8 minute read

PORSCHE 911 CARRERA RS 2.7

Next Article
FERRARI FOREVER

FERRARI FOREVER

Sein Alter sieht man ihm gar nicht an. Ganz im Gegenteil: Er sieht frischer aus denn je. Vielleicht hat ihm der enorme Fahrtwind einfach die Falten aus dem Gesicht geweht? Aber Lachfalten, die darf er haben. Und zwar aus gutem Grund: Er ist einer der begehrtesten Sportwagen der Welt. Ein Liebhaber-Stück – viel zu schade, um nur in der Garage zu stehen. Die Rede ist natürlich von dem einzigartigen, „the one and only“ „Entenbürzel“! Besser bekannt als der Porsche 911 Carrera RS 2.7, der vor 50 Jahren das Licht der Welt erblickte.

Der Entenbürzel-Spoiler fasziniert bis heute Porsche-Enthusiasten. Denn er unterscheidet sich durch seine Form von den anderen Elfern. Heute hat er viele Beinamen, aber egal wie man ihn nennt, die Bedeutung ist einzigartig: Zu seiner Zeit war er der schnellste deutsche Serienwagen und das erste Serienmodell mit Bug- und Heckspoiler – letzteres verlieh ihm auch den Spitznamen „Entenbürzel“. Auch wenn die Geschichte des Porsche RS schon 50 Jahre alt ist, ist die Faszination Porsche ungebrochen. Die Form, die Technik und die erfolgreiche Verbindung zum Motorsport sind alles Säulen, auf denen der Mythos Porsche und mit ihm speziell die der „Elfers“ erbaut ist. Seit Jahrzehnten ist der 911er der Inbegriff des Sportwagens. Wer sich einen Porsche kauft, der kauft nicht einfach nur ein Auto zum Bewegen, der kauft sich einen Traum auf vier Rädern, den man hegt und pflegt und damit an Sonntagen seine Lieblingsstraßen entlangfährt. Während der 911er technisch betrachtet mit der Zeit gegangen ist, besitzt der „Entenbürzel“ noch die pure Faszination. Er ist das Nonplusultra eines wahren Rennwagens.

Advertisement

Lassen sie uns ein halbes Jahrzehnt zurückzuschauen. Wir schreiben das Jahr 1972, und aus welchem heute unerdenklichen Grund auch immer kam jemand bei Porsche auf die glorreiche Idee, man könnte doch zum Ausprobieren einfach ein paar Plastik-Bürzel und ProformaSpoiler anbringen. Hatte da eventuell einer die Luftzirkulationen im Hinterkopf? Jedenfalls verdankt der Porsche RS diesem Versuch bis heute seinen Spitznamen. Der eigentliche Fokus der Ingenieure lag nämlich auf einer noch leistungsfähigeren 911er-Version für den Einsatz im GT-Rennsport. Der Weg war frei und der Wagen wurde Kult.

Anfangs plante Porsche nur 500 Autos auf den Markt zu bringen, um den 911 Carrera RS 2.7 für die Gruppe 4, eine spezielle Kategorie der GT-Fahrzeuge und den Rennsport, zu homologisieren. Dass daraus eine Ikone entsteht, über die noch viele Generationen reden würden, damit rechneten die Macher nicht. Am 5. Oktober 1972 feierte das neue Modell auf dem Pariser Autosalon an der Porte de Versailles Premiere, bereits Ende November waren alle 500 Fahrzeuge verkauft. Von dem Erfolg überrascht verdreifachte Porsche den Absatz bis Juli 1973. Insgesamt entstehen schließlich 1.580 Fahrzeuge und der Porsche 911 Carrera RS 2.7 wird damit über die bereits zugelassene Gruppe 4 auch für die konkurrenzstarke Gruppe 3 homologiert.

200 Fahrzeuge baut Porsche in der Leichtbauversion „Sport“, in der Rennversion entstehen 55 Einheiten, 17 als Basisfahrzeug sowie 1.308 Fahrzeuge in der Touring-Version. Beim 911 Carrera RS 2.7 „Leicht“ wird das Interieur je nach Kundenwunsch und Produktionsdatum auf das Notwendigste beschränkt, unter anderem fehlen Rücksitze, Teppiche und eine Uhr, Kleiderhaken und Armlehnen. Zwei leichte Sitzschalen ersetzen auf Kundenwunsch schwerere Sportsitze. Sogar das Porsche-Wappen auf der Fronthaube wird anfangs geklebt, um Gewicht zu sparen. Im Vergleich zum Ausstattungspaket „Touring“ wiegt der „Sport“ 115 Kilogramm weniger und kommt auf gerade mal 960 Kilogramm Leergewicht. Sein Preis: 34.000 Mark.

Der Porsche 911 Carrera RS 2.7 ist ein Sportwagen, der den Spagat zwischen Alltagstauglichkeit und atemraubender Beschleunigung meisterte.

PHANTASTISCHE 210 PS UND EIN UNGEWÖHNLICHES AERODYNAMIKKONZEPT SPRACHEN FÜR SICH, DER PREIS VON MINDESTENS 34.000 DEUTSCHEN MARK STRAHLTE EXKLUSIVITÄT AUS

POWER

SPEED

210 PS UND 240 KM/H KLINGEN HEUTE JA NICHT MEHR SO BERAUSCHEND WIE VOR 50 JAHREN, ALS SIE FÜR DEN TITEL „DEUTSCHLANDS SCHNELLSTES SERIENAUTO“ REICHTEN

Auch mit geschlossenen Augen weiß man sofort, wessen Motor da aufheult. Dieser imposante Klang, bei dem man es kaum erwarten kann, endlich selbst hinters Steuer zu klettern und der Geschwindigkeit und der Leidenschaft der 1970er-Jahre nachzueifern. Der 2,7-Liter-Sechszylinder-Boxer mit Benzineinspritzung leistet beim 911 Carrera RS 2.7 starke 210 PS - das reichte in der Sport-Version für eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 5,8 Sekunden. Damit durchbrach der 911 Carrera RS 2.7 als erster Serienwagen die Sechs-Sekunden-Marke im Test der deutschen Fachzeitschrift auto, motor und sport. Die Höchstgeschwindigkeit lag jenseits von 245 km/h.

Der RS 2.7 legte damit den Grundstein zur idealen Synthese zwischen Gewicht, Leistung, Aerodynamik und Fahrverhalten. Heute beeindruckender denn je sind nach wie vor die große Fahrbarkeit im Alltag sowie die Art, wie der Porsche 911 RS 2.7 seine Leistung auch bei schnellem Antritt auf die Fahrbahn bringt. Mit dem 911 Carrera RS 2.7 entwickelt Porsche aber nicht nur einen Sportwagen für die Rennstrecke, sondern ein Auto, das Kunden ebenso im Alltag nutzen können. Als der RS auf den Markt kam, beschrieb das Werbematerial von Porsche ihn als ein Auto, das alles kann, vom Pendeln im Berufsverkehr bis zum Rennsport am Wochenende – und das, ohne sich zu beschweren. In der Werbung heißt es damals: „Sein Repertoire: Per Achse zum Rennen und wieder nach Hause. Montag ins Büro. Dienstag nach Genf. Abends zurück. Mittwoch zum Shopping. City. Stauung. Kriechverkehr, aber keine Kerze verrußt, keine Kupplung streikt. Donnerstag Landstraße, Autobahn, Serpentinen, Feldwege, Baustellen, Freitag nur Kurzstrecke und immer wieder Kaltstarts. Samstag mit Urlaubsgepäck nach Finnland. Carrera RS – beim Sprint wie beim Marathon voll unerschöpflicher Reserven.“ Der berühmteste Elfer der 70er-Jahre war der Startschuss für RS-Versionen weiterer 911er-Generationen. In den folgenden Jahren nutzt Porsche den Namenszusatz „Carrera“ für die am stärksten motorisierten Fahrzeuge. Das spanische Wort bedeutet auf Deutsch „Rennen“, RS auf dem Heckspoiler steht für Rennsport. Der Carrera versteht sich zudem laut zeitgenössischer Aussage als „Qualitätsprädikat für eine technische Delikatesse, die sich auf Rennpisten und Rallyestrecken bewährt hat“. Kurz: ein idealer Name auch für das künftige Spitzenmodell des 911. „Wir wollten den schon berühmten Namen ‚Carrera‘ einem Serienmodell zuordnen und überlegten uns, wie wir das am besten darstellen könnten“, erinnert sich Harm Lagaaij, damals Designer bei Porsche. Sie entscheiden sich für die Fläche zwischen den Radhäusern.

Erfolg auf der Rennstrecke, Kultstatus auf den Straßen weltweit. Ein Hauch von Glamour und Hollywood schwelgt im Motorenklang. So war es auch nicht verwunderlich, als Porsche Design Anfang 2021 den Schauspieler und Motorsport-Enthusiasten Patrick Dempsey ins Team holte und ihn zum Gesicht für die Eyewear der Marke machte. Ob als Schauspieler, Regisseur, Rennfahrer oder Sportler: Patrick Dempsey verfolgt konsequent seine Ideen und Visionen und versucht, immer das Beste aus sich und seinen Projekten herauszuholen. Doch den Hollywood-Star und die exklusive Lifestyle-Marke verbinden nicht nur die gleichen Initialen – PD – sondern auch die Leidenschaft für Motorsport, Präzision und Perfektion. Dempsey ist selbst begeisterter Porsche-Fahrer, besitzt ein eigenes Rennteam und hegt dadurch eine langjährige, intensive Beziehung zur Marke Porsche. Als Rennfahrer trat er mehrfach beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans an und schaffte es 2015 in der Klasse GTE-Am auf den zweiten Platz.

So sah sie aus: Die Porsche-Werbung für den 911 2.7 RS. Dabei richtete sich die Porsche-Werbung explizit nur an Männer.

Der „Entenbürzel“: Eine lebende Legende, die mit jedem Kilometer mehr Fans gewinnt. Zwar heute nicht unbezahlbar, aber wer mit einem dieser Schmuckstücke liebäugelt, muss schon mal mehr als eine Million Euro auf den Tisch legen. Inspiriert vom 911 Carrera RS 2.7 von 1972 kam im Frühjahr 2022 ein 911 Sport Classic in gestaffelter und limitierter Stückzahl auf den Markt – zwar nicht das Original, aber für den Geldbeutel bedeutend erschwinglicher. Egal wie man sich entscheidet: Der Faszination des „Entenbürzels“ kann man sich nicht entziehen. Er ist wohl die automobile Ikone, über die man nie müde wird zu reden.

Porsche 911 Carrera RS 2.7 Touring Baujahr 1973, motorluftgekühlter Sechszylinder-Boxer, 2687 ccm, OHC pro Zylinderreihe, mechanische Bosch-Saugrohreinspritzung, Motorleistung 210 PS bei 6300 U/min, Drehmoment 255 Nm bei 5100 U/min, Kraftübertragung Fünfgang-Schaltgetriebe, Hinterradantrieb Lenkung Zahnstange Fahrwerk vorn: MacPherson-Federbeine, Torsionsstäbe, Stabilisator; hinten: Längslenker, Torsionsstäbe, Teleskopstoßdämpfer, Stabilisator Bremsen belüftete Scheiben, Gewicht 1075 kg, Höchstgeschwindigkeit 240 km/h, Beschleunigung 0–100 km/h in 6,3 s

Porsche 911 Carrera RS 2.7 Sportversion Baujahr 1973, motorluftgekühlter Sechszylinder-Boxer, 2687 ccm, OHC pro Zylinderreihe, mechanische Bosch Saugrohreinspritzung, Motorleistung 210 PS bei 6300 U/min, Drehmoment 255 Nm bei 5100 U/min, Kraftübertragung Fünfgang-Schaltgetriebe, Hinterradantrieb, Lenkung Zahnstange, Fahrwerk vorn: MacPherson-Federbeine, Torsionsstäbe, Stabilisator; hinten: Längslenker, Torsionsstäbe, Teleskopstoßdämpfer, Stabilisator Bremsen belüftete Scheiben, Gewicht 960 kg, Höchstgeschwindigkeit 245 km/h, Beschleunigung 0–100 km/h in 5,8 s

STYLE

DER PORSCHE 911 CARRERA RS 2.7 BESITZT HEUTE VIELE BEINAMEN. EINZIGARTIG IST DABEI SEINE BEDEUTUNG: ER WAR ZU SEINER ZEIT DER SCHNELLSTE DEUTSCHE SERIENWAGEN UND IST DAS ERSTE SERIENMODELL MIT BUG- UND HECKSPOILER

Patrick Dempsey ist festes Mitglied der Porsche-Motorsportfamilie und seit Anfang 2021 das Gesicht der Marke Porsche Design Eyewear.

Eine der Werbeanzeigen für den Porsche 911 RS 2.7 würde heute die strengen Sittenwächter auf den Plan rufen.

www.icons-of-cool.com

This article is from: