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MORBUS DUPUYTREN
In frühen Stadien könnten Anti-TNF-Therapien effektiv sein
Der Morbus Dupuytren ist eine Erkrankung der Sehnen der Hand in Form einer Fibromatose der Palmaraponeurose. Durch Verkürzungen der Sehnenstrukturen verlieren die Patienten dabei die Fähigkeit, ihre Finger zu strecken. Mutmaßlich primär genetisch bedingt, gelten Typ-2-Diabetes, Epilepsie, Alkohol und Rauchen als Risikofaktoren, aber auch Autoimmunprozesse werden diskutiert. Es fehlen zugelassene Therapien im Frühstadium, später lassen sich die Beschwerden in der Regel nur operativ verbessern, aber oft nicht dauerhaft. Auf Basis frühere Befunde wurde TNFα als mögliches Target identifiziert. Britische Experten um Jagdeep Nanchahal, Oxford, prüften in einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-IIb-Studie nun mit gewissem Erfolg Adalimumab in frühen Krankheitsstadien.
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Laborstudien hatten gezeigt, dass der M. Dupuytren eine lokale entzündliche Störung ist. Die Entwicklung und Erhaltung von Myofibroblasten (die für die Ablagerung und Kontraktion der Kollagenmatrix verantwortlich sind) ist abhängig von der Sekretion geringer TNF-Mengen durch lokale Immunzellen, einschließlich Makrophagen und Mastzellen. In einer PhaseIIa-Dosisfindungsstudie hatte 40 mg Adalimumab in 0,4 ml die beste Wirksamkeit gezeigt und es konnte eine Downregulation von Myofibroblasten-Markern nachgewiesen werden.
Positive Effekte von Adalimumab
Die Befunde lieferten die Rationale für die Phase-IIb-Studie zur Effektivität einer intraläsionalen Injektion von Adalimumab bei Dupuytren-Patienten in frühen Erkrankungsstadien (Streckdefizit <30°). Weiteres Einschlusskriterium war das Vorhandensein von klinisch ausgeprägten Knoten mit einer eindeutigen Progression in den 6 Monaten zuvor. Geeignete Patienten wurden aus zwei klinischen Zentren in Großbritannien rekrutiert und im Verhältnis 1:1 auf vier Adalimumab- oder Kochsalzinjektionen alle 3 Monate randomisiert. Zur Applikation wurde eine spezielle schmale Injektionsnadel verwendet, um Schmerzen im Rahmen der Prozedur gering zu halten, die Injektion erfolgte dabei in den die stärksten Beschwerden verursachenden Knoten. Primärer Endpunkt war der Härtegrad des Knotens in Monat 12, bestimmt mittels Durometer, sekundäre Endpunkte waren die Knotenfläche und die Veränderung beider Parameter in einem Follow-up bis Monat 18 (also 9 Monate nach der letzten Injektion) sowie die Streckfähigkeit, Griffstärke, PROs (Michigan Hand Questionnaire, MHQ), Progression zur Chirurgie und Nebenwirkungen. Die Daten wurden mit einem gemischten Regressionsmodell in der Intention-to-treat-Population mit multipler Imputation für fehlende Daten analysiert.
Zwischen Februar 2017 und Januar 2019 wurden 140 Patienten (darunter 34 % Frauen, mittleres Alter 59,7 Jahre) in die Studie eingeschlossen. Daten zum primären Endpunkt waren von 113 Teilnehmern verfügbar. Nach 12 Monaten war tatsächlich der Härtegrad des Knotens im Adalimumab- gegenüber dem Kochsalzlösung-Arm signifikant geringer (-4,6 AU, 95% KI -7,1 bis -2,2; p=0,0002). Auch die Knotenfläche nahm signifikant ab (-8,4 mm2, 95% KI -13,8 bis -2,9; p<0,0025). Überdies zeigte sich eine anhaltende, weitere Verbesserung des Härtegrads (-5,8 AU; p<0,0001) und der Knotenfläche (-14,4 mm2; p<0,0001) über 9 Monate nach der letzten Injektion. Im Hinblick auf die Knotenhöhe waren erst in Monat 18 signifikante Vorteile der Adalimumab-Injektionen erkennbar (-1,1 mm; p<0,0001). In diesem frühen Krankheitsstadium waren keine relevanten Effekte auf die Handfunktion ersichtlich, bei geringer Fallzahl bedurften weniger Adalimumab-Patienten einer Operation.
Es wurden keine mit der Therapie assoziierten schwerwiegende unerwünschte Ereignisse (UE) verzeichnet, die am häufigsten berichteten UE waren teils schwere Schmerzen an der Einstichstelle. Somit führte die wiederholte intraläsionale Injektion von Adalimumab bei Patienten mit Dupuytren-Erkrankung in frühen Stadien zur Erweichung der Knoten und Reduktion von deren Fläche. Um die Effekte der TNFα-Inhibition auf die Krankheitsprogression, Streckfähigkeit und Handfunktion genau beurteilen zu können, bedarf es allerdings eines deutlich längeren Follow-up von 10 Jahren (die Nachbeobachtung dauert noch an). m
ARTHROSE Kurzzeitige Schmerzlinderung durch Steroidinjektion
Während sich intraartikuläre Steroidinjektionen bei Patienten mit Gonarthrosen in den meisten Studien bewährt haben, sind deren Effekte bei Coxarthrose unklar. Britische Experten um Zoe Paskins, Stoke-on-Trent, publizierten jetzt insgesamt positive Daten einer großen kontrollierten Studie, in denen Patienten mit leichter bis mittelschwerer Hüftarthrose über bis zu 6 Monate von einer Ultraschall (US)-gesteuerten Injektion von Kortikosteroiden und Lokalanästhetika in den Gelenkraum profitierten.
In die pragmatische, randomisierte, einfach-verblindete Parallelgruppenstudie HIT wurden 199 Patienten mit Hüftarthrose und zumindest mäßig starken Schmerzen (im Mittel 62,8 Jahre alt, 57 % Frauen, Schmerzen auf NRS im Mittel 5,7) eingeschlossen, die im Verhältnis 1:1:1 auf eine Fortsetzung der konservativen Therapie (Physiotherapie, Analgetika, Rat zu Sport und Gewichtsreduktion) oder zusätzlich unter US-Steuerung auf eine i.a.-Injektion 5 ml 1 % Lidocain oder mit 40 mg Triamcinolonacetonid und 4 ml 1 % Lidocainhydrochlorid randomisiert wurden. Primärer Endpunkt war die Schmerzreduktion auf einer NRS (0-10), die nach 2 Wochen, 2, 4 und 6 Monaten erfasst wurde. Über die 6 Monate hinweg war die Schmerzreduktion nach der i.a.-Injektion von Lidocain und Triamcinolon signifikant höher als mit alleiniger konservativer Therapie (durchschnittliche Differenz -1,43, 95% KI -2,15 bis -0,72; p<0,001), sie war aber nicht signifikant besser als die Lidocain-Injektion (durchschnittliche Differenz -0,55). Die beste Wirksamkeit erzielte die i.a. Triamcinolon plus Lidocain-Injektion bei Patienten mit USbestätigter Synovitis oder Effusion. Am stärksten waren die Effekte der kombinierten Injektion erwartungsgemäß nach 2 Wochen (-3,17), dann leicht nachlassend in Monat 2 (-1,81; zu diesen Zeitpunkten noch signifikante Vorteile vs. Lidocain), nach 4 und 6 Monaten waren sie nicht mehr nachweisbar. Jedoch hatten die Vorteile in sekundären Endpunkten, wie z. B. der körperlichen Funktion, auch dann noch Bestand. Jedoch kam es zu 7 schweren unerwünschten Ereignissen, 1 Patient mit bioprothetischer Aortenklappe verstarb 4 Monate nach der i.a.Steroidinjektion an subakuter bakterieller Endokarditis – ein kausaler Effekt konnte nicht ausgeschlossen werden. Letztlich ist eine i.a.-Steroidinjektion bei solchen Patienten mit Coxarthrose durchaus eine Option für die kurzfristige Schmerzlinderung, eine spätere Hüftchirurgie wird sie aber kaum aufhalten. m
Quelle: BMJ 2022; doi: 10.1136/bmj-2021-068446
Schmerztherapie mit Tramadol ist potenziell riskant
Bei Arthrose-Patienten, die auf eine effektive Schmerzlinderung angewiesen sind, fällt die Wahl am häufigsten auf NSAR oder COX-2-Inhibitoren. In manchen Situationen sind jedoch aus verschiedenen Gründen Alternativen gefragt. Schwach wirksame Opioide wie das nicht selten eingesetzte Tramadol bergen aber, wie eine populationsbasierte Studie kanadischer Experten um J. Antonio Aviña-Zubieta, Vancouver, zeigt, eigene Risiken inklusive einer höheren Gesamtmortalität, mehr venösen Thromboembolien (VTE) und mehr Hüftfrakturen im Vergleich zu NSAR.
Auf Basis von Datensätzen der kanadischen Provinz British Columbia wurde eine sequenzielle Propensity Scoregematchte Kohortenstudie mit allen 100.358 Arthrose-Patienten (im Mittel 68 Jahre, 63 % Frauen) aus den Jahren 2005 bis 2013 durchgeführt.
Die Tramadol-Kohorte (Initiierung von Tramadol) wurde gematcht mit vier Komparator-Kohorten (Initiierung von Naproxen, Diclofenac, COX-2-Inhibitoren oder Codein). Endpunkte waren die Gesamtsterblichkeit und ein erstes Ereignis (kardiovaskuläre Erkrankung [CVD], VTE, Hüftfrakturen) innerhalb eines Jahres nach Therapiebeginn. Nach Adjustierung auf andere Mortalitätsrisiken wurden Cox-proportionale Hazard-Modelle zur Schätzung der Hazard ratios (HRs) eingesetzt.
Im Ergebnis zeigte sich eine höhere Gesamtmortalitätsrate pro 1.000 Personenjahre unter Tramadol im Vergleich zu NSAR mit HRs von 1,2 (95% KI 1,0-1,4) bis 1,5 (95% KI 1,3-1,8). Für CVD-Ereignisse fand sich jedoch kein Unterschied zwischen Tramadol und den NSAR. Tramadol barg aber ein höheres Risiko für VTE im Vergleich zu Diclofenac (HR 1,7; 95% KI 1,3-2,2). Ebenso höher war unter Tramadol das Risiko für Hüftfrakturen versus Diclofenac (HR 1,6; 95% KI 1,2-2,0) und COX-2-Inhibitoren (HR 1,4; 95% KI 1,1–1,9). Für alle untersuchten Ereignisse zusammen bestanden keine Unterschiede zwischen Tramadol und NSAR.
Insgesamt ist somit ein höheres Risiko für Mortalität, VTE und Hüftfrakturen unter Tramadol gegenüber häufig verordneten NSAR zu verzeichnen, dass es (vor allem bei längerer Verordnung) in der täglichen Praxis zu beachten gilt. m