19
INTERVIEW
Interview mit Harzer, einem Underground-Dealer in NRW Ich begrüße die vielen Leser zu diesem Interview mit jemandem, der wirklich gar nicht an die Öffentlichkeit gehen kann. Es handelt sich um Harzer, und er ist ein Marihuana-Dealer irgendwo in NRW. Wie er mir bereits berichtet hat, handelt es sich bei ihm nicht gerade um wenige Grämmer – über einen Monat werden mehrere Kilo umgesetzt. Herzlich willkommen, Harzer. Wie muss ich mir das nun vorstellen, wie kommst du deiner Arbeit nach? Die Leute stehen von früh bis spät an meiner Tür und klingeln Sturm ... nein, natürlich, so schon mal gar nicht. Genau das sollte einem guten Dealer nämlich nicht passieren, dass über einen normalen Tag über zehn Leute für jeweils zehn Minuten vorbeikommen. Das wäre wirklich für alle Nachbarn sehr auffällig, und da gibt es auch welche, die einen durchaus mal anzeigen würden. Somit geht es schon einmal darum, dass man wirklich unauffällig ist, und dass es auf dem Flur auf keinen Fall irgendwie riecht. Das wäre absolut tödlich. Ich bemühe mich somit, dass ich zu meinen Leuten hinfahre und mich mit diesen Treffe – an wechselnden Treffpunkten. Dazu bin ich leider auf mein Handy angewiesen und da kommen mehrere Anrufe am Tag rein. Natürlich habe ich all meinen Leuten eingetrichtert, dass sie am Telefon sauber sprechen. Keine Mengen, keine Geldbeträge und keine Formulierungen wie Ganja oder Weed. Das ist bei einigen recht schwierig, da sie ja nichts zu verlieren haben. Wer in den Knast gehen würde, das bin leider ich.
mehr kaufen. Solche Leute dürfen sich auch zweimal die Woche melden. Aber Verbraucher mit Eigenbedarf haben sich nicht öfter als einmal die Woche zu melden, sonst drehe ich noch durch. Wenn du jetzt jemanden dazu bekommst, dass er nur einmal im Monat kauft und das dann 50 Gramm sind, dann ist das aber erheblich mehr als die geringe Menge. Damit begeben sich deine Kunden doch in eine große Gefahr. Das ist leider richtig. Auch wenn die Grenze in NRW nun von sechs auf zehn Gram hochgesetzt wurde, bringt das für meine Kunden wirklich wenig. Ich müsste sie wirklich alle paar Tage sehen, damit ich ihnen jeweils bis zu zehn Gramm mitgeben könnte. Das kann ich aber nicht machen, da es zu viele Leute sind, die ich bedienen muss. Ich muss auch an mich denken, und je weniger Verkaufsaufwand ich habe, umso besser ist das für mich. An Leute, die unter zehn Gramm kaufen, bin ich auch nicht wirklich interessiert, da dabei nicht viel rumkommt. Dann müsste ich die Grammpreise noch weiter rauf setzen, und die sind so schon am heulen. Ist auch kein Wunder, wenn man 100 Gramm im Monat braucht und dafür 700 Euro löhnt. So geht es einigen meiner Kunden leider wirklich, und die leben von gar nichts mehr und sind dauerpleite. Aber das liegt nicht an mir, das liegt am Markt, der leider so ist. Ich würde gerne billig einkaufen und dann günstiger verkaufen. Das geht aber leider nur über Connections – und die muss man erst mal haben. Wenn man die hat, dann kann man gleich ganze Kilos an Leute wie mich verkaufen und gibt sich mit 50-Gramm-Mengen gar nicht mehr ab.
Dann wird das Handy abgehört, das Auto wird verwanzt, der Hauseingang wird beschattet
Du sagst, es handelt sich um mehrere Leute, die du am Tag triffst. Warum kaufen die nicht einfach größere Mengen und seltener, damit du weniger Stress hast? Das ist der nächste Punkt. Wenn ich effektiv dealen will, dann bringt es nichts, wenn ich die Leute jeden Tag antreffen muss, um denen zwei Gramm zu verticken. So geht das auf keinen Fall, auch wenn viele Leute sich das vorstellen. Aber wie soll ich das schaffen, in meiner begrenzten Freizeit nach der Arbeit jeden Tag 30 Leute zu treffen? Das wird so schon einmal nicht gehen. Ich bin immer glücklich, wenn ich die Leute dazu bekomme, dass sie nur einmal im Monat bei mir anklingeln. Aber öfter als einmal in der Woche geht nur bei Widerverkäufern, da die auch direkt mehr kaufen. Ich habe zum Glück meine Leute, die an die Leute verteilen und somit mit einem ganzen Pot ankommen und direkt
Wie sieht der Markt denn aus? Der DHV hat einen Streckmittelmelder integriert und meldet aus ganz Deutschland verstrecktes Gras. Wie ist das hier in NRW? Das ist so ein Problem, dass es vor fünf Jahren noch nicht gab. Schlechtes Gras gab es schon immer, aber verstreckt? Man muss sich vorstellen, dass Brix industriell hergestellt wird, nur zum Verstrecken von Gras. Ist schon eine Sauerei, immerhin rauche ich ja auch mein eigenes Zeug, und es ist auch meine Gesundheit, die dann leidet. Hast du denn schon Probleme mit verunreinigtem Gras gehabt? Ja, natürlich. Quarzsand, dass die Köpfe
nicht mehr abbrennen, Kartoffelpulver, dass man von 100 Gramm 25 Gramm Gebrösel in der Tüte überhält, und natürlich auch Brix, vermute ich. Man erkennt es wirklich nicht, aber es schmeckt anders und wirkt schlechter in der Stärke und Qualität vom Turn. Um den Preis zu drücken, kaufe ich immer gleich Kilos, und dann stehe ich da mit dem Mist. Ich kann das auch nicht zurückgeben, da meine Leute das auch nicht zurückgeben können. Die können da ja auch nichts für, wenn sie mit dem Scheiß beliefert werden. Man sitzt da so drin in der Kette und ist der Dumme. Das sind für mich auch Kostenpunkte, und ich kann das Zeug nicht wegwerfen, wenn ich es selber bezahlen muss. Ich würde voll draufzahlen, das kann ich mir nicht leisten. Ob ich will oder nicht, ich muss die Scheiße durchdrücken. Ich habe bereits Kunden verloren, und das ewige Gemeckere möchte ich mir auch nicht immer anhören. Ich habe richtig schlechtes Zeug sogar zum EK durchgeschoben und mich damit entschuldigt, dass es das nächste Mal wieder besser wird. Beim nächsten Mal waren die Leute aber auch nicht zufriedener, da ich von wem anders gekauft hatte und mehr bezahlen musste. Ich habe für eine bessere Qualität die Preise angezogen. Zu teuer, nicht gut genug, Abzocker und sonst was habe ich mir angehört. Also habe ich wieder die Scheiße gekauft und biete nun beide Qualitäten an. Wenn die Leute lieber Dreck rauchen, dann ist das deren Sache. Ich für meinen Teil will mir das nicht in die Lungen ziehen. Vielen ist es aber egal.
Von Robert B.
Und das ist für dich kein Problem, mal eben den Händler zu wechseln? Warum machen das dann nicht alle so? Kein Problem? Du hast gut reden. Das ist gar nicht so einfach. Man muss sich schon umhören und Kontakte haben. Man kann nicht im Branchenbuch nachschlagen oder einfach die Konkurrenz fragen. Das sind Kontakte, die sich über Jahre aufbauen und gepflegt werden müssen. Das gehört alles mit dazu. Und so viele Kontakte sind das auch nicht, oft genug geht einer von denen ab. Wenn man dann zu denen geht, dann haben die oft nur genau denselben Mist, und es einem ist nicht geholfen. Ich kann froh sein, dass ich ein paar Leute kenne, die mit Growern arbeiten, die zurzeit noch nicht verstrecken. Aber die wollen für ihr gutes Gras auch leider richtig Geld haben. Ist zwar nicht teuer, das Zeug anzubauen, aber die lassen sich ihr Risiko gleich doppelt auszahlen. Ist auch irgendwo klar, immerhin sind große Grower noch gefährdeter als ich.
Keine Mengen, keine Geldbeträge, und keine Formulierungen wie Ganja oder Weed
Oft genug geht einer von den Großdealern ab, sagtest du. Ist das nicht auch ein Problem für dich? Und ob das ein Problem ist. Ich muss den Leuten immer wieder erklären, wie wichtig das ist, dass wir die Treffpunkte wechseln, dass nicht am Telefon geredet wird, und dass sie seltener kaufen sollen. Trotzdem kann es mich jederzeit erwischen. Durch Verkehrskontrollen bin ich aber bereits durchgekommen, ich habe da einen Trick. Wenn man von Dunstabzugshauben die Aktivkohlematten nimmt und diese doppelt legt, um daraus einen Beutel zu nähen, dann kann man darin wirklich