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GICHTARTHRITIS
GICHTARTHRITIS Mit der Harnsäuresenkung sollte man es nicht übertreiben
Während eine Treat-to-target (T2T)-Therapie bei Gichtarthritis unumstritten ist, aber mitunter nicht konsequent genug verfolgt wird, war bislang unklar, ob eine intensivierte Serum-Harnsäuresenkung auch bei erosiver Gicht sinnvoll ist. Neuseeländische Rheumatologen um Nicola Dalbeth, Auckland, kommen in einer randomisierten, doppelblind-kontrollierten 2-Jahres-Studie zu dem Schluss, dass diese trotz hoher Medikamentenlast nicht mit weniger knöchernen Erosionen verbunden war.
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In die Studie waren 104 Patienten mit erosiver Gicht, die eine oralen harnsäuresenkende Therapie (ULT) erhielten und einen Serum-Harnsäurespiegel von ≥0,30mmol/l (>5 mg/dl) zu Baseline aufwiesen, eingeschlossen worden. Zur Erinnerung: In der Regel wird ein Zielwert von ≤6 mg/dl (=0,357 mmol/l) angestrebt, bei schwerer tophöser Gicht sind es ≤5 mg/dl. Es erfolgte nun eine Randomisierung auf entweder des Erreichen eines noch tieferen Serum-Harnsäurezielwerts von <0,20mmol/l (<3,4 mg/dl) durch eine intensivierte orale ULT oder des Standard-Zielwerts von <0,30mmol/l. Die orale ULT erfolgte mit Allopurinol, Probenecid, Febuxostat oder Benzbromaron, die protokollgerecht bis auf die maximal zugelassene Dosis eskaliert werden konnten. Primärer Endpunkt war der Gesamt-CT-Erosionsscore.
Obwohl mit der intensivierten oralen ULT im Vergleich zur Standard-ULT (im Verlauf des 2-jährigen Follow-uo) signifikant niedrigere Serum-Harnsäurewerte dokumentiert wurden (p=0,002), erreichten in Jahr 2 dennoch weniger Patienten den randomisiert festgelegten Zielwert als mit der Standardtherapie (62 vs. 83 %; p<0,05). In der intensiver behandelten Gruppe wurden im Vergleich signifikant höhere Allopurinol-Dosen erreicht (746±210 vs. 497±186 mg/Tag; p<0,001) und auch deutlich häufiger Kombinationstherapien eingesetzt (p=0,0004). In beiden Therapiearmen kam es bis Jahr 2 zu einem nur marginalen Anstieg knöcherner Erosionen im CT (primärer Endpunkt), ohne Unterschied zwischen bei beiden Gruppen (p=0,20). Solche Unterschiede fanden sich auch nicht bezüglich klinischer OMERACT-Domänen (Gichtschübe, Tophi, Schmerzen, globales Patientenurteil der Krankheitsaktivität, gesundheitsspezifische Lebensqualität, Bewegungseinschränkungen) über 2 Jahre, auch die Raten unerwünschter Ereignisse waren vergleichbar. Daraus lässt sich ableiten, dass der bei schwerer Gicht in Leitlinien empfohlene Zielwert von ≤5 mg/dl ausreichend und darüber hinaus gehend kein Zusatznutzen erreichbar ist. m
Quelle: Arthritis Rheumatol 2022; doi: 10.1002/art.42055
Mit Selbstmanagement zu besserer Harnsäurekontrolle
Bei Gichtpatienten stellt oft die Adhärenz bei der Harnsäuresenkung ein Problem dar, auch funktioniert die T2T-Einstellung oft nicht. Schottische Rheumatologen um Philip Riches, Edinburgh, fanden nun in der monozentrischen, randomisierten, kontrollierten Machbarkeitsstudie GoutSMART, dass eine Harnsäure-Selbstmessung mit der gleichnamigen App in Kombination mit ärztlicher Unterstützung zur Therapieeskalation im Rahmen eines T2T-Ansatzes zu guten Ergebnissen führte.
Eingeschlossen wurden 60 Gichtpatienten (im Mittel 53 Jahre, 97 % Männer) mit Serum-Harnsäurespiegel ≥0,36 mmol/l und Empfehlung zum Beginn oder Eskalation einer harnsäuresenkenden Therapie. Vor der 2:1-Randomisierung auf ein Selbstmonitoring oder „Usual Care“ erhielten die Teilnehmer einen Managementplan (z. B. mit Allopurinol 100 mg/ Tag zu starten oder die Dosis um 100 mg zu erhöhen bzw. weiter zu steigern, bis der Zielwert von 0,30 mmol/l erreicht ist). 40 Patienten der SelbstmonitoringGruppe wurden angeleitet, selbst ihren Harnsäurespiegel mit der GoutSMARTApp alle 2 Wochen (Ziel nicht erreicht) bzw. 1x monatlich (im Zielbereich) zu testen und die Werte in die Tagebuchfunktion der App einzutragen, die vom Studienteam bewertet wurden und ggf. zu einer weiteren Eskalation oder einem Switch zu Febuxostat rieten. Die 20 Teilnehmer der Kontrollgruppe nutzen eine abgespeckte Version der App (nur Tagebuch) und wurden vom Hausarzt betreut.
Den primären Endpunkt, das Erreichen des Zielwerts von ≤0,30 mmol/l nach 24 Wochen, erreichten signifikant mehr Patienten der Selbstmonitoring-Gruppe (73 vs. 15 %; p<0,0001). Zusätzlich kam es in dieser Gruppe in den 24 Wochen im Trend seltener zu Gichtanfällen (im Mittel 2,03 vs. 3,00 pro Patient), in Woche 52 war dieser Unterschied sogar signifikant (0,81 vs. 2,06 pro Patient). Die reduzierte Anzahl von Schüben könnte laut den Autoren auch ein Zufallsbefund sein (hohe Schubfrequenz im Kontrollarm), die Anfallsprophylaxe war in beiden Armen vergleichbar. Die ersten Ergebnisse dieser Studie sind ermutigend, eine weitere Evaluation einer solchen App-basierten Strategie mit Selbstmessung in größeren Studien wäre wünschenswert. m
FRÜHE ENTZÜNDLICHE ARTHRITIS Frühdiagnostik mit Ultraschall: Tenosynovitis im Fokus
Auch wenn sich entsprechende Hinweise mehren, ist die Relevanz der Tenosynovitis im Ultraschall (US) für die Prädiktion einer persistierenden entzündlichen Arthritis nur unzureichend beschrieben, insbesondere was größere Sehnen anbelangt. Britische Rheumatologen um Andrew Filer, Birmingham, untersuchten nun den Stellenwert der US-Tenosynovitis im Verbund mit US-Synovitis sowie klinischen und serologischen Markern für die Vorhersage einer persistierenden Arthritis in einer Einschlusskohorte von DMARD-naiven Patienten mit früher entzündlicher Arthritis.
Insgesamt 150 DMARD-naive Patienten mit klinisch gesicherter Synovitis in ≥1 Gelenk und einer Symptomdauer ≤3 Monate wurden zunächst – neben Klinik und Labor – einer US-Untersuchung (19 bilaterale Gelenke und 16 bilaterale Sehnenabschnitte) unterzogen. Nach 18-monatigem Follow-up wurde die Häufigkeit einer persistierenden Arthritis erfasst und der prädiktive Wert der US-Tenosynovitis mit jenem der US-Synovitis sowie den klinischen und serologischen Variablen verglichen. Zu diesem Zeitpunkt hatten 99 Patienten (66 %) eine persistierende Arthritis entwickelt, während sie bei 51 (34 %) selbst-limitierend war und wieder verschwand. Eine multivariable logistische Regressionsanalyse ergab, dass eine im US detektierte Tenosynovitis im Fingerbeuger (Odds ratio, OR 6,6; p=0,002) unabhängig und stärker als eine Gelenksynovitis im US und Rheumafaktor (RF)-Positivität eine Persistenz der Arthritis prädizierte. Auch in einer RF/ACPA-negativen Subgruppe war die Fingerbeuger-Tenosynovitis im US eine signifikant prädiktive Variable (OR 4,7; p=0,012), selbst nach einer Adjustierung auf eine US-Gelenksynovitis. Eine Tenosynovitis im Ultraschall scheint bei Patienten mit früher Arthritis einen hohen prädiktiven Wert für deren Persistenz (bzw. Übergang zur rheumatoiden Arthritis) zu haben, der in weiteren Studien noch genauer untersucht werden sollte – vor allem auf eine Tenosynovitis im Fingerbeuger sollte dabei geachtet werden. m
Quelle: Rheumatology 2022; doi: 10.1093/rheumatology/keac199
RHEUMATOIDE ARTHRITIS BTK-Inhibition bleibt Wirksamkeitsnachweis schuldig
Nachdem sich die Bruton-Tyrosinkinase (BTK)-Inhibition bei rheumatoider Arthritis (RA) und in anderen rheumatologischen Indikationen bereits in früheren Studien als ineffektiv erwiesen hatte, dürfte eine randomisierte, doppelblind-placebokontrollierte Phase-II-Studie von Roy Fleischmann, Dallas (USA), und Kollegen den endgültigen Schlusspunkt für dieses Wirkprinzip (nicht nur) bei der RA bedeuten.
In der in acht Ländern in Europa und Nordamerika durchgeführten multizententrischen Parallelgruppenstudie wurde der Nutzen einer Fixdosiskombination des BTK-Inhibitors Elsubrutinib und dem Januskinase (JAK)-Inhibitor Upadacitinib gegen den BTK- bzw. JAK-Inhibitor alleine geprüft. Eingeschlossen wurden 242 erwachsene RA-Patienten (84 % Frauen, im Mittel 58 Jahre), die auf bDMARDs unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen hatten. Die Studienteilnehmer wurden im Verhältnis 3:2:2:2:2:1 auf 1x täglich orales ABBV-599 (Upadacitinib 15 mg plus Elsubrutinib 60 mg; n=62), Elsubrutinib 60 mg (n=41), Elsubrutinib 20 mg (n=39), Elsubrutinib 5 mg (n=41), Upadacitinib 15 mg (n=40) oder Placebo (n=19) randomisiert (stratifiziert nach Anzahl vorheriger bDMARDs). Primärer Endpunkt war die Veränderung im DAS28-CRP bis Woche 12, zudem wurden Pharmakokinetik und Sicherheit erfasst.
Im Vergleich zu Placebo betrug die Veränderung im DAS28-CRP von Baseline bis Woche 12 -1,44 (90% KI -2,03 bis -0,85; p<0,0001) unter ABBV-599, -0,40 (-1,03 bis 0,23; p=0,29) unter Elsubrutinib 60 mg, -0,20 (-0,85 bis 0,44; p=0,61) unter Elsubrutinib 20 mg, -0,21 (-0,84 bis 0,41; p=0,57) unter Elsubrutinib 5 mg und -1,75 (-2,38 bis -1,13; p<0,0001) unter Upadacitinib. Es waren keine signifikanten Verbesserungen bei Effektivitäts-Endpunkten unter Elsubrutinib in jeglicher Dosierung zu verzeichnen, obwohl die Plasmakonzentrationen ausreichend waren. Therapie-assoziierte unerwünschte Ereignisse wurden bei 113 Patienten (47 %) dokumentiert, mit vergleichbaren Anteilen in den verschiedenen Therapiearmen.
Die signifikante Verbesserung der Krankheitsaktivität unter dem Kombinationspräparat war somit gänzlich von Upadacitinib getrieben, weitere Studien mit BTK-Inhibitoren wie Elsubrutinib erübrigen sich daher bei RA. m