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Text: Joachim Fischer ∙ Fotos: Maximilián Balázs

Wenn man den Begriff „Automobil-Enthusiast“ in die GoogleSuchmaske eingibt, bekommt man ungefähr 24.800.000 Ergebnisse angezeigt. Weltweit. Grenzt man die Suche etwas ein, etwas regionaler wie beispielsweise mit dem Begriff „Heizr“ für den Heizr Club, sind es immerhin noch 1.540 Ergebnisse und bei „Classic Car Refugium“ erstaunliche 2.710.000 Treffer. Bei solch einer zahlenstarken Betrachtung war es dann folgerichtig, sich mit den beiden Automobile-Enthusiasten Felix Bauermeister – für den Heizr Club – und Karsten Helber – für das Classic Car Refugium – zu treffen. Mit dabei, beziehungsweise eher mittendrin der Fotograf Maximilián Balázs.

WENN SICH GEGENSÄTZE ANZIEHEN

ÜBER DIE LEIDENSCHAFT FÜR VERCHROMTE NOSTALGIE UND URSPRÜNGLICHES FAHRGEFÜHL BERICHTEN

Man könnte wohl meinen, dass die meisten Jugendlichen heute eher Uber als bevorzugtes Transportmittel bevorzugen. Ganz anders Felix Bauermeister, der einen Porsche 911 3.2 Carrera als Tagesfahrzeug nutzt. Wir trafen ihn zusammen mit Karsten Helber, um mehr über seine Leidenschaft für das Thema Automobil zu erfahren. Felix Bauermeister hat sein Studium in Reutlingen abgeschlossen und Praktika bei VW und Porsche absolviert. Inzwischen hat der Exil-Hamburger in der

Kommunikation des Stuttgarter Autobauers Mercedes-Benz seine berufliche Heimat gefunden, und in dieser Zeit wurde ihm bewusst, dass seine wahre Leidenschaft den Oldtimern gilt. Er selbst sagt es so: „Ich schätze einfach das alte Zeug.“ Die Faszination für besondere

Autos wurde ihm väterlicherseits schon sehr früh mitgegeben. „Mein drittes Wort war Porsche. Kein Scherz: Nach Mama und Papa kam gleich Porsche“, so der Fan der schwäbischen Sportwagen. Dass er sich einmal in der baden-württembergischen Klassiker-Szene engagieren würde, war damals aber noch nicht abzusehen: „Ich bin eigentlich ein

Hamburger Jung, doch nach dem Abi erstmal in die weite Welt hinaus gegangen und dann irgendwie im Süden hängengeblieben.“ Wie wir im Gespräch mit Felix erfahren, muss der Besitz eines automobilen Klassikers für einen jungen Automobilisten nichts Ungewöhnliches sein. „Man sollte sich auch nicht in Rechtfertigungsdruck bringen lassen“, rät Karsten Helber. Das gilt insbesondere dann, wenn man mit einem Sportwagen älterer Bauart auf der Straße unterwegs ist, der im Zeitalter von E-Mobilität unüberhörbar ist. „Wenn man etwas erklärt, ist man sofort in einer geschwächten Position“, findet auch Maximilián Balázs, der sich bei seiner Arbeit vor allem auf die Konstellation „Automobile mit Emotionen“ konzentriert. Karsten Helber ist mit seinem Classic Car Refugium seit vielen Jahren in der Sammlerszene vertreten. Wir trafen uns mit dem Diplom-Ökonom in seiner 2. Heimat um zu erfahren, warum er über sein Hobby zur Berufung kam und wohin sich der Markt für Sammlerfahrzeuge seiner Meinung nach künftig entwickeln wird.

Hallo Karsten, vielen Dank dafür dass Du Dir Zeit nimmst, mit uns über Deine Sammlung von wirklich außergewöhnlichen Fahrzeugen zu sprechen. Ganz offensichtlich hast Du ja eine große Affinität zu klassischen Autos – wo hat die ihren Ursprung?

Vor vielen Jahren habe ich mein erstes Auto auf dem Stuttgarter Autoport erworben. Manch einer mag sich daran noch erinnern, aber da gab es die tollsten Autos – für mich einen VW Käfer als Jubiläumsmodell. Damit ging alles los – und tatsächlich ist es mir gelungen, diese Fahrzeug wieder zu erwerben. Und so steht der Käfer nun inmitten meiner Sammlung.

Das können viele Menschen gut nachempfinden, vor allem, weil auch das Sammeln von Oldtimern immer verrückter und extremer wird. Magst Du uns erzählen, wie Du zum Betrieb des Classic Car Refugiums gekommen bist?

Nun, in erster Linie war ich auf der Suche nach einem sicheren Standplatz für meine Fahrzeuge. Und „Refugium“ ist das Synonym für einen sicheren Ort, an den man sich zurückziehen kann. Ein Zufluchtsort, wie der Duden das Wort erklärt. Ich ergänze gerne um die Begrifflichkeit „Betreutes Wohnen“ – für besondere Automobile. Nahe zur Stuttgarter Innenstadt und in Sichtweite von Autobahn sowie Flughafen gelegen, ein sicherer Ort, an dem man sein Fahrzeug gut aufgehoben weiß. Dies zum Preis von etwa 250 Euro im Monat pro Stellplatz – abhängig vom Umfang der Betreuung. Und diese Betreuung nimmt einen immer wichtigeren Stellenwert ein, da viele OldtimerEnthusiasten nicht immer über ausreichend Zeit und vielleicht auch nicht über das nötige Know-how verfügen, um ihre automobilen Schätze am Laufen zu halten. Zumal viele der Fahrzeuge ja auch eine immer komplexere Technik in sich tragen. Das Refugium steht jedem offen, der einen guten und sicheren Platz für sein Auto oder auch Motorrad sucht. Jeder, der sein Fahrzeug liebt, ist hier herzlich willkommen.

Im Classic Car Refugium ist mit Pemac Fahrzeugtechnik ein Partnerbetrieb beheimatet, der zum auf Old- und Youngtimer, junge und alte Raritäten, spezialisiert ist. Wie würdest Du das Zusammenwirken unseren Lesern beschreiben?

Ich bin ja kein Autohändler – eher ein Petrolhead, der nicht nur Benzin im Blut hat. Ich denke an Autos, fühle und lebe mit ihnen. Ich sehnte mich immer nach dem Ende des Arbeitstages, damit ich mich wieder auf die Autos konzentrieren konnte. Heute, viele Jahre später, bin ich mir sicher, dass dies der richtige Ausgleich war. Neben all den Porsche, BMW und Mercedes gibt so viele weitere Sport- und Rennwagen, die ich interessant fand und an denen ich auch arbeiten wollte. Ich empfinde es als Geschenk, sich auf die Autos fokussieren zu können, die man liebt. Glücklicherweise gab es immer andere, die die gleichen Autos liebten wie ich, was mein Engagement beim Classic Car Refugium erleichterte. Heute versuchen wir in Zusammenarbeit mit Pemac eine interessante Mischung aus erstklassigem Service für Sport- und Rennwagen in modernem Ambiente zu präsentieren, wie man es so nicht überall findet.

Wie stehst Du dazu, sich selbst in der Oldtimerszene zu engagieren?

Da geht es mir wie dem Felix. Für mich persönlich ist es extrem wichtig, in diese Szene involviert zu sein. Umso mehr begrüße ich auch, dass sich Felix mit seiner jungen Heizr-Community den Car guys der RETRO CLASSICS® nähert. Viele meiner treuesten und langjährigsten Wegbegleiter habe ich über das Thema Oldtimer kennengelernt. Wäre schön, wenn das auch in Zukunft so bleibt.

WER SICH FÜR OLDTIMER INTERESSIERT, SOLLTE EIN GEDULDIGER MENSCH SEIN

Wie wird der Sammlermarkt Deiner Meinung nach in Zukunft durch die wachsende Nachfrage nach jüngeren Autos beeinflusst werden, und wie wirst Du dich darauf einstellen?

Die Nachfrage nach jüngeren Autos, insbesondere nach individuellen Hochleistungsmodellen und Youngtimern, nimmt stetig zu. Ich denke, dass dieser Trend auf jeden Fall anhalten wird. Selbst die Interessen der älteren Kunden ändern sich, sie kaufen jetzt auch vermehrt jüngere Oldtimer. Für mich ist das ein fantastischer Trend, denn diese Fahrzeuge sind auch die, die mich interessieren.

Die folgende Frage geht wieder an Felix: Wie würdest Du den aktuellen Stand des Marktes für Sammlerfahrzeuge zusammenfassen? Was erwartest Du für die Zukunft?

Bei all der Diskussion um die Mobilität der Zukunft erkenne ich in meiner Altersgruppe einen Trend zum Oldtimer beziehungsweise Youngtimer – um darüber die eigene Individualität auszudrücken. Viele sind immer noch an besonderen Autos interessiert, tun sich aber schwer, Entscheidungen zu treffen. Auf der anderen Seite gibt es eine

Eine Location nicht nur für Automobilenthusiasten, sondern auch für all diejenigen, die Wert auf etwas Besonderes legen

große, etablierte internationale Gruppe, die sich interessante Ferrari, Porsche und Rennwagen leisten kann. Ich habe auch gelernt, dass sich der Markt immer ändert, und ich bin sicher, dass es immer eine Gruppe an Enthusiasten gibt – egal ob jung oder alt.

Felix, was sind Deine frühesten automobilen Erinnerungen?

Wie bereits erwähnt, wird mir nachgesagt, dass mein drittes Wort Porsche war – nach Mama und Papa! Die Idee, mir einen eigenen Oldtimer zuzulegen, kam mir schon recht früh. Wie bei den meisten Lesern der Retrowelt war mein erstes Auto eher unspektakulär, ein zuverlässiger VW Golf 4. Parallel dazu habe ich aber schon immer nach besonderen Autos, wie beispielsweise dem Volvo Amazon oder Mercedes W124 geschaut. Einerseits auffällig, andererseits solide. Ich wollte mich an die Technik herantasten und schauen, ob das Thema Oldtimer überhaupt etwas für mich ist. Letztendlich habe ich dann ein Mercedes W123 Coupé gefunden. Das war in einem Top-Zustand und hat null Probleme gemacht. Zum Zeitpunkt des Kaufs war ich 26 Jahre alt war. Ein eigener 911er Porsche war aber weiterhin mein großer Traum.

Wie war das dann mit Deinem Porsche,wie bist Du zu Deinem Traumfahrzeug gekommen?

Im September 2020 habe ich durch Zufall beim Googeln einen Porsche 911 3.2 Carrera aus 1986 gefunden. Eigentlich wollte ich kein rotes Auto haben, er war aber entsprechend günstig. Das einzige Problem war, dass der Wagen in England stand. Das Interesse war aber so groß, dass ich mich dazu entschloss, das Auto zu begutachten und letztlich auch zu kaufen. Die Fahrt nach Hause war eine Art Feuerprobe: Ich bin in Holland von der Fähre gefahren, weiter heim nach Stuttgart und habe dabei auch mal die Höchstgeschwindigkeit ausprobiert. Da er diesen Speed ausgehalten hat, wusste ich, dass er okay ist. Trotzdem schraubte er an dem Porsche-G-Modell noch etwas herum, was ihm neben dem Fahrspaß zusätzliche Freude bereitet habe. „Das Auto macht wahnsinnig Laune und hat mir letztendlich auch ein bisschen die Corona-Zeit versüßt“, so Felix Bauermeister. Sein neuerworbenes Schätzchen hat ihm jedoch deutlich vor Augen geführt, woran es in Stuttgart und Umgebung mangelt: „Ich bin schon seit meinem 20. Lebensjahr im Süden und bisher haben mir hier immer Oldtimerbegeisterte Freunde gefehlt – Leute, mit denen man mal Ausfahrten machen kann“. Deshalb gründete er den Heizr-Club. „Bei der ersten Ausfahrt waren wir sechs Autos, glaube ich. Ich habe mich damals schon gefreut, dass überhaupt jemand aufgetaucht ist. Beim zweiten Mal standen wir dann plötzlich schon mit 25 Elfern da“, erinnert sich der Organisator. Die Kommunikation der Club-Events läuft vollständig über Instagram. Der Altersdurchschnitt bei den Veranstaltungen liegt bei etwa 30 Jahren, für die teilnehmenden Fahrzeuge wird kein Mindestalter vorgegeben.

Erzähl uns doch ein bisschen über den Saisonabschluss mit RetroPromotion. Die Fusion von Jung und Alt, Oldtimern und Youngtimern. Hat es deine Erwartungen erfüllt? Oder sogar übertroffen?

Genau, am 23. Oktober haben wir uns auf Einladung des Organisators Karl Ulrich Herrmann am Saisonabschluss bei Möbel Hofmeister beteiligt. Das war ein toller Erfolg. Ich schätze, dass uns Hunderte Leute mit einer tollen Auswahl an Fahrzeugen besucht haben. Das Wetter hat uns voll in die Karten gespielt und die Location war auch eine super Szenerie für die Young- und Oldtimerszene. So kann das gerne auch im nächsten Jahr weitergehen!

Weiterführende Infos zu Felix Bauermeister mit seinem Heizr Club sowie Karsten Helber und dem Classic Car Refugium findet man unter https://heizr.com/ und www.classic-car-refugium.de

Schön ist es, Werte zu transportieren, die der nachfolgenden Generation ebenfalls Spaß machen

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Das Classic Car Refugium ist mehr als ein sicheres, diskretes Zuhause für automobile Raritäten und ein Ort der Zusammenkunft für Petrolheads

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