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Interview mit Harzer, einem Underground-Dealer in NRW Von Robert B.

Ich begrüße die vielen Leser zu diesem Interview mit jemandem, der wirklich gar nicht an die Öffentlichkeit gehen kann. Es handelt sich um Harzer, und er ist ein Marihuana-Dealer irgendwo in NRW. Wie er mir bereits berichtet hat, handelt es sich bei ihm nicht gerade um wenige Grämmer – über einen Monat werden mehrere Kilo umgesetzt. Herzlich willkommen, Harzer. Wie muss ich mir das nun vorstellen, wie kommst du deiner Arbeit nach?

Die Leute stehen von früh bis spät an meiner Tür und klingeln Sturm ... nein, natürlich, so schon mal gar nicht. Genau das sollte einem guten Dealer nämlich nicht passieren, dass über einen normalen Tag über zehn Leute für jeweils zehn Minuten vorbeikommen. Das wäre wirklich für alle Nachbarn sehr auffällig, und da gibt es auch welche, die einen durchaus mal anzeigen würden. Somit geht es schon einmal darum, dass man wirklich unauffällig ist, und dass es auf dem Flur auf keinen Fall irgendwie riecht. Das wäre absolut tödlich. Ich bemühe mich somit, dass ich zu meinen Leuten hinfahre und mich mit diesen Treffe – an wechselnden Treffpunkten. Dazu bin ich leider auf mein Handy angewiesen und da kommen mehrere Anrufe am Tag rein. Natürlich habe ich all meinen Leuten eingetrichtert, dass sie am Telefon sauber sprechen. Keine Mengen, keine Geldbeträge und keine Formulierungen wie Ganja oder Weed. Das ist bei einigen recht schwierig, da sie ja nichts zu verlieren haben. Wer in den Knast gehen würde, das bin leider ich.

Du sagst, es handelt sich um mehrere Leute, die du am Tag triffst. Warum kaufen die nicht einfach größere Mengen und seltener, damit du weniger Stress hast?

Das ist der nächste Punkt. Wenn ich effektiv dealen will, dann bringt es nichts, wenn ich die Leute jeden Tag antreffen muss, um denen zwei Gramm zu verticken. So geht das auf keinen Fall, auch wenn viele Leute sich das vorstellen. Aber wie soll ich das schaffen, in meiner begrenzten Freizeit nach der Arbeit jeden Tag 30 Leute zu treffen? Das wird so schon einmal nicht gehen. Ich bin immer glücklich, wenn ich die Leute dazu bekomme, dass sie nur einmal im Monat bei mir anklingeln. Aber öfter als einmal in der Woche geht nur bei Widerverkäufern, da die auch direkt mehr kaufen. Ich habe zum Glück meine Leute, die an die Leute verteilen und somit mit einem ganzen Pot ankommen und direkt mehr kaufen. Solche Leute dürfen sich auch zweimal die Woche melden. Aber Verbraucher mit Eigenbedarf haben sich nicht öfter als einmal die Woche zu melden, sonst drehe ich noch durch.

Wenn du jetzt jemanden dazu bekommst, dass er nur einmal im Monat kauft und das dann 50 Gramm sind, dann ist das aber erheblich mehr als die geringe Menge. Damit begeben sich deine Kunden doch in eine große Gefahr.

Das ist leider richtig. Auch wenn die Grenze in NRW nun von sechs auf zehn Gram hochgesetzt wurde, bringt das für meine Kunden wirklich wenig. Ich müsste sie wirklich alle paar Tage sehen, damit ich ihnen jeweils bis zu zehn Gramm mitgeben könnte. Das kann ich aber nicht machen, da es zu viele Leute sind, die ich bedienen muss. Ich muss auch an mich denken, und je weniger Verkaufsaufwand ich habe, umso besser ist das für mich. An Leute, die unter zehn Gramm kaufen, bin ich auch nicht wirklich interessiert, da dabei nicht viel rumkommt. Dann müsste ich die Grammpreise

Dann wird das noch weiter rauf setzen, und die Handy abgehört, sind so schon am das Auto wird heulen. Ist auch kein Wunder, wenn verwanzt, der man 100 Gramm Hauseingang wird im Monat braucht und dafür 700 Euro beschattet löhnt. So geht es einigen meiner Kunden leider wirklich, und die leben von gar nichts mehr und sind dauerpleite. Aber das liegt nicht an mir, das liegt am Markt, der leider so ist. Ich würde gerne billig einkaufen und dann günstiger verkaufen. Das geht aber leider nur über Connections – und die muss man erst mal haben. Wenn man die hat, dann kann man gleich ganze Kilos an Leute wie mich verkaufen und gibt sich mit 50-Gramm-Mengen gar nicht mehr ab.

Wie sieht der Markt denn aus? Der DHV hat einen Streckmittelmelder integriert und meldet aus ganz Deutschland verstrecktes Gras. Wie ist das hier in NRW?

Das ist so ein Problem, dass es vor fünf Jahren noch nicht gab. Schlechtes Gras gab es schon immer, aber verstreckt? Man muss sich vorstellen, dass Brix industriell hergestellt wird, nur zum Verstrecken von Gras. Ist schon eine Sauerei, immerhin rauche ich ja auch mein eigenes Zeug, und es ist auch meine Gesundheit, die dann leidet.

Hast du denn schon Probleme mit verunreinigtem Gras gehabt?

Ja, natürlich. Quarzsand, dass die Köpfe nicht mehr abbrennen, Kartoffelpulver, dass man von 100 Gramm 25 Gramm Gebrösel in der Tüte überhält, und natürlich auch Brix, vermute ich. Man erkennt es wirklich nicht, aber es schmeckt anders und wirkt schlechter in der Stärke und Qualität vom Turn. Um den Preis zu drücken, kaufe ich immer gleich Kilos, und dann stehe ich da mit dem Mist. Ich kann das auch nicht zurückgeben, da meine Leute das auch nicht zurückgeben können. Die können da ja auch nichts für, wenn sie mit dem Scheiß beliefert werden. Man sitzt da so drin in der Kette und ist der Dumme. Das sind für mich auch Kostenpunkte, und ich kann das Zeug nicht wegwerfen, wenn ich es selber bezahlen muss. Ich würde voll draufzahlen, das kann ich mir nicht leisten. Ob ich will oder nicht, ich muss die Scheiße durchdrücken. Ich habe bereits Kunden verloren, und das ewige Gemeckere möchte ich mir auch nicht immer anhören. Ich habe richtig schlechtes Zeug sogar zum EK durchgeschoben und mich damit entschuldigt, dass es das nächste Mal wieder besser wird. Beim nächsten Mal waren die Leute aber auch nicht zufriedener, da ich von wem anders gekauft hatte und mehr bezahlen musste. Ich habe für eine bessere Qualität die Preise angezogen. Zu teuer, nicht gut genug, Abzocker und sonst was habe ich mir angehört. Also habe ich wieder die Scheiße gekauft und biete nun beide Qualitäten an. Wenn die Leute lieber Dreck rauchen, dann ist das deren Sache. Ich für meinen Teil will mir das nicht in die Lungen ziehen. Vielen ist es aber egal.

Und das ist für dich kein Problem, mal eben den Händler zu wechseln? Warum machen das dann nicht alle so?

Kein Problem? Du hast gut reden. Das ist gar nicht so einfach. Man muss sich schon umhören und Kontakte haben. Man kann nicht im Branchenbuch nachschlagen oder einfach die Konkurrenz fragen. Das sind Kontakte, die sich über Jahre aufbauen und gepflegt werden müssen. Das gehört alles mit dazu. Und so viele Kontakte sind das auch nicht, oft genug geht einer von denen ab. Wenn man dann zu denen geht, dann haben die oft nur genau denselben Mist, und es einem ist nicht geholfen. Ich kann froh sein, dass ich ein paar Leute kenne, die mit Growern arbeiten, die zur-

Keine Mengen, zeit noch nicht keine Geldbeträge, verstrecken. Aber die wollen für ihr und keine gutes Gras auch Formulierungen wie leider richtig Geld haben. Ist zwar

Ganja oder Weed nicht teuer, das Zeug anzubauen, aber die lassen sich ihr Risiko gleich doppelt auszahlen. Ist auch irgendwo klar, immerhin sind große Grower noch gefährdeter als ich.

Oft genug geht einer von den Großdealern ab, sagtest du. Ist das nicht auch ein Problem für dich?

Und ob das ein Problem ist. Ich muss den Leuten immer wieder erklären, wie wichtig das ist, dass wir die Treffpunkte wechseln, dass nicht am Telefon geredet wird, und dass sie seltener kaufen sollen. Trotzdem kann es mich jederzeit erwischen. Durch Verkehrskontrollen bin ich aber bereits durchgekommen, ich habe da einen Trick. Wenn man von Dunstabzugshauben die Aktivkohlematten nimmt und diese doppelt legt, um daraus einen Beutel zu nähen, dann kann man darin wirklich

gut duftendes Gras transportieren, ohne dass es im Auto danach riechen wird. Ich bin bereits mit mehreren hundert Gramm bei Leuten aufgelaufen, die ein einzelnes, aber nicht gesichertes Gramm gerochen haben. Das sind alles so Tricks, zum Beispiel auch, dass man ab und zu das Handy wechselt oder versucht, möglichst bürgerlich auszusehen. Ein gepflegtes Auto ist auch wichtig. Keine Hanfblattaufkleber und so was. Und dann gibt es gewisse Leute wie Parkdealer. Die verkaufen ihre halben Grämmer für 10 Euro, alles Abzocker. Aber der Markt bildet halt den Preis, und gerade diese Leute haben das höchste Risiko. Deswegen halte ich mich von denen als Kunden fern. Es ist einfach wichtig, dass man Leuten aus dem Weg geht, die überwacht werden könnten. Aber dennoch kann man das Risiko nie ausschließen, dass man gepackt wird. Und dann muss man Glück haben, dass man nicht ein halbes Jahr überwacht wurde.

Werden von den Behörden tatsächlich Zehntausende Euro in Überwachungsmaßnahmen investiert?

Ab einer gewissen Größe machen die das sogar sehr gerne. Dann wird das Handy abgehört, das Auto wird verwanzt, der Hauseingang wird beschattet und und und. Die wissen genau: Wenn sie zuschlagen, dann hat man nur das, was man gerade hat, und das ist nicht genug, um hart verurteilt zu werden. Aber genau das soll aus deren Sicht passieren. Deswegen überwachen die einen über Monate, rechnen einen dann auf über zehn Kilo hoch und schicken einen für vier Jahre in den Vollzug. Das ist praktisch das Schlimmste, was mir passieren kann. Wenn ich so per Zufall auffliege, dann können die mir nicht viel beweisen und nachweisen, dann komme ich mit Bewährung raus. Ist natürlich klar, dass ich gar nicht auffliegen will. Und wenn das passieren sollte, dann werde ich auch aussteigen. Wenn man vorbestraft ist, fallen Folgestrafen gleich erheblich härter zu Buche, und ich habe es wirklich nicht nötig, für Jahre im Bau zu sitzen für ein wenig Weed. Aber Leute, die meinen Posten haben wollen, habe ich genug. Somit erreichen die Cops rein gar nichts, und alles bleibt beim Alten, weil mein Kundenstamm einfach bei jemand anderem kauft.

Hast du dir denn bereits einiges an die Seite gelegt?

Aber sicher doch. Wer beim Dealen in meiner Größenordnung nicht verdient, der ist ein Idiot, ganz ehrlich. Ich muss meine ganze Freizeit aufopfern, kann vielleicht über Jahre im Knast sitzen und soll das für ein Dankeschön machen? Nee, echt nicht. Ich kann mir Schöneres vorstellen, als jeden Abend nach der Arbeit noch fünf Leute zu treffen, und dabei muss ich auch noch Angst um meine Freiheit haben. Wenn ich dafür nicht dick entlohnt werde, können die alle sehen, wo sie bleiben, ist dann nicht mein Problem, wenn die nichts zum Kiffen haben.

Das hört sich logisch an. Aber mal was anderes. Angenommen, Cannabis würde wirklich legalisiert werden, und du könntest einen Coffeshop aufmachen – wäre das was für dich?

Das ist eine wirklich gute Frage. Zum einem habe ich meinen Job, und den müsste ich dann aufgeben. Dafür würde ich aber als Inhaber von einem Coffeshop arbeiten, und das wäre dann meine Arbeit. Ich könnte das auch finanzieren, ein Ladenlokal anzumieten und Personal zu bezahlen, das wäre nicht das Problem. Es ist nur die Frage, ob ich das wirklich will. Ich denke, dass das dann auch wirklich viele Leute machen werden, und dass es dann einen richtigen Konkurrenzdruck geben wird. Man muss schon eine gute Location mit Stammpublikum haben und letzteres kommt nur, wenn man ein besseres Angebot machen kann. Kontakte hätte ich schon. Es ist wirklich eine schwere Entscheidung, wie ich auf die Legalisierung reagieren würde. Mein jetziger Job ist krisensicher, und ich habe nichts zu verlieren. Wer sich selbstständig macht, der kann natürlich das große Geld verdienen. Ich weiß es ganz einfach nicht. Ich glaube aber nicht, dass es in Deutschland in den nächsten zehn oder 20 Jahren legalisiert wird. Unsere Politiker sind leider alle zu doof, um zu kapieren, dass Marihuana nichts Schlimmes ist.

Wenn die Legalisierung angesprochen wird, dann ist auch medizinisch genutzter Hanf ein immer stärker werdendes Thema. Wie ist das bei deinen Kunden. Hast du da Leute, die aus medizinischen Gründen kiffen?

Ich habe da ein paar Ex-Junks, die aber inzwischen absolut stabil sind. Das aber auch nur wegen Hanf. Wenn die nicht kiffen könnten, dann würden sie entweder weiter fixen, oder sie wären schwere Alkoholiker. Wenn man einmal Junk gewesen ist, dann schafft man es nüchtern meist nicht mehr, und irgendwas muss kommen. Dann ist es allemale besser, wenn es Hanf ist. Hanf ist somit nicht eine Einstiegsdroge, sondern eine Ausstiegsdroge. Ich habe aber auch einen trockenen Alkoholiker, der nun kifft. Er meinte, dass er ja auch irgendeinen Rausch braucht. Das sehe ich auch so. Marihuana kann einfach eine Menge Gutes bewirken. Natürlich habe ich auch einige Leute dabei, die einfach kiffen, um ihr Wohlbefinden zu verbessern oder um weniger Depressiv zu sein. In Kalifornien würden die alle ein Rezept ausgestellt bekommen.

Wer beim Dealen in meiner Größenordnung nicht verdient, der ist ein Idiot

lich, als ich jünger war, da habe ich auch in Kiddies abgegeben, und bei denen haben noch jüngere mitgeraucht. Heute bin ich älter, und all meine Leute sind inzwischen volljährig. Aber was genau die mit meinem Zeug machen, das weiß ich nicht. Ich denke, dass davon einige Grämmer an Kids gehen werden. Ich persönlich finde das auch nicht so schlimm, wie die Politik das macht. Ich habe auch mit 13 angefangen zu kiffen, habe meine Schule dennoch geschafft und bin immer arbeiten gegangen. Das ich nun Schäden davon getragen habe würde ich

Wenn man 100 nicht so sehen. Gramm im Monat Es gibt auch viele Studien, die erkläbraucht und dafür ren, dass es nicht 700 Euro löhnt nachweisbar ist, dass der Konsum von Marihuana überhaupt Schäden bewirkt. Wer mit 14 kiffen will, meine Güte, der soll es halt machen, ist nicht mein Problem. Und solange der Markt illegal ist, werden die Kids auch alle zu Kiffen bekommen. Das wird erst vorbei sein, wenn man legal kiffen kann und die Abgabe an Minderjährige strafbar ist. Wozu sollte ich dann einem Minderjährigen etwas geben, wenn ich dafür belangt werden kann, aber selber völlig straffrei kiffen kann? Jugendschutz in der Illegalität gibt es nicht und wird es auch nicht geben.

Ich habe da noch eine andere Frage. Wie sieht es mit dem Jugendschutz aus, was machst du, damit du nicht an 14- jährige verkaufst?

Das ist dann auch so ein totes Thema. Also wenn du mich fragst, dann ist Hanf einfach harmlos, und dass es für Jugendliche gefährlicher sein soll, ist auch nur Panikmache. Aber ganz ehr-

Danke für dieses Interview mit dem Abschluss, dass Jugendschutz nur funktionieren kann, wenn Cannabis legalisiert wird. Ich fand dieses Interview wirklich interessant und freue mich, dass ich Harzer dazu bewegen konnte. Natürlich wünsche ich ihm viel Glück, dass er immer unverstrecktes Gras handeln kann und dass er nie gepackt wird. Bis zum nächsten Mal.

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