RePHlex Ausgabe 38

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LGBTQ+ – Stereotypen und Stellungsnahmen Zum Thema zwischenmenschliche Beziehungen gilt es auch, über die verschiedenen Stereotypen zu sprechen, welche der LGBTQ+-Community gegenüber vorkommen. Vor allem durch die Geschehnisse in den USA und die Proteste in Polen sind diese wieder zu einem präsenten Thema geworden. “Trump vs. LGBTQ+“ ist eine immer wiederkehrende Diskussion, und der polnische Präsident kommt momentan wegen seiner beängstigenden Intoleranz gegenüber LGBTQ+-Menschen und Frauenrechten unter Feuer. Wir haben deshalb einige der verbreitetsten Klischees zu vier verschiedenen sexuellen Orientierungen genommen und je eine Person mit dieser Orientierung gebeten, sich dazu zu äussern. Text Dorina Kista, Lisa Rebmann und Gioia Rodriguez Illustration Lisa Rebmann

Schwul Stereotyp: „Homosexuelle gehen allgemein mit Sex offener um – vor allem, wenn sie geoutet sind.“ Stellungnahme: Männliche Homosexuelle achten darauf, mit wem sie über das Thema Sex reden und wie tief das Thema mit der jeweiligen Person thematisiert werden kann. Sie tendieren eher mit Leuten über das Thema zu sprechen, von denen sie wissen, dass sie nicht aufgrund ihrer Sexualität abgewiesen werden. Das liegt unter anderem an der Vielschichtigkeit des Themas Sex bei Schwulen und der intensiven, persönlichen Auseinandersetzung damit. Dadurch, dass unsere Wahrnehmung und unser Interesse bezüglich Sex bei vielen Heterosexuellen über die „normale“ Vorstellung hinauswachsen kann, kommt es leider immer wieder zu Missverständnissen und Abwertungen. Die abwertende Haltung entsteht vor allem durch die Erziehung der Eltern, Religion, Bildungslücken in der Sexualität, Normen der Gesellschaft und vielen weiteren Faktoren. Dabei kann das Thema Sex bei den Heterosexuellen genau so bunt und vielfältig wie bei den Homosexuellen sein. Jedoch wird leider vieles, was von der Norm abweicht, als „pervers“ oder „grusig“ abgestuft und die Leute bekommen Hemmungen. Sie trauen sich dann nicht das Thema anzusprechen oder sich damit zu befassen, da man eventuell abgestempelt wird. Und genau da entstehen dann Blockaden, welche die Kommunikation behindern und zu Verständnislosigkeit und Missverstehen führen. Als Homosexueller mit gleichgesinnten oder mit anderen LGBTQ+-Zugehörigen über Sex zu reden ist wesentlich einfacher, da wir uns etwa auf der gleichen Wellenlänge befinden und uns auch gegenseitig eher akzeptiert fühlen. Bei Menschen, die wir kaum kennen, checken wir erst ab, ob die Person imstande ist, über das Thema zu reden. Sex kann nämlich ein ernstes Thema sein, und wenn die Person nicht imstande ist, ernsthaft darüber zu reden oder die jeweilige Sexualität nicht anerkennt, kann es zu negativen Reaktionen kommen, was sehr unangenehm sein kann. Als geouteter Homosexueller kommt es vor, dass Leute nachfragen, wie der Sex zwischen zwei Gleichgeschlechtlichen läuft. Oftmals spürt man auch ein gewisses Interesse, auf welchem sich eine Diskussion aufbauen lässt. Wenn man geoutet ist und auch akzeptiert wird, hat man als Homosexueller tendenziell weniger Hemmungen und Angst, über das Thema Sex zu reden oder dieses anzusprechen, da man sich oft persönlich bereits tief mit dem Thema auseinandergesetzt hat. – Der freundliche Schwule aus der Nachbarschaft Unser Kommentar: Ein Thema, das viel Offenheit erfordert. Wir können gut nachvollziehen, dass man sich mit “Gleichgesinnten” eher darüber unterhält, weil man sich verstanden und aufgehoben fühlt. Schade ist es, dass Sex im 21. Jahrhundert noch immer als Tabu-Thema gilt, weshalb wir hier Potenzial sehen, daraus auszubrechen und unsere Zukunft offener, aufgeschlossener und empfänglicher für Neues zu gestalten.

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