die nach Steindorf pilgern, werden miss­ trauisch beobachtet. Auch Prousts Roman wurde anfänglich als „inkommensurable Missgeburt“ bezeichnet. Heute gilt „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ als eines der bedeutendsten Werke des 20. Jahrhunderts – und die Bauten von Günther Domenig stehen unter Denkmal­ schutz. Zehn Jahre nach seinem Tod wird der Architekt als ein Klassiker der Moderne gefeiert, sein Name in gleicher Tonart ausgesprochen wie die Namen Antoni Gaudí, Oscar Niemeyer, Ludwig Mies van der Rohe und Le Corbusier. Das Steinhaus – Arbeitsraum, Begeg­ nungsort und Wohnhaus – war als work in progress gedacht. Es werde fertig sein, wenn er tot ist, sagte sein Erschaffer. Marcel Proust schrieb an der Kathedrale seines Lebens, bis er nicht mehr schreiben konnte. Er starb vor hundert Jahren. Günther Domenigs begehbarer, bewohn­ barer, belebbarer Roman war fertig, als er vor zehn Jahren starb. Beide Kunst­ werke konnten nicht beendet werden, vollendet sind sie. Der Tod macht fertig, er beendet, vollenden aber kann nur der Mensch. Die Kunst ist und war immer Empörung gegen den Tod. In seiner Kunst vollzieht der Künstler die Vollendung ­seiner von ihm selbst geschaffenen Per­ sönlichkeit – über den Tod hinaus. Mit­ arbeiter formten den Namen des Bau­ künstlers um von Domenig auf Dämonig.

I

ch dachte immer, das Erhabene in der Kunst sei, dass eine Kunstrichtung alle anderen in sich trägt – die Musik ver­ eint sich mit der Malerei, die Malerei mit der Literatur, alle zusammen tref­ fen sich in der Architektur. Sie schließt alle anderen Künste in sich ein, sichtbar, hörbar, greifbar, sie ist das Gesamtkunst­ werk. Das Gesamtkunstwerk, schreibt der deutsche Philosoph Odo Marquard, tilgt die Grenze zwischen ästhetischem Gebilde und Realität. Man könnte um­ gekehrt sagen, die Architektur – die gute Architektur – macht die Realität schön. Die Pythagoreer empfahlen, die Pro­ portionen eines Gebäudes auf die Saiten ­einer Kithara zu übertragen; wenn der Akkord schön klang, dann würde auch das Gebäude schön sein. Das Vorurteil sagt, dass Schönheit und Funktion einander oft ausschließen und dass die Funktion Vorrang haben muss. Das ist trauriger Unsinn und führt dazu, dass Menschen in trauriger Umgebung leben müssen. Die Poesie verwöhnt den 69


Architektur

„Alle meine Bauten entsprechen meinem Wesen.“ Architekt Günther Domenig über den betont poetischen Stil seiner Entwürfe

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chönheit unterliegt keinen ­demokratischen Anforderungen. Wer das verlangt, will etwas anderes, aber nicht Schönheit. – Leicht gesagt! So darf vielleicht der Dichter denken, so dürfen ­Maler denken, der Theatermann und die Komponistin. Aber der Architekt? Sein Haus hört ja nicht auf wie das Buch, wenn man es zuklappt, oder wie das Musikstück, wenn man den Stecker aus dem CD-Player zieht. Sein Haus wird ­bewohnt, meistens von Menschen, die sich nicht für die Träume des Architekten ­interessieren, die einen anderen Geschmack haben dürfen oder gar keinen. Solche Argumente musste sich Günther Domenig oft anhören. Das Gebäude der Zentralsparkasse in Wien-Favoriten wurde eine Zumutung genannt, eine Schande, Domenig wieder einmal als egomanischer Exzentriker beschimpft, der in seiner Kunst die soziale Aufgabe des Architekten ignoriert. Wolf D. Prix von der Architekten­ kooperative Coop Himmelb(l)au sagt über seinen Kollegen: „Er baute, wie andere boxen.“ Wenn es von einem Boxer heißt, „Er hat Herz“, dann meint das, er kann einstecken. Günther Domenig konnte einstecken. Und austeilen konnte er auch. Sein Schläge waren seine Bau­ werke. 70

SCHWESTERNWOHNHEIM

Panzer und Bauch eines sanften Urtiers Das Gewölbe der Mensa im Hof der Residenz der Schulschwestern in Graz-Eggenberg (o.) sieht aus wie „Panzer und Bauch eines sanften Urtiers, dessen Schweigen uns die Geschichte der Welt erzählt“. Es dürfte eine schwere bis un­ mögliche Übung sein, das Wesen dieses außergewöhnlichen Ge­ bäudes poetischer zu beschreiben als mit den Worten von Schrift­ steller Michael Köhlmeier.

Der härteste Schlag war das Dokumentationszentrum Reichsparteitags­ gelände der monumentalen Kongress­ halle in Nürnberg. Es war auch ein Schlag gegen seine eigene Biografie. 1934 ge­ boren, war Günther Domenig in einer stramm nationalsozialistischen Familie aufgewachsen. Sein Gebäude auf dem ehemaligen Aufmarschplatz – wieder eine Liegende! – ist wie der Schlag quer durch den Nazi-Bau, ein Schmerzensschrei aus Beton, Glas und Stahl. Und dennoch: Die Kunst dieses Mannes ist aus Zuversicht und enthusiastischem Optimismus gemacht, sein Blick geht von links unten nach rechts oben. Die Boxengasse des Red Bull Ring in Spielberg – noch eine Liegende! – ist inspiriert vom Heckflügel eines Rennwagens. Gegen alle

Poesie ist kein Luxus, sondern lebens­ notwendig, auch in der Architektur: Sie macht, dass es dem Menschen leichter fällt zu lieben.

politische und ökologische Prinzipien­ reiterei berührt uns die reine, kindliche Begeisterung für die Geschwindigkeit, die ja eine der allegorischen Geburts­ helferinnen der Moderne ist: Wir kommen voran! Hinter uns mag es dunkel sein, vor uns ist es hell! Übrigens: Auf dem Red Bull Ring wird selbstverständlich im Uhrzeigersinn gefahren. Was Günther Domenig über sein Steinhaus sagte, gilt für alle seine Werke: „Im übertragenen Sinn ist das Haus zugleich mein Körper, mein Fühlen, mein Denken.“ Dies könnte eine Definition von Kunst sein. Die Ausstellung „Günther Domenig: ­DIMENSIONAL“ findet bis 16. 10. an vier Orten in Kärnten statt. architektur-kaernten.at THE RED BULLETIN

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Menschen, sie macht, dass es ihm leichter fällt zu lieben. Ein Beweis dafür ist das Gewölbe der Mensa im Hof der Residenz der Schulschwestern in Graz-Eggenberg. Es ist wie Panzer und Bauch eines sanften Urtiers, dessen Schweigen uns die Geschichte der Welt erzählt. Günther Domenig hat sich sein Leben lang gegen die Entpoetisierung von Architektur gewandt – nein, das ist ein zu schwaches Wort: dagegen gekämpft hat er. Es war ein einsamer Kampf. „Was ich baue“, sagte er, „ist meine Sprache.“ Alle seine Gebäude, sagte er, „entsprechen meinem Wesen“. Günther Domenig ist der Gesamtkunstwerker.


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1 TITAN-FALTER

Mit der T Line hat sich Brompton neu erfunden. Basierend auf dem von Firmen­gründer Andrew Ritchie 1975 entwickelten 3-Wege-Faltsystem, setzt das aus Titan gefertigte Faltrad in puncto Gewicht und Komfort neue Maßstäbe: Lediglich 7,45 Kilogramm bringt das Bike auf die Waage. Dabei federt das hochwertige Metall in Kombination mit Carbon-Komponenten ruppige Untergründe zuverlässig ab. de.brompton.com

2 FÜR COOLE KÖPFE

Ob im Großstadtdschungel oder im Wald, der Explore Booney Hat von BUFF® sorgt für echtes AbenteuerFeeling. Mit breiter Krempe ist er der ideale Schattenspender to go und lässt sich mittels integrierter Kordel auch lässig abgesetzt tragen. Dank integrierter Ventilationslöcher bietet er nicht nur Sonnenschutz, sondern hilft auch einen coolen Kopf zu bewahren. buff.com

3 AUF DER ÜBERHOLSPUR

Der CASIO EDIFICE × TOM’S Chronograph vereint Dynamik und Sport­ lichkeit pur. Er überzeugt mit außer­ gewöhnlich markantem Look und faszinierender Technik. Features wie der integrierte Rundenspeicher mit Stoppfunktion machen die sportive Edelstahluhr mit Hightech-KarbonZifferblatt und oktogonaler Lünette zu einem coolen Begleiter auf und ­abseits der Rennstrecke. casio-europe.com

4 WIE GESTOCHEN

Die Limited Edition des SUP-Boards von Indiana, von dem es nur 50 Stück gibt, wurde von Tattoo-Artist Pat ­Müller entworfen. Die Motive sollen die Verbindung zwischen Mensch und Natur versinnbildlichen. Die spezielle Materialisierung mit gewobenem Prelaminated Double Layer, Double PVC Belt plus Fibreglass-Druckgurt und die inkludierte Limited Carbon Race Finne verleihen dem Board viel Performance. indiana-paddlesurf.com


GUIDE Tipps für ein Leben abseits des Alltäglichen

WICKIES WILDE TRÄUME

TORD KARLSEN

HUGH FRANCIS ANDERSON

Die Färöerinseln zu Lande und zu Wasser – eine Zeitreise zu den alten Wikingern

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GUIDE Reisen

„Weit unterhalb des Leuchtturms aalen sich Robben im kurz aufleuchtenden Sonnenschein.“ Hugh Francis Anderson, Reisereporter, erzählt von seinem Färöer-Abenteuer

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Meeresbiololge Andreas B. Heide (re.) und Autor Hugh Francis Anderson beim Inselhopping

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biologen Andreas B. Heide, Kapitän der Barba, auf einer Forschungsmission zu begleiten. Ziel ist es, die Auswirkungen der Plastikverschmutzung auf die Wale im Nordatlantik zu dokumentieren. Die Primärdaten sind erhoben, und wir haben drei freie Tage zur Erforschung der Inseln. Heide schlägt vor, dass wir Kurs auf die westlichste Insel Mykines nehmen und diese dann zu Fuß durchwandern. Während ich mich die steilen Wände von Mykines hinaufschleppe, höre ich nichts als den Klang des auf harten Felsen klatschenden Ozeans. Heide und ich wandern das Steilufer entlang, bis wir den Leuchtturm der Insel erreichen. Immer wieder schwirrt ein Papageientaucher aus seiner Höhle. Die Insel bietet Tausenden von Vögeln eine Heimat. Auf Mykines fängt man sie traditionell mit einem

Fleyingarstong (einem Netz an einem langen Stab) und füllt sie dann mit Teig, um sie zu einem Wecken Fyltur lundi (gefüllten Papageientaucher) zu backen. Es schlägt uns ein heftiger Wind entgegen, mit einer Wucht, die er jenseits des Nordpols angesammelt hat. Weit unterhalb des Leuchtturms aalen sich Robben im kurz aufleuchtenden Sonnenschein.

Das einsamste Eiland Zurück an Bord der Barba, verlasse ich während der nächtlichen Überfahrt zu einer der am dünnsten besiedelten Inseln, Hestur, den Salon und übernehme die Wache am Steuer. Nah am nördlichen Polarkreis gelegen, genießen die Inseln lange Tage; wie bei einem unendlichen Sonnenuntergang hockt die Sonne stundenlang am Horizont. Einst war THE RED BULLETIN

HUGH FRANCIS ANDERSON

Campingplatz bei Vestmanna, mit 1300 Einwohnern die zweitgrößte „Stadt“ der Inseln

TORD KARLSEN

ie Sonne wirft ihr Licht auf die bemoosten Vorsprünge im Basalt von Stóri Drangur, einer 70 Meter hohen Felssäule, die sich steil aus dem Europäischen Nordmeer erhebt. Ich stehe am Bug des Forschungsschiffs Barba. Auf Steuerbord liegt die Färöerinsel Vágar mit dem Ort Gásadalur – Einwohnerzahl: zwölf. Etwas weiter südlich ergießt sich aus einem Riss im mit Grasland bewachsenen Onyxfelsen der Wasserfall Skarðsáfossur. Ein Bild wie aus der Mythologie. Mich ziehen kalte, unwirtliche Orte an, in denen dennoch das Leben floriert: Auf 61 Grad nördlicher Breite, knapp unterhalb des nördlichen Polarkreises, schaffen das milde Meeresklima und der fruchtbare vulkanische Boden der Färöerinseln genau den richtigen Ort für mich. Den Namen Färöer erhielt der Archipel von den Wikingersiedlern im 9. Jahrhundert. Wörtlich übersetzt bedeutet er „Schafinseln“, und tatsächlich gibt es auf den achtzehn Inseln heute siebzig Unterarten färöischer Schafe. Ich bin hier hergeflogen, um den Meeres-


Ich hab mich wohl Färöer-t! Wissenswertes und No-Gos für Reisende MITNICHTEN AUF SCHICHTEN VERZICHTEN Das subarktische Klima bringt mit es sich, dass das Wetter binnen Minuten umschlagen kann. Beginne mit einer Grundschicht aus Wolle, gefolgt von einer warmen Mittelschicht, dichten Hosen und Stiefeln. Ziehe eine wind- und wasserfeste Jacke darüber. PASS AUF, WO DU HINTRITTST Es gibt ein Wochenende im Jahr, da sind Touristen auf den Inseln nur zugelassen, wenn sie mithelfen, die Natur instand zu halten und für künftige Generationen zu bewahren. Wenn Du zu einer anderen Zeit hinfährst, achte bitte trotzdem auf das fragile ökologische Gleichgewicht. Halte Dich an den Wanderführer auf visitfaroeislands.com. VIELE LUSTIGE NAMEN Eine besondere Wanderempfehlung kommt von unserem Fahrer Kári Mikkelsen. Die Strecke führt auf der Insel Eysturoy von der Siedlung Norðragøta nach Leirvik zwischen den Bergen Ritafjall und Knúkur. „Als mein Vater noch in der Gegend lebte, war das die Hauptstraße“, erklärt Mikkelsen. „Heute ist es mein liebster Wanderweg.“

MYKINES VÁGAR Tórshavn

Färöer

HESTUR

Ritt der Walküren Reisen auf die Färöer Mit dem Flugzeug: Alle internationalen Flüge landen auf Vágar. Ab Kopenhagen, Dänemark, fliegt Atlantic Airways mehrmals am Tag. Mit dem Schiff: Alternativ dazu kann man sich auch die 31-stündige Überfahrt mit dem Schiff ab Hanstholm (Dänemark) antun.

Das Forschungsschiff Barba, mit dem unser Autor Hugh Francis Anderson unterwegs ist, passiert bizarre Felsformationen im Norden der Färöer. THE RED BULLETIN

Am besten erkundet man die Inseln per Mietwagen. Sie sind durch Brücken, Tunnel und Fähren gut miteinander verbunden. Anders als im Großteil von Skandinavien ist wildes Zelten im öffentlichen Raum nicht überall gestattet – die Färinger wollen so das fragile Ökosystem ihrer Heimat schützen. Nutzt bitte also die offiziellen Campingplätze. Infos: booklocal.fo

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GUIDE Reisen

Stóri Drangur (Großer Felsen), eine 70 Meter hohe Felssäule in der Nähe der Insel Vágar, davor Lítli Drangur (Kleiner Felsen)

eben eine, in der sich Blockhütten mit Grasdächern an Cafés und Kunstgalerien schmiegen. Es sei eine Herausforderung, den Tourismus am Leben zu halten, ohne die Seele der Inseln zu opfern, erklärt Mikkelsen. „Wir sind so nah an der Natur und stolz auf die Traditionen, dank denen wir hier draußen überlebt haben.“

Angesichts eines Wetterumschwungs beschließt Heide, Richtung Island loszusegeln. Als wir auslaufen, kommen uns zwei färöische Klinkerboote entgegen, deren Holzplanken sich wie Dachziegel überlappen, darauf zwei ächzende junge Männer mit nacktem Oberkörper, die Holzruder fest in den Händen. Sie mühen sich, diese hölzernen Wasserfahrzeuge voranzubringen, deren Gestalt sich seit dem 17. Jahrhundert nicht geändert hat.

Die Blockhütten-Metropole

Dieser ewige Blick!

Auf einer unbefestigten Straße begeben wir uns zum höchsten Punkt der Insel, der gleichzeitig ihr größter See ist, der Fagradalsvatn. Mir fällt auf, wie abgelegen es sich hier anfühlt. Wie wir hier auf einem Felsen hocken und vergeblich versuchen, dem Fagradalsvatn Fische abzutrotzen, könnten wir uns genauso gut im 9. Jahrhundert befinden. Als nächstes Ziel steuert Heide die Insel Streymoy mit der färöischen Hauptstadt Tórshavn an. Beim Anlegen begrüßt uns ein einheimischer Fahrer, Kári Mikkelsen. Er bietet sich an, uns die Stadt zu zeigen. Mit 14.000 Menschen ist Tórshavn geradezu eine Metropole – aber

In diesem Moment begreife ich, dass dieser Blick auf die Färöer vom Meer aus genau jenem entspricht, den die Färinger seit jeher auf ihre Heimat geworfen haben. Als wir später an der Westspitze von Mykines und dem hoch oben gelegenen Leuchtturm vorbeifahren, starre ich auf dieses Steilufer und erkenne es als eine dieser bemerkenswerten Landschaften, in denen Menschen und Tiere seit über tausend Jahren in friedlicher Harmonie nebeneinander leben. Eine Wildnis, eine der letzten auf dieser Welt.

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„Hier herrscht ewige Harmonie.“ Hugh Francis Anderson, Abenteuerjournalist

Hugh Francis ist ein britischer Abenteurer und Journalist. Er lebt in Tromsø im Norden Norwegens. hughfrancisanderson.com THE RED BULLETIN

TORD KARLSEN

die Fischerei das wichtigste Gewerbe auf Hestur, doch auf der Fläche von nur 6,1 Quadratkilometern konnten sich nur wenige Familien bis heute halten. Wir spazieren durch das einzige Dorf der Insel, als sich Nebel auf uns niederlegt. Die Stille ist unheimlich, kein Hinweis auf menschliches Leben weit und breit. Das Kreuz auf dem Dach des roten Turmes einer Kirche taucht im Nebel auf, und das einsame Blöken eines Schafes erklingt.


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LET’S

GRAVEL!

Im Wald, auf der Straße, am Trail und auf Schotter – das SalzburgerLand ist für GravelBiker ein Spielplatz ohne Grenzen. Gravel-Biken ist der Trend der letzten Jahre in der Fahrradszene. Das „Rennrad“ mit Stollenreifen eröffnet Möglichkeiten, die man sonst nur beim Mountainbiken oder Rennradfahren erlebt – kein Entweder-oder, sondern alles auf einmal! Ein wahres

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Gravel-Bike-Paradies ist das SalzburgerLand. Endlose Waldwege, einzigartige Seeblickrunden und große Alpenpässe inmitten der atemberaubendsten Gipfel der österreichischen Alpen lassen jedes Bikerherz höherschlagen.

Drei Tourentipps zum „Nachgraveln“

1

SALZBURGERLAND TOURISMUS

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1

MITTERSILL

HINTERSEE RUNDE

Die Runde ist zwar kurz, bringt den Biker aber an einen der schönsten Plätze der Region. Vom Zentrum in Mittersill geht es in Richtung Felbertal und Felbertauern. Nach dem Bergwerk kommt dann gleich der erste schweißtreibende Anstieg. Nach einem kurzen Flachstück dreht sich der Weg dann noch einmal steil in Serpentinen nach oben. Und plötzlich liegt er vor einem: der malerische Hintersee. 12 km

540 hm

ca. 2,5 h

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ZELL AM SEE

SEEBLICK RUNDE

Los geht’s in Zell am See. Entlang des Sees gelangt man zuerst nach Thumersbach, dann nach Bruck an der Glocknerstraße. Bergauf verläuft der Weg zur bewirtschafteten Ponyhofalm und weiter zum Rettenbachkopf. Von dort geht es auf einer Forststraße zurück nach Bruck und am anderen Seeufer nach Zell am See. Eine schöne Tour, die schon ein Mindestmaß an Erfahrung voraussetzt. 38 km

866 hm

ca. 4 h

FLACHAU

MARBACNDHAELM RU

Start der Tour ist das Zentrum von Flachau. Am Ennsradweg geht es flussaufwärts nach Flachauwinkl. Von hier aus geht es auf der Asphaltstraße rund 10 Kilometer den Wildbach Pleißling entlang. Über mäßig steile Forststraßen erreicht man schließlich das Marbachtal. Hier muss man sich entscheiden: gleich hier in der Prechtlhütte einkehren oder noch weiter zur Ennslehenhütte fahren? 27 km

390 hm

ca. 2 h

Entdecke noch mehr Touren auf salzburgerland.com


GUIDE Biohacking NASENATMUNG

Gute Luft, gute Nacht Profi-Biohacker Andreas Breitfeld verrät uns jeden Monat einen Trick, der dein Leben verbessert. Dieses Mal: warum optimale Entspannung im Schlaf durch die Nase geht.

Unorthodox, aber entspannend: Ein Klebeband über dem Mund forciert die Atmung durch die Nase.

Der Parasympathikus wird aktiviert, wir können uns viel leichter entspannen.

Mehr Stickstoffmonoxid durch Nasenatmung

Dadurch steigt die Sauerstoffsättigung im Gewebe.

Immer der Nase nach Nasenatmung führt zu rund zehn Prozent mehr Sauerstoff im Körper. Grund dafür ist das Gas Stickstoffmonoxid, das in den Nasennebenhöhlen gebildet wird und in den Lungen mithilft, Sauerstoff ins Blut zu bringen.

Besonders wichtig ist die Nasenatmung beim Schlaf. Um sie zu garantieren, setzen wir Biohacker auf „Mouthtaping“. So nennt sich die Methode, mit einem Medizin-Klebeband – richtig geraten – den Mund vor dem Schlafengehen zuzukleben. Fühlt sich bei Weitem nicht so grausam an, wie es sich anhört (und wie es womöglich aussieht). 78

ANDREAS BREITFELD, 49, ist Deutschlands bekanntester Biohacker. Er forscht in seinem speziellen Lab in München. BIOHACKING umfasst, vereinfacht gesagt, alles, was Menschen eigenverantwortlich tun können, um Gesundheit, Lebensqualität und Langlebigkeit zu verbessern.

DIE BIOHACKING-PRAXIS Der Performance-Lifestyle-Podast für alle, die mehr über Biohacking (und sich selbst) erfahren wollen. QR-Code scannen und reinhören. THE RED BULLETIN

SASCHA BIERL

Das hat mit unserem vegetativen Nervensystem zu tun, dem Sympathikus (dem Kampf-Modus unseres Organismus) und dem für Entspannung zuständigen Parasympathikus. Atmung durch die Nase erhöht den Anteil von Stickstoffmonoxid im Blut und in Folge auch die Sauerstoffversorgung des Gewebes. Und mehr Sauerstoff im Körper bedeutet mehr Entspannung. Solltest du also nervös werden, zornig, panisch, aufgeregt: bewusst durch die Nase zu atmen hilft. Versprochen!

ANDREAS BREITFELD

Warum ich den Mund zuklebe

Wie du dem Körper mehr Sauerstoff zuführst

PRIVAT

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er Mund ist für Essen, Sprechen und Küssen zuständig. Die Nase verfügt in diesen Disziplinen über eingeschränkte Qualifikationen, also übernimmt sie das Atmen. Und – im Idealfall – nur sie: Biohacker atmen durch die Nase ein und durch die Nase aus. Ja, solange irgendwie möglich auch beim Sport – und während der Nacht.



GUIDE Playlist

MIKE LOVE

„Meine best Vibrations“ Mike Love, Gründungsmitglied der legendären Beach Boys, verrät, welche Songs ihn selbst in Schwingung versetzen. Und warum er für Chuck Berry sein letztes Hawaiihemd gegeben hätte.

IN THE STILL OF THE NIGHT (1956) „Die Doo-Wop-Musik der Fünfziger hat uns sehr inspiriert. Von einer Gruppe namens The Five Satins stammt der wunderschöne Song ‚In the Still of the Night‘. Damals haben wir den oft gesungen. Ich habe den Bass-Part übernommen, mein Cousin Brian die hohen Stellen, das hat großen Spaß gemacht. ‚In the Still of the Night‘ war einer der großen Hits dieser Zeit.“

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THE REGENTS

CHUCK BERRY

THE EVERLY BROTHERS

BARBARA-ANN (1961)

SWEET LITTLE SIXTEEN (1958)

DEVOTED TO YOU (1959)

„Unser Hit ‚Barbara Ann‘ war ein Cover. Ursprünglich stammt der Song von den Regents, einer Band von der Ostküste. Die hatten ein großartiges Arrangement. Brian hat sich davon inspirieren lassen, wir verwenden es auf unserem Album ‚Beach Boys’ Party!‘. Wir haben nicht damit gerechnet, dass es ein derartiger Hit wird, weit oben in den Charts, sogar noch vor ‚Pet Sounds‘.“

„Diese Platte hatte uns zu ‚Surfin’ USA‘ inspiriert. Als ich einmal zusammen mit Chuck in einem Flugzeug saß, sagte er: ‚Mir gefällt, was ihr aus ‚Sixteen‘ gemacht habt.‘ Das war der Segen des Meisters! Übrigens: Als Urheber unseres Stücks wurden Chuck und Brian Wilson angeführt – ich wurde vergessen. Dabei stammt der Text eigentlich von mir.“

„Die Everly Brothers waren für Brian und mich als Heranwachsende eine Inspiration. Mittwochs sind wir immer mit ihren Songs auf den Lippen vom Jugendabend der presbyterianischen Kirche heimspaziert. Mit meiner Schwester Maureen haben wir aus deren zweiteiliger Harmonie eine dreiteilige gemacht. Die Everly Brothers haben viele schöne Songs geschrieben, diesen mag ich am liebsten.“ THE RED BULLETIN

MARCEL ANDERS

THE FIVE SATINS

Den QR-Code scannen und der Spotify-Playlist von Mike Love lauschen. thebeachboys.com

UDO SPREITZENBARTH

Für die Red Bulletin-Playlist packt Mike Love, 81, seine absoluten Feelgood-Songs aus. Im Podcast auf Spotify verrät er im Detail, was an seiner Auswahl so besonders ist. Mit Klassikern wie „California Girls“, „I Get Around“, „Do It Again“ und „Good Vibrations“ haben die Beach Boys mehr als 100 Millionen Platten verkauft, 29 Studioalben aufgenommen und unzählige Top-40-Hits gelandet. Ihre Karriere umspannt über sechs Jahrzehnte. 1961 begannen sie mit der Originalzusammensetzung, bestehend aus den Brüdern Brian, Carl und Dennis Wilson, ihrem Cousin Mike Love und dem Schulfreund Al Jardine. Heute ist Mike Love das einzig verbliebene Gründungsmitglied der Beach Boys, mit deren aktueller Zusammensetzung er heuer auf Jubiläumstour geht: Vor 60 Jahren erschien die erste Single – „Surfin’ Safari“.


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GUIDE Lesestoff

URBAN FANTASY

Der göttliche Clash der Kulturen US-Autor Kevin Hearne haucht archaischen Mythologien mit einer Portion Humor neues Leben ein. Gelernt hat er bei Homer – und zwar nicht Homer Simpson.

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kay, wirklich neu ist die Idee nicht. Bekanntlich erkannte ein gewisser Homer – nicht Simpson, sondern der mit dem Trojanischen Pferd – bereits vor knapp 3000 Jahren die epische Wucht, die in einem offenen Schlagabtausch zwischen Menschen und Göttern schlummert. Und dann immer wieder bedrohlich erwacht! Und er, also Homer, blieb damit nicht allein. Bis heute hat man sich im Laufe der Literaturgeschichte bei den polytheistischen Mythologien

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immer wieder recht ungeniert bedient, auch die ComicSzene hat sich da von „Thor“ abwärts einige fette Scheiben abgeschnitten. Warum auch nicht. Wenn es um klassische Archetypen geht, erweisen sich die Götterwelten von Olymp, Asgard & Co als wahre Fundgruben. Besonders üppig fällt die belletristische Beute aus himmlischen Gefilden seit Beginn des Fantasy-Booms Anfang des neuen Jahrtausends aus. Internationale Bestseller wie die Jugendromanreihe „Percy Jackson“

von Rick Riordan oder Neil Gaimans mittlerweile zum Kultbuch erhobene „American Gods“ ebneten den Weg für ein Subgenre der sogenannten Urban Fantasy, in dem, das ist der Markenkern, ein munteres Kommen und Gehen zwischen Realität und Mythologie herrscht. In dieser archaisch perforierten Welt fühlt sich auch der US-amerikanische Autor Kevin Hearne, 51, wie ein kleiner Gott. Gleichzeitig sind seine Romane ein gutes Beispiel dafür, wie man aus einem allgemeinen Trend etwas THE RED BULLETIN

VINZ SCHWARZBAUER

Text JAKOB HÜBNER


„Papier & Blut“, Kapitel 1, erster Absatz „Wenn man jemandem eröffnet, dass er vielleicht bald sterben muss, sollte man ihn am besten vorher zu einem Whisky einladen. Dann kann er ihn trinken oder ihn einem ins Gesicht schütten und wird sich dabei zumindest ein kleines bisschen besser fühlen. Das ist einfach ein Gebot der Höflichkeit.“

komplett Eigenständiges destillieren kann. Wenn man’s eben kann. Bekannt wurde Hearne mit seiner „Chronik des Eisernen Druiden“, die von „Gehetzt“ (2013) bis „Zerschmettert“ (2019) insgesamt neun Bände umfasst. Titelheld ist der irische Druide Atticus O’Sullivan, der aussieht wie ein einundzwanzigjähriger Hippie-Surfer, tatsächlich aber rund zweitausendeinhundert Jahre alt ist und ein legendäres Schwert auf dem Rücken sowie einige erstaunliche Fähigkeiten im Talon hat. Gemeinsam mit seinem klugen Gefährten Oberon (kein Elfenkönig wie im „Sommernachtstraum“, sondern ein Hund) liefert sich Atticus inmitten der USA des 21. Jahrhunderts mehr oder weniger blutige Scharmützel mit allerlei obskuren Wesenheiten – wobei Hearne nicht nur den keltischen, griechischen und nordischen Pantheon in voller Truppenstärke aufmarschieren lässt, sondern, wenn er schon dabei ist, auch Vampire, Werwölfe und noch deutlich seltsamere Kreaturen aus dem Fabelreich. Das Ergebnis ist ein Culture Clash von wahrlich göttlichen Ausmaßen. Und dank des – teils über Jahrtausende gereiften – zynischen Humors der handelnden „Personen“ im wahrsten Sinne des Wortes ein Heidenspaß. Aber es kommt noch besser. Im Spin-off „Die Chronik des Siegelmagiers“, von dem bisher zwei Romane – „Tinte & Siegel“, 2021, und „Papier & THE RED BULLETIN

Blut“, 2022 – erschienen sind, legt Kevin Hearne noch ein ordentliches Schäuferl elaborierten Wahnwitzes drauf. Im Mittelpunkt steht diesmal der stattliche Schotte Al MacBharrais, einer von weltweit fünf Spiegelmagiern, deren Job es ist, für Ordnung zwischen den Sphären zu sorgen und die Menschheit vor schurkischen Übergriffen aus der Welt der Mythologie zu schützen. Als Waffen dienen Al dabei Tinte und Papier, mit denen er magische Siegel erschaffen kann, die wie Zaubersprüche wirken. Ihm zur Seite stehen seine junge Managerin Nadia, die sich ganz vorzüglich auf den Nahkampf mit Rasiermessern versteht, der whiskysaufende Kobold Buck Foi, eine Rezeptionistin, die auf den schönen Namen Gladys hört und schon viel Übles erlebt hat – und ein erstaunlicher junger Mann mit Hund, der aussieht wie ein Hippie-Surfer …

KEVIN HEARNE „Papier & Blut – Die Chronik des Siegelmagiers“ (Klett-Cotta) Deutsch von Friedrich Mader und Tamara Rapp

BUCHTIPPS

Made in China Chinesische Autoren sind auf internationalen Bestsellerlisten längst keine Exoten mehr.

CIXIN LIU Der Auftakt der TrisolarisTrilogie von Cixin Liu, 59, wurde 2015 als erster chinesischer Roman mit dem Hugo Award, dem international renommiertesten Preis der Science-Fiction-Literatur, ausgezeichnet. Die deutsche Übersetzung erschien 2017 unter dem Titel „Die drei Sonnen“. „Der dunkle Wald“ (2018) und „Jenseits der Zeit“ (2019) komplettieren dieses faszinierende Meisterwerk. „Die drei Sonnen“ (Heyne)

JIN YONG „Wuxia“ steht für martialische Helden-Epen, in denen sich traditionelle Kampfkunst mit Versatzstücken der Fantasy-Literatur und spirituellen Einflüssen vereint. Als einer der Genre-Großmeister gilt Jin Yong (1924–2018), dessen opulente, dreiteilige „Legende der Adlerkrieger“ gerne als chinesisches Pendant zu Tolkiens „Der Herr der Ringe“ bezeichnet wird. Richtig großes Kino. „Die Legende der Adlerkrieger“ (Heyne)

CAI JUN Mit mehr als 13 Millionen verkauften Exemplaren zählt Cai Jun, 43, zu den produktivsten und erfolgreichsten ThrillerAutoren Chinas. In deutsche Übersetzung hat es bisher allerdings erst eines seiner Bücher geschafft: „Rachegeist“, ein düster angetragener Mix aus Suspense, Mystery und Horror, für den Cai Jun von der Kritik postwendend zum „chinesischen Stephen King“ geadelt wurde. „Rachegeist“ (Piper)

ZHOU HAOHUI Mit dem tödlichen Katzund-Maus-Spiel zwischen Polizeibehörden und einem Psycho-Serienkiller bedient sich Zhou Haohui, 44, in seiner Bestsellerreihe „18/4“ zwar eines ausgeweideten Thriller-Settings, die – aus westlicher Sicht – ungewohnten gesellschaftlichen Strukturen (inkl. Korruption) verpassen dem Genre aber einen spannenden neuen Anstrich. „18/4 – Der Hauptmann und der Mörder“ (Heyne)

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BORN FOR MORE

E-POWER PS-Boost auf Knopfdruck – der vollelektrische CUPRA Born begeistert mit noch mehr Sportlichkeit beim Fahren. CUPRA steht für Leidenschaft und Performance. Dass diese beiden Attribute auch in Verbindung mit nachhaltiger Elektromobilität vollends zur Entfaltung kommen können, zeigt der CUPRA Born. Denn ab sofort ist das neueste Modell der spanischen Challenger-Marke in zwei unterschiedlichen Ausführungen mit einer maximalen Leistung von jeweils 170 kW (231 PS) verfügbar. Die beiden Versionen sind mit der bereits bekannten 58-kWh-Batterie sowie mit der größeren 77-kWh-Batterie erhältlich. Ein interessantes Detail dabei: Die zusätzliche Leistung von 20 kW (27 PS) kann nicht nur per Kickdown mit dem „Gaspedal“, sondern auch über eine spezielle Boost-Taste direkt am Lenkrad des CUPRA Born aktiviert werden.

Maximale Performance vs. maximale Reichweite Je nach Batterievariante gelingt dem CUPRA Born mit E-Boost der Sprint von 0 auf 100 Stundenkilometer in 6,6 beziehungsweise 7,0 Sekunden. Dafür liegt beim CUPRA Modell mit der größeren 77-kWh-Batterie die Reichweite bei bis zu 547 Kilometern und damit über 100 Kilometer mehr. Zudem bieten beide Versionen ein zusätzliches Fahrprofil: Neben „Range“, „Comfort“, „Performance“ und „Individual“ gibt es den dynamischen „CUPRA“-Modus. Beide CUPRA Modelle verfügen serienmäßig über das beheizbare CUPRA Supersportmultifunktionslenkrad in Leder sowie über die glanzgedrehten 19-Zoll-Leichtmetallräder und Scheibenbremsen vorn mit 340 mm Durchmesser.


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* Wert im WLTP-Testzyklus bei kombinierten Stadt- und Straßenfahrten ermittelt. Tatsächliche Reichweite abhängig von Faktoren wie persönlicher Fahrweise, Streckenbeschaffenheit, Außentemperatur, Witterungsverhältnissen, Nutzung von Heizung und Klimaanlage, Vortemperierung, Anzahl der Mitfahrer.


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Sie rücken aus, um Menschen in höchster Not zu bergen: die Frauen und Männer der alpinen Flugrettung. Der langjährige Chefredakteur dieses Magazins, Robert Sperl, hat über diese Berghelden ein faszinierendes Buch verfasst – über ihr Leben, ihre Abenteuer und ihre Dramen. bergweltenbuch.com

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GUIDE Tipps & Trends

SEELENVERWANDT „TURN UP THE SUNSHINE“ VON ­DIANA ROSS & TAME IMPALA Wer verstehen will, wie sich die durch­geknallten 1970er-Jahre angefühlt haben (und warum man das 50 Jahre später wieder gut finden darf), höre dieses Lied: Gemeinsam mit den Psych­edelikern von Tame Impala erweist Soulkönigin Diana Ross den k­ nallgelben Minions im Soundtrack zum neuen Kinohit ihre Reverenz.

ZEICHEN DER ZEIT Klassisches Modell mit frischem Farbton

DER SOMMER, EIN WINTERMÄRCHEN T-SHIRT VON COLMAR

DIE GRÜNE UHR VIRO CHRONOGRAPH SILVRETTA CLASSIC VON UNION GLASHÜTTE Könnte diese Uhr einen Knicks ­machen, würde sie vor der Silvretta Classic auf die Knie gehen. Schließlich zollt dieses Union-Glashütte-­Modell der ­Oldtimer-Rallye durchs Montafon Tribut. Besonders auffällig: die grünen Chronographenringe. Die Uhr ist auf 200 Stück limitiert. union-glashuette.com

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Dialektik am T-Shirt tragen – ein ­Vergnügen, das uns Colmar in diesem Sommer bereitet. Wer das verstehen will, muss ­genau hinsehen. Bei detaillierter Betrachtung zeigt sich, dass das sommerliche Leiberl schnee­ bedeckte Berge, wattierte Anoraks und flotte Skiausrüstung zeigt. Die Erkenntnis? Passt. colmar.it

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GUIDE Event-Special

Auf den letzten Metern: Bergauf-Sprint beim Red Bull 400 Event in Bischofshofen im August 2019

RED BULL 400

Deine große Schanze 130 Meter Höhenunterschied und eine Steigung von 75 Prozent: Red Bull 400 ist der steilste Sprint der Welt – am 27. August geht’s erstmals auf die Bergisel-Schanze in Innsbruck. Voll gegen die Einbahn! The only way is up. Spitzensportler und Hobbyläufer laufen dort hinauf, wo sonst Skispringer hinuntersegeln: Auch in diesem August wollen rund 2000 Wagemutige die Bergisel-Schanze in Innsbruck gegen den Strom bezwingen. Goldadler Andreas Goldberger nennt Red Bull 400 „den härtesten Lauf“ seines Lebens – für den sich jedermann anmelden kann. Für Dominik Landertinger, den Biathlon-Weltmeister, liegt der Reiz in der extremen Steigung. „Die Distanz ist zu groß, um loszusprinten, da würde man eingehen – und zu kurz, um sie sich richtig einteilen zu können.“ Sind wir uns ehrlich: Es ist eine Distanz, die höllisch wehtun kann. „Man geht ans Limit, und die Laktattoleranz, die be88

nötigt wird, muss extrem hoch sein“, sagt Landertinger und lacht. „Ein bisschen einen Vogel muss man haben, es zu tun – aber es ist geil!“

Als Ärztin weiß sie, wie’s rasch aufwärtsgeht Nach vier Auflagen am steirischen Kulm und sechs weiteren auf der Paul-Außerleitner-Schanze in Bischofshofen feiert Red Bull 400 an der Innsbrucker Vierschanzentournee-Location, die von Star-Architektin Zaha Hadid 2002 fertiggestellt wurde, Premiere. Ein topmotivierter Stammgast ist Andrea Mayr. Als Ärztin arbeitet sie im Klinikum Gmunden in der Orthopädie und Traumatologie. Wie oft sie Red Bull 400

schon gewonnen hat, weiß sie gar nicht mehr. „Dreimal sicher.“ Aber als vielfache österreichische Meisterin, zweifache Olympionikin, dreifache Europameisterin sowie sechsfache Weltmeisterin im Berglauf ist der Schanzenlauf für sie eher ein entspannter Weekend-Run. „Es macht mir wirklich Spaß!“ Kleiner Wermutstropfen: „Ein paar Momente vor dem Start bin ich immer extrem nervös. Teilweise geht mir meine eigene Nervosität richtig auf die Nerven. Das ist der einzige Augenblick, den ich nicht genieße.“ Manchmal wird Mayr bereits beim Einlaufen richtig übel. Mit dem Startschuss legt sich das wieder. „Dieses Wissen beruhigt mich“, so die Berglauf-Ikone. „Der Lauf selbst ist einfach total lustig für mich.“ Nach 400 Metern bergauf folgt dann bestimmt die Belohnung am Gipfel? Andrea winkt ab. „Wenn ein Wettkampf gut gelaufen ist, dann ist die Glückshormonausschüttung Belohnung genug. Besser THE RED BULLETIN


Die Anmeldung zu den härtesten 400 Laufmetern der Welt:

PHILIPP CARL RIEDL/RED BULL CONTENT POOL, MIRJA GEH/RED BULL CONTENT POOL, STEFAN VOITL/RED BULL CONTENT POOL

redbull.com/400

geht’s eh nicht.“ Eine Frage, die dennoch bleibt: Wieso tut man sich die Schufterei mehr als einmal an? Mayr schwärmt: „Das gezielte Hinarbeiten auf Wettkämpfe ist schön. Aber ich bin schon so alt und mache das schon so lange, deswegen setze ich mir da irgendwie keine konkreten Wettkampfziele mehr. Aber nach drei Wochen ohne Bewerb merke ich schon, wie es wieder zu kribbeln beginnt.“ Der Sport verleihe ihrem Leben eben zusätzlich Flügel. Freizeitjogger, die diese konstante Disziplin nicht im System integriert haben und lieber die Beine hochlegen, als im Worst Case auf allen vieren eine Schanze hochzukriechen, sei gesagt, dass die applaudierende Menschenmenge ziemlich motiviert. „Leute stehen links und rechts, sind laut und pushen dich. Da hast du gar keine Möglichkeit auszusteigen.“

„Ich motiviere mich vor dem Rennen immer mit Rammstein.“ Dominik Landertinger, 34, Ex-Biathlet, Weltcupsieger und Red Bull 400-Läufer

Bei längeren Strecken hilft Andrea Mayr folgendes Wissen über ein Kurzzeittief hinweg: „Es ist immer schlimmer, aufgegeben zu haben, als mit einer schlechten Leistung ins Ziel zu kommen. Das ist während eines Wettkampfes meine Motivation, fix nicht aufzugeben.“

Erst Stiegen machen ihn so richtig heiß

„Der größte Lohn? Natürlich die Ausschüttung der Glückshormone!“ Andrea Mayr, 42, Langstreckenläuferin, Ärztin und Red Bull 400-Rekordhalterin

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Der Sportkommentator und Weltcupsieger im Biathlon Dominik Landertinger ist heuer ebenfalls wieder bei Red Bull 400 dabei. „Alles eine Einteilungssache“, sagt er. „Drei Monate vor dem Event sollte man mit dem Training beginnen, mit Laufen im Flachen, aber auch im bergigen Gelände. Zu Beginn zählt die Grundlagenausdauer, also langsame, lange Einheiten, dann kannst du immer wieder intensive Intervalleinheiten einbauen.“ Seine Wadeln werden mit Stiegenläufen auf Betriebstemperatur gebracht, für das Einlaufen sollte man 20 Minuten reservieren, empfiehlt Landertinger. Was ihn – neben Rammstein im Ohr – motiviert, wenn’s mal wo zwickt? „Wenn der Schmerz wirklich kommt, ist das bei Red Bull 400 einfach. Richtig auf die anderen fokussieren und schauen, dass die Gegner hinter dir sind“, sagt der Biathlon-Weltmeister. Und schon geht’s für ihn wieder bergauf.

Fakten zur Challenge, die Kraft, Ausdauer und Kampfgeist testet

2011

war das Geburtsjahr für Red Bull 400. Die Teilnehmer stellten sich damals dem legendären Kulm.

2000

Teilnehmer werden heuer auf der Bergisel-Schanze erwartet.

130

Höhenmeter mit einer Steigung von bis zu 75 Prozent sind zu überwinden.

2020

fand das letzte Red Bull 400 in Bischofshofen auf der PaulAußerleitner-Schanze statt.

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Personen bilden eine 4×-100Meter-Staffel: Gestartet wird im Männer-, Mixed- (mindestens zwei Frauen) und Firefighters-Format.

Rekorde Andrea Mayr führt die Bestenliste der Red Bull 400-Damen an.

3:47 Minuten

brauchte Andrea Mayr 2017 für die 400 Meter bergauf.

3:15 Minuten

In dieser Zeit lief Jakob Mayer 2018 die härteste Strecke der Welt.

2:03 Minuten

Die Feuerwehr BWG Rutzenmoos ist seit 2017 der amtierende Champion in der Feuerwehr-Staffel.

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GUIDE Kalender 19. bis 21. August

MOTORRAD - GRAND- PRIX VON ÖSTERREICH 2022

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Wenn die besten Fahrer am Red Bull Ring Gas geben, ist Nervenkitzel programmiert. Auf keiner Strecke sonst gab es bisher so viele Last-Corner-Entscheidungen mit Hochspannung bis zur Zielgeraden. Mit wohliger Gänsehaut erinnern wir uns an packende Duelle – und auch heuer, mit der neuen Schikane auf der Bergauf-Geraden als ActionMagnet, sind Zweirad-Fans schon in heller Aufregung. redbullring.com

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Oldtimer sind mehr als in die Jahre gekommene Fahrzeuge. Sie sind historische Kulturgüter und Zeitzeugen des technischen Fortschritts. Die Teilnehmer der Oldtimer-Rallye kommen aus 18 Nationen, 100.000 Fans versammeln sich entlang der Strecke. Zum 30-Jahre-Jubiläum führt die Route erstmals über die GroßglocknerHochalpenstraße. ennstal-classic.at

Das neue Album „MTV Unplugged (Live in Melbourne)“ von Tash Sultana, 27, aus Australien, genderfluid und tätig im Bereich des Singer-Songwritings, begeistert die Welt. Am 29. August kommt Sultana mit der ebenso rauen wie seidigen Stimme, die sich über fünf Oktaven erstreckt, in die Arena Wien. Pflicht! tashsultana.com

bis 23. Juli ENNSTAL-CLASSIC

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August MULTITALENT AUS DOWN UNDER

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JOERG MITTER / RED BULL CONTENT POOL, RORY BARNES

Pol Espargaró (li.) und Marc Márquez beim MotoGP 2021


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Juli SLIDEN BEI RED BULL LEDGEND

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bis 20. August MASSENHAFT MUSIK

MATTHIAS HESCHL/RED BULL CONTENT POOL, GEPA PICTURES, CAROLINE RIEDL, HANNES MAUTNER/RED BULL CONTENT POOL

Nach zwei Jahren Pause findet das Frequency Festival wieder am Gelände des VAZ St. Pölten statt. Am 17. August wird erstmals das „Prequency“ gefeiert – die offizielle Pre-Party für alle Early Campers –, an dem ausschließlich die Red Bull Stage bespielt wird. Headliner ebendieser sind Gayle, Folkshilfe, Jxdn und The Stickmen Project. Mehr Infos unter: frequency.at

Eine Ledge kann eine Kante eines Betonkastens sein, auch Stufen taugen für kunstvolle Sprünge. Über solche Hindernisse werden sich zwölf handverlesene Ledge-Skater mit einem Trick-Feuerwerk am Copa Beach Plaza in Wien begeben. SkateboardHero und Host Philipp Carl Riedl sowie weitere Judges entscheiden über Style- und Trick-Level. Riedl, kreativer Techniker, freut sich über die dritte Auflage des Events: „Viele Leute schauen den ganzen Tag zu. Der Fokus liegt auf der Action. Es ist nah an der Sache, und das Beste: Das Niveau steigt!“ Vier Startplätze zum Main Event werden vor Ort unter allen Teilnehmern des Open Qualifier vergeben. Registriere dich dafür auf: redbull.com/ledgend

„Es geht um die Essenz des Skateboardens.“ Philipp Carl Riedl, 37, ist das Mastermind hinter dem Tech-Skate-Fest.

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und 14. August HEISS AUF EIS Im Sportpark Kitzbühel steigt wieder das internationale Einladungsturnier mit den Gastgebern EC Red Bull Salzburg, Meister der win2day ICE Hockey League, und dem Vizemeister der PENNY DEL, Red Bull München. Komplettiert wird das top besetzte Pre-Season-Turnier mit dem EV Zug aus der Schweiz und dem Mountfield HK aus Tschechien. tickets.dieadler.at/events

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Simon Stricker zeigt beim Red Bull LEDGEnd 2021 seine Tricks.

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B O U L E VARD DER HEL DEN

ELLA FITZGERALD & NORMAN GRANZ

DAS GLÜCK DES LEBENS Serie: MICHAEL KÖHLMEIER erzählt die außergewöhnlichen Geschichten inspirierender Figuren – faktentreu, aber mit literarischer Freiheit. Folge 27: Wie die First Lady des Jazz die Konzerthäuser Amerikas eroberte.

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BELICTA CASTELBARCO, CLAUDIA MEITERT MICHAEL KÖHLMEIER

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GETTY IMAGES (3), PICTUREDESK.COM

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eine sehr verehrten Damen und Erstens schon einmal: dass in einem Herren.“ Pause. Im Saal manchKonzerthaus Jazz gespielt wurde. Zweitens: mal Hüsteln, manchmal Knistern, dass der Moderator einen simplen Freitag zum manchmal Rascheln. Noch einmal: heiligen Sonntag erklärt hat. Drittens: dass er „Meine sehr verehrten Damen und eine schwarze Sängerin mit dem Ehrentitel Herren. Heute ist Sonntag.“ Lange Pause. Im „First Lady“ bedachte, der ja nur einer einSaal mehr als tausend Menschen. Alle weiß. zigen Person zusteht, nämlich der Gattin des MICHAEL KÖHLMEIER Für Schwarze ist der Zutritt verboten. IrriPräsidenten. Viertens – und das empörte Der Vorarlberger tation: Es ist nicht Sonntag, Freitag ist. Ein vielleicht am meisten: dass der Moderator Bestsellerautor gilt Versprecher des Moderators? Oder Absicht? eine Schwarze mit Mrs. ansprach, und das als bester Erzähler deutscher Zunge. Aber wenn Absicht, mit welchem Zweck? vor tausend weißen Männern und Frauen. Zuletzt erschienen: Ein drittes Mal: „Meine sehr verehrten Der Moderator war zugleich der Organider Roman „Matou“, Damen und Herren, heute ist Sonntag, sator des Konzerts und der Manager von 960 Seiten, und ich bin stolz …“ Also doch Absicht. – Ella Fitzgerald und ihr engster Freund. Hanser Verlag. Sein Name: Norman Granz. Sehr lange Pause. „Ich bin stolz, Ihnen … die First Lady vorstellen zu dürfen.“ iel Geld verdienen, guten Jazz verbreiten, den RasWen? Die First Lady? Mamie Eisenhower? Mamie sismus bekämpfen – das dürfte Programm genug Eisenhower ist hier? Mamie Eisenhower interessiert sich sein für ein ganzes Leben. Es war das Leben und für Jazz? Und ihr Mann, Dwight D. Eisenhower, der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, ist der auch das Programm von Norman Granz. Wenn ich, dachte er hier? Warum wurde uns das vorher nicht gesagt? Wir als junger Mann, Punkt eins mit Punkt zwei verbinden hätten dann die besseren Sachen angezogen, wir dachten will, muss ich zuerst Punkt drei angehen. ja, für Jazz genüge das Legere. Wo sitzen die beiden, Warum? Weil das viele Geld nur in den großen Mamie und Ike? Unruhe, Köpfewenden, Tuscheln. Konzertsälen zu verdienen war und nicht in den heißen, „Meine Damen und Herren, heute ist Sonntag, beverqualmten, lärmenden, aber hippen Kellern, wo zwar grüßen Sie mit mir: Mrs. … Ella Fitzgerald … the First die wahre Kunst des Jazz gekocht wurde, aber nur für Lady of Jazz!“ Absolute Stille. Gesichter wie auf einer einen Bettel. Das eine sollte neben dem anderen beBeerdigung. Empört hochgezogene Brauen. Empörte stehen bleiben, auf jeden Fall. Was in den Kellern gekocht wurde, sollte von nun an auch in den Konzertsälen zu einem O zusammengezogene Münder. serviert werden – dort aber für ordentlich Geld. Nur: Es war ein Skandal. Ein dreifacher Skandal, ein vierfacher sogar. Und wie bei vielen Skandalen: Wenn es Die großen Konzertsäle standen erstens nicht – noch ihnen gelingt, den Kopfinhalt der Menschen neu zu nicht – dem Jazz offen, zweitens schon gar nicht, wenn mischen, sodass Vorurteile zerbröseln, dann kann man die Musiker schwarz waren. Wir schreiben das Jahr 1944. sich bereits nach wenigen Jahren nicht mehr vorstellen, Norman Granz wurde 1918 geboren und wuchs in dass so etwas jemals ein Skandal war. Was aber war Los Angeles auf. Er war der Sohn jüdisch-ukrainischer das Skandalhafte an diesem vierfachen Skandal? Einwanderer, in seiner Umgebung, erzählte er später,


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B OU L EVAR D DE R HE L D E N

seien zwölf Sprachen gesprochen worden, wer einen Fremden als seinen Feind betrachtet habe, dem sei nur die Einsiedelei übrig geblieben. Und dennoch: Wollte er irgendeine Veranstaltung besuchen, musste er sich in den Sektor der Weißen begeben, der abgetrennt war vom Sektor der Schwarzen, abgetrennt mit Seilen, klebrig von roter Farbe, die an den Händen haften blieb – damit leicht erkennt werden konnte, wer das Spiel nicht mitmachte. Es war ein böses Spiel. Schon als Kind war Norman Granz Rassismus zuwider. Sein Vater war befreundet mit einem schwarzen Automechaniker, Joe Bettis; an den Abenden spielten sie manchmal Schach miteinander – drinnen im Haus, nicht auf der Terrasse, auch wenn ein schöner Sommerabend war, man sollte sie nicht zusammen sehen. Irgendwann war es dann doch zu heiß, und der Freund zog sein Hemd aus. Da sah Norman, damals acht Jahre alt, die langen Narben auf dem Rücken von Joe Bettis. Als der Freund gegangen war, fragte er seinen Vater. Und der Vater erzählte es ihm.

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ußerdem mochte Norman die Musik der Schwarzen lieber als Mozart, Beethoven oder Brahms. Aber – wie gesagt – mit der Musik der Schwarzen ließ sich nur wenig Geld verdienen. Die großen Konzerthallen waren für Schwarze tabu, dort waren klebrige Seile gar nicht nötig. Dabei: Was die schwarze Musik alles zu bieten hatte! Ein paar Namen: Dizzy Gillespie, Oscar Peterson, Charlie Parker, Coleman Hawkins … und: Ella Fitzgerald. Ella Fitzgerald konnte singen wie niemand auf der Welt. Solche Virtuosität bei gleichzeitiger Gelassenheit, darüber sind sich die Fachleute bis heute einig, habe es vorher nicht gegeben und werde es nie mehr geben. Sie zwitscherte wie ein Vögelchen, und gleich darauf stürzte ihre Stimme ab in das Krachen eines Donners, der unmittelbar auf den Blitz folgt. Sie mischte Klagelaute mit Freudenschreien, kolorierte wie eine Opernsängerin, um mittendrin in das ordinärste Lachen auszubrechen, das schrill war, aber in der Tonart blieb. Mit Leichtigkeit und Gelassenheit tanzte ihre Stimme über drei Oktaven, das war – wörtlich – unerhört! Ein Kritiker schrieb: „Es ist, als hätten Gott und der Teufel sich zusammengetan, um eine Kathedrale zu bauen. Die Töne fliegen wie die Steine durch die Luft, und am Ende steht ein Gebäude, besser als die Welt, denn es ist das Einzige, was Gott und der Teufel gemeinsam geschaffen haben.“ Ella Fitzgerald war ein Wunder. Wer weiß war und sie hören wollte, der musste sich eine Schallplatte

Dass eine schwarze Sängerin als „First Lady“ vorgestellt wurde, empörte das Publikum am meisten.

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kaufen. Denn in die weißen Konzertsäle durfte sie nicht, und in die Jazzkeller traute sich das weiße Publikum nicht, jedenfalls nicht ohne Begleitung eines Schwarzen. Es war also nicht so, dass die Rassentrennung nur den Schwarzen auf die Nerven fiel, und bei Gott nicht jeder Weiße war ein Rassist.

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a war zum Beispiel Marilyn Monroe. Sie bewunderte Ella Fitzgerald, der Rassismus war ihr genauso widerlich, wie er Norman Granz widerlich war. Und Marilyn fand, es sei eine dreckige Schande, dass dieser unvergleichlichen Künstlerin nicht der ihr gebührende Respekt entgegengebracht wurde. Sie hatte mächtige Freunde. Und diese Freunde mobilisierte sie. In Norman Granz fand sie den stärksten Mitstreiter in den Vereinigten Staaten von Amerika, die so viel Wert auf die Freiheit legten und dann mit harten Knüppeln, giftigen Peitschen und rauen Stricken gegen die Freiheit vorgingen. Marilyn Monroe war selbst eine brillante Sängerin, sie und Ella Fitzgerald befreundeten sich, und Norman Granz gründete die Serie „Jazz at the Philharmonic“, deren Ziel es war, den Jazz als Kunst auf Augenhöhe mit der Klassik zu etablieren. Marilyn und Norman wollten aufs Ganze gehen. Nicht in New York in der Carnegie Hall sollte Ella Fitzgerald vor weißem, reichem Publikum auftreten – New York war liberal –, nein, im Süden, im tiefen Süden, wo jeden Sonntag vor den schmucken weißen Häuschen die Flagge der Konföderierten hochgezogen wurde. Dort sollten die heiligen Hallen der Musik erobert werden – dort, wo eine schwarze Frau einem weißen Lümmel im Bus ihren Platz abgeben musste. Die erste Adresse: das Orpheum Theatre in Memphis, Tennessee. Chuck Berry erzählte, als er ein Bub gewesen war, hätten er und seine Freunde sich einen Spaß daraus gemacht, über die breite Treppe vor dem Orpheum nach oben zu laufen, sie hätten miteinander gewetteifert, wer weiter komme, bevor sie vom Doorman verjagt wurden. Schwarze nämlich durften nicht einmal die Stiege zu diesem ehrwürdigen Gebäude betreten. „Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir: Mrs. Ella Fitzgerald, the First Lady of Jazz!“ Am Ende des Konzerts brach Jubel aus, die Menschen erhoben sich von ihren Plätzen und applaudierten eine halbe Stunde lang. Nie zuvor hatten sie solchen Gesang gehört. Ella Fitzgerald stand mitten auf der Bühne und nahm die Ovationen entgegen. Sie verneigte sich nicht. Sie stand da und schaute ernst in den Saal. Dann trat sie an die Rampe, beugte sich hinunter und gab Norman Granz die Hand und ließ sie nicht mehr los. Sie zog ihn zu sich auf die Bühne. Auch Marilyn Monroe bat sie, sich neben sie zu stellen. Da standen sie. Und verbeugten sich gemeinsam. Vielleicht hat die eine oder andere Besucherin, der eine oder andere Besucher nach diesem Abend die Welt anders gesehen, vielleicht hat der dumme Rassismus eine Beule abgekriegt. Mehr war nicht zu erwarten. Jedenfalls durfte Ella nicht die Toilette im Orpheum Theatre benützen. Extra für sie war ein Abort auf Rädern organisiert worden, der stand hinten im Hof.

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Vielleicht hat der eine oder andere Konzertbesucher nach diesem Abend die Welt anders gesehen.

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orman Granz hatte eine Welttournee organisiert, der Auftritt in Memphis war der Start, ein Donnerschlag gleich zu Beginn. Dann Australien. In Hawaii sollte das Flugzeug gewechselt werden. Ella wurde abgeführt. Auf Handschellen wurde verzichtet, zwei Polizisten, links und rechts je einer, das genügte. Norman Granz hatte, als er die Tickets besorgte, vergessen anzugeben, dass die Passagierin Ella Fitzgerald schwarz ist. Nein, er hatte es nicht vergessen. Er empfand es als unter der Würde der Künstlerin, unter seiner eigenen Würde, unter der Würde der ganzen Menschheit, auf diesen Umstand hinzuweisen. Der Weiterflug verzögerte sich um zwei Tage, das Konzert in Sydney musste verschoben werden. Norman beriet sich mit Ella, er

wollte vor Beginn des Konzerts auf der Bühne dem australischen Publikum erzählen, was im Flughafen von Honolulu geschehen war. Das wollte Ella nicht. Am 15. Juni 1996 starb die „First Lady of Song“. Frank Rich, Kolumnist der „New York Times“, schrieb in seinem Nachruf über ihren Gesang: „Er versetzt uns in ein Reich der Freude, jenseits aller Begrenzungen von Rasse oder Alter, Jazz oder Pop, hoher oder niederer Kunst.“ Dizzy Gillespie soll einmal über Ellas Stimme gesagt haben: „Sie ist zeitlos, das aber heißt: Sie ist die erste Stimme, die unser Gott erschaffen hat.“ Fünf Jahre nach Ella Fitzgerald starb Norman Granz. Ella über Norman: „Er war mein Freund, das Glück meines Lebens.“ Norman über Ella: „Sie war meine Freundin, das Glück meines Lebens.“

Michael Köhlmeiers Geschichten gibt es auch zum Anhören im Podcast-Kanal von The Red Bulletin. Zu finden auf allen gängigen Plattformen wie Spotify, auf redbulletin.com/podcast oder einfach den QR-Code scannen.


IMPRESSUM

THE RED BULLETIN WELTWEIT

Aktuell erscheint The Red Bulletin in sechs Ländern. Das Cover unserer deutschen Ausgabe zeigt den schwedischen Slopestyle-Rider Emil Johansson, 23, der im Interview ausführlich über sein bemerkenswertes Comeback spricht. Mehr Geschichten abseits des Alltäglichen findest du auf: redbulletin.com

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Gesamtleitung Andreas Rottenschlager (Ltg.), Sara Car-Varming Chefredaktion Andreas Wollinger Creative Direction Erik Turek (Ltg.), Kasimir Reimann Art Direction Marion Bernert-Thomann, Miles English, Tara Thompson Textchef David Pesendorfer Grafik Martina de Carvalho-Hutter, Kevin Faustmann-Goll, Cornelia Gleichweit Fotoredaktion Eva Kerschbaum (Ltg.), Marion Batty (Stv.), Susie Forman, Tahira Mirza, Rudi Übelhör Digitalredaktion Christian Eberle-Abasolo (Ltg.), Lou Boyd, Marie-Maxime Dricot, Melissa Gordon, Lisa Hechenberger, Elena Rodríguez Angelina, Julian Vater, Benjamin Wolf Editor in Chief Global Content Tom Guise Head of Audio Florian Obkircher Chefin vom Dienst Marion Lukas-Wildmann Managing Editor Ulrich Corazza Publishing Management Ivona Glibusic, Bernhard Schmied, Melissa Stutz Managing Director Stefan Ebner Head of Media Sales & Partnerships Lukas Scharmbacher Head of Co-Publishing Susanne Degn-Pfleger Editorial Director Alexander Müller-Machek Projektmanagement Co-Publishing, B2B-Marketing & Communication Katrin Sigl (Ltg.), Katrin Dollenz, Thomas Hammerschmied, Teresa Kronreif (B2B), Eva Pech, Valentina Pierer, Stefan Portenkirchner (Communication), Jennifer Silberschneider, Sophia Wahl Creative Services Verena Schörkhuber-Zöhrer (Ltg.), Sara Wonka, Tanja Zimmermann, Julia Bianca Zmek, Edith Zöchling-Marchart Commercial Management Co-Publishing Alexandra Ita Editorial Co-Publishing Raffael Fritz (Ltg.), Gundi Bittermann, Michael Hufnagl, Alexander Klein, Irene Olorode, Mariella Reithoffer, Wolfgang Wieser Executive Creative Director Markus Kietreiber Senior Manager Creative Elisabeth Kopanz Art Direction Commercial & Co-Publishing Peter Knehtl (Ltg.), Luana Baumann-Fonseca, Silvia Druml-Shams, Erwin Edtmayer, Simone Fischer, Andreea Gschwandtner, Lisa Jeschko, Araksya Manukjan, Carina Schaittenberger, Julia Schinzel, Florian Solly, Sophie Weidinger, Stephan Zenz Head of Direct to Consumer Business Peter Schiffer Direct to Consumer Business Marija Althajm, Victoria Schwärzler, Yoldaş Yarar (Abo) Retail & Special Projects Manager Klaus Pleninger Anzeigenservice Manuela Brandstätter, Monika Spitaler Herstellung & Produktion Veronika Felder (Ltg.), Martin Brandhofer, Walter O. Sádaba, Sabine Wessig Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Claudia Heis, Nenad Isailović, Sandra Maiko Krutz, Josef Mühlbacher Finanzen Mariia Gerutska (Ltg.), Elisabeth Maier MIT Christoph Kocsisek, Michael Thaler IT Service Desk Maximilian Auerbach Operations Alice Gafitanu, Melanie Grasserbauer, Alexander Peham, Thomas Platzer, Raphaela Pucher Projekt Management Dominik Debriacher Assistant to General Management Sandra Artacker Herausgeber & Geschäftsführer Red Bull Media House Publishing Andreas Kornhofer Verlagsanschrift Am Grünen Prater 3, A-1020 Wien Telefon +43 1 90221-0 Fax +43 1 90221-28809 Web redbulletin.com Medieninhaber, Verlag & Herausgeber Red Bull Media House GmbH, Oberst-LepperdingerStraße 11–15, A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i, Landesgericht Salzburg, ATU63611700 Geschäftsführer Dkfm. Dietrich Mateschitz, Dietmar Otti, Christopher Reindl, Marcus Weber

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NICOLAS MAHLER

N IC OL AS M A H L ERS SPI T Z F ED ERL ICH ES CH A R A K T ER-K ABINE T T

Die nächste Ausgabe des RED BULLETIN erscheint am 9. August 2022.

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S P E E D M A S T E R M O O N WAT C H Im Juli 1969 bekam die Speedmaster ihren Spitznamen, als erste Uhr, die auf dem Mond getragen wurde. 1970 übertraf sie alle Erwartungen, als sie dabei half, die Crew der missglückten Apollo 13 sicher auf die Erde zurückzubringen. Die legendäre Moonwatch ist zudem als Master Chronometer zertifiziert. Diese unabhängige Zertifizierung des Eidgenössischen Instituts für Metrologie (METAS) garantiert mehr Präzision, Verlässlichkeit sowie höchste Widerstandsfähigkeit gegen Magnetismus.


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